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NK 08_2016

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18 TITELINTERVIEW sind,

18 TITELINTERVIEW sind, müssen sie ständig zeigen, wie gut sie im Vergleich zum Wettbewerb performen. Das hat zur Folge, dass wir in den Märkten immer mehr nur das finden, was „Main Stream“ ist. Auf der anderen Seite sind die Lieferanten ständig gezwungen, an ihren Produkten irgendwelche Kos tenoptimierungen durchzuführen. Die Produkte verändern sich aufgrund des Drucks also ständig, sowohl in Zusammensetzung, Verpackung und Verarbeitung. Von der Qualität einmal ganz zu schweigen. NK: Findet diese Entwicklung nur in der Lebensmittelindustrie statt oder sind auch andere Branchen betroffen? Kurt-Georg Scheible: Nein, in Deutschland gibt es zum Beispiel nur noch vier echte Automobilhersteller. Worauf solche Kon- zentratio- nen raten in immer größere Ab- trieb. Den Networkern, wie sich die es innerhalb einer Generation unter hängigkeiten von einzel- Verkäufer nennen, wird ja häufig rei- die reichsten 20 Deutschen geschafft nen Anbietern. Wenn bald nes Profitstreben nachgesagt, wes- haben. Irgendetwas läuft da in der 90 Prozent der Umsätze halb manche guten Produkte schon Kommunikation schief. Der Direkt- von den „großen Vier“ aus Prinzip nicht im Direktvertrieb vertrieb ist meiner Meinung nach in kontrolliert werden, dann gekauft werden. Die gleichen Ver- der Öffentlichkeit zu wenig sichtbar, bedeutet das ja auch, dass braucher kaufen jedoch ohne mit die Qualität der Produkte und die durchschnittlich neun von der Wimper zu zucken bei Handels- hohe Beratungsleistung müssten zehn Haushalten dort ein- ketten, deren Gründer und Inhaber weit mehr den Verbrauchern be- kaufen oder wir neun von zehn Lebensmitteln in einer dieser Ketten kaufen. Und wir können nur kaufen, was dort angeboten wird. Dazu kommt noch eines: Ritter-Sport- Schokolade kostet bei den Discountern ca. 70 Cent. In der Tank- Kurt- stelle kaufen Verbraucher die gleiche Schokolade für ca. 1,50 Euro. Was VITA hinauslaufen Georg Scheible: Nun, die passiert, wenn die Discounter auf die Idee kommen, dass wir für Ritter Kurt-Georg Scheible können, nicht zwangs- Lieferanten müssen sich Sport künftig sagen wir mal 1,20 Unternehmer, Topmanager, Keynote läufig müssen, zeigt der jüngs te Preis- dringend anders gegenüber ihren Kun- Euro bezahlen müssen? Ich glaube Speaker, Berater, Coach, Dozent, Autor absprachen-Skandal einiger großer den aufstellen. Mit meinem Unterneh- dieses Beispiel lässt sich beliebig – seine über 25-jährige Berufserfahrung macht Kurt-Georg Scheible Lkw-Hersteller. Oder ein anderes men ErfolgsCampus unterstützen wir fortsetzen. zu dem Erfolgsverhandler. Über 24.000 Teilnehmer an seinen rund Beispiel: Seit dem Verschwinden von ausschließlich die Lie feranten vor, Als Verbraucher sollten wir deshalb 3.400 Vorträgen, Seminaren und Coachings, davon allein 411 Veran- Schlecker gibt es sogar nur noch während und nach Ver handlungen alle Möglichkeiten nutzen, um uns staltungen in 2014, zeigen, wie hochaktuell seine Themen sind und drei große Drogeriemärkte. In ande- mit dem Ziel, die Abhängigkeit von größtmögliche Vielfalt und geringste wie gefragt er ist. Hinzu kommen mehr als 100 Vorlesungen an ren Branchen ist die Entwicklung zu- ihren Kunden – in der Hauptsache Abhängigkeit zu erhalten. Das beginnt Hochschulen und Business-Schools. mindest ähnlich. Handelsketten und Au to mobil her- mit dem Kauf der Brötchen beim lo- Der international tätige Unternehmer-Berater bereiste 29 Länder. Er stel ler – zu verringern, aus dem Preis- kalen Bäcker um die Ecke und geht legte dabei innerhalb eines Jahres eine Strecke zurück, die dem NK: Die Kunden interessieren sich druck zu kommen und wieder mehr über den Lebensmitteleinkauf auf 1,5-Fachen des Weltumfangs entspricht. Seit 22 Jahren ist der Erfolgs- zunächst nicht für das Befinden der Ertrag zu erwirtschaften. Das ist wich- dem Wochenmarkt oder im Hofla- verhandler ohne Unterbrechung Unternehmer. Er verantwortete 19 Hersteller. Der eigene Geldbeutel tig, damit wir Verbraucher auch zu- den bis hin zur Verwendung direkt Firmenübergaben, -übernahmen und Unternehmensgründungen, ist da immer näher. Doch die Ver- künftig mehr Vielfalt haben. vertriebener