Die nachfolgenden Ausführungen verfolgen in erster Linie das Ziel, die Problemlage der sozialen Exklusion psychisch Kranker zu definieren und zu beschreiben. Abschließend werden erste Überlegungen zur Übertragbarkeit des Inklusionsansatzes auf die psychiatrische Pflege vorgestellt. Was heißt soziale Inklusion/Exklusion? Die Begrifflichkeit der sozialen Inklusion/Exklusion hat eine lange soziologische Begriffsgeschichte. Terminologisch ist eine Verwandtschaft mit einer weiteren soziologischen Begrifflichkeit zu erkennen, der sozialen Integration bzw. Desintegration (Friedrichs und Jagodzinski 1999). Die Terminologie der Integration beschreibt jedoch in erster Linie eine gesamtgesellschaftliche Problemstellung, nämlich die Frage »was eine Gesellschaft zusammenhält« oder eben zur Desintegration führt. Üblicherweise werden hier etwa Problembereiche wie der Umgang mit sozialen Minderheiten analysiert. Dazu zählen allerdings auch Fragestellungen, die in Richtung der Inklusion gehen, beispielsweise die Integration in soziale Netzwerke (Sozialintegration) und die Integration in gesellschaftliche Teilsysteme (Systemintegration) (Habermas 1982; Lockwood 1969). Gegenüber der ‚Integration/Desintegration’ setzen ‚Inklusion/Exklusion’ stärker auf die soziale Teilhabe von Individuen. Damit wird zugleich auf die Mechanismen sozialer Marginalisierung hingewiesen, die sich offenbar in der modernen westlichen Gesellschaft nahezu überall finden lassen (Bauman 2004; Kronauer 2002). Hierbei geht es um den Zugang zu materiellen, politischen, kulturellen, rechtlichen und sonstigen sozialen Ressourcen, die für ein ‚normales’ Leben in der heutigen Gesellschaft im Grunde unabdingbar sind. Anders als frühere Ansätze, die üblicherweise auf Armut als stärksten Indikator des sozialen Ausschlusses fokussierten, zielt die gegenwärtige Konzeption von Inklusion bzw. Exklusion auf eine umfassende Analyse der Lebenssituation potenziell vom Ausschluss betroffener Personen. Im Einklang mit der zeitgenössischen Soziologie wird davon ausgegangen, dass der soziale Ein- bzw. Ausschluss verschiedene Ausprägungen annimmt und dass er in unterschiedlichen Bereichen unterschiedlich lange anhält (Richter 2003). Neben der kompletten Exklusion, beispielsweise von Arbeitsmarkt oder von Intimbeziehungen, können Betroffene auch prekär inkludiert sein, etwa bei gefährdeten Arbeitsplätzen oder krisenhaften Partnerschaften. Ebenfalls können Inklusionsverhältnisse problembehaftet sein, wenn es etwa zu Gewalt in Partnerschaften kommt. Diese Differenzierungen sind empirisch allerdings nur mit großem Aufwand zu operationalisieren, daher wird in der Regel nur über einfach messbare In- oder Exklusionsparameter berichtet. Die soziale Exklusion psychisch kranker Menschen Es versteht sich nahezu von selbst, dass psychisch kranke Menschen ein besonders großes Risiko der sozialen Exklusion haben. Aufgrund der lebensgeschichtlichen Vulnerabilität sowie den Folgen der Erkrankungen werden sie einerseits oftmals nicht von ihrer Umwelt akzeptiert, andererseits fehlt es ihnen nicht selten auch an den sozialen Fertigkeiten, um in einer zunehmend komplizierter werdenden sozialen Umgebung zurechtzukommen. Die Datenlage zum sozialen Ausschluss psychisch Kranker ist vom Umfang her bisher relativ spärlich, allerdings sind bis dato erhobene empirische Befunde mehr als eindeutig. Großes Aufsehen hat vor einigen Jahren eine erste Basiserhebung zur sozialen Lebenssituation psychisch kranker Menschen in Großbritannien erregt (Social Exclusion Unit 2004). In dieser von der britischen Regierung in Auftrag gegebenen Untersuchung wurden unter anderem die folgenden Resultate publiziert: • Weniger als ein Viertel der chronisch psychisch kranken Menschen arbeiten in regulären Beschäftigungsverhältnissen. • Psychisch Kranke haben ein doppelt großes Risiko, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. • Psychisch Kranke sind dreimal häufiger verschuldet als gesunde Menschen. • Ein Viertel der Betroffenen hat große Probleme, die Miete für ihre Wohnungen aufzubringen und daher besteht ein großes Risiko der Wohnungslosigkeit. • Psychisch kranke Menschen sind dreimal häufiger geschieden als gesunde. • Das Risiko wegen einer psychischen Störung diskriminiert zu werden, ist bei Kontakten mit Ämtern oder mit der Polizei relativ hoch. 18 19
