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Taxi Times Berlin - Oktober 2016

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TAXI-TEST FÜNF

TAXI-TEST FÜNF FAHRGÄSTE PLUS ROLLSTUHL Als Partner des Projekts „Inklusionstaxi – Taxi für alle“ hat Opel einen Vivaro Combi als Taxi für alle ausgestattet. Taxi Times hat es getestet. Innenraum des Vivaro Combi: Platz für eine Person mit großem Rollstuhl und fünf ohne – oder sieben „Fußgänger“. Bisher mussten sich Taxiunternehmer entscheiden: Entweder sie befördern mit den üblichen Taximodellen Fahrgäste, die sich ohne große Einschränkungen bewegen können, oder sie fahren körperbehinderte Menschen im Rollstuhl. Dafür geeignete Fahrzeuge gab es nicht direkt bei den Autohändlern. Der geneigte Taxiunternehmer musste immer erst zu einem Umrüster. Beides zugleich mit einem universell einsetzbaren Fahrzeug ging nicht. Die rollstuhlgerechte Umrüstung kostete immer Sitzplätze für „Fußgänger“. Dies zu ändern, hat sich der Sozialverband Deutschland mit seinem Projekt „Inklusionstaxi – Taxi für alle“ zur Aufgabe gemacht. Wir berichteten. Opel hat jetzt einen Vivaro Combi zum Inklusionstaxi im Sinne des Projektes umgerüstet. Die v in Zusammenarbeit dem Team Nordring hat ihn für eine Probefahrt zur Verfügung gestellt. PRAKTIKABLE AUSSTATTUNG OHNE FIRLEFANZ Der Opel Vivaro an sich sieht von außen aus wie alle diese zum Kleinbus umgestalteten Lieferwagen. Die Wulst im Dach der Fahrerkabine der ersten Vivaro-Generation, die ihn so unverkennbar gemacht hatte, ist verschwunden. Bloß nicht auffallen! Die Frontansicht ist etwas grimmig. Das hat man heute wohl so. Die Stoßfänger und alle stoßgefährdeten Kanten sind schwarz und aus Kunststoff. Sehr praktisch. Hoffentlich haben die Genehmigungsbehörden da nichts zu meckern, die gemeinhin kleinlich auf vollflächiges Hellelfenbein bestehen. Auffällig an diesem besonderen Exemplar sind nur die extra Blinker am Heck in Form von großen Micky-Maus-Ohren. Die sind auch noch bei geöffneten Hecktüren gut zu sehen. Fahrtechnisch ist der Opel Vivaro mit seinem 1.6 BiTurbo- Diesel (145 PS) gut bestückt. Die leere Kiste (2 070 kg) neigt damit zu ständigen Geschwindigkeitsüberschreitungen. Bei voller Beladung (3 020 kg) dürfte diese Leistung angemessen sein. Das Hand- Getriebe ist gut schaltbar. Die Gänge rutschen gut rein. Die Kupplung ist gut bedienbar. Opel-Kupplungen sind allgemein etwas „kurz“ und hart. Diese Motor-Getriebe-Kombination stammt offenbar aus Frankreich. Der durch einen Ring hochgezogene Rückwärtsgang deutet darauf hin. Der Opel Vivaro hat einen französischen Bruder. Das Fahrwerk ist gutmütig, aber artbedingt ruppiger als das einer Limousine. Normalerweise macht das nichts. Rollstühle jedoch haben keine Dämpfung. Jeden Stoß, den das Fahrwerk des Autos durchlässt, spürt der Insasse direkt. Dieses Problem technisch zu lösen, wäre aufwendig und teuer. Die einfach machbare Lösung heißt: mit empfindlichen Fahrgästen behutsamer fahren. Das Innere des Opel Vivaro ist genauso praktisch wie sein Äußeres. Der Himmel ist durchgehend aus hellem Velours, der obere Bereich aus hellgrauem Hartplastik, der untere Bereich aus Hartplastik in Schwarz und Dunkelblau. Die gut ausgeformten Sitze sind textilbezogen. Nur der Fahrersitz ist ein wenig, aber ausreichend, verstellbar. Bis auf die Textilsitze ist alles strapazierfähig und abwaschbar, also absolut taxitauglich. Das Ganze sieht in seiner Einfachheit ausgesprochen gut aus. Das Cockpit ist funktional aufgeräumt. Kein Display mit Mäusekino, kein Menügefummel. Im Normschacht steckt ein einfaches Radio. Alle Funktionen sind leicht zu finden. USB-Schnittstelle und Steckdose gibt es auch. Das Erprobungsfahrzeug gehört offenbar zur Ausstattungslinie „Sparta“. Nur das Notwendigste ist drin, Spielereien und Verzierungen fehlen. Taxiunternehmer würden sich das von anderen Herstellern auch wünschen. Wer will, kriegt es auch im Vivaro anders – für viel Geld. Die Klimaanlage hatte bei über 30 Grad Außentemperatur schwer zu ackern. Sie schaffte es nach einiger Zeit tatsächlich, den großen Innenraum abzukühlen. Die Lüftung für die Fondpassagiere lässt sich dort separat regeln. Beides sind bemerkens werte Pluspunkte. Alles andere als spartanisch ist die Inklusionsausstattung des Vivaro. Hinter den beiden Flügeltüren im Heck verbirgt sich ein Ausschnitt mit einer faltbaren Rampe, über die ein Rollstuhl mit einem Insassen einigermaßen bequem hineingeschoben werden kann. Für die Befestigung des Rollstuhls sind vier Gurte vorgese- FOTOS: Wilfried Hochfeld / Taxi Times 30 OKTOBER / 2016 TAXI

