01.02.2023 Views

Intensivpatient Gesundheitswesen - ZZ 05

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

Österreichische Post AG / WZ 16Z040733W / W3 VerlagsgesmbH. & Co Verlag KG, Pf 80, 1030 Wien<br />

27. Jahrgang | Nr. 5 | 4.–10. Februar 2023 | Preis 3,20 € www.zurzeit.at<br />

Niederösterreich:<br />

ÖVP-Desaster bei<br />

FPÖ-Triumph<br />

Schweden:<br />

Migrantengewalt<br />

beendet linke Utopien<br />

Andreas Mölzer:<br />

Vom Ende der<br />

Solidargemeinschaft<br />

Grünes Unschuldslamm:<br />

Chorherr freigesprochen<br />

Ungeziefer:<br />

Fleischersatz der Grünen<br />

<strong>Intensivpatient</strong><br />

<strong>Gesundheitswesen</strong><br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 01 Cover-U1.indd 1 30.01.2023 11:10:07


Unsere ZurZeit kämpft ums Überleben!<br />

→ Viele unserer treuen Abonnenten fallen altersbedingt aus, und neue Abonnenten<br />

aus der jungen Generation kommen nur wenige nach.<br />

→ Unsere Produktionskosten haben sich dramatisch verteuert. Der Druck, das Papier<br />

und auch der Postversand sind nicht nur im Ausmaß der Inflation teurer geworden,<br />

vielmehr ist für uns alles um bis zu 50 Prozent kostenintensiver geworden.<br />

→ Die linke, politisch korrekte Jagdgesellschaft verhindert nach wie vor jegliches<br />

Werbeaufkommen, also jedes Inserat in unserem Blatt.<br />

→ Die umfangreichen Förderungsmaßnahmen für die Mainstream-Medien, Regierungsinserate<br />

und dergleichen gibt es für unsere ZurZeit natürlich nicht.<br />

→ Somit haben sich in den vergangenen Monaten umfangreiche finanzielle Rückstände<br />

aufgebaut. Diese gehen ausschließlich zulasten der Mitarbeiter von ZurZeit und<br />

sind nicht durch Bankkredite abgedeckt, da unser Verlag solche gar nicht bekommen<br />

würde. Somit haben die Mitglieder der Redaktion und der Verwaltung seit Monaten<br />

nur mehr eingeschränkt ihre ohnehin bescheidenen Gehälter und Honorare<br />

bekommen, da die Bezahlung der Produktion und die Versendung des Heftes an<br />

unsere treuen Abonnenten natürlich Vorrang hat.<br />

→ Trotz aller Opferbereitschaft der ZurZeit-Mannschaft, von Redaktion, freien Mitarbeitern<br />

und der Verwaltung und trotz massivster Einsparungen ist der weitere<br />

Bestand des einzigen österreichischen patriotischen, wertkonservativen und freisinnigen<br />

Wochenmagazins nur möglich, wenn Sie, verehrte Leser und Förderer von<br />

ZurZeit, uns mit einer massiven Kraftanstrengung unterstützen.<br />

► Bitte nutzen Sie den beiliegenden Spendenzahlschein!<br />

► Bitte zeichnen Sie unsere Baustein-Aktion (siehe Seite 5)!<br />

► Bitte werben Sie für uns neue Abonnenten,<br />

vor allem in der jüngeren Generation!<br />

Nur dann können wir ZurZeit weiterführen.<br />

AndreAs Mölzer<br />

Spender erhalten als Dankeschön Andreas Mölzers<br />

neues Jahrbuch 2022 „Krieg und Frieden“ (so lange der Vorrat reicht).<br />

blizist<br />

nker,<br />

und Frieden<br />

Krieg<br />

Krieg<br />

und Frieden<br />

2022 – das Jahr<br />

der multiplen Krisen<br />

MIt herzlichem Dank im Voraus:<br />

Ihre Mitarbeiter von ZurZeit<br />

Die Edition<br />

978-3-900<strong>05</strong>2-49-2<br />

Bankverbindung, Spendenkonto:<br />

IBAN: AT69 2011 1286 3631 3702<br />

BIC: GIBAATWWXXX<br />

Jede Spende ab 20 Euro (oder entsprechend<br />

darüber) wird automatisch als Baustein gewertet!<br />

2 ZUR ZEIT | 4/2023<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 02 Cover-U2.indd 2 30.01.2023 11:10:59


Aktuell<br />

USA als Kriegstreiber 4<br />

USA fordern Flugverbot:<br />

Keine Flüge von Russland<br />

in die Türkei 4<br />

Editorial: Offener<br />

Brief an Van der Bellen 6–7<br />

Österreich<br />

Niederösterreich:<br />

ÖVP-Desaster<br />

bei FPÖ-Triumph 8–9<br />

Versagen der Regierung:<br />

Wärmestuben in Wien 10–11<br />

Ausland<br />

Tschechien: Ex-NATO-<br />

General neuer Präsident 12<br />

Bidens Pleite: Türkei<br />

blockiert NATO-Beitritt<br />

von Schweden 12<br />

Schweden:<br />

Migrantengewalt<br />

beendet linke Utopien 13–15<br />

Trump will „verrückten<br />

Krieg“ beenden 14<br />

THEMA DER WOCHE<br />

<strong>Intensivpatient</strong><br />

<strong>Gesundheitswesen</strong><br />

Werner Reichel:<br />

<strong>Gesundheitswesen</strong><br />

vor dem Kollaps 16–25<br />

Andreas Huss<br />

im <strong>ZZ</strong>-Gespräch 20–23<br />

Gerhard Kaniak<br />

im <strong>ZZ</strong>-Gespräch 24–25<br />

Wirtschaft<br />

Wer soll das bezahlen? 15<br />

Neu Denken<br />

A. Mölzer:<br />

Vom Ende der<br />

Solidargemeinschaft 26–27<br />

Feuilleton<br />

Ungeziefer:<br />

Fleischersatz<br />

der Grünen 28–29<br />

Gesellschaft<br />

Grünes Unschuldslamm:<br />

Christoph Chorherr<br />

freigesprochen 30–31<br />

Aus für Max Mell:<br />

Im Visier der Grazer<br />

Kommunistenkoalition 31<br />

Geschichte<br />

Unschuldig:<br />

Südtiroler Freiheitskämpfer<br />

(Teil II) 32–33<br />

Gastkommentare und Interviews: Manfred Tisal über den Fall F. T. Seite 10–11 Manfred Haimbuchner<br />

über den Schutz der eigenen Bevölkerung Seite 11 Marcus Franz über den <strong>Intensivpatient</strong>en<br />

„<strong>Gesundheitswesen</strong>“ Seite 16 Andreas Huss über die Entwicklung des österreichischen Gesundheitssystems,<br />

seine Stärken und Schwächen Seite 20–23 Gerhard Kaniak über Mängel im heimischen<br />

<strong>Gesundheitswesen</strong> Seite 24–25<br />

IMPRESSUM<br />

Das ZurZeit-Magazin auch als E-Paper unter www.zurzeit.at<br />

Herausgeber-Kollegium: MEP a. D. Andreas Mölzer (Vorsitzender), NAbg. a. D. Dr. Johannes Hübner, Prof.<br />

Walter Seledec, Mag. Walter Tributsch Medieninhaber: W3 VerlagsGmbH & Co Verlag KG, Salesianergasse<br />

7/5, A-1030 Wien, Verlagsleitung und Geschäftsführung: Harald Winter Chefredaktion: NAbg.<br />

a. D. Wendelin Mölzer, Dr. Bernhard Tomaschitz Redaktionsbeirat: MMag. Erich Körner-Lakatos<br />

Produktion: Umbruch und Layout: Ecotext Mag. G. SchneeweißArnoldstein, Wien, Vinland-Grafik<br />

Wolf-Rüdiger Mölzer, MA, Druck: Petit Press, Preßburg/Bratislava Bankverbindung: IBAN:<br />

AT26 2011 1286 3631 3700, BIC: GIBAATWWXXX Anschrift: Stadtbüro und Redaktion: Postfach 80,<br />

A‐1031 Wien, DVR 095 94 <strong>05</strong>, Verwaltung und Leserdienst: Tel. 01/712 10 57, Telefax: 01/712 10 57 DW 20, E‐Mail:<br />

verlag@zurzeit.at, Internet: www.zurzeit.at<br />

Die Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz ist unter www.ZurZeit.at/index.php/impressum/ ständig abrufbar.<br />

5/2023 | ZUR ZEIT 3<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 03.indd 3 31.01.2023 13:53:10


<strong>ZZ</strong>-aktuell<br />

Zitat<br />

Die deutsche Außenministerin<br />

Annalena<br />

Baerbock erklärt<br />

„aus Versehen“<br />

Russland den Krieg:<br />

„Wir kämpfen einen Krieg<br />

gegen Russland und<br />

nicht gegeneinander.“<br />

USA als Kriegauslöser<br />

Schwere Vorwürfe aus Peking<br />

China hat mit deutlichen Worten<br />

zum Ukraine-Konflikt<br />

aufhorchen lassen. „Die USA sind<br />

diejenigen, die die Ukraine-Krise<br />

ausgelöst haben“, sagte Außenamtssprecherin<br />

Mao Ning. Die<br />

USA seien „der größte Faktor, der<br />

die Krise anfacht“. Ein weiterer<br />

schwerer Vorwurf von Peking<br />

an Washington: Indem die USA<br />

schwere und offensive Waffen<br />

an die Ukraine liefern, würde<br />

sie diesen Konflikt verlängern<br />

und verstärken. Mit diesen Aussagen<br />

reagierte Peking auf die<br />

amerikanischen Vorwürfe, dass<br />

chinesische Unternehmen möglicherweise<br />

die russische Seite unterstützten.<br />

Mao Ning sprach von „unbegründeten<br />

Verdächtigungen“ und<br />

„grundloser Erpressung“. China<br />

werde nicht untätig bleiben,<br />

wenn die USA die legitimen Rechte<br />

und Interessen chinesischer<br />

Unternehmen schädigten. ♦<br />

Bild: Flickr/UNO<br />

USA fordern Flugverbot<br />

Bild: Pixabay<br />

Aus Europa hat man derzeit nur die Möglichkeit, über Istanbul<br />

oder Belgrad nach Russland zu fliegen. Dies ist den USA offenbar<br />

ein Dorn im Auge. Die Amis verlangen von der Türkei eine<br />

Einstellung dieser Flugverbindungen. Laut dem Wall Street Journal<br />

übt Washington massiv Druck aus, damit russische Maschinen<br />

nicht auf türkischen<br />

Flughäfen landen dürfen.<br />

Zudem sollten Flugzeuge<br />

russischer Airlines<br />

nicht mehr mit amerikanischen<br />

Ersatzteilen versorgt werden können. Demnach sollen<br />

hochrangige US-Beamte den NATO-Partner Türkei gewarnt<br />

haben, dass türkischen Bürgern unter anderem Geld- und Haftstrafen<br />

drohen, falls sie solche Maschinen, die von und nach<br />

Russland fliegen, betanken. Nach Angaben von Luftfahrtexperten<br />

haben russische und weißrussische Fluggesellschaften<br />

seit Oktober 2022 rund 2.100 Flüge in die Türkei durchgeführt.<br />

Lesen Sie mehr dazu auf<br />

Flugzeuge russischer Airlines<br />

sollen nicht mehr in<br />

der Türkei landen dürfen.<br />

4 ZUR ZEIT | 5/2023<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 04-<strong>05</strong>.indd 4 31.01.2023 13:55:02


