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Taxi Times DACH - 1. Quartal 2024

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TAXITARIFE

TAXITARIFE Taxibetriebe finden kaum Personal, solange sie auf Basis des Mindestlohns bezahlen. Wäre es daher nicht dringend geboten, den Taxitarif auf Basis eines Mindestlohns von mindestens 15 Euro zu kalkulieren? Besonders in den Hochlohnregionen Baden-Württembergs, Hessens oder Bayerns wird sich wohl niemand mehr zum gesetzlichen Mindestlohn hinter das Steuer setzen. Der gesetzliche Mindestlohn ist aber für Gewerbe und Behörden häufig nur der Taktgeber, um einmal wieder über den Taxitarif nachzudenken. Zudem liefert die Höhe der Mindestlohnanpassung einen Maßstab für die Höhe der Tarifanpassung. Oft hat man den Eindruck, dass Städte und Kommunen bei ihrer Entscheidung über die Höhe des Taxitarifs nur auf die Nachbarstädte oder die Nachbarkreise schauen. Ja, das ist aber Usus. Nur ganz wenige Genehmigungsbehörden haben die betriebswirtschaftliche Kompetenz, Tarifanträge ernsthaft zu beurteilen. Zur Verwirrung trägt weiter bei, dass allein fahrende Taxler eine völlig andere Sicht auf den Tarif haben als größere Betriebe und daher ganz unterschiedlich argumentieren. Das führt zuweilen zu langwierigen und verquasten Tarifdebatten – zwischen den Taxlern und zwischen Taxlern und Behörden. Genau da setzten wir mit unseren Tarifgutachten an. Wir stellen die Diskussion auf eine betriebswirtschaftlich Grundlage. nachvollziehbare Welche anderen Lösungen sehen Sie, um die Wirtschaftlichkeit eines Taxibetriebs wiederherzustellen bzw. zu bewahren? Das Taxi ist eigenwirtschaftlich und Unternehmer müssen mit dem, was sie einfahren, auskommen – anders als Busse und Bahnen. Taxis sollten stärker in den ÖPNV und dessen Förderstruktur einbezogen werden. Ein gutes Beispiel ist das ÖPNV-Taxi in Freudenstadt, wo auch Taxis Zuschüsse vom Landkreis erhalten können – als Alternative zum hochsubventionierten On-Demand- Service. Das durchzusetzen ist aber schwer, weil EU-Recht mit reinspielt. Aber wenn man es richtig anpackt, läuft es gut. Kann das Taxigewerbe im Rahmen der aktuellen Tarifstruktur auch aus eigener Kraft wirtschaftlich agieren? Ja, z. B. durch Spezialisierung – etwa mit der Rollstuhlbeförderung. Dazu braucht man aber einen gewissen unternehmerischen Drive. Die Taxiunternehmer, die das könnten, sterben leider im Moment gerade aus. Wenn neue Geschäftsfelder der Heilsbringer sind, bedeutet das im Umkehrschluss, dass im klassischen Geschäftsfeld »Unser Parameter ist nicht der Mindestlohn an sich, sondern die Veränderung des Mindestlohns.« Taxi mit seinen Gelegenheitsfahrten schon alle Möglichkeiten ausgereizt sind? Das möchte ich so pauschal nicht sagen. Es kommt immer auf den Einfallsreichtum der Unternehmer an. Aber die Kosten lassen sich durch den übergroßen Anteil der Personalkosten nicht mehr nennenswert ändern. Das bringt das Gewerbe in Schieflage und sorgt für Auflösungserscheinungen. Das traditionelle Geschäftsmodell Taxi verschmilzt zunehmend mit dem Geschäftsmodell Mietwagen. Aber das liegt nicht nur an den Tarifen. Immer mehr Wettbewerber machen die Suppe dünn: Uber & Co. geben ihren Subunternehmern Preise jenseits betriebswirtschaftlicher Vernunft vor. Und die On-Demand-Dienste werden mit Millionenbeträgen gefüttert – aber nur, solange die Fördermittel reichen. Was würden Sie dem Taxiunternehmer in Richtung Wirtschaftlichkeit auf den Weg geben? Ein Weg ist die Spezialisierung. Stellt mit euren Verbänden nachvollziehbare Tarifanträge und unterlegt die mit realistischen Zahlen. Was sind realistische Zahlen? Ich sag Ihnen mal, was unrealistische Zahlen sind: Wenn man zu Recht auf einen Jahresgewinn eines Solounternehmers über 26.000 Euro verweist, dies dann aber für einen Mehrwagenbetrieb einfach mit der Fahrzeuganzahl multipliziert und in dieser Logik zum Schluss kommt, dass ein 15-Wagen-Betrieb 390.000 Euro Gewinn machen müsste, ist das eine Milchmädchenrechnung. 390.000 Euro ist übrigens ungefähr das, was Bundeskanzler Scholz in der Lohntüte hat – und der hat sich bekanntlich um mehr als 15 Taxis zu kümmern. Vielen Dank für das Interview. FOTO: Remmer Witte 16 1. QUARTAL 2024 TAXI

