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UMWELT JOURNAL 2024-5

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UMWELT JOURNAL Nr. 5/2024 mit den Themen: COVER: GREEN FINANCE - Themen: Green Finance - Förderungen, Privatanleger, Umfrage, Alliance ; Energietage, Buch: Finance-Perspektiven im Wandel; Ausbildungen, Seminare, Kongresse

UMWELTjournal 5/2024 |

UMWELTjournal 5/2024 | S14GREEN FINANCEWas halten Menschenin Österreich vonGreen Finance?Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) veröffentlichte im August2024 einen Bericht mit dem Titel „Was halten die Menschen in Österreichvon Green Finance?“. Dieser analysiert die Ergebnisse des OeNB-Barometers 2022, einer repräsentativen Umfrage zum Thema nachhaltigerFinanzmarkt. Die Mehrheit der Befragten erwartet, dass sich ihrefinanzielle Situation durch den Klimawandel in den nächsten 15 Jahrenverschlechtern wird. Gleichzeitig zeigen die Antworten eine überwiegendpositive Einstellung gegenüber nachhaltigeren Finanzproduktenund Unternehmen.Text: Andreas Breitenfellner, Heider KariemDie Finanzwirtschaft soll Nachhaltigkeitsrisikenberücksichtigen und gleichzeitig dieKlimawende maßgeblich finanzieren. DieseHerausforderungen lassen sich nicht rein technokratisch„am Reißbrett lösen“, ohne die Erwartungen,Hoffnungen und Bedürfnisse der Menschen zu beachten.In dieser Studie werden die wichtigsten Ergebnisseeiner repräsentativen Umfrage zum ThemaGreen Finance bzw. nachhaltiger Finanzmarktüberblicksmäßig vorgestellt und kontextualisiert. DieUmfrage (OeNB-Barometer) selbst führte das Institutfür empirische Sozialforschung (IFES) im Auftrag derOesterreichischen Nationalbank (OeNB) durch.Nachhaltigkeit gewinnt an BedeutungUngeachtet immanenter Definitionsprobleme spieltNachhaltigkeit auch in der Finanzwelt eine zunehmendwichtige Rolle. International hat sich der BegriffESG (Environment, Social and Governance) etabliert,womit ökologische und soziale Kriterien sowieAspekte der guten Unternehmensführung in die Geschäftstätigkeitintegriert werden.Wir verwenden hier synonym den Begriff GreenFinance, nicht zuletzt, weil er ökologische Nachhaltigkeitund insbesondere die Bewältigung desKlimawandels betont, die einen enormen Finanzierungsbedarfnach sich ziehen. Zwar ist der Green-Finance-Markt auch in Österreich in einigen Anlagesegmentenaus seinem Nischendasein getreten(Ćetković und Zhan, 2023; FNG, 2023). Gemessenam Umfang der notwendigen Umschichtung vonRessourcen von emissionsintensiven zu umweltundklimaschonenden Wirtschaftsaktivitäten stecktGreen Finance allerdings noch in den Kinderschuhen(Breitenfellner et al., 2020).ESG-Risiken im MittelpunktFür Notenbanken und andere Aufsichtsorganesteht diesbezüglich das Management von physischenund transitorischen Klima- und anderenESG-Risiken im Mittelpunkt (NGFS, 2019). 5 Finanzrisikeneiner inkonsistenten und krisendurchsetztenTransition entstehen mitunter, wenn dieEntwicklung von Green Finance nicht mit einerentsprechenden Dekarbonisierung bzw. Defossilisierungder realen Wirtschaft im Einklang steht(Claessen et al., 2022). 6 Je nach Richtung einessolchen Ungleichgewichts kann eine „braune“oder „grüne“ Spekulationsblase entstehen. Beieiner braunen Blase sind Investitionen in fossileBrennstoffe und andere umweltschädliche Industrienüberbewertet; bei einer grünen Blase sindnachhaltige und umweltfreundliche Technologienund Projekte überbewertet. Greenwashing, alsodie Diskrepanz zwischen vorgegebener Nachhaltigkeitund der tatsächlichen Auswirkung aufUmwelt und Klima, stellt eine weitere realistischeGefahr dar. Ritsch und Prantner (2022) legen nahe,dass überzogene Marketingversprechen von Fi-