AKTUELL<br />

25 Jahre ZurZeit<br />

– gegen alle Anfeindungen<br />

Im letzten Herbst beging unsere ZurZeit<br />

ihr 25-jähriges Bestandsjubiläum. Aus<br />

diesem Grund haben wir für unser Blatt eine<br />

Bausteinaktion gestartet.<br />

Jeder Baustein bringt unsere<br />

Inhalte zu einem Leser!<br />

Immer öfter hören wir, dass sich vor allem Jüngere oder Pensionisten<br />

unsere Zeitung nicht leisten können. Gleichzeitig wird die<br />

Mainstreampresse mit neuen Millionen an Steuergeldern überhäuft.<br />

Die Folge ist unkritische Regierungspropaganda und zeitgeistig<br />

linke Meinungsmanipulation.<br />

Alternative Stimmen wie die unsere dürfen daher nicht untergehen.<br />

Unterstützen Sie die ZurZeit mit unserer<br />

neuen Bausteinaktion, gerade in Zeiten,<br />

in denen es vielen schlechter geht!<br />

► Pro Baustein 20 €<br />

► 2 Bausteine ermöglichen ein E-paper-Abo<br />

► 3 Bausteine ermöglichen ein Sozialprint-Abo<br />

Wenn Sie 10 Bausteine erwerben, belohnen wir Sie<br />

mit dem Recht, in Absprache mit der Redaktion ein<br />

Thema ihrer Wahl in der Zeitung unterzubringen.<br />

Natürlich können Sie uns auch mögliche Interessenten für<br />

ein Baustein-finanziertes Abo mitteilen!<br />

Adressen der Interessenten bitte an verlag@zurzeit.at oder<br />

an PF 80, 1030 Wien oder telefonisch unter 01 712 10 57<br />

Bankverbindung, Spendenkonto:<br />

IBAN: AT69 2011 1286 3631 3702<br />

BIC: GIBAATWWXXX<br />

Jede Spende ab 20 Euro (oder entsprechend<br />

darüber) wird automatisch als Baustein gewertet!<br />

5/2023 | ZUR ZEIT 5<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 04-<strong>05</strong>.indd 5 31.01.2023 13:55:27


Editorial<br />

Mit Verlaub,<br />

Herr Bundespräsident …<br />

VON ANDREAS MÖLZER<br />

it Verlaub, Herr Präsi­<br />

Sie sind ein A…<br />

„Mdent,<br />

loch“, schleuderte der grüne Gesinnungsfreund<br />

unseres gegenwärtigen<br />

Staatsoberhaupts, Joschka<br />

Fischer, seinerzeit dem von der<br />

CDU gestellten Präsidenten des<br />

Deutschen Bundestags in einer<br />

Parlamentssitzung entgegen.<br />

So weit wie der einstige linksextreme<br />

„Street Fighter“ und<br />

nachmalige deutsche Außenminister<br />

wollen wir nicht gehen.<br />

Allerdings wollen wir unserem<br />

frisch angelobten Staatsoberhaupt<br />

doch zurufen: Mit Verlaub,<br />

Herr Bundespräsident, Sie<br />

wollten doch ein Präsident für<br />

alle Österreicher sein! Und nun<br />

erklären Sie im ORF-Interview<br />

im Vorfeld ihrer Angelobung,<br />

dass sie nur Wert legen würden<br />

auf eine „gute Nachrede seitens<br />

der vernünftigen und intelligenten<br />

Österreicher“, zu denen sie<br />

die Sympathisanten und Wähler<br />

der Freiheitlichen Partei offenbar<br />

nicht zählen. Dieser Schluss<br />

ergibt sich nämlich denklogisch<br />

aus ihrer Aussage, den FPÖ-Chef<br />

im Falle seines Wahlsiegs entgegen<br />

aller Usancen der Zweiten<br />

Offener Brief an den<br />

grünen Bundespräsidenten<br />

Alexander Van der Bellen.<br />

Republik nicht mit der Regierungsbildung<br />

zu beauftragen.<br />

Sie wüssten schon, dass sie sich<br />

damit „nicht nur Freunde machen“,<br />

aber sie wollen „kein feiger<br />

Präsident“ sein.<br />

Nun müssen Sie, sehr geehrter<br />

Herr Bundespräsident, selbst<br />

beurteilen, ob es von großem<br />

politischen Mut zeugt, wenn<br />

man eine nahezu ein Drittel der<br />

Wähler umfassende Gruppe von<br />

Bürgern ausgrenzt, weil sie eine<br />

andere Weltanschauung hat als<br />

die eigene. Für einen in die Jahre<br />

gekommenen Grünen mit explizit<br />

linker Prägung ist es gewiss<br />

verständlich, wenn man nationalliberale<br />

Ideologie und die<br />

gegenwärtig fundamentaloppositionelle<br />

Politik der<br />

Freiheitlichen ablehnt.<br />

Für das Staatsoberhaupt<br />

der demokratischen Republik<br />

Österreich aber, für einen<br />

Bundespräsidenten, der nach eigener<br />

wiederholter Bekundung<br />

die Gräben in unserer Bevölkerung<br />

überwinden und die Spaltung<br />

der Gesellschaft bekämpfen<br />

will, ist eine solche Haltung unverzeihlich.<br />

Zwar ist die verfassungsrechtliche<br />

Rolle des österreichischen<br />

Bundespräsidenten durch die<br />

VON E. G. ÖSTERREICHER<br />

Nach dem Rausch kommt<br />

der Katzenjammer: ÖVP und<br />

SPÖ geben den Freiheitlichen<br />

Schuld an ihrem Misserfolg,<br />

wo sie doch<br />

alles bestens<br />

gemacht hätten,<br />

aber die<br />

FPÖ mit nur<br />

leeren Versprechen getäuscht<br />

hätte. Die Bundespolitik sei für<br />

das desaströse Abschneiden der<br />

NÖ-VP verantwortlich, meinte<br />

Mikl-Leitner. Da hat sie schon<br />

recht, aber nicht die Bundes-<br />

ÖVP hat schuld, sondern die<br />

Katzenjammer<br />

gesamte ÖVP hat an dem Misserfolg<br />

bestens mitgearbeitet.<br />

Das penetrante Imponiergehabe<br />

der Politiker konnte nicht<br />

über deren<br />

EU-Hörigkeit<br />

hinwegtäuschen;<br />

man<br />

Vox populi<br />

spürt immer<br />

stärker, dass nur mehr Marionetten<br />

agieren. Soll man diese<br />

Marionetten nun wählen, fragt<br />

sich der Bürger, die ihre mangelnde<br />

Kompetenz auch in der<br />

Verstrickung von Korruption,<br />

Postenschacher, Lügenpolitik,<br />

Falschaussagen, Nepotismus<br />

nicht überdecken können. Die<br />

von allen Bürgern drastisch<br />

gespürten Probleme, wie Teuerung,<br />

Geldwertverlust, Asylchaos,<br />

Energieknappheit sind<br />

großteils EU gemacht, besonders<br />

die unsinnigen Sanktionen.<br />

Hier hat die Regierung,<br />

und die ÖVP bundesweit eklatant<br />

versagt. Die FPÖ ist nun<br />

gefordert, die miserable Politik<br />

zu beenden, zu korrigieren,<br />

wenn sich nicht alle anderen<br />

mit VdB zusammenschließen,<br />

um dies zu verhindern. ♦<br />

6 ZUR ZEIT | 5/2023<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 06-07.indd 6 31.01.2023 13:57:26


<strong>ZZ</strong>-AKTUELL<br />

Verfassungsreform von 1929<br />

eine relativ starke, und er hat<br />

ja tatsächlich, so wie seinerzeit<br />

der Kaiser in der k. u. k. Monarchie<br />

das Recht, die Regierung<br />

zu ernennen und auch zu entlassen,<br />

ob er aber tatsächlich<br />

aus demokratiepolitischer Sicht<br />

legitimiert wäre, eine in demokratischen<br />

Wahlen siegreiche<br />

Partei von der Regierungsbeteiligung<br />

auszuschließen, ist mehr<br />

als fraglich. Und das Beispiel aus<br />

der jüngeren österreichischen<br />

Geschichte, nämlich die Regierungsbildung<br />

des Jahres 2000,<br />

demonstriert, dass Parteien mit<br />

einer entsprechenden parlamentarischen<br />

Mehrheit auch gegen<br />

den Willen des Staatsoberhauptes<br />

in der Lage sind, eine Regierung<br />

zu bilden.<br />

Was nun jene Argumente betrifft,<br />

die Sie, Herr Bundespräsident,<br />

im gegenständlichen ORF-<br />

Interview ins Treffen geführt<br />

haben, um ihre Vorbehalte gegen<br />

die FPÖ und ihren Bundesparteiobmann<br />

zu begründen, so sind<br />

diese bei näherer Betrachtung<br />

auch in keiner Weise haltbar. Sie<br />

haben erklärt, dass Sie eine „europafeindliche<br />

Partei“, die überdies<br />

den Krieg Russlands gegen die<br />

Ukraine nicht verurteile, nicht<br />

auch noch fördern wollten.<br />

Nun ergibt jede auch nur einigermaßen<br />

objektive Analyse<br />

der freiheitlichen Programmatik<br />

und der realen freiheitlichen Politik,<br />

dass die FPÖ zwar massiv<br />

EU-kritisch eingestellt ist, aber<br />

dezidiert und deklariert für die<br />

europäische Integration als solche<br />

eintritt. Und dass sich die<br />

freiheitliche Vision von diesem<br />

integrierten Europa wesentlich<br />

von der gegenwärtigen Brüsseler<br />

EU-Realität und auch von<br />

den zentralistischen Plänen für<br />

„Vereinigte Staaten von Europa“<br />

unterscheidet, kann keineswegs<br />

als Beleg für Europafeindlichkeit<br />

gewertet werden. Vielmehr handelt<br />

es sich dabei um die Vision<br />

eines starken und selbstbewussten<br />

Europas der Vaterländer,<br />

der souveränen Nationen und<br />

der in ihrer Kultur und Identität<br />

gesicherten Völker und Volksgruppen,<br />

in guter Nachbarschaft<br />

in den historisch gewachsenen<br />

Regionen des Kontinents zusammen<br />

lebend.<br />

Und was den Ukrainekrieg<br />

betrifft, so waren es die Freiheitlichen<br />

und ihr Parteiobmann, die<br />

als einzige die Einhaltung und<br />

Betonung der verfassungsmäßigen<br />

österreichischen Neutralität<br />

gefordert haben. Und auch wenn<br />

seitens der FPÖ in Hinblick auf<br />

die Entwicklung hin zum Ukrainekrieg<br />

und in Bezug auf dessen<br />

Hintergründe ein Gehör beider<br />

Seiten eingefordert wurde, gibt<br />

es keine einzige Stellungnahme,<br />

die den russischen Angriffskrieg<br />

als solchen gut geheißen hätte.<br />

Wenn dies im Zuge der innenpolitischen<br />

Auseinandersetzung<br />

und der parteipolitischen Polemik<br />

von FPÖ-kritischen Medien<br />

und politischen Mitbewerbern<br />

anders dargestellt wird, kann das<br />

den Bundespräsidenten nicht<br />

von seiner Pflicht entbinden,<br />

überparteilich und möglichst<br />

objektiv zu urteilen und zu handeln.<br />

Deshalb, sehr geehrter Herr<br />

Bundespräsident, überdenken<br />

Sie Ihre gegenständlichen Aussagen<br />

und versuchen Sie doch<br />

wirklich, ein Präsident für alle<br />

Österreicher zu sein — auch für<br />

jene, die sich der freiheitlichen<br />

Gesinnungsgemeinschaft zugehörig<br />

fühlen!<br />

♦<br />

Andreas Mölzer<br />

Hopfer<br />

Die Geschichte einer<br />

altösterreichischen Familie<br />

Der große Familienroman<br />

von Andreas Mölzer<br />

Hopfer lautet der Namen jener Familie von Ackerbürgern, die in<br />

den Jahrzehnten zwischen der bürgerlichen Revolution von 1848,<br />

über den Ersten Weltkrieg und die Wirren der Ersten Republik<br />

bis zum Anschluss Österreichs an Hitlerdeutschland im obersteirischen<br />

Altenmarkt lebte. Das Schicksal von drei Generationen<br />

dieser Familie, die dort Heimat fanden, mit Blut, Schweiß und<br />

Tränen Wurzeln schlugen und ein Vermögen schufen, aber letztlich<br />

scheiterten, ist eng verbunden mit der politischen und gesellschaftlichen<br />

Entwicklung des Landes und Österreichs insgesamt.<br />

Preis € 29,–, ca. 800 Seiten, fest gebunden;<br />

erhältlich über ZurZeit oder direkt beim Verlag<br />

Edition K3, via E-Mail: a.moelzer@aon.at<br />

5/2023 | ZUR ZEIT 7<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 06-07.indd 7 31.01.2023 13:57:45