KRANKENFAHRTEN KRANKENFAHRTEN- NOCH BILLIGER GEHT NICHT Der Blick in die Historie macht eines deutlich: Aus den einfachen Krankenfahrten ist inzwischen ein teures Bürokratiemonster geworden. Es gibt deshalb keinen Grund mehr, unter dem Taxitarif zu fahren. Die ersten Krankenfahrten wurden noch per Pferdekutsche durchgeführt. FOTO: Adobe Stock / David Arment Den ersten automobilen Krankenwagen entwickelte 1905 ein Karosseriebauer in Bonn, der bis dahin Pferdekutschen für den Krankentransport herstellte. Die Geschichte der Krankenfahrt durch Taxi/Mietwagen begann dagegen erst etwa ab den 1950er-Jahren. Es waren Zeiten, in denen man auf die wenigen Krankenwagen, die es gab, bei einem Unfall schon mehr als eine Stunde warten musste. Nach 18 Uhr fuhr oft gar kein Krankenwagen mehr, und über Funkgeräte verfügten nur Feuerwehr, Polizei und Taxis. Gerade im ländlichen Bereich waren außer Hausärzten kaum Fachärzte angesiedelt. Damit nun für Patienten, die nicht unbedingt schnellstens ins Krankenhaus gebracht werden mussten und keine akute medizinische Betreuung benötigten, trotzdem eine notwendige Beförderung bei Krankheit möglich wurde, gab es Krankenkassen, die einen eigenen Fuhrpark für ihre Versicherten hatten oder die Taxiunternehmern ein Fahrzeug zur Verfügung stellten, um im Umkreis die vom Arzt verordneten Krankenfahrten zu Kliniken oder Fachärzten durchzuführen. Da das aber auf Dauer bei der größeren Zahl an Krankenkassen auch keine Lösung war, wurde den Taxi-/Mietwagenunternehmern angeboten, ihr eigenes Fahrzeug für die Beförderung zu nutzen und dafür eine per Vertrag vereinbarte Vergütung zu erhalten. Da im Tagesbereich noch Kapazitäten für diese Beförderungen vorhanden waren, wurden die ersten Rahmen- und Vergütungsvereinbarungen getroffen. Die damals gute Auslastung der Fahrzeuge im Nachtbereich, die wenigen bürokratischen Vorschriften an die Verordnung, der niedrige Verwaltungsaufwand, die zügigen und sicheren Zahlungen der Fahrten usw. ließen dann auch im Rahmen einer guten Mischkalkulation eine Rabattierung des Preises für die Krankenkassen zu. Schnell entwickelte sich die Auslastung der Fahrzeuge mit Krankenfahrten. Paragraf 194 der Reichsversicherungsordnung TAXI 1. QUARTAL 2024 17

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