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OCEAN7 2007-12

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In dieser Ausgabe von OCEAN7 finden Sie viele Tipps, die Segler wissen sollten. Von Regatta-Tricks bis hin zu den schönsten Winter-Revieren.

118 TEXT DOMINIC MARSANO

118 TEXT DOMINIC MARSANO WENN ICH NUR AUFHÖREN KÖNNT’ Ein neues Suchtgift ist auf dem Markt. Vater-Sohn Konfl ikte, Flaute im Ehebett und regelmäßig überzogene Zapfenstreiche auf der einen, brutale Startgemetzel, hitzige Wendeduelle und der Austausch getippter Nettigkeiten auf der anderen Seite: so oder anders, Virtual Skipper 5 bringt leidenschaftliche Segler gehörig ins Schwitzen. Auch das noch! Als wäre die Geduld von Seefahrerfrauen während des Sommers nicht schon zu Genüge strapaziert, schickt sich der Göttergatte nun tatsächlich an, auch die Wintermonate in den Elementen zu verbringen. Dass der Segler aus Leidenschaft für seine Reise auf den Weltmeeren ausgerechnet Sohnemanns bevorzugten Spielkameraden und einzigen Computer im Hause okkupiert, bringt das Fass endgültig zum Überlaufen. Die Erklärungsnot ist pures Elend zu gleich, schließlich pochen Frau, Kind und Kegel auf die Einhaltung der durchaus riskanten Zugeständnisse, die beim eigenen, größeren und klarerweise sauteuren Computer für den Filius beginnen und mit einem romantischen Wochenende für Zwei, selbstverständlich in Venedig, enden. Aber was soll´s. Schließlich geht es im 32. Americas Cup gegen Team Alinghi um die Kanne oder noch besser im herzhaften Wendeduell gegen User aus aller Herren Länder um die Verbesserung der Weltranglistenposition, aber vor allem um die nationale Ehre. OCEAN7 testete auf den Gewässern vor Sydney, Auckland, Rio de Janeiro oder Valencia die megageniale 3-D- Regatta-Simulation von Virtual Skipper 5 und blieb prompt vorm PC picken. Tarzan ist schuld Ganz ehrlich, wer Bedienungsanleitungen aufhebt verdient einen Orden und zwar nicht irgendeinen, und wer sie dann auch noch in höchster Not auf Anhieb findet, der sollte von mir aus zum Ritter geschlagen werden. Das Match Race gegen den Computer ist für Mitdenker und einigermaßen geübte Konsolenspieler auch ohne Beipacktext machbar. Man hat bezüglich Bootstyp, Schwierigkeitsstufen sowie Länge der Wettfahrt die Qual der Wahl und checkt mit der Zeit welcher Knopfdruck was bewirkt. Der erste AC-Erfolg wird demonstrativ begossen, der zweite