ÖSTERREICH<br />

Schnedlitz, Landbauer und<br />

Kickl: Die FPÖ mit Spitzenkandidat<br />

Landbauer ist<br />

eindeutiger Gewinner der<br />

Wahl in Niederösterreich<br />

Freiheitlicher Durchmarsch<br />

ÖVP verliert Absolute in letzter Hochburg – Niederösterreich<br />

straft auch SPÖ ab – Establishment-Analyse belügt sich selbst<br />

VON WENDELIN MÖLZER<br />

Von „Schockwellen“ ist da in den<br />

heimischen Medien die Rede,<br />

wenn es um das Wahlergebnis in<br />

Niederösterreich geht. Ja, in der<br />

Tat, es ist ein Schock – wenngleich<br />

auch mit Ansage und einer außergewöhnlich<br />

präzisen Vorhersage<br />

seitens der politischen Meinungsforschung,<br />

die das Wahlergebnis<br />

ziemlich punktgenau vorhergesehen<br />

hat.<br />

Nicht erst in den letzten Tagen<br />

hat sich immer klarer abgezeichnet,<br />

dass die ÖVP in einer ihrer<br />

letzten Hochburgen die letzte absolute<br />

Mehrheit verlieren wird.<br />

Zu viel der Schmähs, der taktischen<br />

Winkelzüge, der nicht von<br />

der Hand zu weisenden Vorwürfe,<br />

in einem Netzwerk angeblich korrupter<br />

und verhaberter „Freunderl“<br />

verwurzelt zu sein. Das<br />

Kernland der ÖVP, das schwarze<br />

Niederösterreich, ist nicht mehr<br />

das, was es einmal war.<br />

Hat man im Jahr 2018, bei der<br />

ersten Wahl von Johanna Mikl-<br />

Leitner, noch vom Rückenwind<br />

WOCHENMAGAZINZURZEIT<br />

www.facebook.com/wochenmagazinZurZeit<br />

des talentierten Herrn Kurz profitieren<br />

können, gelang es dazu<br />

noch, den hauseigenen „Deep State“<br />

nutzen zu können, um mit einer<br />

ORF-gestützten Kampagne in<br />

Sachen einer angeblichen Liederbuch-Affäre<br />

den größten Widersacher,<br />

die Freiheitlichen nämlich<br />

mit Udo Landbauer an der Spitze,<br />

auf Distanz zu halten, so ist einem<br />

dieser Tage eben nicht nur die<br />

Munition ausgegangen, sondern<br />

auch die Luft generell.<br />

Dazu kommt dann die „multiple<br />

Krise“, wie man allerortens liest<br />

als Hauptgrund für den „Frust“<br />

der Wähler, die dann aus „Protest“<br />

die Freiheitlichen wählten, und<br />

die arme Mikl-Leitner in einer angeblich<br />

bundespolitisch motivierten<br />

Landtagswahl zum Sündenbock<br />

gemacht hätten. Doch wie so<br />

oft sind das müde Erklärungsversuche,<br />

um das eigene Versagen zu<br />

rechtfertigen.<br />

Denn wenn es so einfach wäre,<br />

dann hätte doch die „heilige“ Sozialdemokratie<br />

diesen Frust und<br />

diesen Protest in Wählerstimmen<br />

ummünzen müssen, und nicht<br />

die angeblich „unfähigen und<br />

halbkorrupten“ Freiheitlichen,<br />

die ja in den Augen des meinungsmachenden<br />

Mainstreams nicht<br />

in der Lage seien, einen Staat zu<br />

machen. Dies ist nicht geschehen,<br />

ganz im Gegenteil haben die<br />

Freiheitlichen nicht nur von der<br />

8 ZUR ZEIT | 5/2023<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 08-09.indd 8 31.01.2023 13:59:11


ÖSTERREICH<br />

Bild: Facebook „Landbauer“<br />

ÖVP massive Stimmenzuwächse<br />

lukrieren können, sondern auch<br />

von den blassen und visionslosen<br />

Sozialisten weitere Wähler<br />

gewinnen können, was zu einer<br />

Wahlniederlage ebendieser geführt<br />

hat – das Abrutschen auf<br />

gerade mal zwanzig Prozent und<br />

auf Platz drei kann nicht gerade<br />

als Auftrag für eine Koalitionsbeteiligung<br />

in St. Pölten und noch<br />

weniger für eine „Weiter so!“ im<br />

Bund gewertet werden.<br />

Was aber ist es dann, das der<br />

FPÖ diesen historischen Wahlerfolg<br />

im für die Freiheitlichen<br />

sonst so schwierigen Niederösterreich<br />

beschert hat? Welche<br />

Voraussetzungen haben sich geändert,<br />

was ist das passiert? Zunächst<br />

einmal gilt das Sprichwort<br />

„Steter Tropfen höhlt den Stein“<br />

– sprich: Die Freiheitlichen haben<br />

nie locker gelassen, wenn es darum<br />

geht, den Menschen glaubhaft<br />

zu machen, dass man eine echte<br />

Alternative zu den etablierten<br />

Parteien darstellt. Man hat sich<br />

von eigenen Skandalen nie unterkriegen<br />

lassen – man denke an die<br />

Affäre Rosenstingl Ende der 90er-<br />

Jahre in Niederösterreich oder<br />

eben die Verfehlungen auf Bundesebene.<br />

Sodann hat man sich<br />

auch von den besagten Schmutzkübelkampagnen<br />

der ÖVP und<br />

anderer Gegner nicht beirren<br />

lassen. Landbauer hat das vorbildhaft<br />

gemacht: Zunächst Rückzug,<br />

bis dann seine Unschuld erwiesen<br />

war, um in weiterer Folge mit solider<br />

Arbeit zu zeigen, dass man es<br />

besser kann. Man stelle sich vor,<br />

die Freiheitlichen hätten damals,<br />

im Jahr 2018, klein beigegeben,<br />

und Landbauer in die endgültige<br />

Politpension geschickt! Nein – ein<br />

Verdienst von Strache und Kickl<br />

– man hat das nicht gemacht, sondern<br />

die Angriffe der Gegner abperlen<br />

lassen.<br />

Zurück zur multiplen Krise, die<br />

angeblich von außen den armen<br />

politisch Veranwortlichen im<br />

Lande das Leben schwer macht.<br />

Diese multiple Krise – Krieg in<br />

DIe FPÖ konnte ihre Themenschwerpunkte<br />

perfekt<br />

an den Wähler bringen.<br />

der Ukraine, Corona, Wirtschaftskrise,<br />

Migrationskrise, Energiekrise,<br />

etc. pp – bewirkt tatsächlich<br />

massive Verwerfungen in unserer<br />

Welt. Doch sie ist nicht gottgegeben,<br />

nicht von irgendwelchen<br />

bösen undefinierbaren Kräften<br />

gemacht, wie es viele Meinungsmacher<br />

behaupten (klingt schon<br />

fast wie eine Verschwörungstheorie<br />

der bösen Schwurbler),<br />

sondern ist in vielerlei Hinsicht<br />

hausgemacht, oder zumindest<br />

unter direkter und indirekter<br />

Beteiligung der heimischen Protagonisten<br />

entstanden. Sie ist also<br />

nicht nur eine „multiple Krise“,<br />

sie steht für eine multiples Organversagen<br />

der heimischen Politik,<br />

des eigenen Staates, dessen Teil<br />

wir alle sind, aber eben im besonderen<br />

der politischen Akteure der<br />

beiden Altparteien ÖVP und SPÖ.<br />

So gesehen ist es nur logisch,<br />

dass die Menschen Alternativen<br />

suchen, weniger aus Protest,<br />

vielmehr im Versuch begriffen,<br />

Alternativen zur etablierten Politik<br />

zu finden, die einen Weg aus<br />

der Krise herausfinden. Man will<br />

eben nicht den Bock zum Gärtner<br />

machen, und sieht in der FPÖ<br />

ebendiese Alternative, die die Dinge<br />

zumindest beim Namen nennt,<br />

und sie nicht noch schlimmer<br />

macht.<br />

Wenn sich die Verantwortlichen<br />

und die Analysten also nicht<br />

bald von ihren gebetsmühlenartig<br />

vorgetragenen einseitigen Erklärungsversuchen<br />

abwenden, wenn<br />

sie nicht bald erkennen, dass<br />

die vermeintliche Meinung<br />

der Mitte längst<br />

nur mehr eine Meinung<br />

der Eliten ist, dann wird<br />

es für dieses Establishment<br />

zu Recht ein weiteres böses<br />

Erwachen in Form von „Schockwellen“<br />

geben. Die FPÖ braucht<br />

sich diesbezüglich auf keinen Fall<br />

einen Vorwurf machen, ihre Proponenten<br />

sind offensichtlich in<br />

der Lage, die Sorgen und Nöte der<br />

Menschen zu verstehen und auch<br />

zu artikulieren, nicht erst seit kurzem,<br />

sondern schon seit einigen<br />

Jahrzehnten. Dass man dabei von<br />

den Machthabern bekämpft wird,<br />

liegt in der Natur der Sache. ♦<br />

The ID Party is partially financed by the European Parliament and has the sole<br />

responsibility for this content.<br />

5/2023 | ZUR ZEIT 9<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 08-09.indd 9 31.01.2023 13:59:23


