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NK 08_2018

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4 BRANCHE VON ANGESICHT

4 BRANCHE VON ANGESICHT ZU ANGESICHT MIT 80 TO Einen außergewöhnlichen, magischen Moment durften die beiden Umweltschützer Michael und Ingolf Winter Anfang Juli auf den Azoren erleben. In Zusammenarbeit mit dem Umweltministerium in Portugal drehten die beiden auf dieser faszinierenden Inselgruppe mitten im Atlantischen Ozean einen Lehrfilm über die zunehmende Meeresverschmutzung durch Mikroplastik und ihre Folgen. Die fertige Produktion soll an portugiesischen Schulen für eine größere Sensibilität hinsichtlich dieses Themas sorgen. Auch in saarländischen Schulen soll der Film gezeigt werden. Zusammen mit dem Unterwasserfilmer Nuno Sá waren die beiden begeisterten Hobbytaucher auch auf den Spuren des größten Raubtieres der Erde unterwegs: dem bis 80 Tonnen schweren und bis 20 Meter langen Pottwal. Der Kiefer dieses Wales misst etwa ein Drittel seiner Körperlänge und ist mit INGOLF UND MICHAEL WINTER BEGEGNEN MOBY DICK AUF DEN AZOREN www.prowin.net starken, rund 20 Zentimeter langen Zähnen aus Elfenbein bestückt. Selbst ein Tyrannosaurus Rex konnte ein solches Beißwerkzeug nicht vorweisen. Dieses benötigt dieses gewaltige Raubtier auch, um im Kampf gegen Riesenkalmare – denen er in bis zu 2.500 Meter Wassertiefe bei 40 Minuten langen Tauchgängen nachstellt – als Sieger hervorzugehen. Nahezu jeder Pottwal ist von Begegnungen dieser Art mit unzähligen Narben gekennzeichnet. Wie genau diese Kämpfe ablaufen, ist aktuell noch eines der bestgehüteten Geheimnisse der Natur. Bislang bekannt ist aber, dass diese Tiefseekalmare die Hauptnahrung der Pottwale darstellen. Bei der Obduktion Starkes Team für die Natur: Michael und Ingolf Winter. © proWIN von Pottwalen hat man in ihren Mäg e n über zehn Meter lange Fang arme dieser Kalmare gefunden. Ingolf Winter und Sohn Michael entdeckten einen etwa fünf Meter großen, total zerfetzten Kalmar an der Wasseroberfläche, der vermutlich Opfer eines Pottwals wurde. Ingolf Winter über seinen persönlichen Magic Moment mit den riesigen Meeresbewohnern „Vor ziemlich genau 20 Jahren hatte ich meine erste Begegnung mit einem großen Pottwal – auf den Azoren vor der Insel Pico. Die war alles andere als nett, denn der Pottwal- Bulle war wohl schlecht gelaunt: Er schwamm auf mich zu ohne zu stoppen und schob mich mit seinem mächtigen Kopf durch das über 1.000 Meter tiefe Wasser. Zum ersten Mal in meinem Leben erlebte ich damals die einzigartige Nähe dieses beeindruckenden Meeresriesen. Seitdem ließen mich die großen Meeressäuger nicht mehr los. Fortan war es mein Lebenstraum, dieses Erlebnis gemeinsam mit meinen Söhnen Sascha und Michael zu teilen. Im Juli diesen Jahres war es dann soweit: Gespannt saßen wir auf einem Schlauchboot, etwa 15 Kilometer von der Insel Pico. Es war unser letzter Tag auf dem Meer und somit auch unsere letzte Chance, Moby Dick bei dieser Tour hautnah zu erleben. In den vergangenen Tagen waren wir hunderte Male so lautlos wie möglich ins Wasser geglitten, um die unfassbar scheuen Riesen der Meere nicht zu verschrecken. Manchmal trennten uns von den Tieren bloß noch fünf Meter, bis sie abtauchten. Aber wir gaben die Hoffnung nicht auf, sie noch mehr aus der Nähe erleben zu dürfen. Und die wurde schneller erfüllt, als wir je zu hoffen gewagt hätten: Emanuel, unser Skipper gab plötzlich Vollgas, denn weit entfernt hatte er den Blas eines Wales gesichtet bzw. sogar drei. In Windeseile zogen wir unsere Flossen und Taucherbrillen an und machten die Kameras startklar. Ganz vorsichtig bewegten wir uns mit dem Boot in Richtung einer Dreiergruppe Pottwale: zwei erwachsene Tiere und ein Baby. Die Spannung war unerträglich, bis endlich das Kommando kam: GO! Ganz vorsichtig ließen sich der Unterwasserfilmer Nuno, mein Sohn Michael und ich ins tiefblaue, glasklare Wasser gleiten, das an dieser Stelle mit Sicherheit gute 2.000 Meter tief ist. Trotz des starken Windes war die See fast ruhig. Ganz sachte und möglichst ohne an der Oberfläche zu platschen, haben wir uns der Pottwal-Familie genähert. Und dann stockte mir der Atem: Der Bulle drehte sich zu mir um und fixierte mich mit seinem großen Auge. Ich dachte nur: ‚Bitte tauch nicht ab!‘ Und er blieb. Michael und Nuno befanden sich währenddessen in Höhe der beiden anderen Wale und obwohl sie nur einen Meter von der Walkuh und ihrem Baby entfernt waren, blieben die Tie re entspannt. Das Baby, etwa so groß und schwer wie ein ausgewachsener Ele- 08.2018 Ingolf Winter mit Pottwal Baby. © Michael Winter

