FAHRBERICHT DIE NEUE E-KLASSE Die Motorpresse lobt die neue E-Klasse in den höchsten Tönen. Doch was kann der Mercedes aus Taxisicht? Macht optisch was her: Die neue Mercedes E-Klasse verspricht Eleganz. Während schon darüber spekuliert wird, ob der Diesel überhaupt noch eine Zukunft hat, präsentiert Mercedes ungerührt seine neuen Modelle. Der Stuttgarter Autobauer macht sogar noch mehr. Es scheint, als wollte Mercedes in allen möglichen Ka tegorien noch einmal eine Schippe drauflegen: mehr Design, mehr Komfort, mehr Technik, mehr Service. Schon beim Design wird klar, was Mercedes darunter versteht. Die neue E-Klasse gibt sich noch schnittiger, noch dynamischer, noch eleganter als ihr Vorgänger. Auch was sich die Ingenieure und Designer für den Innenraum ausgedacht haben, beeindruckt. Auch wenn zu vermuten ist, dass Taxiunternehmer das Geld für die meisten Extras lieber sparen, bleibt auch ohne Luxus eine gelungene Limousine mit überraschend geräumigem Innenraum. So bieten die Plätze auf der Rückbank spürbar mehr Raum. Ein Kofferraum mit einem Maximalvolumen von 540 Litern rundet den Eindruck eines kleinen Raum wunders ab. Bei den Armaturen fand man den Weg zurück zu einer eher klas sischen Ansicht mit beinahe kon ventio nellem Geschwindigkeitsanzeiger und Drehzahlmesser. NEUE ASSISTENZSYSTEME Unter der Haube wartet ein völlig neu konzipierter Vierzylinderdieselmotor auf seinen Einsatz. Trotz seines gegenüber dem Vorgänger auf knapp zwei Liter re duzierten Hubraums leistet der neue Selbst zünder 143 kW, was 194 PS entspricht. Dabei begnügt sich der E 220 – laut Hersteller angabe – mit einem Verbrauch von nur 3,9 Litern auf 100 Kilometern. Das entspräche einem CO₂-Ausstoß von 102 Gramm pro Kilometer – ein Wert, den bisher nur wenige und wesentlich kleinere Fahrzeuge vorweisen können. Noch deutlicher wird die Arbeit, die Mercedes in die Entwicklung der neuen Modelle gesteckt hat, bei der Technik. Zu den Dingen, von denen man vorher gar nicht wusste, dass man sie braucht, ge hören zum Beispiel verschiedene Fahrassistenz systeme. Zugegeben: Es ist schon unheimlich, wenn man auf der Autobahn das Steuer aus der Hand neh men kann und der Wagen das Lenken übernimmt. Sogar das Überholen kann das Fahrzeug selbst übernehmen. Doch es ist wie beim Computer, bei Facebook und der Taxibe stellung per Smartphone: Was uns gestern noch komisch vorkam, ist heute schon Usus. Spätere Generationen werden mit diesen Neu erungen wie selbstverständlich aufwachsen. Sofort kann man sich allerdings an die konsequente Weiterentwicklung des Tempomaten gewöhnen. Hat man einmal eine Höchstgeschwindigkeit angegeben, regelt die Technik alles selbst, wie z. B. den Abstand zum Vordermann. Höchst komfortabel ist zudem die Kennzeichen erkennung. Wird eine niedrigere Höchstgeschwindigkeit angezeigt, wie vom Fahrer vorgegeben, drosselt der Wagen sofort sein Tempo. Wird die Begrenzung aufgehoben, wird natürlich genauso prompt wieder beschleunigt. Wichtig ist bei allen Prozes sen, die das Fahrzeug selbstständig vornehmen kann, dass der Fahrer immer eingreifen und die Technik „überstimmen“ kann. Bei den momentan geltenden gesetzlichen Regelungen ist das auch gar nicht anders möglich. KOMFORTABLE 9G-TRONIC Eine weitere technische Hilfestellung ist der Remote Park-Pilot – das automatische Ein - parken, das inzwischen sogar vom Smartphone aus gesteuert werden kann. Besonders praktisch ist es dann, wenn man nach dem Einparken keinen Platz mehr zum Aussteigen hätte bzw. die Fahrer tür von einem anderen Verkehrsteilnehmer zu geparkt worden wäre. Denn das Auto kann natürlich auch per Smartphonefernsteuerung ausparken. Nehmen wir aber einmal das Steuer selbst in die Hand und schauen, ob das, was Design und Technik versprechen, das Auto bei seiner Hauptaufgabe – dem Fahren – halten kann. Und in der Tat: Die neue Mercedes E-Klasse fährt sich genauso elegant, wie das Design hoffen lässt. Die 9G-Tronic schaltet fast unmerk lich und sanft. Dazu bietet das Fahrzeug mehrere Fahrstufen an: Comfort, ECO, Sport und Sport+. Auf der anspruchsvollen Test strecke über enge FOTOS: Tom Buntrock 22 JUNI / 2016 TAXI