REGATTA 119 maximal bejubelt, der dritte nur noch zu Kenntnis genommen. Mann strebt nach mehr und stellt sich im Internet der Herausforderung Fleet Race. Spätestens jetzt empfiehlt sich die Bedienungsanleitung wieder aus dem Altpapiercontainer zu kramen, denn die Ungerechtigkeit stinkt gerade extrem zum Himmel. 360° steht am rechten Bildschirmrand in fetten roten, also unübersehbaren Lettern geschrieben und ist obendrein mit dem Eintrag Pen.Auto49 unterlegt. Platziert im Chat-Fenster, geschrieben von User „Tarzan“ und keiner weiß so Recht warum. Weder der Kapitän, noch sein Navigator, gerade noch frohen Mutes mitten im unglaublichsten Gewusel von 25 Booten auf der zaghaften Annäherung zur Startlinie und eben jetzt fassungslos. „Ablehnen, sofort ablehnen!“ Erbost lässt der Kapitän noch definitiv nicht Druckreifes aus der untersten Schublade folgen und starrt grimmig auf den Bildschirm. „Doofes Schwein, wer glaubt der wer er ist, Lee vor Luv kennst ned Tarzan oder was?!“ Der Navigator, nicht minder erzürnt, klickt leicht panisch in die dafür vorgesehene Leiste am oberen linken Bildschirmrand und gibt die ablehnende Haltung mit „no way“ zu Protokoll. Zwischen den beiden Einträgen – Protest und Ablehnung - verstreichen keine zehn Sekunden, dennoch werden fünf weitere Penaltys oder Kommentare gepostet. GW schreiben die Cracks ganz gerne, also Good Wind, oder WD, Well Done bzw. die Großzügigen schreiben GW ALL. Zum Drüberstreuen erfährt man wann ONLINE GEGEN DEN REST DER WELT. Im Augenblick liegt Österreich in der Nationenwertung auf Rang 24. Italien, Frankreich und Spanien segeln vorne weg. wer auf die Toilette muss und wie die sitzen gelassene Freundin am besten zu beruhigen ist. Krass. Während ich mir so meine Gedanken mache, wie es bitteschön möglich ist während dem Segeln, wo sau viele Knöpfe zu bedienen sind und die Kameraposition ständig verändert werden muss, um taktisch nicht den Überblick zu verlieren auch noch gleichzeitig gechattet werden kann, blinkt der zweite 360er in ebenso fetten wie roten Lettern am Screen auf. Das Zeitlimit für die Entlassung ist verstrichen, schöner Schaden, denn nach vollzogener Buße beträgt der Rückstand eine halbe Minute. Auf den Vorletzten wohlgemerkt. Diese schmerzhafte Erkenntnis steht ebenfalls am rechten Bildschirmrand geschrieben, also sowohl die Platzierung, als auch die Differenz, und Zahlen lügen halt leider nicht. Da hilft Schönreden wenig. Huldigung an den Host Ob es die günstigen Winde in Form optimal genützter Dreher sind, die Tatsache alles aus der Kiste (die man im Übrigen selber designen kann) rausgeholt zu haben oder schlichtweg die Wut im Bauch – fünf Minuten später sind Kapitän und Navigator wieder am Feld dran, besser noch mitten drin. Die diebische Freude währt allerdings nur kurz: beim Wechsel der Kameraposition verlieren die Sitzsegler ihre Emirates Team New Zealand für eine Moment aus den Augen und knallen peinlicherweise in die Tonne. Die dritte Verwarnung folgt auf dem Fuße, Schluss aus vorbei, wir werden aus dem Spiel gekickt. So, aber jetzt erst echt. Neuer Kurs neues Glück. Die Rollen sind getauscht, schließlich will ein Navigator auch mal am Ruder drehen. Der konservative Start klappt ohne Kollision, der Rest endet in einer mittelmäßigen Katastrophe. Zweimal auf der falschen Seite, unter Spi gekentert und am Höhepunkt der Unfähigkeit auch noch auf einer Untiefe aufgelaufen - macht in Summe den letzten Platz. Erste Zweifel kommen auf ob die anderen so gut, oder wir tatsächlich so mies sind. Die Rollen werden auf´s Neue getauscht, die finale Runde Bier eingeläutet. „Forza“ ist der Gastgeber vor Valencia, wieder einer von diesen bissigen Italienern, dafür keine Inseln und ein simpler Up & Down Kurs. Aus jüngster Erfahrung wissen wir, dass es sich beim Einstieg schickt dem Host zu huldigen: wir schreiben also „Nice Map Forza“, und werden mit einem „Grazie“ in die Runde aufgenommen. Unsere Taktik, sich von allen, ob Australier, Iren, Dänen, Deutschen, Polen, Franzosen, Schweizern und vor allem Italienern fernzuhalten und somit jeder potentiellen Gefahr aus dem Weg zu gehen, sowie die Gegner primär aus der Vogelperspektive zu beobachten geht auf. Nach einer halben Stunde heroischen Kampf, einem rammelvollen Aschenbecher, zwei leeren Flaschen Bier, bodenständigem Fluchen und gehörigem Zittern kreuzen wir jubelnd als drittes Boot die Linie. WD steht oben links geschrieben, doch für ein Danke bleibt keine Zeit. Die Tagesbilanz steht an, der verheißungsvolle Blick auf die Weltrangliste ruft. Mit Rang 3198 können wir wenig anfangen, mit dem Abstand zur Spitze schon eher. Uns trennen Welten von den Besten, allein auf nationaler Ebene sind wir Tausende Punkte hinter den Führenden. Es ist 2.46 Uhr, Zeit endlich ins Bett zu gehen. Nicht weil wir um sieben Morgens zwecks Broterwerb aus den Federn müssen, sondern weil uns eine weitere lange Nacht bevorsteht. Eben Segler aus Leidenschaft. DETAILS www.virtualskipper.com

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