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Taxi Times DACH - Doppelausgabe Juni / Juli 2019

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Eine solch starke und flächendeckende Taxi-Protestaktion hatte Deutschland noch nie erlebt. 10.000 Taxis fuhren am 10. April 2019 in Autocorsos hupend durch über 20 Städte, hielten Mahnwachen ab und riefen in Kundgebungen zur „Scheuerwehr“ auf. Taxi Times hat die Ereignisse dieses Tages nun in einer Spezialausgabe veröffentlicht.

TAXIDEMO IN WIESBADEN

TAXIDEMO IN WIESBADEN Nach dem Autokorso versammelten sich zahlreiche Taxifahrer zur Kundgebung vor der Hessischen Staatskanzlei. FÜNFMAL SO VIELE AUS ZWEI BUNDESLÄNDERN Eintausend Taxis hatten sich auf den Weg nach Wiesbaden gemacht. Dabei bildeten die Frankfurter die große Mehrheit. Der Protest vor der Hessischen Staatskanzlei wurde auch von den Rheinland-Pfälzern unterstützt. Hans-Peter Kratz hatte 200 Taxis zur Demo angemeldet und im Stillen auf 300 bis 400 Taxis gehofft. Dass es am Ende über 1.000 wurden, hat den Vorstand der Frankfurter Taxivereinigung sehr zufrieden gemacht. „Es schwingt auch etwas Stolz mit, wenn man sieht, dass das Taxigewerbe doch zusammenstehen kann, wenn es ernst wird“, schreibt Kratz in seiner Publikation „Taxi-Journal“. „Wir haben der Politik einen kleinen Vorgeschmack gegeben, was passiert, wenn man unsere Existenz vernichten will, den Verbraucherschutz in der Personenbeförderung in den Mülleimer treten will und den öffentlichen Personennahverkehr ins All schießen will.“ Für Kratz sei es nur eine Frage der Zeit, „bis die Busunternehmen, die örtlichen Verkehrsgesellschaften und -Verbünde merken, wo die Reise hingehen soll, und sich uns anschließen.“ A66 IM ZEICHEN DES TAXIS Der Stolz des Vorsitzenden lässt sich auch aus der Reportage zum 10. April in ebenjenem „Taxi-Journal“ rauslesen, die wir an dieser Stelle – natürlich mit freundlicher Genehmigung der Taxivereinigung – ungefiltert übernehmen wollen: „Die Frankfurter sammelten sich auf Gateway Gardens und wurden von dort ordentlich geschmückt nach Wiesbaden geschickt. Die A66 stand im Zeichen des Taxis. Hellelfenbein brachte zum Ausdruck: ,Scheuer muss weg.‘ Und deswegen rückte in Wiesbaden auch die Scheuerwehr ein, um einen schlimmen Flächenbrand noch in der Entstehung zu löschen. Ziemlich schnell waren die Kapazitäten von Wiesbaden erschöpft und die Kolleginnen und Kollegen schlugen sich zu Fuß zum Kranzplatz durch, wo die Glocken das ,Fünf vor zwölf‘ läuteten.“ An jenem Kranzplatz in Wiesbaden befindet sich die Hessische Staatskanzlei FOTOS: Dario, Taxivereinigung, Christos 20 DOPPELAUSGABE JUNI / JULI 2019 TAXI

