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NK 05_2017

12 BRANCHE

12 BRANCHE STEUERERKLÄRUNG: SO GIBT ES VOM FINA Die privaten Steuererklärungen für 2016 müssen bei den Finanzämtern bis zum 31. Mai 2017 vorliegen. Allerdings gilt: Wer früher abgibt, bekommt schneller sein Geld zurück. Die Abgabe lohnt sich in aller Regel – denn in 87 Prozent der Fälle gibt es eine Erstattung. Diese liegt laut Statistischem Bundesamt bei durchschnittlich 875 Euro. Noch höher fällt die durchschnittliche Erstattung wohl für das Jahr 2016 aus. Schließlich wurde in dem Jahr erstmals der Steuertarif so geändert, dass die Inflationsrate ausgeglichen wird. Um die sogenannte kalte Progression zu vermeiden, sollen Arbeitnehmer bei Lohnerhöhungen auf dem Niveau der allgemeinen Preissteigerung nicht automatisch mehr Steuern zahlen müssen. Denn der Steuersatz steigt mit dem Einkommen, was Experten einen „progressiven Steuertarif“ nennen. Zudem wurden 2016 einige Freibeträge erhöht: ❙ Grundfreibetrag (8.652 Euro für Singles beziehungsweise Einzelveranlagte), das sind 180 Euro mehr als 2015; für Paare, die sich zusammen dig. Wer geschickt vorgeht und genug Abzüge vorweisen kann, zahlt trotzdem keine Steuern. Mindestens 102 Euro sind in der Werbungskostenpauschale drin, höhere Ausgaben muss man belegen. Kosten für Kranken- und Pflegeversicherungen lassen sich als Vorsorgeaufwendungen absetzen. Selbst gezahlte Krankheits-, Pflege- und Kurkosten sind als außergewöhnliche Belastungen absetzbar – wenn sie die zumutbare Belastung überschreiten. Udo Reuß, Steuerexperte bei Finanztip: „Wer eine Behinderung hat, sollte prüfen, ob ein Pauschbetrag oder ein Einzelnachweis der Kosten sinnvoller ist. Denn da hat man die Wahl.“ Arbeitnehmer können Feierkosten absetzen Auch Arbeitnehmer sollten die zahlreichen Möglichkeiten für Abzüge nutzen. Allein durch Fahrtkosten überschreiten viele die Werbungskostenpauschale von 1.000 Euro. Doch es können noch zahlreiche andere Kosten geltend gemacht werden. „Arbeitnehmer können beispielsweise Arbeitsmittel absetzen, aber auch Feierkosten, wenn sie im veranlagen lassen, gilt für Grundund Freibeträge grundsätzlich die doppelte Höhe, also für Verheiratete und eingetragene Lebens partner 17.304 Euro. Bis dahin ist das gesamte Einkommen für jeden Bürger steuerfrei gestellt ❙ Kinderfreibetrag (2.304 Euro je Elternteil), dazu kommt noch der unveränderte Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf in Höhe von 1.320 Euro ❙ Kindergeld (190 Euro monatlich für das erste und zweite Kind) und Unterhaltshöchstbetrag (8.652 Euro). Viele Rentner müssen eine Steuererklärung abgeben Rund 4,4 Millionen Rentner müssen mittlerweile eine Steuererklärung machen, und diese Zahl steigt stän- Zusammenhang mit dem Beruf stehen“, erklärt Udo Reuß, Steuerexperte bei Finanztip. „Auch die Betreuung für den Hund oder die Katze lässt sich absetzen. Bei genauem Hinsehen findet fast jeder etwas, das er noch absetzen kann.“ Wer Kosten für Handwerker, Putzhilfe und Minijobber oder Winterdienst hatte, bekommt 20 Prozent der Arbeits- und Fahrtkosten als Steuererstattung zurück. Automatisch berücksichtigt das Finanzamt nur Pauschbeträge wie den Grundfreibetrag, die Werbungskostenpauschale von 1.000 Euro oder die sehr niedrige Sonderausgaben- Pauschale von 36 Euro, die fast alle Arbeitnehmer alleine mit ihren Ausgaben für die gesetzliche Sozialversicherung leicht übertreffen. Wer niedrige Einkünfte oder hohe absetzbare Ausgaben hat, der sollte also keinesfalls darauf verzichten, eine Steuererklärung zu erstellen. Die Steuer kommt jedes Jahr auf Sie zu. Die meisten Arbeitnehmer haben gar nicht so komplizierte Sachverhalte, sodass sie die Steuererklärung selbst erstellen können – kostenlos auf Papierformularen oder im Elster- Online-Portal der Finanzverwaltung oder mithilfe einer Steuer-Software, die bereits für rund 15 Euro erhältlich ist. Diese hat den Vorteil, dass sie viel komfortabler zu bedienen ist als das kostenlose Programm Elster-Formular und zudem viel weniger Fachwissen voraussetzt. Wer eine Steuererklärung abgeben muss Eine Abgabepflicht für die Steuererklärung kann unter mehreren Bedingungen eintreten: ❙ Freibetrag: Sie müssen eine Steuererklärung abgeben, wenn beim Lohnsteuerabzug ein individueller Freibetrag aufgrund eines Lohnsteuerermäßigungsantrags berücksichtigt wurde. Eine sogenannte Pflichtveranlagung führt das Finanzamt auch durch, wenn Sie 2016 Einkünfte ohne Lohnsteuerabzug von mehr als 410 Euro hatten – dazu zählen beispielsweise Arbeitslosen-, Kurzarbeiter- oder Elterngeld. ❙ Steuerklasse: Die Abgabepflicht gilt auch, wenn Sie 2016 parallel mehrere Arbeitgeber hatten und Ihr Einkommen nach Steuerklasse VI abgerechnet wurde. Auch falls Sie als Ehepartner oder eingetragener Lebenspartner die Kombination der Lohnsteuerklassen III/V oder IV/IV mit Faktor haben, müssen Sie eine Steuererklärung abgeben. Das gilt ebenso, wenn Sie Einnahmen haben als Selbstständiger, Gewerbetreibender, Landwirt, Rentner oder Vermieter, die oberhalb des Grundfreibetrags von 8.652 Euro lagen. Das sind weitere Fälle, in denen Sie eine Steuererklärung ausfüllen müssen: ❙ Einer der Partner beantragt die getrennte Veranlagung. ❙ Für Kapitaleinkünfte sind noch Kapitalertragsteuer oder Kirchensteuer offen. ❙ Im Steuerbescheid 2015 hat das Finanzamt einen Verlust festgestellt. ❙ Sie haben im letzten Jahr eine Abfindung erhalten, bei der die Lohnsteuer nach der Fünftel-Regelung berechnet wurde. Wer freiwillig eine Steuererklärung abgeben sollte Die meisten Arbeitnehmer und Rentner müssen – anders als Selbstständige, Gewerbetreibende und Landwirte – tatsächlich gar keine Steuererklärung abgeben. Viele ersparen sich daher die Arbeit – und verschenken oft Geld. Sinnvoll ist die Abgabe einer freiwilligen Steuererklärung auf jeden Fall, wenn ein Arbeitnehmer hohe berufliche Ausgaben, also Werbungskosten, hatte. 1.000 Euro beträgt der Arbeitnehmer-Pauschbetrag. Legt der vollzeitbeschäftigte Mitarbeiter täglich eine einfache Wegstrecke von 15 Kilometern zur Arbeitsstätte zurück, übersteigen bereits seine Fahrtkosten die Werbungskostenpauschale. Und viele weitere abzugsfähige Posten können sein steuerpflichtiges Einkommen wei- 05.2017

BRANCHE 13 NZAMT GELD ZURÜCK ter drücken. Die Entfernungspauschale von 30 Cent pro Kilometer gilt übrigens unabhängig vom gewählten Verkehrsmittel – also auch für Fußgänger, Fahrradfahrer, Bahnund Busnutzer. Letztere haben sogar die Möglichkeit höhere Kosten als die Obergrenze von 4.500 Euro zu belegen. Dies gilt nicht für Autofahrer. In das Feld „Weitere Werbungskosten“ können Sie alles eintragen, was Sie für Ihren Job oder für die Karriere ausgegeben haben: etwa Fortbildungsoder Bewerbungskosten. Auch vom Arbeitgeber nicht erstattete Fahrtkosten für Dienstreisen, Schreibzubehör, Fachliteratur, die Sie beruflich benötigen, selbst finanzierte Fortbildungskosten oder die Mitgliedschaft in einem Berufsverband dürfen Sie angeben, wenn Sie die Ausgaben belegen können. Telefonieren Sie häufig von Ihrem privaten Festnetz- und Mobilfunkanschluss aus für Ihre Firma, ohne dass Sie hierfür etwas erstattet bekommen, dann können Sie auch Telefon- und Internetkosten in der Steuererklärung ansetzen. Nutzen Sie Ihr Smartphone oder Ihren Laptop teilweise beruflich, so können Sie den beruflichen Anteil absetzen. Arbeitsmittel mit einem Anschaffungspreis bis 487,90 Euro dürfen Sie sofort komplett absetzen, teurere Gegenstände