GEWERBEPOLITIK GEWERBEPOLITIK DIE POSITION DER OPPOSITION Bei den politischen Gesprächen des Taxigewerbes kam es auch zum Austausch mit den Vertretern der Oppositionsparteien. Dabei stand die grün-rote Verkehrspolitik im Vordergrund – und in der Kritik. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dr. Evelyne Menges (links) führte die sechsköpfige Delegation an, die sich im Oktober zum Gespräch mit dem Taxigewerbe traf, von links: Sebastian Schall, Sabine Bär, Matthias Stadler, Alexandra Gassmannm, Jens Luther. Wer politisch wahrgenommen werden will, muss mit allen sprechen – auch mit den Abgeordneten, die aktuell nicht an der Regierung sind. Horst Wiegand, Koordinator der Herbstgespräche zwischen dem Münchner Taxigewerbe und der Münchner (Kommunal-)Politik, hat daher ein Treffen mit Vertretern der CSU sowie gesondert mit der FDP/Bayernpartei-Fraktion organisiert. Auch mit einem Stadtrat der Fraktion Die Linke gab es einen Austausch. Die Münchner CSU zählt personell zur größten Fraktion innerhalb der Opposition. Alleine sechs der 20 Stadtratsmitglieder nahmen am Gespräch mit dem Taxigewerbe teil, darunter mit Dr. Evelyne Menges auch die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Partei. Ihnen gegenüber saßen Florian Bachmann und Gregor Beiner vom Taxiverband München (TVM), Christian Hess und Jörg Wohlfahrt von den Taxizentralen IsarFunk und Taxi München eG sowie Horst Wiegand. Wiegand leitete die Gespräche mit einer Aufzählung der kritischen Punkte aus den aktuellen Planungen eines neuen Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) ein und verwies auf die augenblicklichen Sorgen wegen Corona und des fortlaufenden Rechtsbruchs durch illegale Mietwagen. Beiner machte zudem noch mal das Positionspapier deutlich, welches man bereits im Frühjahr dem Oberbürgermeister Dieter Reiter überreicht hatte (Taxi Times berichtete). Er betonte die generelle Leistungsfähigkeit und Möglichkeiten des Taxis für GESPRÄCHE MIT DEN BUNDESTAGSABGEORDNETEN heute und für die Zukunft. Die Vertreter der Zentralen brachten deren Leistungsfähigkeit zur Sprache. Man verfüge beispielsweise über 200 Kundenmerkmale und alle Möglichkeiten einer hochmodernen digitalen Vermittlungstechnik. THEMA FAHRRADSTRASSEN Vonseiten der CSU-Stadtratsmitglieder wurde im Gespräch die Haltung des Taxisgewerbes zu den aktuellen verkehrspolitischen Plänen abgefragt. Als CSU sei man gegen eine Erweiterung der Fußgängerzone. Der TVM betonte in diesem Zusammenhang die Forderung, dass Taxis auch in eine autofreie Altstadt einfahren dürften. Auch die geplanten Fahrradstreifen in der Fraunhofer- und Rosenheimer Straße finden bei der CSU keine Zustimmung. Sie hätte diese lieber in die parallel verlaufende Ickstatt- bzw. Balanstraße gelegt. Die Nutzung der Busspuren für das Taxi befürwortet die Münchner CSU. Viele der grün-roten Verkehrspläne werden im neu geschaffenen Mobilitätsausschuss geplant und vorbereitet. Diesem Ausschuss gehören von CSU-Seite unter anderem Sabine Bär und Sebastian Schall an. Die CSU-Vertreter versprachen, sich dafür einzusetzen, dass das Taxigewerbe mit in die Planungen des Mobilitätsreferats einbezogen würde. Dieses Versprechen wurde am 6. Oktober mit einem offiziellen Antrag beim Oberbürgermeister Dieter Reiter eingelöst: „Wenn jetzt ganze Straßenzüge, z. B. im Rahmen der Umsetzung des Radentscheids oder der Errichtung von Busspuren, umgebaut oder dem motorisierten Individualverkehr entzogen werden, bedarf es einer Beteiligung der Taxiverbände und -unternehmen“, fordert die CSU. Wenig einverstanden mit den Verkehrsplänen der aktuellen Stadtratsmehrheit zeigten sich auch die gemeinsame Fraktion der FDP und der Bayernpartei. Für sie sitzt Fritz Roth im Mobilitätsauschuss, der am Gespräch mit dem Münchner Taxigewerbe ebenso teilgenommen hatte wie dessen Parteikollege Dr. Jörg Hoffmann und Richard Progl von der Bayernpartei, der wiederum der Taxikommission angehört. Sie sprechen sich strikt gegen eine Beschränkung der individuellen Mobilität aus. 70 Prozent