MICHAELS MEDIENSCHELTE RUBRIK „IHR NICHTWISSEN WUNDERT MICH, HERR MÜLLER“ Als im Juni die ab 1. Juli gültige Tariferhöhung publik wurde, fühlte sich auch der Radiomoderator Arno Müller genötigt, über das Berliner Taxigewerbe zu schreiben. Das hätte er sich auch sparen können. Eigentlich scheint er ja ein netter Kerl zu sein, dieser Arno Müller von 104.6 RTL. Immerhin rundet er in seiner Kolumne nach der Tariferhöhung den Fahrpreis von 28,30 Euro großzügig um 1,70 Euro Trinkgeld auf. Ob er im wahren Leben auch so spendabel ist? Arno meint, man müsse jetzt ordentlich tief in die Tasche greifen, um eine Taxifahrt in Zukunft bezahlen zu können. Sind 2,60 Euro mehr bei einer 10 Kilometer langen Fahrt ordentlich viel? Weiß Arno, dass ein Wartegeld erst nach mehr als einer Minute absoluten Stillstands zählt und bei einer Taxifahrt verkehrsbedingt so gut wie keine Rolle spielt? Durch den Mindestlohn haben die Mehrwagen unternehmer erheblich gestiegene Personalkosten. Dass Arno das nicht glaubt und anzweifelt, verwundert mich. Immerhin ist es in jeder Firma so: Gestiegene Kosten müssen auf das Endprodukt umgelegt werden. Da werden die Erdbeeren und der Spargel auch teurer – eben wegen des Mindestlohns. OMAS MIT SMARTPHONE? Arnos Lösung ist mal wieder, wie bereits in einer anderen Kolumne, Uber. Dort ist alles billiger. Auf der einen Seite gönnt er Taxifahrern einen angemessenen Lohn und andererseits soll ein selbstständiger Uber-Fahrer seine Dienstleistung zu so niedrigem Preis anbieten, dass die Oma billig zum Supermarkt kommt. Wie viele Omas/Opas haben ein Smartphone, um ein Uber-Auto zu bestellen? Könnten sich die Omas/Opas angesichts ihrer schmalen Rente überhaupt ein Uber- Auto leisten, selbst wenn es 50 Prozent günstiger wäre? Schuster, bleib bei deinen Leisten, hat meine Oma immer gesagt. Vielleicht sollte Arno sich das zu Herzen nehmen und nur über Dinge schreiben, von denen er wirklich Ahnung hat. Auch das Taxigewerbe sollte über die vorhandene und zukünftige Konkurrenz nachdenken und eine einwandfreie Dienstleistung anbieten – denn der Kunde ist die wichtigste Person für einen Betrieb. ms Michael Sagawe ist Taxiunternehmer in Berlin. Kritik am Taxigewerbe ist okay, sagt er, solange sie sachlich korrekt und ausgewogen recherchiert ist. SO STAND ES IN DER BERLINER MORGENPOST … … am 9.6.2015: „Dreißig Euro! So viel kostet in Zukunft eine Taxifahrt vom Alex zum Flughafen Tegel, inklusive 1,70 Euro Trinkgeld für den Fahrer. Für denselben Betrag kann ich übrigens mit dem Fernbus nach München fahren. Der Senat hat die Tarife fürs Taxifahren in Berlin um rund 14 Prozent angehoben [...]. Mit zwei Euro pro Kilometer für eine kurze Fahrt, bis zu sieben Kilometer, liegt Berlin nun im Vergleich mit anderen deutschen Großstädten weit vorne, auf Platz 2, gleich hinter Hamburg. [...] Wir werden also in Zukunft ordentlich in die Tasche greifen müssen, um Taxi fahren zu können. Wer das Taxi beruflich öfter braucht, für den wird es sehr teuer. Aber auch der Gelegenheitspassagier wird sich ab jetzt wohl zweimal überlegen, ob er wirklich 14 Euro für sieben Kilometer ausgibt oder nicht doch lieber mit dem eigenen Auto oder für 2,70 Euro mit dem Bus fährt. Die Tariferhöhung wäre, so sagen die Taxiverbände, auf den Mindestlohn, der seit Januar 2015 auch für Taxifahrer gilt, zurückzuführen. Ohne Preisanhebung würden sich vor allem kleinere Unternehmen nicht halten können. Aha. Wer’s glaubt, wird selig, hätte meine Oma gesagt. Nicht, dass mich jemand falsch versteht: Selbstverständlich sollen Taxifahrer angemessen bezahlt werden. Aber die Durchsetzung des Mindestlohnes im Taxigewerbe auf dem Rücken der Fahrgäste auszutragen, finde ich eine Zumutung. Warum wird eine Rentnerin [...] mit solch hohen Fahrtkosten für ein Taxi bestraft? Uber ist da deutlich günstiger. Noch vor kurzem haben die Taxifirmen gegen den Start-Up-Fahrservice gewettert und in Stuttgart sogar erfolgreich eine Klage durchgebracht. Auch in Berlin blieb der Firma der Marktzugang bislang verwehrt. Angesichts der neuen Taxipreise könnte sich das aber schnell ändern, denn vor allem bei kurzen Strecken ist der Service wesentlich preiswerter als Taxis. [...] Ich denke, dass die Taxifirmen mit der unverhältnismäßigen Tariferhöhung noch mehr Kunden verlieren werden – und so der Konkurrenz die Fahrt in die Hauptstadt freiräumen.“ Arno Müller ist Programmdirektor von 104.6 RTL und Moderator von „Arno und die Morgencrew“. FOTO: Michael Sagawe FOTO: Anthez NONSTOP IM EINSATZ In den letzten Tagen im Juni waren Berlins Funkwerkstätten im Dauereinsatz. Die Behörde hatte relativ spät die neuen Taxitarife veröffentlicht, wodurch diesmal bis zur Umstellung am 1. Juli nur wenig Zeit blieb. Zum Glück waren komplizierte Fälle eher die Ausnahme, sodass letztendlich über 7 500 Berliner Taxameter pünktlich umprogrammiert werden konnten. Ein Dank an dieser Stelle an alle Beteiligten! 4 TAXI AUGUST / 2015 5
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