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KEM Konstruktion 09.2019

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Trendthemen: Industrie 4.0, Additive Manufacturing; KEM Porträt: Andreas Baumüller, Geschäftsführender Gesellschafter, Baumüller-Unternehmensgruppe; KEM Perspektiven: Transportsysteme 4.0 - Kundenindividuelle Produkte erfordern individuellen Transport

TRENDS PERSPEKTIVEN se

TRENDS PERSPEKTIVEN se aus einer Schiene, auf der beliebig viele Shuttles – je nach Hersteller auch Mover oder Carriage genannt – unterwegs sind. Der Mindestabstand zwischen zwei Shuttles kann dabei sehr gering sein, ist wiederum aber vor allem individuell einstellbar. Die zu transportierenden Lasten werden vom Shuttle aufgenommen, was durch eine simple Ablagefläche realisiert werden kann. Darüber hinaus sind aber auch komplexe Szenarien möglich, bei denen mehrere Shuttles ein Werkstück an verschiedenen Punkten greifen oder andocken und es zusammen zum Ziel bewegen. Möglich ist gelegentlich auch das Klemmen, wobei die aufgewendete Kraft zwischen den beiden Shuttles präzise gesteuert und für Kurvenfahrten entsprechend angepasst werden muss. Kennzeichen dieser modernen Transportsysteme sind unter anderem die Fahreigenschaften, daneben aber vor allem auch Besonderheiten bei der Trackführung: • Fahreigenschaften An beliebigen Positionen kann die Geschwindigkeit reduziert und vor allem synchronisiert werden, etwa wenn ein Roboter das transportierte Produkt greifen muss. Alle anderen Shuttles können zeitgleich mit hoher Geschwindigkeit weiterfahren, da alle unabhängig voneinander agieren. Die Produktivität ist somit deutlich höher als bei Fließband & Co, so dass der Transport wesentlich individueller und flexibler gestaltet werden kann. Hohe Beschleunigungen und Maximalgeschwindigkeiten von um die 4 m/s bringen Bewegung in die Anlage. Die nachfolgende Tabelle liefert die jeweiligen Daten einiger Hersteller. • Trackverlegung Die Schiene kann auch in komplexen Geometrien verlegt werden, wobei die Gleise in jeder Ausrichtung montiert werden können – flächig verlegt wie bei der klassischen Eisenbahn oder aber auch an der Wand montiert oder hängend über Kopf. Zudem können sogenannte Servicelinien realisiert werden. Sie fungieren wie eine Boxengasse an der Rennstrecke: Während der reguläre Transport auf dem Hauptgleis weiterläuft, können einzelne Shuttles auf die Servicelinie geschickt werden und dort etwa ihre Ladung bei einem Werker für Stichproben untersuchen lassen. Außerdem können auf der Servicelinie