Wärmestuben in Wien<br />

Zuletzt gab es sie in den 1930er-Jahren<br />

Die gnadenlose Erhöhung,<br />

pardon: Anpassung der Wohnungsmieten<br />

sowie der Stromund<br />

Gaskosten durch die rote<br />

Wiener Stadtverwaltung (Stichwort:<br />

Wien Energie) führt jetzt<br />

zum Wiederaufleben einer Einrichtung,<br />

die man bisher nur aus<br />

Erzählungen sehr betagter Altvorderer<br />

gekannt hat: Wärmestuben.<br />

Die städtischen „PensionistInnenklubs“<br />

offerieren nunmehr<br />

unter dem zynischen Motto Gute<br />

neue Zeit ein spezielles Angebot<br />

namens Klub + Wohnzimmer,<br />

Wärme für Seele und Herz. Zehn<br />

solcher Klubs, gerecht über das<br />

Stadtgebiet verteilt stehen da zur<br />

Wahl. Gut geheizt samt gratis<br />

Klubjause. Wenn man das rote<br />

Werbeprospekt liest, möchte<br />

man am liebsten gleich hingehen<br />

und sich verwöhnen lassen. Denn<br />

die Stadt Wien schreibt voller Eigenlob:<br />

Der Klub + Wohnzimmer ist<br />

eine tolle Sache. Er bietet für alle, die<br />

es brauchen und wollen, einen warmen<br />

Platz.<br />

Die Dankbarkeit lässt nicht<br />

lange auf sich warten. Da<br />

schwärmt eine gewisse Reni von<br />

der neuen Wärmestube: Ein frisches<br />

Semmerl zum Frühstück …<br />

Das ganze Frühstück für einen<br />

Euro: knuspriges Gebäck, Butter,<br />

Marmelade, Kaffee, Tee oder Ka-<br />

Bild: Pexels<br />

Der Fall F. T.<br />

VON MANFRED TISAL<br />

Kindesmisshandlung gehört wohl zu<br />

den schlimmsten Verbrechen. Das wird<br />

niemand bestreiten. Unschuldige, von<br />

skrupellosen Verbrechern sexuell ausgebeutete<br />

Jungen und Mädchen werden<br />

Opfer, um von abartigen, vielfach<br />

zugegeben auch psychisch kranken und belasteten<br />

Menschen Geld heraus zu<br />

locken. Ein ungeheuerliches<br />

Schreckensbild, das vor unseren<br />

Augen abläuft. Der Fall T. ist<br />

aber nur die Spitze eines Eisberges. Gott sei Dank<br />

hat man sich jetzt dazu aufgerafft, die Strafen für<br />

derartige Verbrechen zu erhöhen, was schon längst<br />

notwendig gewesen wäre. Aber wo bleiben die Strafen<br />

für jene, die es ermöglichen, dass solche Bilder<br />

zugänglich sind? Ein Mausklick genügt und jedermann<br />

kann jederzeit in die Welt derartiger Sexualpraktiken<br />

eintauchen. Ob auf Facebook, Twitter<br />

oder anderen sogenannten sozialen Medien. Wer<br />

legt denen das Handwerk, fordert eine bessere Kontrolle<br />

und bestraft?<br />

Bild: Privat<br />

Gastkommentar<br />

Wenn es möglich ist, Wortbeiträge mit<br />

bedenklichen Inhalten zu löschen und<br />

aus dem Netz zu entfernen, muss es auch<br />

möglich sein, Gewalt und Sexismus aus<br />

dem Netz zu verbannen. Was den Fall T.<br />

(der Name erzeugt in Zusammenhang<br />

mit den Vorkommnissen Magenschmerzen)<br />

in Verbindung mit Kultur anbelangt,<br />

sei folgendes zu bedenken und nicht von<br />

der Hand zu weisen. Sexismus, obszöne<br />

Darstellungen und Nackedeis sind aus dem Kulturleben<br />

nicht wegzudenken.<br />

Sie gehören dazu. Egon Schieles<br />

und vieler anderer Künstler Darstellungen<br />

von Frauen erzielen<br />

Höchstpreise. Nitschs obszöne, aber gut besuchte<br />

Blutorgien haben ihn zum reichen Mann gemacht<br />

und wahrscheinlich auch die sexuellen Gelüste einiger<br />

Fans befriedigt.<br />

Da ist diese oft fadenscheinige „me too“-Bewegung<br />

ein Klacks. Kürzlich stand in einer Tageszeitung<br />

ein Artikel den Opernstar Placido Domingo<br />

betreffend. Eine Frau beschuldigte den Startenor,<br />

sie vor mehr als 20 Jahren gefragt zu haben, ob er<br />

sie berühren darf. Eine andere beschuldigte ihn<br />

sogar, weil er sie küssen wollte. Ich habe jetzt ein<br />

10 ZUR ZEIT | 5/2023<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 10-11.indd 10 31.01.2023 14:02:19


kao UND fröhliche Gesellschaft.<br />

Auch der Toni ist ganz begeistert:<br />

Es ist schön, wie schnell die PensionistInnenklubs<br />

mit dem Klub + Wohnzimmer<br />

auf die Preissteigerungen,<br />

besonders bei den Heizkosten und den<br />

Lebensmitteln reagiert haben. Ich bin<br />

froh, Pensionist in Wien zu sein.<br />

Die offenbar recht einsame<br />

Kleinrentnerin Hermine ist Ludwig,<br />

Hacker und Co. unendlich<br />

dankbar: Im Klub + Wohnzimmer<br />

ist es kuschelig warm und nette Gespräche<br />

mit den anderen Senioren<br />

wärmen auch mein Herz.<br />

Das scheint die Methode der<br />

Wiener Sozis zu sein: Zuerst saftige<br />

Erhöhung der Mieten und<br />

Energiekosten; danach kriegt die<br />

Bevölkerung einen Teil ihres eigenen<br />

Geldes als Brosamen vom<br />

roten Herrentisch.<br />

Die Differenz schluckt die Rathausbürokratie<br />

mit ihren unzähligen<br />

roten Parteigängern. Mit<br />

einem Wort: Sozialismus vom<br />

Feinsten.<br />

E. K.-L.<br />

schlechtes Gewissen, wenn ich<br />

daran denke, dass ich in den<br />

70er Jahren mit einem Mädchen<br />

auf Tuchfühlung getanzt<br />

habe.<br />

Der Fall T. ist also die eine<br />

Seite. Verachtend und zugleich<br />

bedenklich. „Me too“ die andere<br />

Seite. Der Vergleich Kultur<br />

und Sex ist aber eine weitere,<br />

über die es darüber nachzudenken<br />

lohnt. Der Regisseurin<br />

von „Corsage“, der die Oscarhürde<br />

nicht geschafft hat, wird<br />

es angesichts der Images und<br />

finanziellen Verluste nicht erspart<br />

bleiben. Genauso wie die<br />

Frage, wer hat sich mitschuldig<br />

gemacht, weil er geschwiegen<br />

hat. Sinnlos. Passiert ist Passiert.<br />

Oder hat die Politik eine<br />

bessere Antwort auf all diese<br />

Fragen? Ach ja, sie erhöht die<br />

Strafen und glaubt damit die<br />

Wurzel des Übels zu bekämpfen.<br />

♦<br />

BUNDESLÄNDER<br />

Gastkommentar<br />

Die Sicherheit der<br />

Bevölkerung geht vor<br />

VON MANFRED HAIMBUCHNER<br />

Der mutmaßliche Amoklauf eines Irakers,<br />

bei dem zuerst eine Frau und anschließend<br />

zwei Polizisten teils schwer verletzt wurden,<br />

ist erst wenige Tage her und bereits schon<br />

wieder aus dem politischen Bewusstsein verschwunden. Alle Bekenntnisse<br />

der Bundesregierung und der EU-Gremien, sich der<br />

illegalen Migration und der ausufernden Gewalt annehmen zu<br />

wollen, sind maximal rhetorische Beruhigungspillen fürs Volk.<br />

De facto ändert sich nichts und es soll sich offenbar auch nichts<br />

ändern.<br />

Es ist geradezu befremdlich, wenn der Bundeskanzler mittlerweile<br />

nicht einmal mehr das Kind der illegalen Masseneinwanderung<br />

beim Namen nennt, sondern von „irregulärer Migration“<br />

spricht und dabei die verharmlosende Wortwahl linker Schlepper-NGOs<br />

und<br />

der Asylindustrie<br />

legitimiert. aus Gründen der Sicherheit sind<br />

Grenzkontrollen an Binnengrenzen<br />

Diese jüngste auch jetzt rechtlich möglich.<br />

brutale Gewalttat<br />

in Linz zeigt einmal mehr gravierende Fehler im österreichischen<br />

Fremdenrecht auf. Darauf weisen wir seit Jahren mit Nachdruck<br />

hin. Da sich mittlerweile eine große Mehrheit für eine<br />

grundlegende Reform ausspricht, muss hier von Bundesseite endlich<br />

ein umfassender Reformprozess gestartet werden.<br />

Grenzkontrollen und auch Abweisungen an europäischen<br />

Binnengrenzen aus Gründen der nationalen Sicherheit sind aber<br />

auch jetzt bereits rechtlich möglich, wenn der politische Wille<br />

dazu da wäre. Der sofortige Entzug des Aufenthaltstitels und die<br />

konsequente Ausweisung und Abschiebung bei Straffälligkeit<br />

von Ausländern ist keine radikale Forderung, sondern ein Gebot<br />

der Vernunft. Es gibt zahlreiche Staaten der Welt, in denen solch<br />

ein Vorgehen selbstverständlich ist. Man darf in dieser entscheidenden<br />

Frage der nationalen Souveränität nicht davor zurückschrecken,<br />

auch auf Konfrontationskurs mit den migrationsblinden<br />

Entscheidungsträgern in Brüssel und Straßburg zu gehen.<br />

Für uns Freiheitliche ist klar, dass die Lösungen gegen die Einwanderung<br />

unter dem Deckmantel des Asylrechts seit Jahren<br />

auf dem Tisch liegen und endlich konsequent umgesetzt werden<br />

müssen: 1. Grenzen dicht für illegale Migranten, 2. Keine Asylanträge<br />

mehr annehmen, 3. Abschieben.<br />

Denn wenn es um die Sicherheit geht, gibt es keine Kompromisse.<br />

Und wenn Illegale über dutzende sichere Länder einreisen,<br />

gibt es auch keinen Anspruch auf Asyl. Nötigenfalls sind hier<br />

entsprechende gesetzliche Änderungen – auch im Völkerrecht<br />

– durchzusetzen. Die Zeit des Diskutierens ist eindeutig vorbei,<br />

jetzt sind endlich Taten gefordert!<br />

Bild: FPÖ OÖ<br />

Dr. Manfred Haimbuchner ist Landeshauptmann-Stv. von OÖ und Obmann der FPÖ OÖ.<br />

5/2023 | ZUR ZEIT 11<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 10-11.indd 11 31.01.2023 14:02:55


