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Network-Karriere / Ausgabe 07/15 - "Ich würde es immer wieder genauso machen"

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18 TITELINTERVIEW NK:

18 TITELINTERVIEW NK: Sie sprechen gerade das gesellschaftliche Zusammenleben an – und haben 2010 in einer Grundsatzrede den vielzitierten Satz geprägt „Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland“. Viele Menschen mit und ohne Migrationshintergrund waren Ihnen dankbar f ü r die ses Be kenntnis, doch hat sich die öffentliche Meinung zwischenzeitlich in erkennbaren Teilen massiv geändert. Wie empfinden Sie das heute? Christian Wulff: Damals wollte ich bewusst ein Zeichen setzen, dass die vier Millionen Muslime in unserem Land mit ihrem Glauben und ihrer Religion tatsächlich zu unserem deutschen „Wir“ dazugehören; ich wollte die damalige emotionale und aus meiner Sicht eher destruktive Debatte um das Buch von Sarrazin in eine konstruktive Richtung leiten. Je überzeugender wir das gute Miteinander von Kirchen, Synagogen und Moscheen vorleben, desto überzeugter können wir dies von anderen einfordern. Heute bin ich positiv beeindruckt: Immer mehr Bürgerinnen und Bürger erkennen, dass sich jeder mit seinen Möglichkeiten für ein gutes Miteinander einbringen kann und muss. Das friedliche und freundschaftliche Miteinander ist zu einer Überlebensfrage geworden. Spätestens nach den schrecklichen Pariser Attentaten stehen Christen, Muslime, Juden, Atheisten und Humanisten enger denn je zusammen gegen die Feinde der Freiheit und des friedlichen Zusammenlebens. Auch immer mehr Moscheegemeinden grenzen sich deutlicher gegen diejenigen ab, die ihre Religion missbrauchen, um 07.2015 Gewalt zu rechtfertigen. Die Gefahren, die hiervon ausgehen, sind tatmittelten Demokratie: wel che Ver- NK: Wir leben in einer medial versächlich groß. Und die Ängste davor antwortung kommt den Medien müssen ernst genommen werden. dabei zu? Manche fordern, auch schlimmste ISIS-Gewaltexzesse zu zeigen, damit sich der mündige Bürger sein VITA Christian Wulff Christian Wulff wird am 19. Juni 1959 im niedersächsischen Osnabrück als zweites Kind von Rudolf und Dagmar Wulff geboren. Am Ernst-Moritz- Arndt-Gymnasium legt er das Abitur ab. Christian Wulff engagiert sich früh als Schülersprecher, Studentenvertreter und in den Jugendverbänden Schüler Union und Junge Union. Von 1980 bis 1986 studiert Christian Wulff Rechtswissenschaften mit wirtschaftswissenschaftlichem Schwerpunkt an der Universität Osnabrück. 1987 leistet er sein Referendarexamen in Hannover, danach sein Referendariat am Oberlandesgericht Oldenburg und legt 1990 sein Assessoren- Examen in Hannover ab. 1990 tritt Christian Wulff in eine Rechtsanwaltskanzlei ein. 1986 wird Christian Wulff für die CDU Mitglied im Rat der Stadt Osnabrück, von 1989 bis 1994 ist er deren Fraktionsvorsitzender. Christian Wulff bleibt Ratsmitglied bis 2001. 1994 wird er in den niedersächsischen Landtag gewählt. Im März des Jahres wird er Fraktionsvorsitzender, im Juni Landesvorsitzender seiner Partei in Niedersachsen. 1998 wird Christian Wulff zu einem der stellvertretenden Bundesvorsitzenden der CDU gewählt. Christian Wulff heiratet 1988 Christiane Vogt, mit der er eine Tochter hat. Annalena wird 1993 geboren. 2006, nach 18 gemeinsamen Jahren, trennen sich die Eheleute einvernehmlich. 