WETTBEWERB Uber-Whistleblower Mark MacGann UBER-ENTHÜLLUNGEN LANDEN BEI DER EU Dank des Whistleblowers Mark MacGann sind die Hintergründe über das moralisch wie rechtlich grenzwertige Verhalten von Uber publik geworden. Bei einer EU-Anhörung bekam er dafür Standing Ovations. Der Ire Mark MacGann ist der Mann, der sich im Sommer kurz nach der Veröffentlichung der Uber-Files als jener Whistleblower zu erkennen gab, der Journalisten des „Guardian“ interne Informationen über Uber hatte zukommen lassen. Die Auswertung der Daten erfolgte dann durch ein Netzwerk europäischer Investigativ-Journalisten und führte am 10. Juli zur Veröffentlichung der Uber-Files. Taxi Times hat darüber ausführlich berichtet (siehe nebenstehender QR-Code). Ende Oktober hatte MacGann in Brüssel die Gelegenheit, vor den Mitgliedern des Beschäftigungsausschusses des Europaparlaments seine Einschätzung zu Uber zu erläutern. Dabei bestätigte der frühere Top-Manager, der von 2015 bis 2016 für Uber tätig war, die Erkenntnisse aus den Uber-Files und appellierte an die anwesenden EU-Politiker, sich der „unverhältnismäßigen“ und „undemokratischen“ Macht von Technologieunternehmen entgegenzustellen. UBER BLOCKIERTE MISSLIEBIGE GESETZE „Uber hatte zu seiner Zeit die Philosophie, weltweit fast unbegrenzte Mittel auszugeben, um geplante missliebige Gesetze zu blockieren“, erklärte MacGann. Allein 2014 und 2015 hätte man dafür 90 Millionen US-Dollar bezahlt. Ziel sei es gewesen, Politiker dazu zu bewegen, grundlegende Arbeits- und Menschenrechte auszuhebeln. Die Praktiken seien „grenzwertig moralisch“ gewesen. Dadurch aufkommende Kritik von Uber-Fahrern habe man im Konzern ignoriert und stattdessen die Losung befolgt, sich die Demokratie beziehungsweise die politische Macht der Verbraucher zu eigen zu machen. Es sei darum gegangen, mit allen erforderlichen Mitteln öffentlichen Druck auszuüben: „Do whatever it takes“, sei das Motto gewesen. „Wir haben Fahrer und Kunden zu unseren Waffen gemacht.“ Dieses verzerrte Kräfteverhältnis sollte laut MacGann jeden Demokraten beunruhigen. „Wenn Technologieunternehmen über unverhältnismäßige finanzielle Ressourcen verfügen, um ihre Botschaft zu verbreiten, auf Kosten der weitaus weniger mächtigen Arbeiter, auf denen ihr Modell aufbaut, passiert etwas wirklich Undemokratisches.“ Auch in der Kommunikation mit allen Beteiligten habe man eine klare Strategie verfolgt: „Wir haben allen gesagt, was sie hören wollten.“ Investoren habe man eine nie gekannte Rendite, Kunden einen Super-Service mit konkurrenzlosen Preisen, Fahrern einen anständigen Lohn und gute Teamarbeit versprochen. Da hätte doch klar sein müssen, dass einer dabei der Betrogene sein musste. Regierungen, Medien und Fahrern sei eine Lüge verkauft worden. Zugleich habe die Ansage geheißen, auch gegen lokale Widerstände, Sanktionen, Verhaftungen und Prozesse „immer weiter zu ubern“. Als MacGann seine Rede beendet hatte, gab es Standing Ovations von den Parlamentariern. In der Anhörung, die live auf Video gestreamt wurde und auch jetzt noch abrufbar ist (siehe QR-Code), kam dann auch noch Zuzana Púčiková in ihrer Funktion als Ubers Direktorin für EU-Politik zu Wort. Sie sagte das, was Uber-Chef Dara Khosrowshahi nach der Veröffentlichung der Uber-Files auch sagte: Uber habe sich gewandelt. „Jeder weiß, dass Uber in seinen frühen Tagen Fehler gemacht hat“, betonte Púčiková und fügte hinzu, dass das Unternehmen vergangene Praktiken nicht verteidigt habe. „Aber jeder weiß, dass sich Uber verändert hat.“ Bei diesen Sätzen fühlte man sich noch mal an die Aussagen von MacGann erinnert: „Wir haben allen gesagt, was sie hören wollten.“ jh Die Anhörung in kompletter Länge auf YouTube. Alles zu den Uber-Files. FOTO: Screenshot Youtube 20 4. QUARTAL 2022 TAXI