Zitat<br />

Viktor Orbán:<br />

„Die Sicherheit<br />

Ungarns steht für<br />

uns an erster Stelle,<br />

und deshalb befindet<br />

sich Ungarn mit niemandem<br />

im Krieg.“<br />

Bild: The White House<br />

Ausland<br />

Recep Tayyip Erdogan und „Joe“ Biden: Der türkische Präsident<br />

durchkreuzt die NATO-Erweiterungspläne seines US-Kollegen<br />

Tschechien<br />

Ex-NATO-General<br />

neuer Präsident<br />

Petr Pavel hat mit<br />

55 Prozent die zweite<br />

Runde der tschechischen<br />

Präsidentenwahl klar<br />

gewonnen. Sein Konkurrent,<br />

der frühere Ministerpräsident<br />

Andrej<br />

Babis, erreichte 45 Prozent.<br />

Amtsinhaber Milos<br />

Zeman durfte nach zwei<br />

Amtszeiten nicht mehr<br />

antreten. Pavel war vor<br />

seinem Einstieg in die<br />

Politik tschechischer<br />

Generalstaabschef und<br />

hochrangiger NATO-<br />

General. Gleich nach<br />

seinem Amtsantritt im<br />

März will Pavel die Ukraine<br />

besuchen. ♦<br />

Bild: School of Media and Public Affairs at GWU (CC BY-SA 2.0)<br />

Bidens Pleite im Norden<br />

Türkei blockiert NATO-Beitritt von Schweden<br />

Erdogan hat die geplante<br />

Norderweiterung der NATO auf<br />

unbestimmte Zeit verschoben.<br />

Die von US-Präsident „Joe“ Biden<br />

angeschobene Phantasie eines<br />

NATO-Beitritts der bisher neutralen<br />

nordischen Staaten Schweden<br />

und Finnland entwickelt sich zum<br />

Rohrkrepierer. Schweden beherbergt<br />

eine dreistellige Anzahl kurdischer<br />

„Aktivisten“ und Terroristen,<br />

deren Auslieferung die Türkei<br />

fordert. Zudem fand dieser Tage in<br />

Schweden eine öffentliche Koran-<br />

Verbrennung statt. Tayyip Erdogan:<br />

„Wenn ihr der Türkischen<br />

Republik oder dem religiösen Glauben<br />

der Muslime keinen Respekt<br />

zollt, dann könnt ihr von uns in Sachen<br />

NATO auch keine Unterstützung<br />

bekommen.“<br />

Pippi Langstrumpf, eine aus<br />

Schweden stammende Kindermärchengestalt,<br />

sang einst: „Ich mache<br />

mir die Welt, wie sie mir gefällt.“<br />

Alle 30 NATO-Mitglieder müssen<br />

die Anträge auf NATO-Mitgliedschaft<br />

ratifizieren, 28 haben das<br />

bereits getan – nur die Türkei und<br />

Ungarn fehlen noch. Die Pöbeleien<br />

und Drangsalierungen gegen die<br />

ungarische Regierung von Seiten<br />

der Brüsseler Eurokraten ist bei<br />

diesem Szenario noch gar nicht<br />

mitgerechnet. Wie auf der sinkenden<br />

Titanic gibt es im übertragenen<br />

Sinn nun Streit um die Plätze in<br />

den Rettungsbooten. Finnlands Außenminister<br />

Pekka Haavisto: Möglicherweise<br />

könne man gezwungen<br />

sein, ohne Schweden beizutreten –<br />

dem eigenen Wunsch und dem der<br />

NATO zum Trotz.<br />

Aber auch damit ist es nichts.<br />

Die Türkei hat ein Treffen mit<br />

Vertretern Schwedens<br />

und Finnlands über die<br />

geplante Norderweiterung<br />

der NATO auf unbestimmte<br />

Zeit verschoben.<br />

Die für Februar geplanten<br />

Beratungen seien abgesagt, berichtete<br />

unter anderem der Staatssender<br />

TRT. Ein neuer Termin wurde<br />

zunächst nicht genannt. Die<br />

NATO-„Strategen“ glauben, dass<br />

Erdogan nach einer gewonnenen<br />

Wahl in der Türkei aufgeben könnte.<br />

Dabei dürfte es sich aber wohl<br />

um Wunschdenken handeln. Warum<br />

sollte die Türkei im Angesicht<br />

des Ukrainekrieges die USA aus<br />

dem Schwitzkasten entlassen? Es<br />

erweist sich abermals, dass Biden<br />

zwar zahllose neue sicherheitspolitische<br />

Baustellen schaffen kann,<br />

aber keine zu einem erfolgreichen<br />

Abschluss bringt. KLAUS GRÖBIG<br />

12 ZUR ZEIT | 5/2023<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 12-15.indd 12 31.01.2023 14:03:47


AUSLAND<br />

Schweden: Masseneinwanderung<br />

führt zu bürgerkriegsähnlichen<br />

Zuständen<br />

Paradigmenwechsel im Norden<br />

Schweden: Angesichts ausufernder Migrantengewalt<br />

leitet die neue Regierung einen Kurswechsel ein<br />

Bild: Screenshot Youtube<br />

VON BERNHARD TOMASCHITZ<br />

Das neue Jahr war erst wenige<br />

Tage alt, als es in Stockholm wieder<br />

einmal zu einer Schießerei mit<br />

tödlichem Ausgang kam. Und das,<br />

nachdem Schweden im Vorjahr<br />

bei 388 Schusswaffenvorfällen<br />

61 Todesopfer zu verzeichnen hatte.<br />

Das einst so sichere skandinavische<br />

Land ist unsicher geworden,<br />

und verantwortlich dafür ist – so<br />

die politisch korrekte Schreibweise<br />

– die „Bandenkriminalität“.<br />

Über den ethnischen Hintergrund<br />

der Bandenmitglieder wird<br />

lieber geschwiegen. In einem Bericht<br />

des Schwedischen Nationalen<br />

Rates für Verbrechensverhütung<br />

aus dem Jahr 2021 wird zwar<br />

darauf hingewiesen, dass sich<br />

Schweden seit der Jahrtausendwende<br />

von einem der niedrigsten<br />

zu einem der höchsten Niveaus<br />

von Waffengewalt in Europa entwickelt<br />

und dabei sogar Osteuropa<br />

und Italien überholt hat. Über<br />

den genauen Hintergrund der Täter<br />

wird hingegen geschwiegen, es<br />

heißt nur, dass „Untersuchungen<br />

zeigen, dass die Zunahme von Tötungsdelikten<br />

mit Schusswaffen<br />

eng mit den kriminellen Milieus<br />

Über den ethnischen<br />

Hinter grund der Täter wird<br />

meistens geschwiegen.<br />

in sozial benachteiligten Gebieten<br />

verbunden ist“.<br />

„Sozial benachteiligte Gebiete“<br />

ist ein Soziologenbegriff, mit<br />

dem die Wahrheit vernebelt werden<br />

soll. Denn nicht in Plattenbauten,<br />

in denen Mindestrentner<br />

leben, sitzen die Pistolen locker<br />

und kommt es immer wieder zu<br />

Sprengstoffexplosionen, sondern<br />

in bestimmten Bezirken der Großstädte<br />

– besonders betroffen sind<br />

die Hauptstadt Stockholm und<br />

das südschwedische Malmö –,<br />

die sich in den letzten Jahren und<br />

Jahrzehnten in Einwandererghettos<br />

verwandelt haben. In diesen<br />

„No go“-Zonen wird die Polizei,<br />

sofern sie sich noch hineintraut,<br />

von den Bewohnern, die<br />

nach ihren eigenen Regeln<br />

und oftmals nach der Scharia<br />

leben, tätlich angegriffen.<br />

Das Magazin „Foreign<br />

Policy“ schrieb: „Die Banden, deren<br />

Mitglieder Einwanderer der<br />

zweiten Generation sind, viele<br />

aus Somalia, Eritrea, Marokko<br />

und anderen nordafrikanischen<br />

Ländern, haben sich auf den Drogenhandel<br />

und die Verwendung<br />

von Sprengstoff spezialisiert.“<br />

Aber auch auf der Opferseite<br />

sind Fremde überdurchschnitt-<br />

5/2023 | ZUR ZEIT 13<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 12-15.indd 13 31.01.2023 14:04:48


lich oft vertreten. Ardavan<br />

Khoshnood, Kriminologe an der<br />

Universität Lund und Notarzt<br />

in einem schwedischen Krankenhaus,<br />

sagte im Herbst der<br />

türkischen Nachrichtenagentur<br />

Anadolu, dass die meisten Opfer<br />

einen Migrationshintergrund<br />

haben und zwischen 15 und<br />

29 Jahre alt sind. Auch ist eine<br />

Verrohung festzustellen. Waren<br />

laut Khoshnood im Jahr 2010<br />

bei Schießereien eher Schüsse in<br />

Arme, Hände oder Beine üblich,<br />

so wird heute gezielt in den Kopf<br />

geschossen, da die Banden jetzt<br />

„schießen, um zu töten“.<br />

Das nordeuropäische EU-Mitglied<br />

hat sich die Probleme selbst<br />

ins Haus geholt. Über viele Jahre<br />

verfolgten linke Regierungen aus<br />

falsch verstandener Humanität<br />

oder zur Verwirklichung<br />

marxistischer Ideologien<br />

eine Politik der offenen<br />

Tür. Jeder Einwanderer<br />

wurde im Wohlfahrtsstaat<br />

Schweden willkommen geheißen.<br />

2015 nahm der zehn Millionen<br />

Einwohner zählende skandinavische<br />

Staat rund 163.000<br />

sogenannter Flüchtlinge auf,<br />

die meisten aus Syrien, dem Irak<br />

und Afghanistan. „Mein Europa<br />

Während sein Nachfolger<br />

„Joe“ Biden<br />

den Schritt zu einer weiteren<br />

Eskalation getan hat,<br />

sprach sich sein<br />

Vorgänger Donald<br />

J. Trump für eine<br />

Beendigung der<br />

Kampfhandlungen<br />

aus. Auf der Social<br />

Media Plattform<br />

„Truth Social“, forderte<br />

Trump diesen<br />

„verrückten Krieg“<br />

zu beenden.<br />

Viele Amerikaner<br />

sind sich darüber im Klaren,<br />

dass man Russland nicht<br />

vertrauen könne und man sich<br />

Die Schwedendemokraten von Jimmie Akesson (links) unterstützen die<br />

Minderheitsregierung von Ulf Kristersson (2. v. l.)<br />

Auch bei den schwedischen<br />

Willkommensklatschern ist<br />

Ernüchterung eingekehrt.<br />

nimmt Flüchtlinge auf. Mein Europa<br />

baut keine Mauern“, tönte der<br />

damalige sozialdemokratische<br />

Ministerpräsident Stefan Löfven.<br />

Doch inzwischen ist auch bei<br />

den schwedischen Willkommensklatschern<br />

Ernüchterung eingekehrt.<br />

Ende April 2022 musste<br />

Löfvens Nachfolgerin und Parteifreundin<br />

Magdalena Andersson<br />

eingestehen, dass die Integration<br />

gescheitert ist: „Die Absonderung<br />

ist so weit gediehen, dass wir in<br />

Schweden Parallelgesellschaften<br />

haben. Wir leben im selben Land,<br />

aber in völlig unterschiedlichen<br />

Realitäten.“<br />

Der Wahlkampf für die<br />

schwedische Parlamentswahl im<br />

September 2022 stand ganz im<br />

Zeichen der Migranten-Bandenkriminalität<br />

und führte zu einem<br />

Machtwechsel in Stockholm.<br />

Seit Oktober ist eine bürgerliche<br />

Minderheitsregierung unter Ulf<br />

Kristersson im Amt, die von den<br />

rechtskonservativen Schwedendemokraten<br />

unterstützt wird.<br />

Angesichts der Gewaltwelle während<br />

des Jahreswechsels und in<br />

den ersten Jännertagen muss Kri-<br />

Trump für Kriegsende<br />

Ex-Präsident will „verrückten Krieg“ beenden<br />

Donald Trump: Der Ex-US-Präsident appelliert<br />

nicht nur an die Vernunft, sondern zeigt diese auch<br />

keinen naiven Träumereien<br />

hingeben darf. Jedoch ist Geopolitik<br />

ein Dschungel beherrscht<br />

Bild: Gage Skidmore/Wikimedia (CC BY-SA 2.0)<br />

von Prädatoren. Misstrauen ist<br />

gegenüber jedem Akteur angebracht.<br />

Aber sich in einer strategischen<br />

Sackgasse auch noch<br />

gemütlich einzurichten, widerspricht<br />

sämtlichen Grundsätzen<br />

der Vernunft. Und an<br />

ebendiese Vernunft appellierte<br />

Trump erneut.<br />

Wer für eine stabile Nachkriegsordnung<br />

mit Russland<br />

eintritt, damit sich der Westen<br />

auf die wahren Herausforderungen<br />

konzentrieren kann, muss<br />

Trump die Daumen drücken. ♦<br />

14 ZUR ZEIT | 5/2023<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 12-15.indd 14 31.01.2023 14:<strong>05</strong>:14