Produkte wie zum Bei- hält derzeit Beteiligungen an zehn Unternehmen und ist Wagniska- braucher werden sich zwangsläu- spiel Kosmetika, Nahrungsergän- pitalgeber an fünf Startups. fig mit dem Wohlergehen der im NK: Und was können die Verbrau- zung oder Reinigungsmittel. Scheibles Büro befindet sich in der Landeshauptstadt Stuttgart. Der eigenen Land angesiedelten Lie- cher tun? Oder sollte man diese 180 cm große und charismatische Verhandlungsprofi lebt unweit feranten beschäftigen müssen, denn Frage anders formulieren: Was NK: Womit wir beim Direktvertrieb davon im Vorland der Schwäbischen Alb. Die Leidenschaft für Öko- diese arbeiten nicht nur mit Ma- müssen die Verbraucher tun, dass sind, der zunehmend eine bedeu- nomie prägt seine Profession. schinen, sondern mit Hunderttau- sie auch in Zukunft noch das auf tende Rolle im Handel spielt. Wie Kurt-Georg Scheibles Publikationen, Vorträge, Seminare und Inter- senden Menschen. Wenn hier mas- den Tisch bringen können, was sie stehen Sie persönlich zum Direkt- views sind sachlich, aktuell, mal provokant und mal humorvoll. Ihm siv Arbeitsplätze abgebaut werden wirklich essen möchten und nicht vertrieb? ist das „gute Gefühl“ aller Beteiligten wichtig, er scheut sich jedoch müssen, haben wir alle ein Prob- das, was ihnen die Discounter ge- Kurt-Georg Scheible: Zunächst ein- auch nicht, mal den „Finger in die Wunde“ zu legen. lem. Welche Möglichkeiten sehen rade als Angebot vorsetzen? mal, persönlich wundere ich mich www.kurt-georg-scheible.de Sie für die Lieferanten um diese Kurt-Georg Scheible: Letzteres trifft schon lange über die deutsche Men- Entwicklung aufzuhalten? den Punkt. Auch wir Verbraucher ge- talität im Hinblick auf den Direktver- 08.2016

TITELINTERVIEW 19 ten sich die Networker schleunigst zum Einkaufsberater entwickeln. Der typische Verkäufer, gleich welcher Couleur, hat ausgedient. Heute gilt es, den Kunden im Einkaufsprozess abzuholen und so zum „trusted advisor“ (vertrauenswürdiger Berater) zu werden. Zweitens gibt es auch im Verkauf eine Disruption, also eine (digitale) Revolution im Verkauf. Auch wenn die Revolution in Deutschland derzeit eher noch einer Blumenparade gleicht, so gilt doch auch hierzulande: Es gibt Vertriebsformen, die Kunden lieber mögen als das, was sie vorher gekannt haben. Also beobachten sie, was ihre Kunden lieber mögen. Und da sehe ich für den Direktvertrieb insgesamt extrem gro- leistungsbereiten und -willigen Menschen, meist Mitglieder der Generation Y. Die sind ganz anders zu motivieren als die jungen Menschen noch vor ein paar Jahren: unglaublich gut gebildet und ausgebildet, schnell im Kopf und schnell mit dem Mund. In der Vorlesung gibt es fast ständig den „Second Screen“, also das eigene Smartphone, Tablet oder das Laptop. Das erlebe ich in Workshops bei Firmen häufig auch. Doch im Gegensatz zu den meist älteren Menschen in den Betrieben schaffen die Studierenden ein echtes Multitasking und sind nicht mit anderen Dingen beschäftigt, sondern recherchieren in einer zweiten Quelle, was ich vorne gerade erzählt habe oder suchen nach weiterführender Literatur oder überprüfen einfach schlicht meine Aussagen. Ich habe festgestellt, wenn es diese Menschen nicht mehr interessiert, stehen sie einfach auf und gehen. In der Vorlesung che und recherchieren in Echtzeit, sowohl Qualitäten, Preise, Konkurrenzangebote, vor allem aber auch die Aussagen des Verkäufers. Und wenn etwas nicht stimmt ist das Vertrauen weg – und damit der Kunde. NK: Ist Vertrauen das Wichtigste? Kurt-Georg Scheible: Im Grunde treffen wir Entscheidungen fast ausschließlich aufgrund des Vertrauens. Vertrauen in Unternehmen, Marken, Produkte, Währungen, andere Menschen. Wir vertrauen darauf, dass sich eine uns bekannte Entwicklung der Vergangenheit in die Zukunft fortsetzt. Wir kaufen Produkte im Vertrauen darauf, dass sich unsere positiven Erfahrungen und Erlebnisse wiederholen. Allerdings stelle ich fest, dass mit dem Vertrauen von uns Menschen, sei es als Verkäufer, Kunde oder Verbraucher, zunehmend leichtfertig umgegangen wird. Vertrauen kann man schnell ausreizen, verspielen. Ist es erst einmal verloren, lässt es sich nur sehr schwer wieder aufbauen. ganz aktuellen Zukunftsthemen wie dem Disruptive Selling (den Verkauf