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Camo & Krooked<br />
„Wir wussten,<br />
unser Leben<br />
steht nun drei<br />
Monate still.“<br />
Die Perfektionisten Camo & Krooked<br />
vor ihrem ersten Analogkonzert<br />
Drum ’n’ Bassgeige<br />
Camo & Krooked sind die Könige des Drum ’n’ Bass. Jetzt<br />
wagen sie sich an klassische Musik. Diese Welt ist für sie<br />
neu, ihr Weg jedoch derselbe: mitten durch die Mauer.<br />
Text STEFAN NIEDERWIESER<br />
Foto ANDREA BLESÁKOVÁ<br />
Elektronische Musik braucht Bass.<br />
Bevor sie dir in die Beine fährt,<br />
tritt sie dir in den Magen. Wenn’s<br />
in den Eingeweiden nicht mächtig<br />
scheppert, bleibt der Dancefloor leer.<br />
So einfach ist das, so funktioniert<br />
Drum ’n’ Bass. Das österreichische<br />
DJ-Duo Camo & Krooked hat dieses<br />
Bauchgefühl perfektioniert, seit<br />
zwölf Jahren feilen der Salzburger<br />
Reinhard „Camo“ Rietsch, 36, und der<br />
Niederösterreicher Markus „Krooked“<br />
Wagner, 30, an Tunes, die in dem<br />
schnelllebigen Genre eine bemerkenswerte<br />
Konstante bilden: Sie bleiben<br />
international an der Spitze.<br />
Die Magie von Camo & Krooked<br />
liegt in ihrer Akribie: „Für ein Stück<br />
brauchten wir neulich einen Finger-<br />
snap, also haben wir ihn rein synthetisch<br />
nachgebaut. Das hat zwei<br />
Wochen gedauert.“ Kann es jemand<br />
hören? „Nein.“ Verrückt? „Ja, aber<br />
irgendwer muss es machen.“ Wenn<br />
es darum geht, neue Klangräume zu<br />
betreten, nehmen die beiden nie den<br />
Weg durch die Tür, sondern stets den<br />
durch die Mauer. „Du kannst neunmal<br />
gegen die Wand rennen. Beim<br />
zehnten Mal bricht sie durch. Aber<br />
du nimmst alles mit, was du bei den<br />
vorigen neun Mal gelernt hast – hof-<br />
fentlich keine Gehirnerschütterung.“<br />
Bei ihrem neuesten Projekt stehen<br />
Camo & Krooked nicht nur vor einer<br />
Mauer, sondern auch vor einem<br />
Graben. Einem Orchestergraben,<br />
um genau zu sein. Bei <strong>Red</strong> Bull<br />
Symphonic interpretieren sie ihre<br />
besten Tracks mit einem Orchester –<br />
eine Idee, mit der sie schon länger<br />
schwanger gingen. Als Hebamme für<br />
das opulente Werk fungiert niemand<br />
Geringerer als Christian Kolonovits,<br />
67, Altmeister des Austropop, Komponist<br />
und generell Mensch vieler<br />
Talente. Schon bei den Proben wurde<br />
klar: Klassische Musik und Drum ’n’<br />
Bass klingen nicht nur unterschiedlich,<br />
Arbeitsweise, Energie und Fachbegriffe<br />
sind es ebenfalls.<br />
Camo & Krooked und Christian<br />
Kolonovits mussten erst eine gemeinsame<br />
Sprache finden, die Essenz der<br />
Tunes, Grooves und Klangfarben her-<br />
ausarbeiten. Töne, die am Computer<br />
synthetisch erschaffen wurden, für<br />
ein siebzigköpfiges Orchester über-<br />
setzen. Harte Arbeit, hart am Burnout,<br />
aber erneut hat sich die Akribie<br />
in Magie verwandelt. „Wir wussten,<br />
unser normales Leben steht nun<br />
drei Monate still. Aber dafür ist das<br />
Ergebnis am Ende einzigartig.“<br />
<strong>Red</strong> Bull Symphonic – Camo & Krooked,<br />
Christian Kolonovits, Max Steiner Orchestra,<br />
1. und 2. <strong>Februar</strong> <strong>2020</strong>, Wiener Konzerthaus;<br />
die Doku über die Zusammenarbeit wird<br />
ab <strong>Februar</strong> auf <strong>Red</strong> Bull TV ausgestrahlt.<br />
44 THE RED BULLETIN