AUSLAND/WIRTSCHAFT<br />

stersson nun „liefern“. Schließlich<br />

hatte er im Wahlkampf einen<br />

„Paradigmenwechsel“ versprochen<br />

und sich für längere Haftstrafen<br />

für Bandenmitglieder ausgesprochen.<br />

„Für Schwedens neue<br />

Regierung, die im September zu<br />

einem großen Teil aufgrund des<br />

Bekenntnisses zur Bekämpfung<br />

der Bandenkriminalität gewählt<br />

wurde, stellt der Anstieg des Blutvergießens<br />

über Weihnachten<br />

und Neujahr eine Bedrohung für<br />

ihre Glaubwürdigkeit bei den<br />

Wählern dar“, schreibt das Magazin<br />

„Politico“.<br />

Als ersten Schritt eines Paradigmenwechsels<br />

kündigte die schwedische<br />

Regierung am 24. Jänner<br />

eine internationale Informationskampagne<br />

an, um Fremde davon<br />

abzuhalten, ins Land zu kommen.<br />

Im Koalitionsvertrag sind<br />

darüber hinaus noch weiter reichende<br />

Maßnahmen vorgesehen.<br />

So plant die Regierung eine Einschränkung<br />

von sogenannten Familienzusammenführungen<br />

und<br />

der Arbeitseinwanderung. „Die<br />

Einwanderung nach Schweden<br />

war nicht nachhaltig“, sagte Ministerpräsident<br />

Kristersson. „The<br />

Local Sweden“ zufolge könnte<br />

es auch zu strengeren Regeln für<br />

den Erwerb der schwedischen<br />

Staatsbürgerschaft kommen.<br />

Überhaupt will die Regierung<br />

diskutieren, „wie ein wirksamer<br />

gesamtstaatlicher Ansatz zur Bewältigung<br />

der Migrationsherausforderungen<br />

sichergestellt werden<br />

kann“.<br />

♦<br />

Bild: Sverigedemokraterna/Facebook<br />

Wirtschaftskommentar<br />

Wer soll das bezahlen?<br />

Bild: GSvA<br />

VON WALTER TRIBUTSCH<br />

Österreich ist ein Rechtsstaat. Allerdings<br />

erhebt sich die Frage ob diese Bezeichnung<br />

dem Sinn nach tatsächlich in jeder Hinsicht<br />

angewendet werden kann. Wer die<br />

Nachrichten auch auf anderen Kanälen als<br />

dem Staatsfunk verfolgt, wird möglicherweise<br />

über Diskussionen gestolpert sein,<br />

die dieses Faktum infrage stellen, oder besser gesagt, erklärt haben,<br />

dass diese Regelung eines Rechtsstaates nicht würdig sei.<br />

Es geht darum, dass Beschuldigte, die freigesprochen werden<br />

oder deren Verfahren letzten Endes eingestellt wurden, die<br />

Kosten, die sie zur Führung des Verfahrens an ihre Rechtsvertretung<br />

hatten zahlen müssen, ersetzt bekommen. Nicht nur<br />

Heinz-Christian Strache musste alles selbst bezahlen, auch<br />

Vertreter anderer Parteien, wie etwa Rudolf Fußi, ein Berater<br />

von Christian Kern und der SPÖ, beklagte in einem Gespräch<br />

auf Puls 4 diese Regelung. Er selbst war von der ÖVP mehrfach<br />

geklagt worden, hatte gewonnen und musste trotzdem zahlen.<br />

Selbst die ebenfalls anwesende Grüne, die ehemalige Bundessprecherin<br />

Eva Glawischnig, konnte dieser Regelung nichts<br />

Positives abgewinnen.<br />

Man stelle sich vor, dass eine Anklage, die zu einer Gerichtsverhandlung<br />

führt, bereits ausreicht, um einen unliebsamen<br />

Gegner finanziell zu ruinieren. Am Beispiel Strache ist dies<br />

sehr leicht nachvollziehbar. Er ist bisher in allen Fällen freigesprochen<br />

worden, eine der zahlreichen Anklagen läuft noch<br />

und wird demnächst zu einem Urteil führen. Allein, hätte er<br />

nicht selbst mittels geeigneter Rechtsvertretung seine Verteidigung<br />

übernommen, wäre er der Willkür ausgeliefert gewesen,<br />

und es ist wohl fraglich, ob es dann in gleicher Weise<br />

zu den entsprechenden Freisprüchen, bzw. Einstellungen des<br />

Verfahrens gekommen wäre.<br />

Natürlich bekommen auch in diesem Fall Mittellose einen<br />

bestellten Pflichtverteidiger. Wie profund der Fall allerdings<br />

von diesen angegangen wird, braucht wohl nicht hinterfragt<br />

zu werden. Im Fall von Strache, gab es nicht nur die Anklagen,<br />

sondern auch jede Menge an Vorverurteilungen. Das betrifft<br />

sowohl den Fall des zusammengeschnittenen, illegal zustande<br />

gekommenen Videos, das der ORF täglich mehrere Male zeigte,<br />

sondern nahezu jede unliebsame Äußerung wurde von diversen<br />

Medien in einer beispiellosen Kampagne skandalisiert.<br />

Zum Unterschied von anderen Politikern, die aus führenden<br />

Funktionen ausschieden, blieben Strache somit lukrative<br />

Funktionen in der Wirtschaft verwehrt. Ja mehr noch, er steht<br />

jetzt mit einem Kostenberg da, den er seinen Vernaderern, den<br />

Medien und dem ungerechten rechtlichen System in Österreich<br />

zu verdanken hat.<br />

♦<br />

5/2023 | ZUR ZEIT 15<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 12-15.indd 15 31.01.2023 14:<strong>05</strong>:27


