Abwanderung Definitiv
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Abwandern<br />
oder<br />
bleiben?<br />
Laurein<br />
digital herunterladen:<br />
www.sbj.it<br />
Sorgen und<br />
Zukunftswünsche<br />
junger Menschen<br />
in ländlichen<br />
Gemeinden Südtirols
2<br />
Ländlicher Raum<br />
Mit Zukunft!<br />
Abwandern oder bleiben? Diese<br />
Frage beschäftigt viele<br />
Jugendliche in unseren ländlichen<br />
Gemeinden. Spätestens<br />
dann, wenn sie vergeblich einen<br />
Arbeitsplatz suchen, eine Wohnmöglichkeit<br />
bauen möchten,<br />
bei der Familienplanung ... Laut<br />
Langzeitstudie des Wirtschaftsforschungsinstitutes<br />
(WIFO) der<br />
Handelskammer kämpfen 13 Gemeinden<br />
bereits jetzt mit Bevölkerungsrückgang<br />
und schwacher<br />
Wirtschaft ums Überleben. Weitere<br />
26 Gemeinden weisen eine<br />
schwache Bevölkerungsentwicklung<br />
sowie eine schwache Wirtschafts-<br />
und Sozialstruktur auf.<br />
Für die Südtiroler Bauernjugend<br />
ist klar, dass es gilt aktiv zu werden,<br />
vor allem was die <strong>Abwanderung</strong><br />
der Jugend im ländlichen<br />
Raum betrifft. Es muss gelingen,<br />
Perspektiven für Jugendliche zu<br />
schaffen. Diese Perspektiven<br />
entscheiden über die Zukunft der<br />
ländlichen Gemeinden.<br />
Mit der Vortragsreihe „Lebens-<br />
Traum Dorf – Damit der Lebensraum<br />
Dorf zum LebensTraum<br />
wird: Voraussetzungen, Chancen,<br />
Zukunftsaussichten“ hat die<br />
Südtiroler Bauernjugend an drei<br />
Abenden mit über 100 Teilnehmern,<br />
vorrangig Jugendlichen,<br />
an diesen Perspektiven gearbeitet.<br />
Die Vorschläge der Teilnehmer<br />
sind vielfältig: Es spielen nicht<br />
nur Arbeits- und Ausbildungsplätze<br />
und eine entsprechende<br />
Infrastruktur, sondern auch<br />
soziale und kulturelle Faktoren<br />
eine Rolle. Die Verwurzelung in<br />
der Heimat, die enge Bindung<br />
an Familienangehörige und Freunde,<br />
die Eingebundenheit in Vereine, das<br />
Engagement in Politik oder Ehrenämtern–<br />
all das schafft Verbundenheit<br />
mit der eigenen Gemeinde und kann<br />
damit junge Menschen zum Bleiben<br />
bewegen.<br />
Fest steht: Es braucht viel Einsatz<br />
und mutige Entscheidungen. Diesen<br />
Mut haben uns die Teilnehmer der<br />
Vortragsabende vorgemacht. Ihre<br />
Sorgen und Zukunftswünsche sind<br />
in diesem Dokument zusammengefasst.<br />
Mehrere Beispiele zeigen Initiativen<br />
auf, die auch in Südtirol Schule<br />
machen können.<br />
Wir fordern damit Entscheidungsträger<br />
aus Wirtschaft, Schule und Politik<br />
auf sich ihrer Verantwortung zu<br />
bekennen und mit uns gemeinsam<br />
an einen ländlichen Raum zu arbeiten,<br />
der Zukunft hat.<br />
Hannes Dosser<br />
Landesobmann<br />
Christine Tschurtschenthaler<br />
Landesleiterin<br />
Andreas Mair<br />
Landessekretär<br />
Impressum:<br />
Herausgeber: Südtiroler Bauernjugend (SBJ), Redaktion, Fotos & grafische Gestaltung: Andreas Mair - andreas.mair@sbb.it,<br />
Sara Hafner - sara.hafner@sbb.it, Elisabeth Unterkofler - elisabeth.unterkofler@sbb.it<br />
Südtiroler Bauernjugend Landessekretariat - Kanonikus-Michael-Gamper-Straße 5, 39100 Bozen, Tel. 0471 999 401 - Fax 0471 999 486,<br />
bauernjugend@sbb.it - www.sbj.it
„Schwache Infrastruktur –<br />
und wo bleibt die Jugend?“<br />
3<br />
Infrastruktur<br />
Die Jugendlichen erkennen viele positive Entwicklungen<br />
und Investitionen etwa in das Straßennetz, die Mobilität,<br />
den Bildungs- und Vereinshäusern als sehr positiv an.<br />
Dennoch hat der demografische Wandel auch sichtbare<br />
Spuren hinterlassen was das Dorfbild entlegener Gemeinden<br />
anbelangt. Postämter, Läden oder Gasthöfe schließen<br />
ihre Tore und die Gefahr, dass Dorfkerne verwaisen, ist<br />
groß. Der Umbau der Daseinsvorsorge folgt eindeutig der<br />
Logik: „Weniger Menschen brauchen weniger Infrastruktur“.<br />
Das darf nicht sein. Vielmehr muss der Grundsatz<br />
gelten: „Wichtige Infrastruktur, die die Lebensqualität im<br />
ländlichen Raum stärkt, muss erhalten bleiben“.<br />
Treffpunkte und dezentrale Dienste sind<br />
von großer Bedeutung<br />
Werden in ländlichen Räumen Schulen,<br />
Kindergärten oder Jugendeinrichtungen<br />
geschlossen, dann steht viel mehr auf<br />
dem Spiel als die Nutzung eines Gebäudes.<br />
Treffpunkte und damit Orte der Begegnungen<br />
verschwinden. Diese Treffpunkte<br />
sind besonders für Jugendliche<br />
lebenswichtig.<br />
Dezentrale Dienste wie etwa das Postamt<br />
oder das kleine Geschäft, das nahezu alles für den Tagesbedarf<br />
abdeckt, schafft Lebensqualität. Stehen diese dezentralen<br />
Dienste nicht mehr zur Verfügung, mindert dies<br />
auch spürbar Lebensqualität im ländlichen Raum. Um dem<br />
entgegen zu wirken, können bestimmte Dienste auch in<br />
Strukturen vor Ort integriert werden. Das kleine Geschäft<br />
„Wichtige<br />
Infrastruktur, die<br />
die Lebensqualität<br />
im ländlichen<br />
Raum stärkt,<br />
muss erhalten<br />
bleiben“<br />
im Dorfkern kann beispielsweise auch eine Abteilung für<br />
den Postdienst einrichten. Das Land und die Gemeinden<br />
sind aufgerufen, die gesetzlichen Voraussetzungen dafür<br />
zu schaffen, dass dies möglich wird.<br />
Raumplanung muss stärker und zukunftsorientierter<br />
planen<br />
Der Trend zum Haus im Grünen ist ungebrochen. Das führt<br />
dazu, dass wir uns viel mehr um die Außenentwicklung<br />
eines Dorfes bemühen und kümmern und der Innenentwicklung,<br />
sprich den Dorfkernen, zu wenig Beachtung<br />
schenken. Ein großer Fehler, denn das kann auch leicht<br />
zum Verwaisen der Dorfkerne führen. Es muss<br />
der Gedanke des „Dorfkerns als Treffpunkt“ zukünftig<br />
stärker in der Raumplanung berücksichtigt<br />
werden und auch einen zentralen Stellenwert<br />
einnehmen.<br />
Zudem muss auf den sparsamen Umgang mit<br />
baulichen Ressourcen stärker Wert gelegt werden.<br />
Die Jugendlichen schätzen das Flair der<br />
Dorfzentren. Es stellt sich deshalb berechtigt<br />
die Frage: Muss der Altbau immer dem Neubau<br />
weichen? Manchmal für eine positive zukünftige<br />
Entwicklung ja, jedoch muss diese Entscheidung mit mehr<br />
Bedacht gefällt werden. Die Jugendlichen fühlen sich hierbei<br />
oft missverstanden und können sich mit einem großen<br />
Neubau nicht immer identifizieren.