des städtischen Verkehrs hätten ihrer Meinung nach einen gewerblichen Hintergrund. FDP WILL TAXI UNTERSTÜTZEN Beide Parteien wollen das Taxi unterstützen. Sie plädieren für Sonderrechte, damit deren Fahrer nicht im Individualstau festhängen, was zwangsläufig zu teureren Fahrtpreisen bzw. zu einer Verknappung der Verfügbarkeit führt. In Bezug auf das Wirken der App-Anbieter gab es seitens der FDP-Vertreter keine klare Positionierung gegen Uber & Co., schließlich steht die Partei für einen marktgeregelten Wettbewerb. Für Dr. Hoffmann ist allerdings klar, dass dieser stets auf einer fairen Ebene ablaufen muss. Hier wurden die drei Stadträte vom Taxigewerbe darüber aufgeklärt, dass gerade dies aktuell nicht der Fall ist. Dazu kommt, dass Dumpingpreise letztendlich nur unter prekären Arbeitsverhältnissen Mit Dr. Jörg Hoffmann (2. von rechts) und Fritz Roth (nicht im Bild) von der FDP sowie mit Richard Progl (rechts) von der Bayernpartei sprachen Gregor Beiner (hinten), Thomas Kroker, Christian Hess und Horst Wiegand (nicht im Bild). möglich sind. Letzteres ist natürlich das richtige Thema für einen Vertreter der Partei Die Linke und wurde dementsprechend von Horst Wiegand und Jörg Wohlfahrt bei deren persönlichem Gespräch mit Stefan Jagel angesprochen. Jagel sitzt als Stadtrat im Wirtschaftsausschuss und war zu Beginn des Gesprächstermins noch nicht mit den taxispezifischen Besonderheiten vertraut. Rund 75 Minuten später wusste er dann allerdings über die Forderungen des Taxigewerbes Bescheid und konnte nachvollziehen, warum die Branche die Verpflichtung des Wegstreckenzählers für Mietwagen fordert, die Vorlage eines Business-Plans bei der Anmeldung einer Stefan Jagel sitzt für die Partei Die Linke im Münchner Stadtrat. Mietwagenkonzession sinnvoll ist und warum Taxis von der neuen Verkehrsart Pooling auf keinen Fall ausgeschlossen werden dürfen. Herr Jagel versprach, sich im Stadtrat bzw. im Wirtschaftsausschuss für das Taxigewerbe einsetzen. Wenn nötig, wolle er auch entsprechende Anträge an den Bürgermeister stellen oder sich denen anderer Parteien anschließen. FAZIT: Mit Ausnahme der Parteivertreter der Freien Wähler und der ÖDP, die bisher auf Schreiben und andere Bitten um Gesprächstermine nicht reagiert haben, konnten mit allen Vertretern der Oppositionsparteien des Münchner Stadtrats gute und sachliche Aufklärungsgespräche geführt werden. Parteiübergreifend wurde dem Taxi gewerbe Unterstützung signalisiert. Ein Versprechen, dass die Branche in den nächsten Wochen, wenn es ernst wird, einfordern kann und wird. jh Neben den Gesprächen mit den Kommunalpolitikern stellte Horst Wiegand auch den Kontakt zu Abgeordneten des Deutschen Bundestags (MdB) her, deren Wahlkreis in München bzw. Umfeld liegt. Dies führte im Oktober zu einem Gespräch mit Bernhard Loos von der CSU. Er kennt das Taxi auch aus der Position vorne links, weil er vor 25 Jahren MdB Bernhard Loos, CSU sein BWL-Studium mit Taxifahren finanziert hatte. Loos setzt sich für das Gewerbe ein, indem er bereits schon mit dem Verkehrsminister Andreas Scheuer gesprochen und dabei versucht hat, ihn positiv für die Taxibranche zu beeinflussen. Wenige Tage nach dem Telefonat mit Loos waren die Taxi MdB Florian Oßner, CSU vertreter dann per Videokonferenz mit MdB Florian Oßner verbunden. Sein Heimatwahlkreis ist Landshut/Kehlheim und er ist Mitglied des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestags. Oßner sprach sich dafür aus, dass die Experimentierklausel (§ 2.7) aus dem PBefG rausgenommen werden müsste, damit Pooling-Lösungen auch nachhaltig wirken könnten. Bachmann und Beiner konnten hierbei klarmachen, dass die neue Verkehrsart Pooling auch für das Taxigewerbe geöffnet werden soll. Im Hinblick auf Uber und dessen Geschäftsmodell äußerte sich Oßner, dass man kein Interesse habe, Illegalität in den Markt zu holen. jh FOTOS: Inga Haar, Achim Melde, CSU (6) FOTOS: Bayernpartei, Die Linke 8 4. QUARTAL 2020 TAXI TAXI 4. QUARTAL 2020 9
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