• Menschen mit schweren chronischen psychischen Störungen, etwa Schizophrenie, haben oftmals zusätzlich körperliche Erkrankungen. • Psychisch kranke Menschen haben häufig einen ungesunderen Lebensstil hinsichtlich gesunder Nahrung, Tabak-, Cannabis- und Alkoholkonsum und körperlicher Bewegung. • Die Lebenserwartung von Menschen, die an einer Schizophrenie erkrankt sind, ist wegen ihrer körperlichen Erkrankungen und ihres hohen Suizidrisikos durchschnittlich 10 Jahre geringer im Vergleich zu gesunden Menschen. Eine erste deutsche Studie zu dieser Thematik verglich Personen, die wegen einer psychischen Störung berentet wurden mit einer Vergleichsgruppe von Personen, die wegen körperlicher Erkrankungen als erwerbsgemindert berentet wurden (Richter, Eikelmann und Reker 2006). Hierbei stellte sich heraus, dass psychisch kranke Menschen im Vergleich zu körperlich Erkrankten: • • • eine deutlich geringere Lebensarbeitszeit aufweisen, in erheblich niedrigeres Einkommen haben, häufiger unverheiratet sind. Die Analysen zeigten aber auch, dass eine Verallgemeinerung dieser Aussage auf alle psychischen Störungen nicht zulässig ist. Die sozialen Benachteiligungen treffen vor allem Menschen mit schizophrenen Störungen sowie alkoholabhängige Menschen. Die Lebensarbeitszeit von Männern mit einer Schizophrenie beträgt etwa weniger als die Hälfte der Arbeitszeit depressiv Erkrankter. Der Hintergrund für das besondere Exklusionsrisiko schizophren erkrankter und alkoholabhängiger Menschen ist sicherlich vielschichtig. In beiden Fällen handelt es sich um schwere, chronisch oder chronisch rezidivierend verlaufende Erkrankungen, die sowohl die berufliche Leistungsfähigkeit als auch die für eine Partnerschaft notwendigen sozialen Fertigkeiten häufiger und langfristiger negativ beeinflusst als dies etwa bei depressiven Störungen der Fall ist. Weiterhin sind beide Krankheitsbilder nach wie vor erheblich stigmatisiert. Sowohl bei potenziellen Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern als auch bei Arbeitgebern bestehen negative Stereotype, die durch Stichworte wie Unberechenbarkeit, Gefährlichkeit und Unheilbarkeit charakterisiert werden können. Es sind jedoch nicht nur die Reaktionen auf die Erkrankung, die zum Ausschluss von der sozialen Teilhabe führen. Eine große dänische Fallregister- Studie konnte zeigen, dass später als schizophren diagnostizierte Patienten schon lange vor ihrer ersten Hospitalisierung ein hohes und mit der Zeit zunehmendes Exklusionsrisiko hinsichtlich des Arbeitsplatzes und der Einbindung in eine Intimbeziehung aufwies (Agerbo, Byrne, William und Mortensen 2004). Diese Daten machen deutlich, wie wichtig eine frühzeitige und präventiv ausgerichtete Intervention sein kann, um der Exklusionsspirale aus fehlender Ausbildung, Arbeitslosigkeit, instabilen Arbeitsverhältnissen und fehlender Berufserfahrung zu begegnen. Gemeindepsychiatrie und soziale Exklusion Die Psychiatrie-Reformen seit den 70er Jahren hatten sich bekanntlich der Integration psychisch Kranker in die Gesellschaft verschrieben. Jüngste Bilanzen der Reformbemühungen haben ergeben, dass sich zweifelsohne die Lebensbedingungen, insbesondere der chronisch kranken Patienten, erheblich verbessert haben. Die Betroffenen leben heute nicht mehr in unvorteilhaften und überkommenen psychiatrischen Anstalten, sondern in betreuten Wohnverhältnissen oder Heimeinrichtungen oder aber in eigenen Wohnungen. Die angesprochenen Bilanzen der Gemeindepsychiatrie haben jedoch auch deutlich gemacht, dass die ursprünglichen Ziele der Integration in die Gesellschaft nur zu einem kleinen Teil erreicht worden sind (Eikelmann, Reker und Richter 2005; Eikelmann, Zacharias-Eikelmann, Reker und Richter 2005). So ist etwa die Inklusion in Arbeit nach wie vor für viele Betroffene, etwa mit chronischen Psychosen, nahezu unmöglich. Auch bei einer zunehmenden wirtschaftlichen Erholung bleibt der erste Arbeitsmarkt für die meisten Erkrankten verschlossen. Das psychiatrische Versorgungssystem versucht dieser Tendenz mit eigenen Arbeitsstätten zu begegnen. Waren die Werkstätten für Behinderte in der Vergangenheit nahezu ausschließlich für Menschen mit geistigen Behinderungen offen, werden sie in den letzten Jahren mehr und mehr von psychisch Kranken in Anspruch genommen. So stieg etwa der Anteil psychisch Behinderter in den westfälischen Werkstätten für behinderte Menschen von 1996 bis 2005 von 9,7 auf 17,3 Prozent, in absoluten Zahlen: von 23.000 auf 33.000 (BAGÜS 2006). Evaluationsstudien haben ergeben, dass die Übergangsrate aus diesen Werkstätten in den 20 21
verstehen. Nur wenn wir unser Fachw
das heisst ohne Austausch von Infor
Welche Faktoren berücksichtigen Pf
her bekannt waren, wenn das Risiko
Die Autoren der NGASR-Skala empfehl
Evaluation der Verteilung von Pfleg
Barthelindex bei Aufnahme 75 Punkte
Adherence Therapie - Neues Berufs-
Die Stigmatisierung von psychisch k
andererseits durch diesen Bewusstse
Posterpräsentation »Und bist Du n
Weiterführende, sich auf die Krank
Wir wollen mit der Gruppe … 1.)