TAXIDEMO IN WIESBADEN und dort wiederum haben jene Landespolitiker das Sagen, die im Falle einer Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) immer noch ihr Veto einlegen können. Vor allen Dingen dann, wenn Scheuers Eckpunkte so in ein neues Gesetz einfließen und damit insbesondere die Rückkehrpflicht für Mietwagen abgeschafft wird. Verschiedene Redner der Kundgebung hatten Scheuers Eckpunkte scharf kritisiert. Sie seien ein Vernichtungsschlag gegen das Taxi, bei dem die Verbraucher auf der Strecke blieben, sagte beispielsweise Hans-Peter Kratz. Ufuk Gergin vom Rhein-Main Taxiverband machte klar, dass das Personenbeförderungsgesetz ein Verbraucherschutzgesetz ist. Er sieht die Forderung nach Digitalisierung der Mobilität als trojanisches Pferd, um den Konzernen Marktanteile zu verschaffen. Scheuer sei ein „politischer Arm der Konzerne“. PFLICHT ZUR KONTROLLE Thomas Schmidt vom Landesverband Hessen verwies auf die verheerenden Folgen in anderen Ländern, wo man den von Scheuer geplanten Weg schon gegangen sei, wie in New York oder London. Eine Gewährleistung auf Beförderung sei nicht mehr gegeben, wenn die neuen Mobilitätsdienstleister als Rosinenpicker das Taxigewerbe unwirtschaftlich machen. „Rosinenpicken zu unfairen Preisen, keinerlei Pflichten, Preisangebote nach Auslastung und Nachfrage und der Kunde und Taxis bleiben auf der Strecke. Alte, Kranke, Behinderte und Schüler haben keine sichtbaren Vorteile durch die neuen Mobilitätsplattformen“, so Schmidt. Er forderte wie alle Redner einen fairen Wettbewerb und sieht die kommunalen Aufsichtsbehörden in der Pflicht, dies auch zu kontrollieren. Frankfurt ist seit Kurzem auch Uber- Stadt, was die hohe Teilnahme der Frankfurter Kollegen an der Demo erklärt. Der Taxifahrer Christos wurde an jenem Tag von einem RTL-Fernsehteam begleitet. Bei der Kundgebung ging dann auch Herwig Kollar von der Taxi Frankfurt eG und als Vertreter des Bundesverbands auf der Bühne mit einem Vergleich aus der Tierwelt auf die Uber-Problematik ein. Vorher wies er darauf hin, dass die einzige Innovation von Uber der systematische und vorsätzliche Rechtsbruch ist. „Wenn man das Uber-Geschäftsmodell auf die Politik übertragen würde“, so Kollar, „müsste man die Anzahl der Abgeordneten verdoppeln und die Diäten halbieren. Dann bekäme man mehr Politik für weniger Geld. Und die Abgeordneten müssten für diese tolle Geschäftsidee 25 % Provision an Uber bezahlen!“ „Aber“, so Kollar weiter, „der hessische Verkehrsminister spricht lieber über das Taxigewerbe als mit dem Taxigewerbe. Vielleicht handelt er nach dem Motto, dass man die Frösche nicht fragen darf, wenn man den Teich trockenlegen will. Hier soll aber nicht der Teich trockengelegt werden. Man will vielmehr die Frösche verjagen, um einer Kröte namens Uber Platz zu verschaffen. Diese Kröte wird das Taxigewerbe aber nicht schlucken! Vielleicht sollte der hessische Verkehrsminister einen neuen Fahrradweg weniger einweihen und die so gewonnene Zeit für den Dialog mit dem Taxigewerbe nutzen.“ Einen kleinen Wermutstropfen hatte die Veranstaltung dann doch: Obwohl über 1.000 Taxifahrer vor der Staatskanzlei demonstrierten, ließen sich weder Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) noch der von Kollar so gescholtene grüne Verkehrsminister Tarek Al-Wazir auf der Demo blicken. Lediglich die Landtagsfraktionsvorsitzende der Linken, Janine Wissler, mischte sich unter die Demonstranten und richtete ein paar unterstützende Worte an die Taxifahrer. Auch aus dem benachbarten Mainz kam niemand, weder die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer noch der vom VDV eingeladene Verkehrsminister Dr. Volker Wissing von der FDP. Kratz stellte nicht zuletzt deshalb klar: „In Wiesbaden ging rund vier Stunden nichts mehr, aber man könne auch mal Frankfurt mit allen Einrichtungen für eine Woche stilllegen.“ Das sollte übrigens am 23. Mai bei einer weiteren Taxidemo passieren. Dort richtete sich der Protest aber nicht mehr nur gegen Scheuer, sondern gegen die Frankfurter Aufsichtsbehörde, weil diese nichts gegen die offensichtlichen Rechtsbrüche von Uber & Co. unternimmt. Kratz hatte dort vorsorglich 1.000 Taxis angemeldet (siehe S. 40). jh Frankfurter Taxis auf dem Weg nach Wiesbaden. TAXIDEMO WIESBADEN 1.000 Teilnehmer, darunter zahlreiche Frankfurter Taxis. Vermittlungsstopp: Unter Federführung der Taxizentrale Frankfurt eG wurden in Frankfurt, Hanau, Offenbach, Rüsselsheim und Wiesbaden für zwei Stunden keine Fahrtaufträge angenommen. Taxikorso: von der Biebricher Allee vorbei am Verkehrsministerium zum Kranzplatz Kundgebung: vor der Wiesbadener Staatskanzlei Redner: Ufuk Gergin, (Rhein-Main Taxiverband e. V.), Herwig Kollar (Bundesverband Taxi), Hans-Peter Kratz (Taxi-Vereinigung Frankfurt am Main e. V.), Thomas Schmidt (Landesverband Hessen), Janine Wissler (Fraktionsvorsitzende der Linken im Hessischen Landtag) Medienresonanz: diverse Tageszeitungen, z. B. „Frankfurter Rundschau“, „Pfälzischer Merkur“, „Wiesbadener Tagblatt“ Organisator: Taxivereinigung Frankfurt mit Unterstützung des VDV Rheinland Besonderheit: Aktiv mitgewirkt an der Demo hatte auch der Verband VDV Rheinland für Rheinland- Pfalz. Unter den Taxis waren auch zahlreiche Koblenzer Kennzeichen und weiterer Gebiete aus Rheinland- Pfalz zu sehen. TAXI DOPPELAUSGABE JUNI / JULI 2019 21

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