4<br />
Schnelles Internet ist Grundvoraussetzung für Lebensqualität<br />
Ob Student, Lehrling, Landwirt, Handwerker, qualifizierter<br />
Arbeiter oder Bürofachkraft – eine schnelle Internetanbindung<br />
ist nicht nur für Betriebe Grundvoraussetzung um sich<br />
am Markt behaupten zu können, sondern schafft durch eine<br />
digitale Vernetzung vor allem Brücken zwischen Menschen.<br />
Benachteiligte Gebiete können durch ein schnelles Internet<br />
Wettbewerbsnachteile ausgleichen, sich schnell Informationen<br />
einholen, diese austauschen und so stets am Puls der Zeit<br />
sein. Schnelles Internet sichert zudem den Tourismus, sorgt<br />
für Bürokratieabbau und neue Jobchancen. Eine schnelle Internetverbindung<br />
ist damit spürbar zu einem Grundbedürfnis<br />
der Menschen geworden.<br />
Das Programm der Landesverwaltung sieht eine Erschließung<br />
von 99 Prozent der Gemeinden mit Breitbandanbindung bis<br />
zum Jahr 2013 vor. Die Fortschritte gestalten<br />
sich allerdings schleppend. Bedenken der Jugendlichen<br />
sind in diesem Zusammenhang, dass<br />
die Schnittstelle nur bis zur Gemeinde führt und<br />
dann die Gemeinden auf sich selbst angewiesen<br />
sind was den Anschluss zu den Haushalten sowie<br />
Unternehmen betrifft.<br />
So genannte „Wireless Hotspots“, die den Nutzern<br />
die Möglichkeit bieten auf den wichtigsten<br />
Plätzen im Dorf kabel- und kostenlos ins Internet<br />
einzusteigen, sehen die Jugendlichen als sehr<br />
zukunftsfähig. Diese Möglichkeiten müssen unbedingt<br />
ausgebaut werden.<br />
„Mehrere<br />
Beispiele<br />
belegen:<br />
Wo es keinen<br />
Einzelhandel<br />
mehr gibt,<br />
sterben<br />
Orte aus.“<br />
Die Nahversorgung zu sichern wird zur großen<br />
Herausforderung<br />
Das kleine Lebensmittelgeschäft, in dem man alles bekommt,<br />
ist bereits jetzt in mehreren, vor allem entlegenen Gemeinden<br />
gefährdet. Gerade die kleinen Läden sichern die Lebensqualität<br />
vor Ort. Mehrere Beispiele belegen: „Wo es keinen Einzelhandel<br />
mehr gibt, sterben Orte aus“. Deshalb sind gerade<br />
Initiativen wie die Konsumgenossenschaft Moos, bei der sich<br />
fünf Lebensmittelläden in der Gemeinde Moos in Passeier zusammengeschlossen<br />
haben um den Verkauf von Lebensmitteln<br />
in Moos zu gewährleisten und mit den Geschäften die<br />
Gemeinde zu beleben, große Vorbilder für weitere Initiativen in<br />
diese Richtung. Die Nahversorgungsgenossenschaft Südtirol<br />
(NaveS) geht sogar einen Schritt weiter: Ihr Hauptziel ist es,<br />
die Nahversorgung überall dort zu sichern wo der Einzelhandel<br />
gefärdet ist. Zusätzlich zu klassischen Angeboten im Lebensmittelsektor<br />
werden in einer NaveS-Filiale auch lokale Erzeugnisse<br />
aus der Landwirtschaft angeboten.<br />
Solche Initiativen bremsen auch das Abfließen der Kaufkraft<br />
vom Land und stärken die lokale Wertschöpfung.<br />
Mobilität ist wichtig<br />
Mobilität ist für den ländlichen Raum ein sehr wichtiges<br />
Thema. Für viele Familien ist es unabdingbar, dass beide<br />
Elternteile berufstätig sind. Der Arbeitsplatz ist weit entfernt,<br />
längere Anfahrtszeiten werden als hohe Belastung<br />
empfunden. Der Zwang zum Zweitauto und die ständig<br />
steigenden Treibstoffpreise tragen zudem ihres dazu bei.<br />
Allein schon deshalb bevorzugen viele, gerade junge Familien,<br />
das Ballungszentrum und damit die Nähe zum Arbeitsplatz.<br />
Ein Elternteil kann dadurch meistens auch auf<br />
das Zweitauto verzichten.<br />
Das „Citybus-Modell“ hat sich bereits jetzt bewährt<br />
und soll viel stärker ausgebaut werden.<br />
Auch das ländliche Straßen- und Wegenetz muss<br />
aufrecht erhalten werden. Es ist dies die Lebensader<br />
für ländliche Gemeinden.<br />
Gleiche Bildungschancen für alle<br />
Jedes Kind, egal in welcher Gemeinde es auf die<br />
Welt kommt, muss die gleichen Chancen auf Bildung<br />
haben. Dezentrale Bildungseinrichtungen<br />
sind in einem ländlichen Gebiet wie Südtirol von<br />
grundlegender Bedeutung. Auch die „Zwergschule“<br />
erfüllt einen wichtigen Dienst. Die Jugendlichen<br />
wünschen sich für die Zukunft, dass diese erhalten<br />
bleiben. Gegebenfalls muss die Mindestanzahl der Schüler<br />
nach unten korrigiert werden um dies zu garantieren.<br />
In abwanderungsgefährdeten Gemeinden befinden sich<br />
die Bildungseinrichtungen oftmals nicht etwa in derselben<br />
Gemeinde, sondern in der Nachbargemeinde. Deshalb<br />
muss auch der Schülertransport weiterhin garantiert<br />
werden.