Gastkommentar<br />

<strong>Intensivpatient</strong><br />

„Gesundheitssystem“<br />

VON MARCUS FRANZ<br />

Bild: Parlamentsdirektion/PHOTO SIMONIS<br />

Schon seit langer Zeit liegt er auf der<br />

Intensivstation. Manchmal geht es ihm<br />

besser, dann wieder deutlich schlechter.<br />

Im wahrsten Sinn des Wortes wird an<br />

ihm endlos herumgedoktert, aber leider<br />

werden aus den vollmundigen Therapieplanungs-Riesen<br />

nur allzu oft recht<br />

kleinlaute Umsetzungszwerge – und nichts geht weiter mit<br />

dem armen Patienten. Die Rede ist vom österreichischen Gesundheitssystem.<br />

Schuld an der Misere ist die Grundstruktur des heimischen<br />

Systems: Einerseits haben wir die sogenannte Paragraf-15a-Vereinbarung,<br />

die über Bund, Kassen und Länder<br />

Schuld an der Misere ist<br />

das komplizierte innerösterreichische<br />

System.<br />

in Form eines innerösterreichischen<br />

Staatsvertrages die<br />

Spitalsfinanzierung<br />

und -struktur regelt<br />

und zahlreiche Willensbekundungen und Qualitätswie<br />

Verbesserungsvereinbarungen enthält, letztlich aber<br />

national betrachtet zahnlos bleibt. Nur den Landeshauptleuten<br />

räumt sie für „ihre“ Spitäler jeweils viel Macht ein.<br />

Die wichtigste Grundlage dieser Vereinbarungen bildet der<br />

ÖSG (der „Österreichische Strukturplan Gesundheit“). Die<br />

Hälfte der Spitalsfinanzierung erfolgt über öffentliche Mittel<br />

(Steuern), der Rest über die Krankenkassen und das privat<br />

zugezahlte „Taggeld“.<br />

Andererseits haben wir die durch das ASVG festgeschriebene<br />

Selbstverwaltung der Kassen, die in weitgehender<br />

Autonomie die ambulante Versorgung durch die Kassenärzte<br />

bestimmt und auch gemeinsam mit der Ärztekammer<br />

festlegt, wie der niedergelassene Bereich gestaltet wird.<br />

Gleichzeitig müssen die Kassen aber auch bei den Spitälern<br />

mitzahlen (siehe oben, ca. 50 % der Spitalsfinanzierung),<br />

dürfen aber dort nicht mitreden. In Summe haben wir also<br />

ein gemischtes und kleinteiliges System, das noch immer<br />

durch viele Trennungslinien in organisatorischen wie auch<br />

finanziellen Belangen gekennzeichnet ist.<br />

Was wäre also zu tun? Statt den Fleckerlteppich aus Kassen,<br />

Bund und Ländern weiterhin durch kaum wirksame<br />

Reformen und zahllose Willensbekundungen zu strapazieren,<br />

wäre es sinnvoller, die Etablierung eines nationalen<br />

und einheitlichen Gesundheitssystems anzustreben.<br />

Dafür ist naturgemäß jener „große Wurf“ notwendig,<br />

von dem alle verantwortlichen Politiker seit Jahrzehnten<br />

Fortsetzung auf Seite 18<br />

Bild: Pixabay<br />

Gesperrte Spitalsbetten,<br />

überlastete Ärzte,<br />

lange OP-Wartezeiten,<br />

verwaiste Kassenarztstellen<br />

und verzweifelte<br />

Patienten. Österreichs<br />

Gesundheitssystem ist<br />

in einem katastrophalen<br />

Zustand. Besserung<br />

ist nicht in Sicht.<br />

Zumal die politisch<br />

Verantwortlichen die<br />

Haupt ursachen für<br />

dieses Desaster aus<br />

ideologischen Gründen<br />

ignorieren.<br />

16 ZUR ZEIT | 5/2023<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 16-25.indd 16 31.01.2023 14:06:54


Thema der Woche<br />

Österreichs Gesundheitsversorgung<br />

ist überlastet. Tiefgreifende<br />

Reformen sind nicht in Sicht<br />

<strong>Gesundheitswesen</strong><br />

vor dem Kollaps<br />

VON WERNER REICHEL<br />

Nur nicht krank werden! Wochenlange<br />

Wartezeiten auf Operationen<br />

oder Termine beim<br />

Facharzt, gesperrte Spitalsbetten,<br />

überlastete Ärzte etc. Das heimische<br />

<strong>Gesundheitswesen</strong> ist selbst<br />

zum Patienten geworden. Das<br />

hat nun auch der grüne Gesundheitsminister<br />

Johannes Rauch<br />

eingestanden. Was er in der ZiB2<br />

Ende November gesagt hat, ist<br />

eine Kombination aus Kapitulation,<br />

Resignation und Überforderung:<br />

„Viele sind gescheitert,<br />

und die Wahrscheinlichkeit zu<br />

scheitern, ist auch bei mir hoch<br />

(…) Ohne Reformen wird das Gesundheitssystem<br />

an die Wand<br />

gefahren.“ Diese Reformen sollen<br />

laut Rauch im Laufe dieses Jahres<br />

im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen<br />

von den Akteuren<br />

im Gesundheitssystem, von Bund,<br />

Ländern, Gemeinden, Ärztekammer<br />

und Sozialversicherung, auf<br />

den Weg gebracht werden. Sollte<br />

es zu keiner Einigung kommen,<br />

will Rauch selbst an den „großen<br />

Minister Rauch will den<br />

Personalmangel in den Spitälern<br />

durch mehr Zuwanderung lösen.<br />

Schrauben“ drehen. In welche<br />

Richtung diese Reformen gehen<br />

sollen, hat sein „Chief Medical Officer“,<br />

Katharina Reich, in einem<br />

Interview so skizziert: „Dafür haben<br />

wir Kompetenzzentren mit<br />

unterschiedlichen Schwerpunkten<br />

gegründet. Die sind eine Art<br />

Thinktank mit Expertinnen und<br />

Experten aus verschiedenen Bereichen.<br />

Eines erforscht, wie ein<br />

gesundheitsförderndes System<br />

aussehen muss – derzeit ist es ja<br />

eher auf Kranksein ausgerichtet.<br />

Das zweite befasst sich mit den<br />

Themen Zukunfts- und Gesundheitsförderung<br />

und Digitalisierung.<br />

Und im dritten Kompetenzzentrum<br />

geht es um<br />

Querschnittsthemen<br />

rund um Klima<br />

und Gesundheit.“<br />

Einen weiteren<br />

Punkt ergänzt Minister Rauch:<br />

„Wir haben in Österreich einen<br />

Arbeitskräftemangel und werden<br />

im Gesundheits- und Sozialbereich<br />

Zuwanderung brauchen.“<br />

Klima, Zuwanderung, Think<br />

Tanks, Expertinnen … Angesichts<br />

der dramatischen Zustände im<br />

<strong>Gesundheitswesen</strong> – allein in<br />

Wien sind derzeit knapp 900 Spitalsbetten<br />

gesperrt, weil es an<br />

5/2023 | ZUR ZEIT 17<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 16-25.indd 17 31.01.2023 14:07:24