FAHRBERICHT Klassische Ansicht mit beinahe kon ventionellem Geschwindigkeitsanzeiger und Drehzahlmesser. Auch innen präsentiert sich das Fahrzeug mit gelungenem Design. Ist in München schon im Einsatz: die neue E-Klasse als Taxi. Serpentinen erwiesen sich die beiden sportlichen Fahr stufen als entbehrlich. Es steigen lediglich Verbrauch und Dezibel, ein nennenswerter Leistungs zuwachs blieb – meinem Em pfinden nach – aber aus. Viel ge schmeidiger fiel da die Fahrstufe Comfort aus, die auch auf kurvigem Ge lände mit Steigungen eine angenehme Fahr weise ermöglicht und sich sonst auf Landstraßen und bei höherer Reise - geschwindigkeit empfiehlt. Im innerstädtischen Verkehr wäre hin gegen die ECO- Variante das Mittel der Wahl. Die Rücksprache mit einem Münchner Taxifahrer, der die neue E-Klasse als Taxi bereits regelmäßig fährt, bestätigt meine Wahrnehmung. AUTONOMES BREMSEN Wenden wir uns noch kurz dem Thema Sicherheit zu. Denn das Auto weist mehrere technische Innovationen auf, die den Fah rer in kritischen Situationen unterstützen sollen. Ein aktiver Brems- Assistent mit Kreuzungsfunktion z. B. kann das plötzlich auftauchende Ende eines Staus erkennen und eingreifen, bevor der Fahrer die Si tuation überhaupt realisiert. Außerdem kann er Querverkehr in Kreuzungs situationen wahrnehmen und bei ausblei bender Fahrer reaktion autonom bremsen. Dadurch können Unfälle bei bis zu 100 km/h oft sogar vermieden werden. Eine sinnvolle Ergänzung dazu ist der Ausweich-Lenk-Assistent. Erfahrungsgemäß lenken Autofahrer in Ausweichsituationen gerne einmal zu zaghaft. Der Assistent kann diesen Effekt ausgleichen und so ein Ausweichmanöver optimieren. Bewährt haben sich ja bereits Assistenzsysteme wie der Spurhalte-Assistent oder der Totwinkel-Assistent. Auch sie wurden in ihrer Funktionsweise und Sensorik weiter entwickelt. Neu ist zudem, dass das erweiterte Schutzsystem PRE-SAFE PLUS nun auch im Stand die Fahr zeuginsassen schützen kann, wenn ein Aufprall durch ein nachfolgendes Fahrzeug bevorsteht. Hier werden Gurtstraffer und Bremsen aktiviert. So können Unfallfolgen ge mindert werden. DIE RICHTIGE ANTWORT Selbst dann, wenn alle zuschlagpflich tigen Ex tras nicht mitgekauft werden, bleibt eine schöne Weiterentwicklung des Vorgängermodells. Das Fahren wird spürbar komfortabler, was Fahrer wie Kunden schätzen werden. Während andere über völlig neue Taxikonzepte nachdenken – wie hier im Heft mit dem eTAXI – verbessert Mercedes das Bewährte. Vielleicht ist das genau die richtige Antwort auf die Fragen des Gewer bes, vor allem für diejenigen, die auf Kon tinuität setzen. Zudem soll der Verkaufspreis nur wenig über dem des Vorgängermodells liegen. Mit dem eben erst vorgestellten T-Modell werden darüber hinaus auch die Kombifreunde bedacht. Es scheint, als müsste man mit dem Mercedes- Taxi noch eine ganze Weile rechnen. tb TECHNIK Mercedes-Benz E-Klasse E 220 d Hubraum 1 950 ccm Getriebe: 9G-Tronic Leistung: 143 kW / 194 PS Maße: 4 923 mm x 1 852 mm x 1 468 mm (L x B x H) Kofferraumvolumen: max. 540 l Gewicht: 1 680 kg Zuladung: 640 kg TAXI JUNI / 2016 23
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