5<br />
Wohnbau: Langfristig Planen!<br />
Wohnbauzonen<br />
Die Wohnbauförderung hat für das<br />
Wohnen im ländlichen Raum sehr<br />
viel Positives bewirkt und vielen<br />
Familien zum Eigenheim verholfen.<br />
Trotzdem: Es gilt noch Einiges<br />
zu verbessern.<br />
Längerfristige Planung bei Wohnbauzonen<br />
Die Jugendlichen wünschen sich,<br />
dass attraktive Wohnmöglichkeiten<br />
und Wohnkonzepte möglichst<br />
im Dorfzentrum geschaffen werden,<br />
damit der Dorfkern attraktiv<br />
und vor allem lebendig bleibt. Zudem<br />
braucht es eine längerfristige<br />
Planung in den Gremien der Gemeindeverwaltung<br />
selbst, was die<br />
„<strong>Abwanderung</strong>sgefährdeten<br />
Gemeinden bietet eine<br />
langfristige und gezielte<br />
Planung der<br />
Wohnmöglichkeiten in ihrer<br />
Gemeinde auch<br />
die Chance, attraktive<br />
Wohnbauzonen bei<br />
potenziellen jungen Familien<br />
frühzeitig zu bewerben<br />
und dadurch deren Ansiedelungen<br />
zu fördern.“<br />
Ausweisung der Wohnbauzonen<br />
betrifft. Das Prinzip „Ich schaffe<br />
eine neue Wohnbauzone erst dann,<br />
wenn der Bedarf da ist“ nützt der<br />
langfristigen Planung eines attraktiven<br />
Dorfbildes nichts. Denn gerade<br />
Junge Menschen orientieren<br />
sich bei der Wohnungssuche bzw.<br />
dem Wohnbau stark nach den Angeboten<br />
vor Ort. <strong>Abwanderung</strong>sgefährdeten<br />
Gemeinden bietet<br />
eine langfristige und gezielte Planung<br />
der Wohnmöglichkeiten in<br />
ihrer Gemeinde auch die Chance,<br />
attraktive Wohnbauzonen bei potenziellen<br />
jungen Familien frühzeitig<br />
zu bewerben und dadurch deren<br />
Ansiedelungen zu fördern.
6<br />
Ziel: Arbeitskräfte<br />
dringend gesucht!<br />
Arbeit<br />
Fehlende Berufschancen sind einer der Hauptgründe dafür,<br />
dass Jugendliche aus ländlichen Gemeinden abwandern.<br />
Gleichzeitig haben ländliche Gemeinden auch mit Problemen<br />
zu kämpfen, die sich auf den ersten Blick eigentlich<br />
ausschließen: Auf der einen Seite klagen Jugendliche über<br />
fehlende Berufschancen in ihrer Gemeinde und damit über<br />
Schwierigkeiten einen passenden Arbeitsplatz zu finden.<br />
Auf der anderen Seite klagen immer mehr Unternehmen<br />
darüber, den perfekten Lehrling bzw. Angestellten zu finden.<br />
An Jugendliche glauben und in deren Fähigkeiten<br />
investieren<br />
Eine ASTAT-Studie zeigt, dass im Studienjahr 2010/2011<br />
auf 100 in Südtirol ansässige Jugendliche (19 bis 25 Jahre)<br />
rund 31 Prozent an der Uni eingeschrieben waren. Damit<br />
ist die Zahl der Schulabgänger effektiv gesunken. Es<br />
gibt also tatsächlich weniger potenziellen Nachwuchs, der<br />
in die Lehre geht. Dabei schafft das duale Ausbildungssystem<br />
in Südtirol auch für viele Jugendliche große<br />
Vorteile. Jugendliche entwickeln sich durch<br />
die Ausbildung weiter, und zwar weit über den<br />
fachlichen Aspekt hinaus. Oft verfeinern sie<br />
erst innerhalb einer Ausbildung ihre Fähigkeiten<br />
logisch zu denken, präzise zu arbeiten, im<br />
Team zu agieren und sich Wissen anzueignen.<br />
Die Jugendlichen müssen sich auch darüber<br />
bewusst werden, dass ein Studium nicht automatisch<br />
ein fixes Arbeitsverhältnis bedeutet.<br />
Die Unternehmen indessen müssen den<br />
Erfolgsfaktor „Jugend“ stärker in ihre Philosophie<br />
mit aufnehmen und auch offen sein für<br />
Neues.<br />
Ländlicher Raum hat viele spannende Unternehmen<br />
Die Vielfalt der Unternehmen in ländlichen Gemeinden ist<br />
bemerkenswert, doch leider viel zu selten sichtbar. Viele<br />
kleine Unternehmen agieren International, produzieren und<br />
exportieren für viele Länder, auch wenn es oft auf den ersten<br />
Blick nicht zu erkennen ist. Der Blick ins eigene Dorf<br />
lohnt sich um spannende Unternehmen zu entdecken. Genau<br />
hier kommen hochqualifizierte Arbeitskräfte ins Spiel.<br />
Kleine Unternehmen die international agieren müssen sich<br />
spezialisieren und brauchen Know-How um sich langfristig<br />
„Oft gehen die<br />
Vorstellungen der<br />
Jugendlichen, was den<br />
Berufswunsch betrifft,<br />
und das tatsächliche<br />
Berufsbild weit<br />
auseinander. Das ist<br />
ebenso logisch wie<br />
verständlich, wenn<br />
Unternehmen und<br />
Jugendliche wenige<br />
Kontaktpunkte haben.“<br />
am Markt behaupten zu können. Dieses Know-How, das<br />
in Zukunft auch für kleine Unternehmen immer wichtiger<br />
werden wird, können nur hochqualifizierte Arbeitskräfte<br />
einbringen. Eine große Chance auch für hochqualifizierte<br />
Studienabgänger, ihr Wissen und Können in die Unternehmen<br />
im ländlichen Raum einzubringen.<br />
Schule und Wirtschaft stärker zusammenführen<br />
Oft gehen die Vorstellungen der Jugendlichen, was den<br />
Berufswunsch betrifft, und das tatsächliche Berufsbild<br />
weit auseinander. Das ist ebenso logisch wie verständlich,<br />
wenn Unternehmen und Jugendliche wenige<br />
Kontaktpunkte haben. Um Anfangsschwierigkeiten<br />
oder gar Fehlentscheidungen<br />
bei der Berufswahl zu vermeiden ist ein<br />
intensiverer aktiver Austausch zwischen<br />
Schule und Wirtschaft unabdingbar, gerade<br />
für ländliche Gemeinden.<br />
Der aktive Austausch lohnt sich für beide<br />
Seiten:<br />
Die lokale Wirtschaft schafft für die Jugendlichen<br />
Möglichkeiten zur Berufsorientierung<br />
und erhöht damit ihre Chancen<br />
auch die richtigen und passenden Nachwuchs-Führungskräfte<br />
für ihr Unternehmen<br />
zu finden. Die Jugendlichen hingegen<br />
bekommen einen direkten Kontakt zu potenziellen<br />
Arbeitgebern und treffen die richtige Wahl, wenn<br />
es um ihren Beruf geht.<br />
Die Unternehmen müssen sich den Jugendlichen stärker<br />
nähern, damit die Jugendlichen auch wissen welche<br />
Unternehmen es in ihrem Umfeld gibt und was diese anbieten.<br />
Es braucht eine stärkere und aktivere Kommunikations-<br />
und Medienarbeit der lokalen Betriebe die die Jugendlichen<br />
auch anspricht.
