GASTBEITRAG OPERATION TEGEL Die Berliner Taxifahrer formieren sich. Sie zeigen Einsatz an der Front gegen Ungerechtigkeit, denn es geht um ihre Existenz. Selbstjustiz oder notwendige Konsequenz? Der öffentliche Personenverkehr einschließlich „Taximarkt“ wurde vom Staat aufgebaut, einschließlich „Marktregeln“. Unter diesen Gesetzen finden heute immer mehr Mitbewerber Lücken und arbeiten um die Gesetze herum. Die Tatwaffe: digitale Alleskönner, die sogenannten Apps. Mit deren Hilfe können Verantwortung und notwendige Erfassungspflichten von Daten umgangen werden, man kann unberechtigten Umsatz auf dem Markt generieren und sogar Sozialbetrug begehen. Hinweise auf solche kollektiven Verstöße gibt es genug. Sie finden im Mietwagenbereich ihren Platz, und der vermeintliche Spitzenreiter solcher Verstöße heißt Uber. Laut Personenbeförderungsgesetz muss der Mietwagen nach jeder vollendeten Tour zurück zum Hauptsitz des Unternehmens fahren. Wird unterwegs ein neuer Auftrag erfasst, darf er zum neuen Besteller fahren. Hier umgeht Uber die geltenden Vorschriften. Eine Bestellung muss im Normalfall beim Chef am Betriebssitz eingehen, und die Fahrt wird kalkuliert. Nachdem Kunde und Mietwagenfirma sich über den Fahrpreis und andere Details geeinigt haben, muss der Auftrag schriftlich erfasst und darf dem Fahrer fernmündlich weitergegeben werden. Die Uber-App kürzt das unberechtigt ab, indem sie dem Kunden und dem Mietwagenunternehmen den Preis vorgibt. Der Auftrag geht de facto ungeprüft und ohne jegliche Kalkulation beim nächstbesten Fahrer ein. Pro vermittelter Fahrt gehen zwischen 25 und 30 Prozent des Fahrpreises als Provision an Uber. Der Mietwagenunternehmer muss die Fahrt zu dem Preis absolvieren, auch wenn sie eine Negativkalkulation aufweist. Ob der Fahrer die Rückkehrpflicht eingehalten hat, möchte Uber nicht kontrollieren – und unterstützt den kollektiven Verstoß geltender Gesetze. Welcher Wagen dem Kunden am nächsten ist, wissen sie penibel genau, aber wer zurück zum Betriebssitzsitz fahren muss, wollen sie einfach nicht wissen. WIRKUNGSLOSE GERICHTSURTEILE Stellen Sie sich zum Vergleich vor: Sie besitzen einen Laden und bezahlen Miete und hohe Kosten, halten Einkauf und Verkauf von Waren penibel fest und führen Steuern korrekt ab. Plötzlich stellt jemand vor Ihrem Laden einen repräsentativen Straßenstand auf und verkauft die gleichen Waren. Er bezahlt keine Miete und legt seine Verkäufe nicht genau dar. Alles für lau, und der Staat erklärt Ihnen, dass man das nicht so genau kontrollieren kann. Auch der Beschluss des höchsten Gerichts in Europa bringt Ihnen nichts, da der Stand einfach ein kleines Detail in seinem Namen verändert. Ihre Existenz wird quasi mit staatlichem Segen zerstört. So ähnlich sieht aktuell der Markt aus: Es gibt keinerlei Kontrolle von Mietwagen und keine klaren exekutiven Verbotsdurchsetzungen von Uber, obwohl der Europäische Gerichtshof und der Bundesgerichtshof Uber Black als gesetzeswidrig eingestuft haben. Uber hat kurzerhand das „Black“ im Namen durch ein „X“ ersetzt und behauptet aktuell, sich komplett neu erfunden zu haben. Viel schlimmer noch: Die sicheren und verbraucherfreundlichen Gesetze sollen aufgeweicht und abgeschafft werden. Ein US-Konzern möchte unseren Volksvertretern die Gesetze diktieren. Die Taxibranche empfindet das als zerstörerische Untreue am jahrelangen Pflichtdienst. Die aktuelle Gesetzeslage bietet jedem Mitbewerber eine faire Chance auf Koexistenz. Das Verhalten von Uber und der Regierung aber wollen Taxifahrer nicht weiter hinnehmen, und so bilden sie nun sogenannte Operation Units, um gegen die illegalen Machenschaften von Konzernen anzugehen, die sich das Recht einfach erschleichen möchten. Seit Kurzem formieren sich Berliner Taxifahrer regelmäßig und treten am Flughafen Tegel in Aktion – im Rahmen der Gesetze, versteht sich. Sie halten Verstöße der Mietwagenfahrer fest und fordern sie zur Rückkehr auf. Das stößt bei denen natürlich sauer auf, und es entstehen brenzlige Situationen. Das Vorgehen ist aber keine Selbstjustiz, vielmehr ist das eine notwendige Kausalität, die durch die Untätigkeit der Regierung entstanden ist. md FOTO: Erkan Özmen 32 MÄRZ/APRIL 2019 TAXI