BRANCHE 5 NNEN URGEWALT stört werden. Aber auch dieses Kleinod unberührter Natur bekommt die Folgen des fatalen Umgangs mit der Umwelt zu spüren: Auch hier wurden schon schöp- fen war alle Strapazen der vergangenen zehn Tage wert. Schon im Wasser fielen wir uns in die Arme und hätten vor Glück weinen können. Wir empfanden eine tiefe Demut, denn näher als in diesem Moment sind wir der Schöpfung noch nie gewesen. Tief beeindruckt haben wir unsere vierte Azorenexpedition beendet. Es wird definitiv nicht unsere letzte gewesen sein, denn die Natur ist ein Wunder und muss unbedingt erhalten werden!“ Pottwale beim Abtauchen und abchecken mit Sonar. © Ingolf Winter Info Azoren Mitten im Atlantischen Ozean – etwa zwei Flugstunden von Lissabon entfernt – liegt die Inselgruppe der Azoren, die zu Portugal gehören. Durch zahllose Vulkanausbrüche sind die neun Azoreninseln aus der Tiefe des Meeres gewachsen. Die exponierte Lage dieser Inselgruppe im tiefen Meer sorgt für außergewöhnlichen Fischreichtum. Fast alle Walund Delfin-Arten kann man hier zu den © Michael Winter fant, schwamm zum Bauch seiner Mutter und stupste sie an. Und dann geschah das Unfassbare, wovon nur wenige Zeuge werden dürfen: Die Pottwal-Kuh drehte sich zur Seite und das Baby begann zu trinken. Währenddessen wich der Pott wal-Bulle seiner Familie nicht von der Seite und hatte uns drei Menschlein sowie die Schule von etwa 25 großen Delfinen, die ebenfalls um uns herum schwammen, fest im Blick. Ein magischer Moment für die Ewigkeit, der an Friedfertigkeit nicht zu überbieten war! Diese Bilder haben sich wie ein Tattoo in meine Seele gebrannt. Das Erlebnis übersteigt so ziemlich alles, was ich bei meinen 2.500 Tauchgängen erleben durfte. Baby blieb men. Das © Ingolf Winter Nach 15 Minuten war alles vorbei weiter oben bei und die beiden erwachsenen Pottwale tauchten in die Tiefe ab. Noch noch nicht so lange und so tief tau- uns, denn die Kleinen können einmal drehen sie sich um und präsentierten uns ihre hellere Bauchlegt und zeigte überhaupt keichen. Es war zum Spielen aufgeseite mit dem Sonar. Deutlich vernahmen wir die Klicklaute ihres So- sogar in uns hinein. Ich kam ne Scheu, schwamm teilweise nars. Dann verschwanden sie in den ihm so nah, dass ich sogar Tiefen des Atlantiks, um Beute zu spüren konnte, wie weich jagen. 40 Minuten kann es dauern, seine braune Haut ist. Diese bis sie von ihrem Beutezug in den intensive Begegnung mit tieferen Meerregionen zurückkom- diesen majestätischen Ge- verschiedenen Jahres zeiten in ihrem natürlichen Lebensraum beobachten. Das Besondere sind einige Gruppen von standorttreuen Pottwalen, die hier im tiefen Wasser genügend Nahrung in Form von Kalmaren vorfinden. Galten die Azoren früher als Hochburg des Walfangs, gehören sie heute zu den interessantesten Zielen für umweltbewusste Reisende und Whale-Watching- Fans. Denn mit Abschaffung des Walfangs kam ein neuer Wirtschaftszweig: der sanfte Tourismus, der umweltbewussten Reisenden die Möglichkeit gibt, unberührte Natur und Artenvielfalt zu erleben. Heute fahren die Boote mit Touristen hinaus aufs Meer, damit sie Wale beobachten können. Die Anzahl der Boots-Lizenzen ist dabei streng limitiert. Zudem gelten strenge Verhaltensregeln und Vorschriften für die Anbieter der Touren und ihre Teilnehmer. Nur wenige Fotografen und Unterwasserfilmer dürfen zu den Walen ins Wasser, Pottwale vor Nuno (vorne) und Michael Winter (hinten). damit diese © Ingolf Winter nicht getote Wale mit unzähligen Plastiktüten im Magen gefunden. Tausende von Seevögeln verhungern mit einem Magen voller Plastik. Und außerhalb der Schutzzone geht es immer noch grausam zu: 400.000 Blauhaie werden jährlich vor den Azoren gefangen und abgeschlachtet, denn der Umschlagplatz für Haiflossen liegt nicht wie von vielen vermutet in Asien, sondern in Europa – genauer gesagt in Santiago de Compostela. Dort befindet sich das europäische Zentrum des gnadenlosen Hai-Abschlachtens. Von hier aus wird auch die große Nachfrage aus Asien gestillt, denn dort werden Haifischflossen als Potenzmittel hoch gehandelt und Haifischflossen-Suppe gilt immer noch als Delikatesse. Genau auf diese Dinge will der Aufklärungsfilm der pro- WIN pro nature Stiftung aufmerksam machen. Zum Engagement gehört auch die Unterstützung eines Projektes zum Schutz von Blauhaien vor Ort. Ziel ist es, ein größeres Meeresschutzgebiet rund um die Azoren zu schaffen. Denn hier warten noch viele faszinierende Geheimnisse der Natur darauf, entdeckt zu werden. Bei der nächsten Azoren-Expedition wollen Ingolf und Michael Winter Vertretern der größten Hai-Art auf der Welt – den Walhaien – näher kommen und Fragen auf den Grund gehen wie: „Warum locken die Azoren im Sommer so viele Exemplare des Walhais und riesige Thuna-Schwärme an? Wie tief tauchen sie hier und wovon ernähren sie sich im klaren Wasser des Atlantischen Ozeans?“ Pottwal-Baby trinkt bei seiner Mama und Pottwal-Bulle schaut zu. © Ingolf Winter

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