7<br />
Praktika eröffnen neue Möglichkeiten<br />
Praktika und praxisnahes Lernen in der Schule werden vor<br />
allem von den Jugendlichen selbst gewünscht. Praktika sind<br />
sehr gewinnbringend: Die Jugendlichen können mehr über<br />
ihre wahren Interessen herausfinden. Sie können ihre Ideen,<br />
ihre Stärken und ihr Engagement unter Beweis stellen und<br />
den Unternehmern zeigen, was in ihnen steckt. Neue Kontakte<br />
auf beiden Seiten werden geknüpft und Jugendliche<br />
lernen, sich frühzeitig professionell im Arbeitsleben zu bewegen.<br />
Schülerpraktika müssen stärker ausgebaut werden<br />
um Wirtschaft und Schule enger aneinander zu binden und<br />
die Türen für Jugendliche, gerade zu guten Unternehmen im<br />
ländlichen Raum, auch zu öffnen.<br />
Berufliche Orientierung für Schüler und Studierende:<br />
Akteure in der Berufs- und Studienorientierung müssen stärker<br />
unterstützt werden, um junge Menschen am Übergang<br />
Schule-Beruf zielgerichtet zu begleiten, ihnen eine Perspektive<br />
in der Region zu bieten sowie Unternehmen in der Nachwuchsgewinnung<br />
zu unterstützen.<br />
Im Freistaat Sachsen beispielsweise existiert seit 2008 die<br />
Landesservicestelle Schule-Wirtschaft mit drei Regionalinitiativen:<br />
• B.O.S.S. (Berufliche Orientierung für Schüler und Studierende<br />
in Mitteldeutschland): Unter der Internetseite<br />
www.boss-mitteldeutschland.de<br />
vernetzt die Initiative zielgerichtet<br />
Unternehmen und Schulen untereinander.<br />
Eine BO-Landkarte (BO<br />
= Berufsorientierung) zeigt auf,<br />
welche Aktivitäten es an den Schulen<br />
gibt und welche Unternehmen<br />
wann Informations- oder Praktika-<br />
Tage anbieten.<br />
• In einem Angebotskatalog stellt die<br />
Servicestelle zielgerichtete Informationen<br />
und Angebote für drei Zielgruppen<br />
zusammen: Unternehmen,<br />
Schulen, Eltern.<br />
• Im Projekt „Schau rein“ öffnen jedes<br />
Jahr im März Unternehmen und<br />
Institutionen in ganz Sachsen für<br />
eine Woche ihre Türen und bieten einen Einblick in ihren<br />
Arbeitsalltag. Schüler ab der 7. Klasse haben so die<br />
Möglichkeit, sich frühzeitig über Ausbildungs- und Studienangebote<br />
sowie berufliche Perspektiven nach der<br />
Schulzeit zu informieren. Nach individueller Auswahl der<br />
Unternehmen können sich die Schüler vor Ort einen Eindruck<br />
von ihren Wunschberufen verschaffen. Sie lernen<br />
Anforderungen und Erwartungen der Unternehmen kennen<br />
und können prüfen, ob der Beruf ihren Stärken und<br />
Interessen entspricht. Ferner bietet sich „Schau rein“<br />
auch an, um erste Kontakte für ein Praktikum oder gar<br />
eine Bewerbung zu knüpfen. Fahrtkosten fallen keine an,<br />
da die TeilnehmerInnen ein „Schau-rein-Ticket“ erhalten,<br />
welches Ihnen kostenlose Fahrt gewährt.<br />
„Das Modell<br />
Tagesmutter ist für<br />
den ländlichen Raum<br />
von großer Bedeutung,<br />
da es ein dringend<br />
gebrauchtes Angebot<br />
abdeckt und Frauen die<br />
Möglichkeit bietet auch<br />
im ländlichen Raum<br />
berufstätig zu sein.“<br />
Jobchancen für Frauen schaffen<br />
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf empfinden die Jugendlichen<br />
als ein Schlagwort, das schon oft gehört, aber<br />
noch nie große Bedeutung erlangt hat. Vor allem Frauen ringen<br />
dringend nach Jobchancen im ländlichen Raum. Auf dieses<br />
Bedürfnis muss die Wirtschaft reagieren. Unternehmen<br />
müssen sich endlich in einer sich verändernden Berufswelt<br />
mit neuen Arbeitszeitmodellen auseinandersetzen.<br />
Neue Arbeitszeitmodelle, wie etwa Telearbeit oder<br />
Job-Sharing sind vielen Arbeitgebern schon seit mehreren<br />
Jahren ein Begriff. Wenn es aber darum geht festzustellen<br />
wie viele Unternehmen etwa den Versuch<br />
starten Telearbeit einzuführen, so ist der Prozentsatz<br />
sehr niedrig.<br />
Das Genossenschaftswesen hat schon immer<br />
zur Unterstützung der Kleinunternehmer und<br />
zur Förderung ihres Zusammenschlusses auf<br />
lokaler Ebene beigetragen. Lag der Ursprung<br />
der Genossenschaften in der Landwirtschaft,<br />
so gibt es heute auch Wohnbaugenossenschaften,<br />
Dienstleistungsgenossenschaften,<br />
Arbeitsgenossenschaften und Sozialgenossenschaften.<br />
Warum kann man das Genossenschaftswesen,<br />
das sich in nahezu allen<br />
Bereichen bewährt hat, nicht auch dazu einsetzen,<br />
für Frauen neue Jobchancen im ländlichen<br />
Raum zu schaffen?<br />
Die Sozialgenossenschaft der Südtiroler Bäuerinnenorganisation<br />
hat es vorgemacht und bietet seit 2007<br />
Frauen im ländlichen Raum neue Berufschancen. Das Modell<br />
„Tagesmutter“ ist für den ländlichen Raum von großer Bedeutung,<br />
da es ein dringend gebrauchtes Angebot abdeckt<br />
und Frauen die Möglichkeit bietet auch im ländlichen Raum<br />
berufstätig zu sein. Dadurch, dass die Tagesmutter die Kinder<br />
zuhause am Hof betreut, können zusätzliche Kosten für<br />
die öffentliche Hand eingespart werden. Zudem kommen<br />
Kinder durch die Betreuung am Hof mit der Natur in Kontakt<br />
und lernen das Leben am Land schätzen. Das schafft eine<br />
positive Bindung an den ländlichen Raum.<br />
Die Jugendlichen sind überzeugt, dass dieses Modell stärker<br />
ausgebaut werden muss und Familien auch stärker der<br />
Mehrwert, der hinter diesem Model steht, aufgezeigt werden<br />
muss.
