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3-2022 REISE & PREISE

Beschreibung

ITALIEN »BÖLLER«

ITALIEN »BÖLLER« ITALIA AUF DEN LIPARISCHEN INSELN Panoramablick auf die nördlich von Sizilien im Tyrrhenischen Meer gelegenen Äolischen Inseln Lipari und Vulcano Schwefelfumarolen, donnernde Eruptionen und glühende Lavabrocken bescheren Urlaubern faszinierende Knalleffekte. Der Stromboli, ein Musterknabe des Vulkanismus, ist beständig aktiv. Obendrein lassen sich auf den Inseln traumhafte Strände entdecken. 56 REISE-PREISE.de 3-2022

VON NORBERT EISELE-HEIN Wo sind wir?«, fragte der skurrile, rußverschmierte Professor Lidenbrock den völlig verängstigten Hirtenjungen. »Stromboli«, heulte dieser und lief den Kraterrand hinunter. »O Stromboli«, rief Axel, »o wunderbare Reise! ..., verloren, verlaufen und im dritten Monat wieder ausgespien mit der Lava.« In Jules Vernes 1864 erschienenem Bestseller »Reise zum Mittelpunkt der Erde« führt der wortkarge, isländische Bergführer Hans den Hamburger Geologie-Professor Otto Lidenbrock und seinen Neffen Axel über die Eiskappe des Vulkans Snaefellsjökull in das Erdinnere. Knapp unterhalb des Polarkreises gestartet, verbringt die Gemeinschaft drei bizarre Monate im Bauch von Mutter Erde. Ganze 5.000 Kilometer weiter südlich surft das wilde Trio schließlich auf einem Floß auf der Lava durch den Krater des Stromboli zurück an die Erdoberfläche. In der Antike diente der 924 Meter hohe Stromboli mit seinen Ausbrüchen Odysseus auf seiner Irrfahrt als Leuchtturm. Literarisch so hochkarätig geködert, stand für unseren Reporter Norbert Eisele-Hein immer schon fest: »Da muss ich mal hin«. Zu sehen gibt es viel: Sieben Eilande gehören zu den Liparischen Inseln. Sie werden auch Äolische Inseln genannt, »Inseln der Winde«, benannt nach Aiolos, dem griechischen Gott des Windes. Bildhübsche Inselschwestern, alle unterschiedlich, aber alle mit dem gewissen Etwas. Wobei die überwiegende Mehrheit der Reisenden die meiste Zeit auf Lipari, Vulcano und natürlich Stromboli verbringt, Panarea und Salina werden auch noch meist für ein bis zwei Übernachtungen angesteuert, während selbst zahlreiche Wiederholungsreisende es kaum nach Alicudi und Filicudi schaffen. Unser Autor hat sich auf allen Inseln umgeschaut und für Aktivurlauber und Wanderfreunde zahlreiche Tipps mitgebracht. DAS GRANDIOSE TRIO Fotos: Norbert Eisele-Hein, Diego Fiore/ Giulio Ercolani/ Alamy LIPARI Hauptinsel und Badeparadies Mit 37,5 Quadratkilometern ist Lipari die größte der sieben Inseln. Direkt über der Altstadt mit ihren verwinkelten Gassen thront das Castello auf einem 60 Meter hohen Lavafelsen. Von oben bietet sich ein traumhafter Blick auf den alten Hafen, die Marina Corta. Wild mit den Armen rudernd, diskutieren die Fischer dort lautstark über den Papst, die verpasste Fußball-WM und natürlich den wie immer zu mickrigen Fang. Lipari-Stadt hat nur 15.000 Einwohner, gibt sich aber städtisch-geschäftig. Die Inselumrundung (ca. 30 km) mit der Vespa oder einem E-Bike offenbart ein mediterranes Paradies. Bei San Calogero verlocken Thermen zum Faulenzen, kurz vor Quattropani gibt es spannende Kaolin-Höhlen und auf der Ostseite zwischen Porticello und Canneto verlocken Badebuchten mit türkis glitzerndem Wasser zu einem Sprung in die Fluten. Ein Muss ist die sechs Kilometer lange, etwas steile Rampe hoch zum Aussichtspunkt Belvedere Quattrocchi im Süden, wo der Blick über Agaven, blühende Kakteen und Zistrosen auf jäh abstürzende Klippen und frei in der Brandung stehende Felstürme geht. Der Legende nach stellen sie die beiden Finger des zu Stein erstarrten Windgottes Aiolos dar. Gegenüber erhebt sich auf der Nachbarinsel Vulcano imposant der 391 Meter hohe Gran Cratere. Nett gebettet und gut getafelt Lipari: Zentral liegt das gemütliche, familiäre »B&B Diana Brown« (www.dianabrown.it, +39-090-9812584, EZ/DZ ab € 35/50 ÜF). Eine tolle Aussicht über die Bucht, eine schöne Poolanlage und ein gehobenes Restaurant bietet das gepflegte, schneeweiße »Mea Hotel« (www.hotelmealipari.it, +39-090- 9812077, EZ/DZ ab € 59/67 ÜF). In der »Trattoria del Vicolo« gibt es grandiose sizilianische Hausmannskost zum günstigen Preis, z. B. Busiate-Pasta aus sizilianischem Weizen mit Schwertfisch, Auberginen und Minze für € 15. Der perfekte Ort für die blaue Stunde ist das Gartenrestaurant »Il Giardino di Lipari« (Tipp: gegrillter Oktopus mit Guakamole-Soße für € 18, Cocktails ab € 10). Abends legt ein DJ auf. Manchmal sind am Stromboli mehrere Krater parallel aktiv, ein wahres Höllenkonzert VULCANO Der atmende Vulkan Die Überfahrt mit dem Tragflächenboot zu Vulcanos Porto di Levante ist ein Katzensprung, dauert gerade mal 15 Minuten. Und nur etwa 100 Meter vom Hafen bekommt man bei Luigi Segatta flotte Trekkingräder, E-Bikes, Mopeds und Beach-Buggys, außerdem Bergstiefel und Wanderstöcke für spannende Inseltouren. Der gebürtige Schwarzwälder Luigi kennt die Insel wie seine Westentasche und hat zahlreiche Routentipps auf Lager. Ein Muss ist der Aufstieg zum Großen Krater. Den Anmarsch verkürzen wir uns schon mal mit den Rädern. Der weitere Wanderweg ist vorbildlich beschildert, schraubt sich zunächst in weiten Serpentinen gemach auf Lavasand empor. Nach einer guten halben Stunde ist der Kraterrand erreicht. Schwefelfumarolen zucken tanzend aus Felsspalten und wabern von Aiolos angestachelt über die Kraterkante. Der gigantische Krater mit seinen 500 Metern Durchmesser, das Farbenspiel der giftig-gelben, fies zischenden Fumarolen und das Panorama der umliegenden Inselwelt entlohnen reichlich für jeden Schweißtropfen unter der sengenden Sonne Siziliens. Aber Achtung: In den heißen, nach faulen Eiern stinkenden Dämpfen kann man Viele kleine Geschäfte finden sich in den engen Gassen des Hauptortes von Lipari 3-2022 REISE-PREISE.de 57

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