UMWELTjournal 5/2024 | S16GREEN FINANCEüberrepräsentierte Internetnutzer:innen(Fessler undWeber, 2024).Die Ergebnisse unserer Studieändern sich durch diese Korrekturjedoch nicht substanziell,sondern nur marginal. Einweiterer Unterschied zur englischenVersion besteht darin,dass wir nun bei einer Regressionsanalyse(siehe Anhangder PDF-Version diesesReports) zusätzliche Variablengeschätzt haben bzw. bei derKodierung einige Änderungenvorgenommen haben.Grafik 2:Meinungen zurNachhaltigkeit imFinanzsektorUnterschiedliche Methoden eingesetztZur Durchführung der Umfrage kamen zwei unterschiedlicheMethoden zum Einsatz: 953 Interviewswurden als Computer-Assisted Personal Interviews(CAPI) direkt bei Hausbesuchen durchgeführt, dierestlichen 478 Interviews online als Computer-AssistedWeb Interviews (CAWI). Die Auswahl derInterviewpartner:innen erfolgte über mehrfach geschichteteZufallsstichproben ( Stratified MultistageClustered Random Sampling ) und wurde durch Zufallsziehungenaus dem ständigen Befragten-Poolvon IFES erweitert.Die abgefragten demografischen Merkmale sindGeschlecht, Alter, Bildung, Beruf, soziale Schicht,Einkommen (individuell & auf Haushaltsebene), Gemeindegröße,Bundesland, Medienpräferenz sowiepolitische Präferenz. Wir haben alle Ergebnisse gewichtet.Beispielsweise sind im Datensatz ältere Befragteüberrepräsentiert (weil sie öfter zu Hause anzutreffensind als Berufstätige). Durch die Gewichtewird das wieder ausgeglichen.Zwei VersionenIm Unterschied zur englischen Version dieses Berichts(Breitenfellner und Kariem, 2023) wertenwir nun ausschließlich CAPI-Fragen aus, um verzerrendeModuseffekte von CAWI-Umfragen zuvermeiden (Liedl und Steiber, 2023). 11 Die CAPI-Methode zeichnet sich durch eine wahrscheinlichkeitsbasierteStichprobenziehung auf der Basisvon Postadressen und persönlichen Interviewsaus und gewährleistet damit einen repräsentativerendemografischen Querschnitt der Gesamtbevölkerungohne Verzerrungen durch zum BeispielBis auf wenige Ausnahmen(zeitungslesend, Vertrauen indie EU, Vertrauen in den heimischenFinanzsektor) sind die neuen Variablen insignifikant.An den Gesamtergebnissen ändert sichnur wenig.Hauptergebnisse der UmfrageDieses Kapitel präsentiert die wichtigsten Umfrageergebnissedeskriptiv. Bevor wir auf die eigentlichenFragen zur ökologischen Nachhaltigkeit aufdem Finanzmarkt eingehen, behandeln wir jenezu klimabedingten Einkommenseffekten . Die ökonomischenAuswirkungen des Klimawandels sindbereits Gegenstand vieler Untersuchungen. Uns istjedoch keine Erhebung bekannt, die auf die individuelleBetroffenheit durch den Klimawandel hinsichtlichder finanziellen Aussichten der befragtenPersonen abstellt.Mehrheit geht von Verschlechterung ihrerfinanziellen Lage wegen Umwelteinflüssen ausWie in Grafik 1 dargestellt, geht eine Mehrheit derBefragten davon aus, dass der Klimawandel ihrefinanzielle Situation in den nächsten 15 Jahrenverschlechtern wird. Die relative Mehrheit ist amgrößten bei einem 5-jährigen Zeithorizont. Dieserscheint angesichts wissenschaftlich untermauerterSzenarien mittel- und langfristiger Effekteauf Produktivität und Kapitalanlagen begründbar.Während nur eine relative Mehrheit von 49 Prozenteher oder bestimmt mit einer Verschlechterung inden nächsten zwei Jahren rechnet, erwarten bereits55 Prozent eine schlechtere Finanzsituation infünf Jahren. Diese absolute Mehrheit nimmt dannjedoch für den zehn- und fünfzehnjährigen Zeitho-
rizont wieder etwas ab, wobeijedoch statistische Unschärfenvon 2,7 Prozent zu berücksichtigensind.Umgekehrt nimmt kaum jemandan, dass der Klimawandel die Situationverbessert. Der Rest derBefragten antwortet großteilsunentschieden, wobei dieseUnbestimmtheit mit weiteremZeithorizont zugunsten derNichtbeantwortungen abnimmt.Die Fragen zur Rolle von GreenFinance sind in zwei Gruppeneingeteilt, von denen die erstensechs eher Meinungen und weitereacht eher Einstellungen reflektieren.Die Unterscheidungist nicht einfach, aber nützlich:Meinungen sind eher situativund faktenbasiert, währendEinstellungen eher grundsätzlichsind und meist auch Konsequenzenfür das eigene Verhaltennach sich ziehen.Grafik 2 stellt jene Meinungsfragen dar, von deneneinige auch als Fragen zu nachhaltigem Finanzwissen(Gangl et al., 2023) betrachtet werden können:Eine klare Mehrheit von 70 Prozent der Befragtensieht den Finanzsektor in einer besonderen Verantwortungfür den Übergang zu einer CO2-armenWirtschaft. Tatsächlich spricht dafür die zentraleFunktion des Finanzsektors, Ressourcen bzw. Kapitalin die Gesamtwirtschaft zu verteilen, auch wennder eigene CO2-Ausstoß im Vergleich zu anderenWirtschaftssektoren gering ist.Greenwashing ist ein ThemaGreenwashing ist offensichtlich für 56 Prozentder Befragten ein Thema, da sie meinen, dassdas vermeintlich nachhaltige Image des Finanzsektorsnur gewinnorientiert sei. Bemerkenswertist die starke Zustimmung, zumal das Wort „nur“ausschließend gemeint ist.Eine Mehrheit von 59 Prozent hält nachhaltigeUnternehmen für langfristig ertragreicher – eineAussage, über die wir in der Literatur keinen eindeutigenwissenschaftlichen Konsens erkennenkönnen (Atz, et al., 2023).Den Klimawandel hält genau die Hälfte der Befragtenfür ein Finanzrisiko – eine Meinung, diein Wissenschaft, Praxis und Aufsicht weitgehendakzeptiert wird. Nur 16 Prozent der Befragten widersprechen.57 Prozent sehen in der Einhaltung von Umweltstandardseinen ertragsmindernden Kostenfaktor.Die Formulierung „vor allem“ unterstreicht eine gewisseinhaltliche Inkonsistenz mit Teilfrage 3.Eine große Mehrheit von 65 Prozent der Befragtenlehnt jedoch das normative Statement in der Kontrollfrageab, wonach sich Investoren stärker auf Gewinnals auf Umweltschutz orientieren sollen. Nur14 Prozent stimmen zu.Positive Meinung zu Green FinanceIn Summe lassen sich überwiegend positive Meinungenzu Green Finance festhalten, wobei Greenwashingund die Regulierungskosten von der Mehrheitals problematisch erkannt werden.Im Folgenden untersuchen wir die Einstellungsfragen, die sich unter anderem von den Meinungsfragendurch den Ich-Bezug unterscheiden (Grafik 3).59 Prozent bevorzugen Finanzunternehmen mitklaren umweltfreundlichen und ethischen Standpunkten.Grafik 3:Einstellungen zurNachhaltigkeit imFinanzsektor
Laden...
Laden...
© MJR Media World Group 2020