8<br />
Junge<br />
fördern<br />
Junge Unternehmer<br />
fördern!<br />
Lokale Entwicklung lebt von jungen, zielstrebigen<br />
Jungunternehmern. Positives wurde bereits durch<br />
sinnvolle Förderungen wie ein begünstigtes Darlehen,<br />
Wirtschaftsförderung materieller Investitionen oder<br />
Know-how-Initiativen erreicht. Dennoch: Es gibt noch<br />
Einiges zu verbessern.<br />
Vorschläge der Jugendlichen um vor allem<br />
junge Unternehmer in ländlichen Gemeinden<br />
zu fördern, wären reduzierte<br />
Treibstoffpreise oder Preisnachlässe durch<br />
Abkommen mit den Betreibern bei den Nebenkosten<br />
wie Strom, Wasser oder Müll in<br />
den ersten drei Jahren in denen sich das<br />
Unternehmen am Markt behaupten muss.<br />
Positiv finden die Jugendlichen das geplante<br />
Internetportal „SUAP“, ein virtueller Einheitsschalter<br />
für gewerbliche Tätigkeiten,<br />
der gleich mehrere Behördengänge ersparen<br />
soll. Es wird sich ab 2013 zeigen, ob er<br />
sich bewährt.<br />
„Businessplan“ muss stärkere Aufmerksamkeit<br />
erhalten<br />
Um junge Unternehmer auch stärker zu schützen nicht<br />
blauäugig in eine unsichere wirtschaftliche Zukunft<br />
einzusteigen, muss der „Businessplan“ eine viel größere<br />
Aufmerksamkeit erhalten. Dies nicht nur wenn der<br />
„Jungunternehmer“ ein Darlehen bei der Bank beantragt,<br />
sondern generell im Verfahren der Existenzgründung.<br />
Vor allem Jungunternehmer sollen die Möglichkeit<br />
erhalten eine Weiterbildungsveranstaltung<br />
zu diesem<br />
Thema kostenlos besuchen<br />
zu können. Wollen<br />
„Jungunternehmer“ bei<br />
„Lokale<br />
Entwicklung<br />
lebt von jungen,<br />
zielstrebigen<br />
Jungunternehmern.“<br />
der öffentlichen Hand um<br />
eine Wirtschaftsförderung<br />
bei der Existenzgründung<br />
ansuchen, soll der Besuch<br />
einer Weiterbildungsveranstaltung<br />
zu diesem Thema<br />
für Jeden verpflichtend<br />
gelten. Anschließend soll<br />
der Jungunternehmer die<br />
Möglichkeit erhalten seinen<br />
„Businessplan“ von einem<br />
unabhängigen Experten begutachten<br />
und bewerten zu<br />
lassen. Das soll dem Jungunternehmer<br />
zusätzliche Planungssicherheit für eine<br />
erfolgreiche wirtschaftliche Zukunft geben.
9<br />
Heimische<br />
Produkte<br />
Auf heimische<br />
Produkte setzen<br />
Heimische Produkte zeichnen sich nicht nur durch ihre<br />
hohe Qualität aus. Auch kurze Wege zum Verbraucher,<br />
den Schutz der Umwelt, die Sicherung von Arbeitsplätzen<br />
und eine hohe lokale Wertschöpfung<br />
steckt hinter heimischen Produkten. Wird<br />
diese Wertschöpfung vom ländlichen Raum<br />
abgezogen, hat dies auch Auswirkungen auf<br />
die Bevölkerung.<br />
Es muss deshalb unser aller Ziel sein den<br />
Konsumenten die Produktqualität, die Nachhaltigkeit<br />
und den Wert des regionalen Kreislaufs<br />
noch stärker bewusst zu machen.<br />
Denken wir an die Landwirtschaft, die weit<br />
mehr leistet als „nur“ die Produktion von<br />
Lebensmitteln: Die gepflegte Landschaft ist<br />
das Aushängeschild für Südtirols Tourismus,<br />
einem der Hauptwirtschaftszweige unseres<br />
Landes. Und davon profitieren auch wiederum<br />
die anderen Wirtschaftssektoren. Die Südtiroler<br />
Bauernjugend hat mit ihrer Aktion „Produkte aus Südtirol…dazu<br />
stehen wir“, bei der an Haushalten mehrere<br />
tausend Stofftaschen gefüllt mit einheimischen Produkten<br />
verteilt wurden, bereits mehrmals ein Zeichen<br />
„Nicht<br />
immer<br />
ist der<br />
niedrigste<br />
Preis<br />
der höchste<br />
Gewinn.“<br />
gesetzt und dabei den Mehrwert hinter dem Produkt<br />
sichtbar gemacht. Damit Südtirol auch in Zukunft auf<br />
seine regionalen Stärken setzen kann, muss die wirtschaftliche<br />
Grundlage unserer bäuerlichen<br />
Familienbetriebe sichergestellt sein.<br />
Die Jugendlichen sind zudem überzeugt:<br />
Im Lebensmittelsektor müssen öffentliche<br />
Strukturen wie Krankenhäuser, Schulen<br />
oder Kindergärten ein stärkeres Interesse<br />
daran haben, heimische Lebensmittel zu<br />
verwenden und damit auch einen wertvollen<br />
Beitrag für regionale Wertschöpfung<br />
zu leisten. Nicht immer ist der niedrigste<br />
Preis der höchste Gewinn. Die Landesverwaltung<br />
ist gefordert, die Voraussetzungen<br />
in öffentlichen Strukturen dafür<br />
zu schaffen, dass dies auch möglich ist.<br />
Aber auch der Landwirt und der Konsument können<br />
selbst eine lokale Wertschöpfungskette schaffen. Wie<br />
belegen folgende zwei Beispiele: „die Kuhaktie“ und die<br />
„gemeinschaftsgeschützte Landwirtschaft“.