WETTBEWERB TAXI-APPELL AN DIE EU-PARLAMENTARIER In Brüssel wird demnächst eine EU-Richtlinie zur Plattformarbeit ihren letzten Schliff bekommen. Sie ist wichtig gegen Uber, aber auch gefährlich für die Taxibranche. Eine europäische Taxi-Organisation mit einem Münchner Taxiunternehmer als Frontmann ist deshalb mit der EU im Gespräch. Gregor Beiner ist mit seinem mtz – Münchner Taxi Zentrum nicht nur das Gesicht für den Wandel zur Elektromobilität im Taxi, er engagiert sich auch auf europäischer Ebene als Chairman der europäischen Taxi-Vereinigung „Taxis für Smart Mobilities“. In dieser Funktion hat sich Beiner gemeinsam mit einem weiteren europäischen Verband (IRU) mit einem Appell an die Mitglieder des Europäischen Parlaments gewandt. Ziel des Aufrufs ist es, das Bewusstsein für die Risiken des aktuellen Richtlinienvorschlags für das Taxigewerbe insgesamt zu schärfen. Die Taxibranche will nicht, dass Taxizentralen mit selbstständigen Fahrern als Plattformen definiert werden und die selbstständigen Fahrer dann als Angestellte einstellen müssen. In München würde dieses Szenario all jene Taxiunternehmer betreffen, die als Soloselbstständige mit ihrer Taxikonzession an eine Taxizentrale angeschlossen sind. mit der Komplexität übermäßiger Regulierung und können daher die erhöhten Kosten für die Einhaltung nicht bewältigen. Darüber hinaus erbringen Taxis eine Dienstleistung des öffentlichen Nutzens mit Verpflichtungen zur Bereitstellung von Verkehrsmitteln auf öffentlichen Straßen.“ Die Organisationen warnen davor, dass viele Kunden als direkte Folge des aktuellen Vorschlags ausgeschlossen würden, da der Verkehr eingeschränkt würde. Dies würde zum Ende des Taxis als öffentliche Dienstleistung führen, wie wir es heute kennen. wf FOTO: Pixabay TAXI NICHT ALS DLP DEFINIEREN Beiner verweist in seinem Appell darauf, „dass unsere zahlreichen Treffen mit Abgeordneten des Europäischen Parlaments und Vertretern der Mitgliedstaaten gezeigt haben, dass diese Richtlinie nicht für Taxis gedacht war und daher nicht für Taxis gelten sollte“. In vielen Städten in Europa würden in den von Einzelunternehmern betriebenen Taxis mehrheitlich Taxifahrten mit Einsteigern und Winkern stattfinden, auch bei jenen Solounternehmern, die an Taxizentralen angeschlossen sind. Wenn diese nun aufgrund der EU-Richtlinie als Arbeitnehmer der Taxizentralen eingestuft werden würden, müssten sie dann auch nach den Vorgaben der Taxizentrale fahren – mit der Konsequenz, dass die Taxi-Verfügbarkeit an Halteplätzen wie Bahnhöfen, Flughäfen oder auch Krankenhäusern stark reduziert wäre. Deswegen fordern die beiden Organisationen die Abgeordneten auf, die Definition von digitalen Arbeitsplattformen (DLPs) einzugrenzen, um einen einheitlichen Ansatz zu vermeiden. „Insbesondere fordern wir, dass der Taxisektor von der Definition von DLPs ausgenommen wird. Dies kann durch den ausdrücklichen Ausschluss des Taxisektors oder durch den Ausschluss kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) aus dem Geltungsbereich der Richtlinie erreicht werden, da die meisten Taxiunternehmen KMU sind.“ T4SM und IRU weisen darauf hin, dass kleine und mittlere Unternehmen das Rückgrat der europäischen Wirtschaft sind und Mehrwert in allen Sektoren schaffen. „Aufgrund ihrer geringen Größe sind KMU im Allgemeinen weniger geschickt im Umgang TAXI 4. QUARTAL 2022 21
Laden...
Laden...