TAXI-TEST Alles inklusive – von außen fast ein gewöhnliches Großraumtaxi. Weniger ist mehr: übersichtliches Armaturenbrett ohne Menü-Gefummel. TECHNIK Opel Vivaro Combi 1.6 BiTurbo CDTI hen, für die Sicherung des Fahrgastes im Rollstuhl zwei weitere. Im Prinzip geht das in Ordnung. Im Detail muss da noch einiges angepasst werden, wie die Erprobung mit einer leibhaftigen Rollstuhlfahrerin gezeigt hat. Aber dafür ist ein Prototyp ja da. Frau Münzel, so heißt meine Versuchsperson, war übrigens begeistert von der Idee, irgendwann einfach spontan ein Taxi wie dieses für sich und ihren E-Rollstuhl bestellen zu können. Mit ihren reichlichen Erfahrungen mit allen möglichen Transportdiensten hat sie mir als Amateurrollstuhlbeförderer sehr geholfen, sie und ihr Vehikel richtig zu behandeln. Die wenigsten Rollstühle verfügen über definierte Haltepunkte. Ihre korrekte Befestigung im Auto ist nicht einfach. Taxifahrer, die sich diesem Geschäftsfeld widmen wollen, müssen einiges lernen, am besten von den Betroffenen selbst. RAUM FÜR FÜNF WEITERE PERSONEN Der Platz hinten im Inklusions-Vivaro reicht auch für größere Rollstuhlmodelle und voluminösere Fahrgäste. Die Auffahrrampe bleibt nach Benutzung zurzeit noch senkrecht vor den Hecktüren stehen (der Mechanismus ist leicht zu bedienen.), d. h., man kann dann kein Gepäck mehr reinstellen. Das wird für die Serienfertigung noch geändert. Die Rampe bekommt ein zweites Gelenk, sodass sie flach auf den Fahrzeugboden gelegt werden kann. Rechts und links über dem Bodenausschnitt sind zwei zusätzliche Einzelsitze angebracht, die von der Fahrzeugwand weggeschwenkt werden können und deren Sitzflächen dann her untergeklappt werden. Zu erreichen sind sie durch die seitliche Schiebetür bei heruntergeklappter Rückenlehne des äußeren Sitzes der zweiten Sitzreihe. Hört sich kompliziert an, ist aber ganz einfach. Der Mechanismus ist leichtgängig und idiotensicher. Der Opel Vivaro in dieser Ausstattung ist ein vollwertiges Rollstuhltaxi und ein nahezu vollwertiges Großraumtaxi mit bis zu sieben Fahrgastsitzen und einem riesigen Gepäckraum. Wenn hinten ein Rollstuhl drinsteht, können noch bis zu fünf weitere Fahrgäste mitfahren. Großraum heißt auch große bewegte Masse. Bei meinen Fahrten habe ich rund 10 Liter Diesel je 100 km verbraucht. Abmessungen: Länge x Breite x Höhe (m): 5,39 x 1,96 (o. Spiegel) x 1,97 Motor: 4-Zylinder, 1 598 cm3, Diesel, BiTurbo Leistung: 107 kW/145 PS bei 3 500 U/min Max. Drehmoment: 340 Nm bei 1 750 U/min Höchstgeschwindigkeit: 177 km/h ECE-Durchschnittsverbrauch: 6,0 Liter CO2-Emissionen: 155 g/km (Euro 6) Effizienzklasse: B Leergewicht: 2 070 kg Zulässiges Gesamtgewicht: 3 020 kg Kofferraumvolumen: max. ca. 6 000 l Wendekreis: 13,2 m Die besonderen Einbauten kosten rund 7 600 Euro zusätzlich. Der Vivaro in dieser Ausführung kostet beim Team Nordring 27 500 Euro netto. Mit anderen Worten, man bekommt hier für unter 30 000 Euro netto ein voll taugliches Inklusionstaxi. Von einer eventuell kommenden Förderung haben wir dabei noch nicht geredet. Ansprechpartner zum Thema Taxi beim Team Nordring ist Herr Frank Kröcher. Er verkauft Taxis bundesweit und darüber hinaus. Zwei hat er schon bis nach Island geliefert. wh VERKEHRSRECHT BERLIN Rechtsanwalt Carsten Hendrych Fachanwalt für Verkehrsrecht Rechtsanwaltskanzlei Ruttge • Brettschneider •Tosberg • Hendrych Nürnberger Straße 49, 10789 Berlin Telefon: (030) 883 4031 – Fax: (030) 882 4709 E-Mail: hendrych@rbth-recht.de TAXI OKTOBER / 2016 31

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