10<br />
Die „Kuhaktie“<br />
Der Schweizer Landwirt und Unternehmer<br />
von „Natur-Konkret“ Guido<br />
Leutenegger macht mit einer Idee<br />
auf sich aufmerksam, die auch in<br />
Südtirol Schule machen könnte:<br />
Jeder „Anleger“, der 2500 Franken<br />
(derzeit rund 2000 Euro) in die so<br />
genannte „Kuhaktie“ investiert, erhält<br />
als Gegenleistung zehn Jahre<br />
lang Öko-Alpfleisch im Wert von insgesamt<br />
3500 Franken (derzeit rund<br />
2900 Euro) frei Haus geliefert. Die<br />
Bestellliste reicht von Hackfleisch<br />
über Braten und Trockenfleisch bis<br />
hin zu Entrecôte.<br />
Einfaches Konzept:<br />
Die Idee der „Kuhaktie“ entstand<br />
2007 während eines Gesprächs mit<br />
einem befreundeten Banker. Triebfeder<br />
des Gedankenblitzes war das sogenannte<br />
„Kuh-Pfand“. Banken haben<br />
früher nach diesem Prinzip Kühe<br />
beliehen. Das Konzept ist simpel: Ein<br />
Investor stellt dem Betrieb mit der<br />
Summe von 2500 Franken ein Rind<br />
zur Verfügung. Als Gegenleistung<br />
kann der Anleger zehn Jahre Fleisch<br />
im Wert von 3500 Franken beziehen.<br />
Besitzer des Tieres ist „Natur-Konkret“.<br />
Der Investor, der eine Art<br />
Patenschaft übernimmt, erhält eine<br />
Urkunde und kann sein Tier auf<br />
Wunsch hin besuchen.<br />
Merhwert für beide Partner:<br />
Den Betrieb gibt das Konzept Planungssicherheit,<br />
eine enge Kundenbindung<br />
und macht ökonomisch unabhängiger.<br />
Der Betrieb gibt diesen<br />
Mehrwert in Form von hochwertigen<br />
Ökofleisch zurück. Zudem leisten die<br />
Investoren einen Beitrag zum Naturschutz.<br />
Leutenegger versucht auch die lokalen<br />
Betriebe mit ins Boot zu nehmen.<br />
So gründete er mit anderen Ökofleischerzeugern<br />
das Label „Carne Valli<br />
Locarnesi“. Sie wollen so das Bewusstsein<br />
der Kunden für regionale<br />
Produkte schärfen.
11<br />
Gemeinschaftsgestützte<br />
Landwirtschaft<br />
Die gemeinschaftsgestützte<br />
Landwirtschaft gewinnt immer<br />
mehr Anhänger in Deutschland.<br />
Ein fester Kreis von Verbrauchern<br />
finanziert einen landwirtschaftlichen<br />
Betrieb und wird dafür mit<br />
Lebensmitteln versorgt. Ein Prinzip<br />
das sich schon in mehreren<br />
Ländern bewährt hat.<br />
Beispiel: Der Buschberghof in der<br />
Nähe von Hamburg<br />
Der Buschberghof wird von 95<br />
Haushalten mit insgesamt 350<br />
Personen getragen. Zu Beginn<br />
eines Wirtschaftsjahres legen<br />
die Haushalte bei einem gemeinsamen<br />
Treffen die finanziellen<br />
Beiträge zur Deckung der Betriebskosten<br />
fest. Der Anteil, den<br />
jeder Haushalt zu entrichten hat,<br />
bemisst sich zum einen nach der<br />
aktuellen wirtschaftlichen Lage<br />
des Hofes. Dazu zählen das Geschäftsergebnis<br />
der vergangenen<br />
zwölf Monate oder der Umfang<br />
anstehender Investitionen. Zum<br />
anderen finden auch die jeweiligen<br />
finanziellen Möglichkeiten<br />
der Familien Berücksichtigung.<br />
Die Produkte die für die Mitglieder<br />
produziert werden, werden an<br />
die beteiligten Haushalte verteilt.<br />
Die Verteilung erfolgt kostenlos<br />
und je nach Bedarf. Sie wird von<br />
den Mitgliedern selbst gesteuert.<br />
Nach Gruppen und Wohnorten<br />
verteilt, geben sie die Agrarprodukte<br />
des Buschberghofs an die<br />
einzelnen Haushalte weiter.<br />
Gewinn für beide Seiten:<br />
Die Hofbesitzer erhalten Absatzsicherheit<br />
und Liquidität. Das be-<br />
triebswirtschaftliche Risiko wird<br />
auf viele Schultern aufgeteilt, die<br />
Produkte werden optimal verwertet<br />
und der Logistikaufwand reduziert<br />
sich erheblich. Auch die<br />
Abnehmer profitieren von diesem<br />
Prinzip. Sie sichern sich den Zugang<br />
zu qualitativ hochwertigen<br />
und gesunden Lebensmitteln.<br />
Zudem können sie jederzeit in<br />
die Erzeugungsstruktur Einsicht<br />
nehmen. Ein weiterer positiver<br />
Nebeneffekt: Verbraucher leisten<br />
einen direkten und wertvollen<br />
Beitrag zum Schutz ländlicher<br />
Kulturräume.