2008 heiratet Christian Wulff Bettina eigenes Urteil bilden könne – manche fordern, dass dann auch Folterungen der westlichen Bündnisse gezeigt werden müssen. Christian Wulff: Grundsätzlich sollte über alles, was geschehen ist, angemessen berichtet werden. Die Bürgerinnen und Bürger müssen in ihrer Medienkompetenz gestärkt werden, all diese Berichte im Alltag angemessen zu hinterfragen und einordnen zu können. Die Würde von Opfern ist un be dingt zu wah ren. Auch das, was manchem heilig ist, sollte respektiert werden. NK: Wie können denn Po litik und Me dien angemessen mit den Sorgen der Menschen umgehen? Christian Wulff: Papst Franziskus hat am Ende der letzten Synode vor zerstörerischem Gutmenschentum gewarnt, das Wunden einfach nur verbinde, ohne sie vorher zu behandeln; andererseits aber auch vor Erstarrung und Ausgrenzungen. Genau das scheint mir die Aufgabe zu sein: den Weg dazwischen mutig nach vorne zu gehen, weder zu erstarren und sich abzuschotten noch Probleme schön zu reden. Nichts ist besser, als auf Grundlage unserer Verfassung und der hier geltenden Gesetze, die alle akzeptieren müssen, ein friedliches Zusammenleben aktiv zu gestalten und es als Bereicherung zu erfahren. NK: Im September dieses Jahres werden Sie in München auf der Convention der German Speakers Association sprechen. Ihr Thema: „Gefahr für die Demokratie? Wem es in der Küche zu heiß ist, wird nicht mehr Koch!“. Was können die Teilnehmer von Ihnen erwarten? Christian Wulff: Die Rede werde ich in Anbetracht der faktischen, aktuellen Lage im September dieses Jahres formulieren, aber vielleicht so viel: Wir müssen uns fragen, ob die Bereitschaft von Menschen, sich exponiert für die und in der Öffentlichkeit zu engagieren, auch aufgrund veränderter Bedingungen im Internetzeitalter und des Konkurrenzdrucks in der Medienwelt nachhaltig zurückgehen wird. Wir müssen uns deutlicher vor Augen halten, welche Konsequenzen eben der „medial vermittelte Öffentlichkeitsdruck“ für unser Gemeinwesen hätte – und wie wir ein funktionierendes, ethisches System von „Checks and Balances“, von Kontrolle durch die Öffentlichkeit und die Medien, bestärken. Das Interview mit Christian Wulff führte Andreas Buhr für „Das Magazin für Business & Bildung“ magazin.buhr-team.com Bilder: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung Fotos Guido Bergmann (2), Henning Schacht Körner. Gemeinsam mit ihr hat er einen Sohn. Linus Florian wird 2008 geboren. Bettina Wulff bringt einen Sohn, Leander, geboren 2003, in die Ehe mit. Nach den Landtagswahlen 2003 wird Christian Wulff am 4. März von den Abgeordneten des niedersächsischen Landtags zum Ministerpräsidenten gewählt und in dieser Position am 26. Februar 2008 bestätigt. Das Amt des Ministerpräsidenten hat er bis zum 30. Juni 2010 inne, dem Tag der 14. Bundesversammlung. Die Bundesversammlung wählt Christian Wulff zum zehnten Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland. Seitdem ruht auf seinen Wunsch seine Mitgliedschaft in der CDU. Christian Wulff ist seit 2001 Schirmherr des Bundesverbandes der Deutschen Multiple-Sklerose-Gesellschaft. Christian Wulff ist katholisch. Er ist Ehrendoktor der Tongji-Universität in Shanghai, China, und der Universität Tokyo-Tsukuba, Japan. 2011 wurde Christian Wulff durch den Zentralrat der Juden in Deutschland mit dem Leo-Baeck-Preis ausgezeichnet. Im gleichen Jahr bekam er die Ehrenmedaille des Deutschen Olympischen Sportbundes verliehen. Am 17. Februar 2012 trat Christian Wulff von seinem Amt als Bundespräsident zurück. (www.bundespraesident.de/DE/Die-Bundespraesidenten/Christian-Wulff/Christian-Wulff-node.html)

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