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2017-2 REISE und PREISE

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PERU DIE REPORTAGE

PERU DIE REPORTAGE Goldmasken, Mumien, Lehmpaläste: Im Norden Perus haben die indianischen Kulturen reiche Schätze hinterlassen. Fern vom Rummel um Cusco und das Heilige Tal entdeckt man hier eine Region im Dornröschenschlaf. TEXT & FOTOS OLIVER GERHARD Das Machu Picchu des Nordens Antonia wartet. Stoisch sitzt die alte Dame vor der Kathedrale von Cajamarca, neben sich einen Korb mit Bonbons und Kaugummi. Ihre langen grauen Zöpfe und der riesige Strohhut weisen sie als Indígenaaus, als Landbewohnerin mit indianischen Wurzeln. Der Gesang aus dem geöffneten Portal des barocken Prachtbaus steigert sich, gleich werden die Gläubigen in Scharen herausströmen und bei ihr einkaufen, meint sie hoffnungsvoll. Auf den Bänken des kolonialen Hauptplatzes sitzen verliebte Paare. Kleine dreirädrige Taxis surren vorbei, ganze Großfamilien drängen sich auf deren Rückbänken. Karawanen von ofenrohrgroßen Hüten pilgern Richtung Stadtrand: Frauen auf dem Weg zur Arbeit. Männer kaufen sich an qualmenden Grills noch ihr Frühstück. Dampfschwaden entweichen überall aus Gullys, Kanälen und Abwasserrohren –ein Nebenprodukt der Baños del Inca, der heißen Thermalquellen, die schon von den Ureinwohnern genutzt wurden. Cajamarca hat Geschichte geschrieben: Als die Spanier im November 1532 mit wenigen hundert Männern über die Hügelkuppe marschierten, sahen sie ein weißes Meer vor sich: die Zelte des Inkaheeres mit Zehntausenden von Kämpfern. Dennoch gelang es den Eroberern, den legendären Inkaherrscher Atahualpa gefangen zu nehmen. Das Haus, dessen Räume er als Lösegeld bis zur Decke mit Gold und Silber füllen ließ, ist heute eine Besucherattraktion – hingerichtet wurde er dennoch. Der spanische Eroberer Francisco Pizarro kannte keine Gnade. Von einer Klimazone in die andere Mit dem Geländewagen geht es von Cajamarca Richtung Norden. Kleine Maisfelder und Eukalyptushaine säumen die Strecke. Noch vor den Inka war die Region die Heimat der Chachapoya- Kultur, eines bis heute rätselhaften Volkes von Ackerbauern und Kriegern. Die Inka nannten sie »Wolkenmenschen«, weil sie vor allem in den Nebelwäldern hoch in den Anden lebten. Wer hier zu einer Rundreise aufbricht, entdeckt ein Land im Dornröschenschlaf. So hat man Cumbe Mayo ganz für sich, ein neun Kilometer langes, rund 3.000 Jahre altes Aquädukt. Und genießt ohne Gedrängel die Ventanillas de Otuzco, steinerne Fensternischen im Fels, in 76 REISE & PREISE 2-2017

denen einst Mumien und Beigaben lagen. Grabräuber haben die Schätze vor langer Zeit mitgenommen. Die Plünderer sind ein Fluch im Norden Perus. Schon die Spanier raubten hemmungslos, änderten einmal sogar einen Flusslauf, um Gold aus einer Pyramide zu spülen. Doch Grabräuber können auch hilfreich sein – wenn sie rechtzeitig erwischt werden, so wie in Leymebamba, dem Ziel des heutigen Tages. Zuvor ist die Zentralkordillere zu überqueren: ein Abenteuer auf einspurigen Straßen am Rand des Abgrunds – mit Höhenunterschieden zwischen 800 und 3.600 Metern und Temperaturen von acht bis 35 Grad. Während der Fahrt wechseln die Klimazonen im Halbstundentakt: Bibbernd vor Kälte steht man auf kahlen, windumtosten Pässen, um eine Stunde später in der Schlucht des Marañón-Flusses in Schweiß auszubrechen. In einem Moment gleitet man durch liebliche Täler, in denen Papayas und Avocados wachsen, wenig später säumen riesige Kandelaberkakteen die Straße. In den 50er-Jahren als Lehmpiste gebaut, wurde die Strecke erst vor vier Jahren asphaltiert – und zieht neue Siedler an: Überall sieht man Häuser im Bau, Männer beim Roden und Pflanzen. Dahinter soll eine Mafia stecken, die illegale Landbesetzungen organisiert: Sie bringt auf einen Schlag 1.000 Menschen und errichtet Häuser, dann fordert sie von der Regierung Wasser und Stromanschlüsse. Vom Grabräuber zum Museumshelfer Einkehren kann man in einem der einfachen Straßenrestaurants, die in den Dörfern an der Das Pferd ist im Hochland von Peru immer noch ein unverzichtbares Kante zum nächsten Canyon kleben. Zum Beispiel bei Doña María, die gerade in einem Kessel über dem Feuer Saubohnen röstet, auf dem Land ein preiswerter Kaffeeersatz. Ihre Töchter servieren Transportmittel Huhn mit Reis auf Blechtellern. Hin und ‘ Die Kathedrale von Cajamarca stammt aus dem 17./18. Jahrhundert (links). Vor ihr wartet Bonbonverkäuferin Antonia auf Kundschaft (rechts) REISE & PREISE 2-2017 77

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