12<br />
Man kennt sich, man schätzt sich,<br />
man hilft sich<br />
Netzwerkgedanke auch innerhalb der Gemeinde ausbauen<br />
und so lokale Wirtschaftskreisläufe schaffen<br />
Der Netzwerkgedanke muss auch innerhalb der Gemeinde<br />
stärker zum Tragen kommen. Wer Großes erreichen will,<br />
braucht Kooperationspartner. Will eine Gemeinde eine Vorreiterrolle<br />
in einem bestimmten wirtschaftlichen Bereich<br />
einnehmen und sich beispielsweise zur „Energiegemeinde“,<br />
etwa durch Biomasse oder Photovoltaik entwickeln, so<br />
braucht es mehrere Partner die in engem Zusammenspiel<br />
gemeinsam agieren. Wissenschaft, Technik und Wirtschaft<br />
müssen eng zusammenarbeiten. Kontakte zwischen Unternehmen<br />
müssen aufgebaut werden. Auch die öffentliche<br />
Hand muss Pilotprojekte, die diesen ersten Schritt wagen<br />
finanziell unterstützen. Nur so kann eine lokale Wertschöpfungskette<br />
aufgebaut werden.<br />
Gemeinschaft<br />
Jede Gemeinde hat ihre Stärken und jede Gemeinde hat ihre<br />
Schwächen. Die Jugendlichen sind überzeugt: Es wird zunehmend<br />
wichtiger, dass Gemeinden auf gemeinsame<br />
„Im Tourismus wird es<br />
kaum einen Gast<br />
interessieren wie die<br />
Gemeinde heißt, wo er<br />
Urlaub macht, sondern<br />
was das Gebiet ihm an<br />
Möglichkeiten bietet.<br />
Nach diesem Grundsatz<br />
müssen auch benachbarte<br />
Gemeinden zukünftig<br />
stärker agieren.“<br />
Stärken aufbauen und gemeinsame Synergien<br />
schaffen. Im Tourismus wird es kaum<br />
einen Gast interessieren wie die Gemeinde<br />
heißt, wo er Urlaub macht, sondern was das<br />
Gebiet ihm an Möglichkeiten bietet. Nach<br />
diesem Grundsatz müssen auch benachbarte<br />
Gemeinden zukünftig stärker agieren.<br />
Eine tourismusstarke Gemeinde kann<br />
demnach eine tourismusschwache Randgemeinde<br />
mitnehmen und mit ihr gemeinsame<br />
Synergien aufbauen. Beispiele wären die<br />
Schaffung und Aufwertung von Themenwegen.<br />
Auch in den Almen sehen die Jugendlichen<br />
noch großes Potenzial, denn fast ein<br />
Viertel der Landesfläche ist alpine Grünfläche.<br />
1739 Almen prägen unser hochalpines<br />
Landschaftsbild und damit den Freizeit- und<br />
Erholungsraum für viele von uns. Vor allem<br />
für ländliche Gemeinden die sich in der Nähe<br />
einer Almlandschaft befinden, kann eine Aufwertung der Almen<br />
eine große Chance sein zusätzliche Wertschöpfung in den ländlichen<br />
Raum zu bringen.<br />
Netzwerkgedanke auch unter Bürgern fördern<br />
Netzwerkarbeit ist auch und vor allem innerhalb der Gemeinde<br />
unter den Bürgern selbst möglich. Beispielsweise<br />
über Projekte wie etwa „Zeitbank – Bürger helfen Bürgern“:<br />
Menschen tun etwas für andere Menschen (z.B. Betreuung<br />
oder Nachbarschaftshilfe) und die Stunden werden auf einem<br />
persönlichen Zeitkonto der Teilnehmer des ZeitBank-<br />
Netzwerks gutgeschrieben. Dafür kann jeder Teilnehmer<br />
Gegenleistungen in Zeitstunden beziehen oder z.B. sein Zeitguthaben<br />
als Altersvorsorge ansparen. Ziel der Zeitbank ist<br />
die Förderung des ehrenamtlichen, zivilbürgerschaftlichen<br />
Engagements und der engmaschigen Vernetzung<br />
regionaler Gemeinschaften im sozialen Bereich.<br />
Mehrgenerationenhaushalt stärkere Aufmerksamkeit<br />
schenken<br />
Ein Mehrgenerationenhaushalt ist ein Begegnungsort,<br />
an dem das Miteinander der Generationen<br />
im Mittelpunkt steht. Sie bieten Raum für<br />
gemeinsame Aktivitäten und schaffen ein neues<br />
nachbarschaftliches Miteinander in der Gemeinde.<br />
Jüngere helfen Älteren und umgekehrt.<br />
Ein Mehrgenerationenhaushalt steht allen Menschen<br />
vor Ort offen; egal, wie alt oder jung sie<br />
sind: Jede und Jeder ist willkommen. Der „Offene<br />
Treff“, z.B. Café, ist Mittelpunkt jedes Hauses.<br />
Hier begegnen sich Menschen, kommen miteinander<br />
ins Gespräch und knüpfen erste Kontakte.<br />
Um den sparsamen Umgang mit Ressourcen<br />
Rechnung zu tragen wünschen sich die Jugendlichen<br />
auch, dass die Nutzung vor Ort leer stehender<br />
Gebäude stärker zum Tragen kommt als bisher. Die Sanierung<br />
und Zweckzuweisung leerstehender Gebäude soll<br />
gegenüber dem Neubau Vorrang genießen.