Einführung eines integrierten Füh
IV. V. Behandlungskonferenz (hier w
Unterstützende Voraussetzungen Zur
Den sozial-kommunikativen Bereich b
NANDA- Pflegediagnosen - ein Mittel
Das entwickelte Erhebungsinstrument
Konzeption zur Implementation von N
Klinikebene. So bedingt die in zwei
Modul 1 - Ich bin es mir (Selbst)we
Inhalte: • Unterbringungsgesetz
Therapie und Gesundheitszentrum Mut
3.4. Laufgruppe: Die Laufgruppe fin
Praktische Erfahrungen mit der Umse
Zielerreichung unter gegebenen Rahm
»Future starts now« Sommerprojekt
Körper und Gefühl - pädagogisch
Herausforderungen der Versorgung De
Körperlich aggressives Verhalten t
Durchführung einer Zeitstudie zur
der Langzeitpflege wurden auch die
Literatur: 1 Bartelt, G., Anliker,
Arbeitsaufteilung Unsere Abteilung
Der Stationsleiter übernimmt eine
3. Forschungsmethode Als wissenscha
» ... das ist die spezielle Situat
Wirksame Vereinbarungen mit Mensche
Dennoch stellen diese Strategien ei
enten zu arbeiten, statt sie mit gr
nicht, weil Programme und Konzepte
• • Verbesserung der Zusammenar
Gartentherapie an der sozialpsychia
• • • • können trainiert w
Analyse der Richtlinie zur ambulant
den Datenbanken wie die Cochrane Li
Diagnosen, die in der Richtlinie be
»Bühne frei ...« - Theaterarbeit
abgelehnte bzw. abgewehrte Anteile
leitern, einem Mitarbeiter aus der
Das Beraterteam in der Psychiatrisc
Insgesamt hat sich das Beraterteam
dex lag bei Aufnahme bei 13,9 (12,1
Wirksame Strategien eines kommunika
Ergebnisse Das standardisierte Beob
Psychoedukation bei schizophren erk
Die Aufbaumodule 1. Modul: Eincheck
Bäumchen wechsle dich - Fremdgehen
Hoffen wir, dass es lange anhält!
fälle in die Krankheit und stellt
Gray, R., Gournay, K., David, A. (2
Methode und Material: Im Laufe von
Er war jahrelang Pflegeleitung auf
Forschungsziel und Forschungsfragen
Pflegerische Aspekte einer multipro
Spezielle Aspekte der Behandlung: 1
• • • • Welche Unterstützu
Spiritualität und psychiatrische P
fahrten und Meditation zeigen teilw
Diskussion und Schlussfolgerungen A
dieses Grobkonzeptes ist, dass der
Bei den Kriterien »Miteinbezug der
genommen um die Festlegung des Pfle
weil deren spezieller Pflege- und U
generalistisch ausgebildete Pflegen
Die Implementierung von Pflegeproze
[dokumentierenden] Personen weitgeh
Insgesamt scheint eine Schulung zum
Die theoretischen Grundlagen der St
63.1. Es zeigte sich, dass Drogenab
Daraus folgt, dass man ein reales O
onen durch wissenschaftliche Befund
Zur Gewährleistung stabiler Unters
gnitiven Einstellungen bei den Betr
3. PAIR - Das Training zur Aggressi
Literaturverzeichnis 1. Bandura, A.
Die Bielefelder Behandlungsvereinba
• Mit der Behandlungsvereinbarung
und mit Kompetenzen im Bezug auf de
darauf hin, dass Menschen mit psych
Billardtraining auf der Station FP
Stigmatisierung von Alkoholkranken;
»Warum nehmen Sie Ihre Abendarznei
Fachhochschule Osnabrück im Fach P
Waltraud Koller, Jahrgang 1964, dip
essenschwerpunkte: Prinzipien und S
Martin F. Ward, Vorsitzender der Ex
Laden...
Laden...
Laden...