müssen Sie über die Nutzungsdauer abschreiben. Großzügiger als der Bundesfinanzhof (BFH) ist die Finanzverwaltung, wenn Sie auf dem Weg zur Arbeit einen Autounfall bauen: Sie dürfen die Kosten, die Ihnen nicht erstattet werden, in der Steuererklärung angeben. Diese sind dann zusätzlich zur Entfernungspauschale absetzbar. Zu den möglichen Kostenpositionen zählen unter anderem: selbst getragene Reparaturkosten, Schäden an Kleidung und Gegenständen, Krankheitskosten, Fahrtkosten zu Ärzten und Werkstätten, Anwalts-, Gerichts- und Sachverständigenkosten, Aufwendungen für Mietwagen sowie Bergungs- und Abschleppkosten. Falls Sie ein Arbeitszimmer in Ihrer Wohnung nutzen, können Sie diese Kosten mit bis zu 1.250 Euro im Jahr geltend machen. Bedingung: Für die berufliche Tätigkeit steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Dies gilt beispielsweise für Lehrer und viele Außendienstmitarbeiter. Nutzen Sie das Arbeitszimmer zu mehr als zehn Prozent privat, ist kein Steuerabzug möglich. Außerdem darf es kein Durchgangszimmer sein und es genügt auch keine Arbeitsecke. Neben einer beeindruckenden Zahl an unterschiedlichen Werbungskosten können Arbeitnehmer und Rentner noch weitere Aufwendungen zusätzlich in ihrer Steuererklärung ansetzen: ❙ Gezahlte Kirchensteuer, Vorsorgeaufwendungen wie die Sozialversicherungsbeiträge und viele Aufwendungen für die Altersvorsorge können Sie zudem als Sonderausgaben absetzen ❙ Außergewöhnliche Belastungen: Hatten Sie im letzten Jahr durch Krankheit, Unfall, Pflege für die Eltern, Hochwasser, Scheidung oder andere persönlichen Katastrophen höhere Ausgaben, können Sie diese als außergewöhnliche Belastungen geltend machen. Allerdings sind bei den allgemeinen außergewöhnlichen Belastungen (§ 33 Einkommensteuergesetz = EStG) nur dann Kosten absetzbar, wenn die sogenannte zumutbare Belastung überschritten wird. Diese unterscheidet sich von Person zu Person und hängt ab von der Höhe Ihrer Einkünfte, vom Familienstand und der Kinderzahl. Die zumutbare Belastung liegt bei eins bis sieben Prozent Ihrer gesamten Einnahmen ❙ Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19. Januar 2017 (Az. VI R 75/14) ändert die bisherige Berechnung der zumutbaren Belastung. Diese fällt jetzt generell niedriger aus, sodass diese Schwelle von allen Steuerpflichtigen leichter überwunden werden kann. Denn erst Kosten darüber zahlen sich bei den allgemeinen außergewöhnlichen Belastungen aus und mindern dann die Steuerlast Bei den besonderen außergewöhnlichen Belastungen (§§ 33a, 33b EStG) hingegen kommt es nicht auf die zumutbare Belastung an. Besondere außergewöhnliche Belastungen sind ab dem ersten Cent absetzbar. Dafür gibt es Pauschalen oder Höchstbeträge. Beispiele hierfür sind ❙ der Unterhaltshöchstbetrag in Hö he des Grundfreibetrags (2016: 8.652 Euro, 2017: 8.820 Euro, 2018: 9.000 Euro) für Unterhaltszahlungen an bedürftige Personen ❙ Behinderten-Pauschbeträge zwischen 310 Euro und 3.700 Euro ❙ der Ausbildungsfreibetrag in Höhe von maximal 924 Euro für volljährige Kinder, die auswärts wohnen ❙ der Pflege-Pauschbetrag von 924 Euro für diejenigen, die unentgeltlich jemanden häuslich pflegen ❙ der Hinterbliebenen-Pauschbetrag von 370 Euro Handwerkerkosten, haushaltsnahe Dienstleistungen Haben Sie 2016 eine Putzhilfe oder einen Handwerker in Ihrem Haushalt beauftragt und die Rechnung überwiesen? Dann können Sie sich über die Steuererklärung 20 Prozent der Arbeits- und Fahrtkosten zurückholen – als Steuererstattung. Falls Sie dies noch mit einer als Minijobber beschäftigten Haushaltshilfe kombinieren, können Sie sich maximal 5.710 Euro an Steuern zurückerstatten lassen. www.finanztip.de

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