13<br />
Mit<br />
gestalten<br />
Jugendliche gestalten<br />
Gemeinde mit!<br />
Jugendliche am politischen Leben<br />
in ihrer Gemeinde teilhaben<br />
lassen<br />
Wenn Jugendliche die Möglichkeit<br />
erhalten ihre Gemeinde<br />
aktiv mitgestalten zu können,<br />
werden sie sich auch mit ihrer<br />
Gemeinde stärker identifizieren.<br />
Es steigen gleichzeitig<br />
die Chancen, dass die Jugend<br />
dableibt und nicht abwandert.<br />
Ziel muss es sein, dass Jugendliche<br />
ihre Interessen und Vorstellungen<br />
stärker einbringen<br />
und gemeinsam mit Entscheidungsträgern<br />
in der Gemeinde<br />
an Initiativen zur Erhöhung der<br />
Lebensqualität in der Gemeinde<br />
arbeiten können. Als Ergebnis<br />
können beispielsweise Ideen<br />
für mehr Mobilität oder neue<br />
Veranstaltungen entstehen, die<br />
das Leben in der Gemeinde bereichern.<br />
Jugendparlament<br />
Initiativen in diese Richtung<br />
gibt es bereits: Etwa das Jugendparlament<br />
in der Gemeinde<br />
Naturns, das seit 2006 besteht<br />
und die Anliegen der Jugendlichen<br />
in der Gemeinde vertritt.<br />
Es ersetzt keine anderen Gremien,<br />
Organisationen, Verbände<br />
und Vereine. Das Parlament<br />
ist ein beratendes Organ mit<br />
definierten eigenen Kompetenzen.<br />
Es unterstützt die/<br />
den Bürgermeister/in, die/den<br />
beauftragte/n Gemeindereferent/in<br />
bzw. das Mitglied des<br />
„Wenn Jugendliche die<br />
Möglichkeit erhalten ihre Gemeinde<br />
aktiv mitgestalten zu<br />
können, werden sie sich auch<br />
mit ihrer Gemeinde stärker<br />
identifizieren. Es steigen<br />
gleichzeitig die Chancen, dass<br />
die Jugend dableibt und nicht<br />
abwandert.“<br />
Gemeinderates, deren/dessen<br />
Zuständigkeitsbereich die offene<br />
und verbandsgebundene<br />
Jugendarbeit auf Gemeindeebene<br />
ist.<br />
Mit der Einrichtung des Jugendparlamentes<br />
wird dem<br />
verstärkten Wunsch, an demokratischen<br />
Entscheidungsprozessen<br />
teilzunehmen, Rechnung<br />
getragen. Die gewählten<br />
Mitglieder des Jugendparlamentes<br />
sind ehrenamtlich tätig.<br />
Beide Seiten profitieren davon:<br />
Die Eigeninitiative von Jugendlichen<br />
wird gestärkt und<br />
sie erhalten persönliche und<br />
soziale Anerkennung. Die Jugendlichen<br />
lernen, an gemeinsamen<br />
Zielen zu arbeiten, im<br />
Team zu agieren und auch auf<br />
Kompromisse einzugehen. Zudem<br />
fördert es die Motivation<br />
auch im späteren Leben gesellschaftliche<br />
Verantwortung zu<br />
übernehmen. Entscheidungsträger<br />
in der Gemeinde erfahren<br />
direkt von den Jugendlichen<br />
selbst, wo man ansetzen<br />
muss.
14<br />
Ehrenamt Stärken!<br />
Vereinsleben<br />
Etwa 3300 ehrenamtliche Vereine und<br />
Verbände zählt Südtirol, von Musikkapellen<br />
und Chören über Theatervereine,<br />
verschiedenen Kinder- und Jugendorganisationen,<br />
das Weiße Kreuz und<br />
die Bergrettung bis hin zu Feuerwehr,<br />
Schützen und Sportvereinen.<br />
Das Ehrenamt ist ein großer Schatz.<br />
Es gilt das Ehrenamt zu pflegen und<br />
den ehrenamtlichen Einsatz auch in<br />
die Zukunft weiter zu tragen. Das<br />
Vereinsleben und die Beteiligung an<br />
Freiwilligenorganisationen spielt im<br />
ländlichen Raum eine viel größere<br />
Rolle als in städtischen Gebieten. Die<br />
ehrenamtlichen Organisationen tragen<br />
wesentlich zu einem lebendigen ländlichen Raum bei.<br />
Sie beleben die Dörfer und bieten der Jugend die Möglichkeit,<br />
sich in die Gemeinschaft einzubringen.<br />
„Das Vereinsleben<br />
und die<br />
Beteiligung an<br />
Freiwilligenorganisationen<br />
spielt im ländlichen<br />
Raum eine viel<br />
größere Rolle als in<br />
städtischen<br />
Gebieten.“<br />
Das Ehrenamt soll in Zukunft weiterhin<br />
durch neue Initiativen vor allem „inhaltlich“<br />
gefördert werden:<br />
Etwa durch die Aufwertung und Stärkung<br />
des Weiterbildungsangebotes für Ehrenamtliche<br />
in die persönlichen Fähigkeiten. Die<br />
besuchten Weiterbildungen der Ehrenamtlichen<br />
sollen eine viel stärkere Anerkennung<br />
in der schulischen Ausbildung sowie im Berufsleben<br />
erhalten.<br />
Durch den Ausbau von Kooperationen mit<br />
Unternehmen sollen ehrenamtlich tätige<br />
Personen weitere Vorteile bei Kooperationspartnern<br />
erhalten. Ein Mix aus Vorteilen im<br />
Bildungs- und Freizeitbereich soll dabei im<br />
Vordergrund stehen. Beispiele wären Preisnachlässe<br />
bei Einkäufen von Schulbüchern, Telefon- und Internetanbietern,<br />
Freizeitangeboten oder Konzerten.
15<br />
Südtiroler<br />
Bauernjugend:<br />
Wir<br />
setzen<br />
Akzente<br />
Die Südtiroler Bauernjugend (SBJ) ist eine freiwillige,<br />
selbstständige, unabhängige und nicht gewinnorientierte<br />
Jugendorganisation. 147 Ortsgruppen und über 9.000<br />
Mitglieder gestalten Zukunft.<br />
Seit ihrer Gründung 1969 spricht die größte Jugendorganisation<br />
Südtirols nicht nur die bäuerliche, sondern die gesamte<br />
Jugend im ländlichen Raum an. Der ländliche Raum<br />
ist die Heimat dieser Jugend. Damit das auch so bleibt,<br />
macht sich die Südtiroler Bauernjugend mit Initiativen<br />
wie die Vortragsreihe „LebensTraum Dorf – Damit der Lebensraum<br />
Dorf zum LebensTraum wird: Voraussetzungen,<br />
Chancen, Zukunftsaussichten“ dafür stark.<br />
Daneben fördert die Jugendorganisation die Aus- und<br />
Weiterbildung ihrer Mitglieder und setzt sich für eine aktive<br />
Freizeitgestaltung, für die Erhaltung von Kultur und<br />
Brauchtum unserer Heimat, für lebendige Dörfer und die<br />
Pflege der Landschaft ein.<br />
Die Südtiroler Bauernjugend wirft einen kritischen Blick<br />
auf politische und wirtschaftliche Fragen und bringt sich<br />
aktiv ein. Auch die Gleichstellung von Mädchen und Burschen<br />
ist der Jugendorganisation wichtig. Seit 1974 wird<br />
die Organisation durch diese Doppelfunktion in der Vereinsführung<br />
vertreten.<br />
Die Mitgliedschaft bei der Südtiroler Bauernjugend können<br />
alle Jugendlichen zwischen 14 und 35 Jahren erwerben,<br />
die in der Landwirtschaft tätig sind oder als Freunde<br />
des Bauernstandes gelten. Hast auch du Interesse Teil<br />
dieser Jugendorganisation zu sein, dann melde dich bei<br />
deinem Ortsobmann vor Ort oder im Landessekretariat<br />
der Südtiroler Bauernjugend, Tel. 0471 999 401, E-Mail:<br />
bauernjugend@sbb.it, www.sbj.it<br />
Mehr auf<br />
www.sbj.it