Grafiken (5) © Oesterreichische Nationalbanknanzdienstleistern oft aufunklare oder unrealistischeErwartungshaltungen derKund:innen treffen. Gangl etal. (2023) stellen diesbezüglichmittels repräsentativerUmfrage in Österreich fest,dass das nachhaltigkeitsbezogeneFinanzwissen bei derHälfte der Befragten unzureichendist.Was denken die Menschen?Die Überprüfung der Einstellungenvon (potenziellen)Konsument:innen zu nachhaltigenAnlageprodukten trägtalso nicht nur zur Analyse desWachstums- und Risikopotenzialsgrüner Finanzmärkte,sondern auch zur allgemeinenVertrauensbildung in Finanzmärkte und somitzu deren Funktionsfähigkeit und Stabilität bei.Vor diesem Hintergrund untersuchen wir die Umfrageergebnissenach Hinweisen für die Beantwortungfolgender Fragen: Wird der Klimawandel alsfinanzielle Bedrohung wahrgenommen? Wie hochsind Verständnis und Akzeptanz grüner Finanzprodukte?Wird die Gefahr von Greenwashing erkannt?Welche Faktoren beeinflussen die entsprechendenAntworten? Sind Trends gegenüber früheren Erhebungenerkennbar?OeNB-UntersuchungDie Ergebnisse des hier untersuchten OeNB-Barometersbestätigen eine überwiegend positiveMeinung zu nachhaltigen Finanzprodukten bzw.nachhaltig orientierten Finanzunternehmen.Affinität zu Green Finance ist häufiger bei jenerMehrheit der Befragten zu finden, die damit rechnet,dass der Klimawandel ihre persönliche Finanzsituationimmer stärker beeinträchtigen wird. Wir untersuchenzudem die konkreten Antworthäufigkeitenmit Hinblick auf demografische, sozioökonomischeund finanzwissenbezogene Merkmale. Diese Studieist eine überarbeitete Fassung eines bereits inenglischer Sprache erschienen Artikels, in dem dieUmfrageergebnisse weniger detailliert dargestelltwurden (Breitenfellner und Kariem, 2023).Aufbau der OeNB-StudieDiese Studie ist wie folgt gegliedert: Kapitel 1 beschreibtdie Umfrage inklusive relevanter demografischerDaten. In Kapitel 2 stellen wir die wichtigstenUmfrageergebnisse zu den erwarteten Klimawandeleffektenauf die individuelle Finanzlage sowieder wahrgenommenen ökologischen Nachhaltigkeitvon Finanzprodukten dar. Kapitel 3 analysiertdeskriptiv die Einflussfaktoren auf Basis grundlegenderstatistischer Merkmale. Kapitel 4 stellt diegewonnenen Erkenntnisse in den Kontext ähnlicherUmfragen und versucht daraus Trends abzuleiten.Schließlich ziehen wir in Kapitel 5 tentative Schlussfolgerungenfür Forschung, Aufsicht und Finanzbildung.Das Kapitel 6 umfasst das Literaturverzeichnis.Die Ergebnisse der Regressionsanalyse zu denBeobachtungen von Kapitel 3 sind im Annex derPDF-Version dieses Reports zu finden.Hintergrundinfos zur OeNB-Barometer-UmfrageDas OeNB-Barometer ist eine regelmäßig stattfindendeUmfrage der Oesterreichischen Nationalbank.Sie ist als wiederkehrender Querschnittangelegt und auf Bundes- und Landesebene repräsentativ(Voith und Zieser, 2024). Die hier untersuchteOeNB-Barometer-Umfrage wurde durch IFES vom23. Mai bis 16. August 2022 österreichweit unter1.431 Personen der Wohnbevölkerung ab dem Altervon 16 Jahren durchgeführt. Insgesamt wurden 49Fragen gestellt, wobei oft weitere Detailfragen untergeordnetsind. Das Hauptziel der Umfrage ist, Informationenüber Einstellungen zur OeNB sowie überVermögensbestände, Inflationserwartungen und anderefür Zentralbanken relevante wirtschaftliche Verhaltensweisenoder Einstellungen zu erhalten.Grafik 1:Erwarteter Einfluss desKlimawandels auf diepersönliche Finanzlage