störend) und Verhandlungsintelligenz auch die Vermittlung der alten Werte-Tugenden. NK: Würden Sie Gründungswilligen denn auch empfehlen, ins Empfehlungsgeschäft, sprich in den Direktvertrieb einzusteigen? Kurt-Georg Scheible: Ich empfehle jedem Gründungswilligen grundsätzlich, diese Geschäfts- und Vertriebsform für sich auch zu prüfen. Viele Gründer haben vor der Prüfung leider zu wenig Vorstellungen, welche Aufgaben und vor allem in welchem wusst gemacht werden. NK: Was glauben Sie als Unternehmer und Verbraucher: Woher kommt diese Ablehnung? Kurt-Georg Scheible: Wir Menschen lernen ja eigentlich nur aus Erfahrung, wenn es gut läuft, aus eigener selbst gemachter Erfahrung und wenn die fehlt, aus der Erfahrung anderer – also den Eltern, Freunden, Bekannten. Und da hat eben fast jeder eine Geschichte zu erzählen, wie er vom ehemaligen Schulfreund, Nachbarn oder Arbeitskollegen angesprochen und möglicherweise geworben wurde – und es nach einiger Zeit bereut hat. Da wurde in der Vergangenheit viel Vertrauen in die Vertriebsform, die Branche und dann eben auch in die Networker, also die Menschen selbst, verbrannt. NK: Was kann die Branche und jeder Direktvertriebler selbst tun, um sich von diesem Image zu befreien? Kurt-Georg Scheible: Ich sehe da vor allem drei Ansätze. Erstens sollße Chancen. Networker können zu den großen Gewinnern der Disruption durch Digitalisierung werden. Drittens sollten Networker selbst ihre Branche als das betrachten und bezeichnen, was sie ist: harte Arbeit, vor allem in der Aufbauphase. Also ein klares Stopp für die schwarzen Schafe der Branche und Schluss mit den falschen oder überzogenen Versprechen bei der Anwerbung neuer Vertriebspartner. NK: Sie sind Hochschuldozent und lehren an verschiedenen Hoch schulen. Gleichzeitig haben Sie mehrere Beratungs- und Trainingsunternehmen, unter anderem eine Akademie, die ihren Namen trägt. Welche störenden Ansätze im Verkauf sehen Sie? Kurt-Georg Scheible: An meiner Tätig keit als Hochschuldozent mag ich besonders den Kontakt zu jungen, oder im Verkaufsprozess. Und sie le gen wieder mehr Wert auf lokale oder regionale Herkunft. Wenn sich dieses Verhalten fortsetzt, dann haben die Kunden der Zukunft weniger Geduld und eine kürzere Aufmerksamkeitsspanne. Sie gehen weniger vorbereitet in Gesprä- NK: Mit Ihrer BUCHTIPP: Scheib le Akademie wenden Sie Ausgereizt! Die Billig-Strategie im Praxis-Check sich sowohl an Grün der von Startups als auch an gestandene Verlag: GABAL | Auflage: 1 (18. April 2016) 248 Seiten. gebunden 24,90 Euro Unterneh- ISBN-13: 978-3869366968 mer. Geht es da auch um Vertrauen? Kurt-Georg Scheible: Ja natürlich. Schauen Sie, wenn ein Gründer anfängt, dann hat er in der Regel nicht viel mehr als das Vertrauen, das andere in ihn setzen. Wenn er das verspielt, dann steht er im wahrsten Sinne des Wortes wertlos da. Leider erlebe ich das in letzter Zeit häufiger, sowohl bei Gründern als auch bei etablierten Unternehmen bis hin zu Weltkonzernen. Bei Gründern ist es meist Unwissenheit, bei Weltkonzernen eher kurzfristiges Streben nach Gewinn, weshalb Vertrauen von Investoren, Kunden und Mitarbeitern verspielt wird. Der Akademie geht es neben Umfang auf sie zukommen und unterschätzen den administrativen Aufwand sowohl in finanzieller als auch zeitlicher Hinsicht völlig. Hinzu kommt, dass viele Dinge ausprobiert und immer wieder Wege beschritten werden, die sich als nicht zielführend und am Ende als nicht erfolgreich herausstellen. Je mehr Ressourcen und Energie in etwas gesteckt wird, desto länger wird zudem in der Regel daran festgehalten. Das bedeutet, dass Irrwege mit großer Ausdauer weiter beschritten werden, häufig so lange, bis es zu spät ist und die Idee als gescheitert betrachtet wird. Ein weiterer Punkt ist für mich Marketing und Vertrieb. Da gibt es bei vielen Gründern oft ein großes Defizit und gleichzeitig leider wenig Bereitschaft und Möglichkeiten in diesen wichtigen Bereichen selbst zu investieren. Gutes MLM bietet da viele Vorteile. Ein in der Regel bewährtes System, Unterstützung bei Administration und Ausbildung in Marketing und Vertrieb. Wenn es dann zwischen Produkt und Gründer passt, ist das eine gute Alternative zur eigenen Geschäftsidee.

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