GASTROTIPP Angenehmes Ambiente mit viel Grün und barrierefrei (bis auf eine winzige Stufe): Corsini ZEIT FÜR EINE PAUSE GUT ESSEN IM SÜDWESTEN: CORSINI FOTOS: Axel Rühle / Taxi Times Manchmal ist es eine Verkettung von Zufällen, die einen an einen Ort führt, wo man dann eine bedeutende Entdeckung macht. Uns verschlug es zum Bahnhof Wannsee, an dessen Vorplatz es ein paar Imbisse und Eisdielen gibt in dem markanten, halbrunden Flachbau, der zusammen mit dem 90 Jahre alten Bahnhofsgebäude mit den spitzen Fenstern dem Gustav-Hartmann-Platz seinen Charakter verleiht. Das Bahnhofsrestaurant ist heute eine Pizzeria, die von innen mehr hermacht als von außen (wäre ja auch traurig), aber nicht wirklich preisgünstig ist. Zwischen ihm und dem Döner-Imbiss ist das Corsini, ein kleines, paradiesisches Restaurant mit angenehmer Café-Atmosphäre, schlichtem aber schönem Mobiliar, vielen Pflanzen, warmem Licht, sauberen Toiletten und einem nicht riesigen, aber feinen Speisen- und Konditorei-Angebot. Auf der schön gestalteten und deutsch/ englisch aufgemachten Internetseite heißt es „nichts als natürlich und lecker“. Das ist keine leere Phrase, sondern charakterisiert das Speisenangebot tatsächlich treffend. Auf Google steht beim Corsini „Burger-Restaurant“, dann „Imbiss“, und daran stimmt eigentlich nur, dass man das Essen, das man sich in Ruhe in der Speisekarte ausgesucht hat, am Tresen bestellt, wo sich auch die Eisvitrine und die Kuchen-Torten-Nachtischvitrine befinden. Andererseits wird auf der Internetseite erklärt, dass man dem herkömmlichen Begriff „Fast Food“, mit dem ja meist schnell zubereitetes, ungesundes und immer ähnlich schmeckendes Essen gemeint ist, eine neue Bedeutung entgegensetzen möchte, nämlich schnell zubereitetes, aber gesundes und anders schmeckendes Essen. Schon das Angebot an Vorspeisen und Suppen ist denn auch eine kleine Entdeckungsreise. Da tauchen einige nicht so gängige Appetitanreger auf. Die neun angebotenen Salate, teils vegan, teils mit Huhn, Lachs oder Garnelen, unterscheiden sich sehr von dem, was man in anderen Restaurants mal eben vor dem Essen bekommt. ORIGINELLE ZUTATEN Sie sind allesamt Hauptgerichte mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen und beinhalten nicht immer viele, aber gewitzt zusammengestellte, frische und vollwertige regionale Zutaten und originelle Geschmacksgeber wie Minze, Kresse, Basilikum, Quinoa oder Kichererbsen. Die Salate sättigen ebenso gut und lang anhaltend wie die warmen Hauptgerichte. Diese reichen von Hamburger mit oder ohne Spiegelei, Currywurst und Pommes Frites über Nudelgerichte und Lachs bis zu Pizza und Flammkuchen, alles immer mit der einen oder anderen besonderen Würzidee oder Beilage, die sich von Fast-Food abhebt und das Essen zu etwas Besonderem macht. Was uns von der ersten bis zur letzten Minute wohlfühlen ließ, war das Personal, bestehend aus zwei sympathischen, gut gelaunten, fleißigen Leuten. Sie waren herzlich nett, fröhlich, engagiert und auskunftsfreudig. Wir spürten deutlich, dass sie Ihren Job mit Herzblut und Freude ausübten und bemüht waren, jeden Gast zufriedenzustellen. Das Essen wurde an den Tisch gebracht, und ohne Aufdringlichkeit wurden wir fl ink und aufmerksam bedient und nach weiteren Wünschen gefragt. Das i-Tüpfelchen schließlich waren das Eis in etlichen Geschmacksrichtungen sowie die Sachertorte, die besser schmeckt als in so manchem schönen Café in Wien. Einziger Wermutstropfen sind die CORSINI Wannsee, Gustav-Hartmann-Platz (am Taxi-Halteplatz) Öffnungszeiten täglich 7:00 bis 20:00 Uhr barrierefrei Lecker und gesund geht: Quinoa-Salat. Öffnungszeiten, die der Randlage geschuldet sind. Am Bahnhof Wannsee ist spät abends nichts los. Dennoch: Wenn man einmal im Corsini war, kommt man gerne wieder. ar TAXI MÄRZ/APRIL 2019 33
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