bei Bedarf auch neue, zusätzliche Shuttles auf die Bahn geschickt oder andere heruntergenommen werden – ohne den Betrieb anzuhalten. Durch die flexible Einzelsteuerung der Shuttles entfallen die bei klassischen Bändern nötigen Pufferzonen. Die Größe der Systeme und die Anzahl der Shuttles ist durch die Modulbauweise nicht begrenzt – häufig setzt nur die Leistungsfähigkeit des mit der Steuerung beauftragten PCs eine Grenze. Ganz neue Freiheiten bei der Fahrweggestaltung eröffnen Systeme, die in die Fläche gehen (derzeit Beckhoffs Xplanar). Allerdings wird der Anwender auch hier schon aus Kostengründen genau überlegen, wo er die erforderlichen Kacheln verlegen will und damit letztlich auch einen Fahrweg realisiert. Auf diesem ist die Flexibilität aber gegenüber der Schiene noch einmal deutlich höher. Hersteller B&R B&R Beckhoff Beckhoff Mitsubishi Electric Rockwell Automation Magnemotion Name des Systems Acopostrak Supertrak XTS (Extended Transport System) Xplanar LTS (Linear Transfer System) Itrak Magnemover Lite zul. Ladegewicht bis zu rund 5 kg (Lage d. Massenmittelpunkts berücksichtigen) 10+ kg 5 kg pro Shuttle (Mover) 6 kg (bei ger. Geschw., im Verbund mehr) 5-12 kg 100 kg 1 kg max. Geschwindigkeit der einzelnen Shuttles > 4 m/s 4 m/s 4 m/s (bei 48-V DC- Versorgung) 4 m/s 4 m/s bis 5 m/s (abh. v. Motor) 2 m/s max. Tracklänge > 100 m 64 m >> 10 m (nur begrenzt durch Steuerungsleistung) k.A. (Fläche) unbegrenzt 12 m pro Gateway > 1280 m max. Anzahl Mover Möglichkeiten zur Verein - zelung/Zusammenführung von Produkten (Weiche) Möglichkeit zur Überwindung von Höhendifferenzen Zielbranchen Link auf Detailinfos > 250 ja (elektronische Weiche ohne mechanisches Stellelement) ja Maschinenbau-Gesamtmarkt , spezielle Designs für Foodgrade (Primärverpackung) und Pharma hier.pro/jQGgc > 250 nein ja Maschinenbau-Gesamtmarkt hier.pro/ycP5h > 200 (nur begrenzt durch Steuerungsleistung) durch flexiblen mo - dularen Track-Aufbau (Motormodule) und flexible Shuttle- Ansteuerung durch flexiblen mo - dularen Track-Aufbau (Motormodule) Maschinenbau in Handhabung, Packaging, Food hier.pro/FyPPV k.A. ja ja insbes. geeignet für Food, Maschinenbau hier.pro/57Di6 unbegrenzt ja ja (Wechsel zw. horiz. und vert. Linien möglich) Fertigungssektor, Verpackungs - industrie hier.pro/ma3yx 96 k.A. k.A. k.A. hier.pro/oKxtT 2560 ja k.A. k.A. hier.pro/DgFFe Quelle: Konradin Mediengruppe basierend auf Angaben der Hersteller Übersicht zu einigen derzeit am Markt angebotenen Transportsystemen 48 K|E|M Konstruktion 09 2019

• Weichen Weichen funktionieren in zwei Richtungen: Sie können Produktströme trennen, um sie auf unterschiedliche Gleise und Richtungen zu verteilen oder aber das gezielte Mischen und Zusammenführen von Produktströmen ermöglichen. Durch die präzise Positionierung der Shuttles können mehrere Linien bei voller Geschwindigkeit zusammen auf ein Gleis fließen, da die Shuttles passende Abstände bereits kurz vorher einstellen und sich an der Weiche entsprechend des Reißverschlussprinzips vereinen – was deutlich besser und vor allem konstanter funktioniert als bei menschlichen Fahrern auf der Autobahn. Gezielt kann auch eine Sortierung erfolgen. Die Umsetzung ist unterschiedlich: Bei dem System der Mitsubishi Electric Europe B.V. aus Ratingen ändert etwa eine klassische Weiche die Transportrichtung, in dem das entsprechende Gleisstück mechanisch verschoben wird. Bei B&Rs Acopostrak dagegen fährt das während des Transports an einer Seite vom Track gehaltene Shuttle zwischen zwei parallel montierte Gleise und ‚wechselt‘ die Spur. Dieser Transfer erfolgt elektronisch gesteuert ohne mechanisch bewegte Elemente und kann auch bei hoher Geschwindigkeit vollzogen werden. • Unabhängigkeit und Kooperation Jedes Shuttle kann einzeln angesteuert werden und so auf der gleichen Schiene unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Beckhoff gibt beispielsweise an, in der Steuerung jedes Shuttle einfach wie eine klassische Achse zu behandeln. Daher sind auch Kooperationen mit anderen Automatisierungselementen recht simpel zu realisieren, etwa die Bewegung von A nach B und dort dann zusammen mit einer anderen Achse eine hochgenaue Positionierung für Pick&Place-Aufgaben. Allen Systemen gleich ist das Bestreben, die Programmierung so einfach wie möglich zu gestalten. Durch einen Stromanschluss auf dem Shuttle kann übrigens auch während des Transports eine Funktion ausgeführt – beispielsweise eine Spannvorrichtung oder ein Greifer genutzt werden. Zudem kann durch eine auf dem Shuttle installierte Einheit die Transportzeit selbst für einen kleineren Fertigungsschritt genutzt werden, etwa die Qualitätskontrolle: Fällt sie negativ aus, wählt das Shuttle sofort den entsprechenden Weg zur passende Maßnahme – Nacharbeit, weitere Prüfung, Ausschussbox etc. –, fällt sie positiv aus folgt der reguläre Weg durch die Fertigung. Ausgewählte Lösungen im Überblick Ein so dynamisches Umfeld wie das der Transportsysteme 4.0 lässt sich kaum umfassend beschreiben. Hinzu kommt die Schwierigkeit, dass insbesondere die Anbieter klassischer Werkstückträgerlösungen natürlich auch ihre Systeme weiter entwickeln. Schwierigkeiten macht auch die Zuordnung: Frei fahrende Shuttles können je nach Anwendungsfall auch eine Lösung sein; die Grenzen zu Fahrerlosen Transportsystemen verschwimmen dabei. In der folgenden Übersicht einiger Lösungen haben wir uns deswegen bewusst auf schienengeführte Shuttle-Lösungen konzentriert (prinzipbedingt allerdings Beckhoffs Xplanar mit hineingenommen, da hier die zugrundeliegenden Kacheln ebenfalls einen wenn auch zweidimensionalen Fahrweg bilden). Betrachtet wurden Lösungen folgender Anbieter: • B&R: Für die Transport-Technologie nutzt B&R das Fördersystem Supertrak des kanadischen Unternehmens ATS Automation. Die Kompetenzen beider Unternehmen ergänzen sich: ATS verfügt über eine langjährige praktische Erfahrung im Einsatz von Transportsystemen. B&R bringt sein Automatisierungs-Know-how und Kernkompetenzen in der Leistungselektronik, der Motorentwicklung und Software ein. Neben dem Supertrak, das unter anderem mit einer hohen Traglast beworben wird, hat B&R mit dem Acopostrak ein zweites System im Programm, das sich vor allem durch seine elektronische Weiche auszeichnet. • Beckhoff Automation: Das Extended Transport System (XTS) ist inzwischen weltweit verfügbar, auch als Hygienic-Variante für die Lebensmittel- und Pharmaindustrie. 2018 wurde dann das Xplanar vorgestellt, das sich von der Schiene trennt und Bewegungen in der Fläche erlaubt. • Mitsubishi Electric: Das Linear Transfer System (LTS) von Mitsubishi Electric und der dazugehörige Smart Carriage wurden zusammen mit dem deutschen Automatisierungs- und Produktionstechnik-Spezialisten APT Automation entwickelt. • Rockwell Automation: Der Automatisierungskonzern hat inzwischen zwei intelligente Transportsysteme im Portfolio: Das von Jacobs Automation entwickelte Itrack; Rockwell übernahm die amerikanische Firma 2013 und integrierte die Transportlösung als eigenes Produkt. Mit Magnemotion und deren ähnlichem System akquirierte man 2017 einen weiteren Konkurrenten, der aber weiter unter eigener Marke als Tochter operiert. www.br-automation.com www.beckhoff.com https://de3a.mitsubishielectric.com www.rockwell.com www.magnemotion.com Weitere Informationen und Interviews mit den Herstellern finden Sie auf unserer Themenseite ‚Transportsysteme für Industrie 4.0‘: hier.pro/tmmJB Bild: Rockwell Automation Jacobs Automation, von Rockwell Automation übernommen, war einer der Pioniere von Transportsystemen wie hier dem Itrak mit einzeln steuerbaren Shuttles K|E|M Konstruktion 09 2019 49

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