Ärzte und Pflegepersonal sind in vielen Spitälern völlig überlastet<br />

<strong>Intensivpatient</strong> „Gesundheitssystem“<br />

Fortsetzung von Seite 16<br />

träumen. Der größte Brocken ist zweifellos der Spitalssektor:<br />

Bekäme man eine einheitliche österreichweite Spitalsplanung<br />

nicht nur theoretisch zustande (die gibt es nämlich<br />

schon längst im oben erwähnten ÖSG), sondern auch<br />

praktisch, indem man eine Trägerschaft aller öffentlichen<br />

Spitäler durch den Bund gesetzlich einrichtet, wäre für den<br />

stationären Bereich und die Spitalspatienten schon sehr viel<br />

gewonnen.<br />

Wenn dann noch das rigide Kassensystem flexibler wird,<br />

seine Tarife verbessert und jedem (!) niedergelassenen Arzt<br />

die vertragliche Verrechnung von Basishonoraren ermöglicht,<br />

ohne in seine Selbstständigkeit einzugreifen, wäre<br />

das System nahezu perfekt. Die freie Honorargestaltung<br />

des freien Berufes Arzt würde sich marktgemäß einpendeln<br />

und die Kassen bezahlten fixe Sockeltarife, damit niemand<br />

zu kurz kommt. Wir bräuchten dann kein Wahlarztsystem<br />

und keine Kassenplanwirtschaft mehr, und alle ambulanten<br />

Patienten würden profitieren.<br />

Dr. Marcus Franz ist Internist und war Abgeordneter zum Nationalrat.<br />

Bild: Unsplash/J. Borba<br />

Personal mangelt – klingen solche<br />

grünlinken Utopien wie eine<br />

gefährliche Drohung.<br />

Sollten das tatsächlich die<br />

Grundlagen für die geplanten<br />

Reformen sein, könnte unser<br />

schwerkrankes Gesundheitssystem<br />

schon bald ins Koma fallen.<br />

Diese grün-linken, planwirtschaftlichen<br />

Ansätze bedeuten<br />

unterm Strich vor allem mehr<br />

Kosten, Bürokratie, unproduktive<br />

Experten und nicht die dringend<br />

notwendigen Effizienzsteigerungen,<br />

Einsparungen und<br />

vor allem die Verbesserung der<br />

Arbeitsbedingungen für medizinisches<br />

Personal.<br />

Viel Zeit bleibt nicht, es kracht<br />

an allen Ecken und Enden. Zudem<br />

sind weitreichende und<br />

einschneidende Maßnahmen,<br />

die weit über Strukturreformen<br />

hinausgehen, notwendig, um<br />

die katastrophalen Zustände<br />

im <strong>Gesundheitswesen</strong> abzumildern,<br />

um einen finanziellen<br />

Kollaps, einen Zusammenbruch<br />

der Gesundheitsversorgung zu<br />

verhindern. Der massive Personalmangel<br />

bei Pflegepersonal<br />

und Ärzten, die Überlastung des<br />

Gesundheitspersonals, unbesetzte<br />

Spitalsabteilungen, die Qualitätsmängel<br />

und die Kostenexplosion<br />

enden schon jetzt für immer<br />

mehr Menschen tödlich. Etwa in<br />

der Steiermark, wo im Juli vergangenen<br />

Jahres zwei Menschen<br />

sterben mussten, weil kein Notarzt<br />

zur Verfügung stand. Alltag<br />

in Österreich. Vor wenigen Tagen<br />

berichtete der „Exxpress“ über<br />

die Zustände in Wiens Spitälern:<br />

„849 gesperrte Krankenhausbetten<br />

wegen des akuten Mangels<br />

an Ärzten und Pflegern, völlig<br />

überarbeitete Ärzte, weil sie<br />

Überstunden schieben müssen,<br />

und Patienten, die elendslang auf<br />

Operationen warten und sich im<br />

Stich gelassen fühlen.“ Solche<br />

Meldungen klingen, als würden<br />

sie aus der Dritten Welt stammen,<br />

nicht aus einem Land mit<br />

einem „der besten Gesundheitssysteme<br />

der Welt“, wie es noch<br />

Bundeskanzler Sebastian Kurz<br />

und sein grüner Gesundheitsminister<br />

Rudolf Anschober zu<br />

Beginn der Corona-Pandemie verkündet<br />

hatten. Lange haben Politiker<br />

aller Parteien sich und den<br />

Bürgern die Mär von einem der<br />

besten Gesundheitssysteme der<br />

Welt eingeredet. Das war auch<br />

schon vor zwei oder zehn Jahren<br />

eine falsche Darstellung. Die<br />

Mängelliste ist lang. Die Spitäler<br />

haben längst ihre Belastungsgrenzen<br />

überschritten. In Wien<br />

können aktuell 900 Stellen in der<br />

Pflege nicht mehr besetzt werden.<br />

Auch in den anderen Bundesländern<br />

ist die Situation dramatisch:<br />

Allein im Landeskrankenhaus<br />

Innsbruck sind derzeit 280 Betten<br />

wegen Personalmangels stillgelegt.<br />

Ein Wiener Arzt, der anonym<br />

bleiben will, hat die Situation an<br />

Wiens Spitälern so beschrieben:<br />

„Zu sagen, dass die Bettensituation<br />

auf den Normalstationen und<br />

18 ZUR ZEIT | 5/2023<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 16-25.indd 18 31.01.2023 14:07:42


Kinderärzte mit Kassenvertrag: In Österreich Mangelware<br />

den Intensivstationen die Hölle<br />

ist, wäre untertrieben. Wir alle<br />

sind am Ende. Auf der Intensiv<br />

beginnen wir zu triagieren.“ Triage<br />

bedeutet, zu entscheiden, welche<br />

Patienten behandelt werden<br />

und welche nicht mehr. Wenn<br />

in einem Gesundheitssystem bereits<br />

unter normalen Umständen<br />

triagiert werden muss, ist das<br />

eine Bankrotterklärung. Während<br />

der Corona-Pandemie war<br />

die Triage ein großes politisches<br />

und mediales Thema, weil es sich<br />

für die Corona-Politik instrumentalisieren<br />

ließ. Jetzt ist die Triage,<br />

nachdem man die Schuld an solchen<br />

Zuständen nicht mehr den<br />

Ungeimpften bzw. der Pandemie<br />

anlasten kann, plötzlich kein<br />

großes Problem mehr, weil politisches<br />

Versagen dafür verantwortlich<br />

ist.<br />

In Österreichs Spitälern herrschen<br />

Zustände, die sowohl für<br />

die Patienten als auch die Ärzte<br />

nicht mehr zumutbar sind. In<br />

Wien muss man etwa auf eine<br />

Hüftoperation durchschnittlich<br />

225 Tage warten und aufgrund<br />

der großen Belastungen sollen –<br />

so berichtet eine Ärztin – immer<br />

mehr Mediziner und Pfleger zu<br />

Drogen greifen. Laut einer Umfrage<br />

der Wiener Ärztekammer<br />

klagen drei Viertel der Spitalsärzte<br />

über eine hohe bzw. sehr hohe<br />

Arbeitsbelastung. 84 Prozent<br />

der Wiener Spitalärzte warnen,<br />

THEMA DER WOCHE<br />

dass es angesichts der Situation<br />

zu einem Qualitätsverlust bei<br />

der Behandlung von Patienten<br />

komme. Egal, wie dramatisch die<br />

Zeitungsberichte und die Appelle<br />

der Ärzte auch sein mögen, beim<br />

Wiener Gesundheitsstadtrat Peter<br />

Hacker (SPÖ) stoßen sie auf<br />

taube Ohren. In der Umfrage der<br />

Ärztekammer sieht er eine „Kampagne<br />

gegen die Wiener Spitäler“.<br />

Auch Gesundheitsminister<br />

Rauch versucht, das politische<br />

Versagen auf die Ärzteschaft abzuwälzen:<br />

„Die Ärztekammer ist<br />

Bild: Julio César Velásquez Mejía/Pixabay.com<br />

ein im wahrsten Sinne des Wortes<br />

gewichtiger Vertreter der Interessen,<br />

nämlich der Interessen<br />

der Ärzteschaft. Da geht es sehr<br />

viel um Bewahren und nicht so<br />

sehr um eine zukunftsfähige Gestaltung.“<br />

Solche Aussagen sind angesichts<br />

der Situation in den Krankenhäusern<br />

zynisch<br />

und unverantwortlich.<br />

Zwei Drittel der<br />

Wiener Spitalsärzte<br />

denken laut einer<br />

Umfrage über einen Jobwechsel<br />

nach. Erst im November hat ein<br />

Primararzt in der Klinik Floridsdorf<br />

wegen akuten Personalmangels<br />

das Handtuch geworfen. Der<br />

Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft<br />

fehlen derzeit<br />

rund zehn Prozent Ärzte. Nicht<br />

nur im Spitalsbereich, auch bei<br />

den niedergelassenen Ärzten ist<br />

Feuer am Dach. Allgemeinmediziner<br />

mit Kassenverträgen müssen<br />

pro Tag oftmals zwischen 100<br />

und 200 Patienten behandeln!<br />

Angesichts solcher Bedingungen<br />

verwundert es nicht, dass viele<br />

Kassenstellen nicht mehr besetzt<br />

werden können. Aktuell gibt es<br />

200 offene Stellen, davon 121 in<br />

der Allgemeinmedizin. In Österreich<br />

kommen mittlerweile 5.000<br />

Kinder auf einen Kinderarzt mit<br />

Kassenvertrag. Immer mehr<br />

Mediziner können und wollen<br />

sich dieser Dauerbelastung<br />

nicht mehr aussetzen, zumal<br />

Kassenverträge auch finanziell<br />

wenig lohnend und die Patienten<br />

oftmals problematisch sind.<br />

In Wien ist die Zahl der Kassen-<br />

Ordinationen für Allgemeinmediziner<br />

innerhalb von 25 Jahren<br />

um 144 zurückgegangen, obwohl<br />

die Stadt im selben Zeitraum von<br />

1,5 auf zwei Millionen Einwohner<br />

angewachsen ist. Weil Kassenverträge<br />

für Ärzte in vielerlei<br />

Hinsicht nicht mehr attraktiv<br />

sind, überlegt Minister Rauch,<br />

sie zu zwingen, als Kassenärzte<br />

zu arbeiten. Im vergangenen Jahr<br />

hat er vorgeschlagen, dass Medizinabsolventen<br />

verpflichtend als<br />

Kassenärzte arbeiten müssen.<br />

Gleichzeitig gibt es Überlegungen,<br />

das funktionierende Wahlarztsystem<br />

für Ärzte und Patienten<br />

unattraktiver zu machen bzw.<br />

ganz abzuschaffen. Sprich: Patienten,<br />

die aufgrund der widrigen<br />

Umstände nicht zu Kassenärzten<br />

84 % der Wiener Spitalsärzte<br />

warnen vor einem Qualitätsverlust<br />

bei der Patientenversorgung.<br />

gehen können oder wollen, müssten<br />

sich dann die Behandlung<br />

beim Arzt zu 100 Prozent selbst<br />

bezahlen. Ein gewichtiger Kritiker<br />

des Wahlarztsystems ist der<br />

Obmann der Österreichischen<br />

Gesundheitskasse (ÖGK), der Gewerkschafter<br />

Andreas Huss, der<br />

in diesem Bereich sogar „Korruptionspotenzial“<br />

ortet. Statt die<br />

5/2023 | ZUR ZEIT 19<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 16-25.indd 19 31.01.2023 14:07:55


THEMA DER WOCHE<br />

Jungärzte: Wünschenswert,<br />

wenn sie nach dem Studium<br />

in Österreich bleiben<br />

Ärzteauswanderung ist in der<br />

Statistik nicht erkennbar<br />

Bild: Tung Nguyen/Pixabay.com<br />

Andreas Huss, halbjährlicher Vorsitzender<br />

der Österreichischen Gesundheitskasse,<br />

über die Entwicklung des<br />

österreichischen Gesundheitssystems,<br />

seine Stärken und Schwächen<br />

Österreich gilt als das Land mit einem der besten<br />

Gesundheitssysteme Europas, ja eigentlich<br />

der ganzen Welt. Konnten wir diesen Status<br />

aufrechterhalten oder ist er uns mittlerweile<br />

abhandengekommen?<br />

Andreas Huss: Wir können immer noch<br />

stolz auf unser Gesundheitssystem sein.<br />

Bild: privat<br />

Im internationalen Vergleich haben wir<br />

eine sehr gute Abdeckung der Bevölkerung<br />

mit Versicherungsschutz und es gibt nur<br />

einen sehr geringen Anteil an nicht erfüllten<br />

Versorgungsnotwendigkeiten. Es gibt<br />

ein dichtes Netz an niedergelassenen Ärzten,<br />

meist in Einzelordinationen, die Kassenversorgung<br />

als Sachleistung ohne Zuzahlung<br />

leisten. Viele Gesundheitsberufe<br />

wie Physiotherapeuten, Ergotherapeuten,<br />

Logopäden und Psychotherapeuten sind so<br />

organisiert, dass auch diese Leistungen als<br />

Sachleistung auf Kassenkosten erbracht<br />

werden. Außerdem haben wir hochentwickelte<br />

moderne Krankenanstalten, die<br />

akute Operationen, Behandlungen und<br />

Therapien umsetzen. Ob das Ganze wirklich<br />

bestmöglich organisiert wird, ist eine<br />

andere Frage. Da gibt es immer was zu<br />

schrauben und zu verbessern. Ich denke,<br />

wir sind an einem Punkt, an dem ein paar<br />

Reparaturen notwendig sind.<br />

In der Vorgängerregierung wurden gravierende<br />

Änderungen unseres Systems der Krankenkassen<br />

vorgenommen. Wie stehen Sie zu<br />

den Änderungen?<br />

Huss: Von der schwarz–blauen Regierung<br />

unter Kurz und Strache wurde eine<br />

massive Machtverschiebung hin zu den<br />

Wirtschaftsvertretern umgesetzt, das war<br />

das hauptsächliche Ziel. In der Versicherung<br />

der Arbeitnehmer haben dadurch<br />

die Dienstgebervertreter die Selbstverwaltungsgremien<br />

gekapert und können<br />

20 ZUR ZEIT | 5/2023<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 16-25.indd 20 31.01.2023 14:08:12


THEMA DER WOCHE<br />

so über die Versorgung ihrer Mitarbeiter<br />

bestimmen. Das führt die Selbstverwaltung<br />

ad absurdum und muss dringend repariert<br />

werden. Mit der Fusionierung der<br />

Gebietskrankenkassen wurden überdies<br />

die bestehenden Netzwerke der regional<br />

organisierten Gesundheitsversorgung auf<br />

Länderebene durchtrennt. In den Bundesländern<br />

gibt es jetzt bei vielen Themen<br />

keine regionalen Ansprechpartner mehr,<br />

die wirklich Entscheidungen treffen können.<br />

Das erzeugt lange Wege, die man bei<br />

besserer Organisation der ÖGK verhindern<br />

könnte.<br />

Ursprünglich wurden uns seitens der damaligen<br />

Gesundheitsministerin Beate Hartinger-<br />

Klein Einsparungen in Millionengrößenordnungen<br />

versprochen. Wie der Rechnungshof<br />

2022 ermittelte, müssen wir nun im Gegenteil<br />

noch Geld dazuzahlen. Ist es das, was uns nun<br />

weiter bevorsteht, oder werden sich mittel- und<br />

langfristig doch noch Einsparungen herausstellen?<br />

Huss: ÖVP und FPÖ haben hier unseriöse<br />

Politik betrieben und die Bevölkerung<br />

absichtlich hinters Licht geführt. Alle haben<br />

gewusst, dass diese Ankündigung der<br />

Patientenmilliarde ein Schmäh war. Wir<br />

haben das auch von Anfang an immer<br />

wieder gesagt, und der Rechnungshof hat<br />

uns damals schon recht gegeben. Bei einer<br />

derartig großen Fusion von neun Unternehmen<br />

auf ein Neues gibt es erstens große<br />

Gefahren des Scheiterns, diese Gefahr<br />

wurde von den politisch Verantwortlichen<br />

in Kauf genommen. Zweitens ist bei Fusionen<br />

in der Größenordnung ein großer<br />

Wir brauchen Wissenschaftler,<br />

genauso wie Mediziner mit hoher<br />

Sozialkompetenz für die Patienten.<br />

monetärer und personeller Aufwand für<br />

die Abwicklung der Fusion einzukalkulieren,<br />

aber die Regierung hat das Gegenteil<br />

angekündigt. Das war unverantwortliche<br />

Fake-Politik. Aber jetzt müssen wir das Beste<br />

draus machen und gute Leistungen für<br />

die Versicherten bieten.<br />

Die Corona-Pandemie hat teilweise seltsame<br />

Blüten getrieben. Es hat noch nie so viele<br />

„Experten“ gegeben, die ihren Senf dazugegeben<br />

haben, wie in diesem Fall. Trotzdem ist vieles<br />

nicht so gelaufen, wie es die Bürger erwartet<br />

und auch gewünscht haben. Angelpunkt sind<br />

u.a. auch die Mengen an millionenfachem,<br />

Bild: U.S. Secretary of Defense/Wikimedia (CC BY 2.0)<br />

überzähligem Impfstoff, der seitens der Regierung<br />

mit Steuergeld gekauft wurde und nun<br />

verschenkt oder vernichtet werden muss. Was<br />

hätte man da anders machen müssen?<br />

Huss: Im Zuge der Impfstoffankäufe<br />

wurden mehr als 38 Millionen Einzeldosen<br />

geliefert. Wir hätten viel mehr Corona-<br />

Impfstoffe in das internationale COVAX-<br />

Programm spenden müssen, mit dem<br />

finanzschwache Länder bei der Corona-<br />

Impfung unterstützt werden. Hier sollten<br />

wir die internationale Solidarität hochhalten.<br />

Da wurden bei weitem nicht alle<br />

Möglichkeiten ausgeschöpft, und Millionen<br />

Impfstoffe sind ungenutzt vernichtet<br />

worden.<br />

Von namhaften Virologen kam nun das<br />

„Pandemie-Aus“. Dürfen wir dem glauben,<br />

oder weshalb gibt es immer noch, wie in Wien,<br />

Regelungen, die die Menschen in unserem<br />

Land einschränken?<br />

Huss: Wenn die Pandemie<br />

beendet wird, haben wir immer<br />

noch eine Endemie, die saisonal<br />

auftreten wird, so ähnlich wie bei der Grippe.<br />

Corona ist eine zusätzliche Krankheit,<br />

die in unserem Gesundheitssystem eine<br />

bestimmte Krankheitslast hervorruft. Das<br />

muss man im Auge behalten. Was die Regelungen<br />

mit der Maske angeht, halte ich<br />

es mit Ludwig. Eine Maske ist kein Folterinstrument.<br />

Sie wechseln nun jedes Halbjahr den Vorsitz<br />

des Verwaltungsrates der österreichischen Gesundheitskasse.<br />

Sollte diese Lösung beibehalten<br />

werden oder gäbe es da bessere Möglichkeiten,<br />

um Arbeitnehmer und -geber gleichermaßen<br />

einzubauen?<br />

Corona-<br />

Impfstoffe:<br />

Mehr als 38 Millionen<br />

Einzeldosen<br />

wurden<br />

nach Österreich<br />

geliefert<br />

5/2023 | ZUR ZEIT 21<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 16-25.indd 21 31.01.2023 14:08:28


THEMA DER WOCHE<br />

Pflegepersonal:<br />

Viele gut ausgebildete<br />

Pflegekräfte<br />

haben<br />

die Branche<br />

gewechselt<br />

Andreas Huss<br />

ist Chef der ÖGK<br />

und zentraler<br />

Bildungs sekretär<br />

der Gewerkschaft<br />

Bau-Holz<br />

Huss: Ich finde, diese Regelung mit dem<br />

wechselnden Vorsitz ist ein Auslaufmodell,<br />

das sich nicht bewährt hat. In Zukunft<br />

soll der Vorsitz wieder permanent bei der<br />

Arbeitnehmer-Vertretung sein. Die Selbstverwaltung<br />

der versicherten Arbeitnehmer<br />

kann nur so respektvoll gewährleistet werden.<br />

Ein ganz wesentliches Thema im <strong>Gesundheitswesen</strong><br />

ist der Mangel an Pflegepersonal.<br />

Es können vorhandene Krankenbetten nicht genutzt<br />

werden, weil uns die Schwestern fehlen.<br />

Wie wäre dieses Problem Ihrer Meinung nach<br />

zu lösen?<br />

Huss: Wir haben in den letzten Jahren<br />

viele gut ausgebildete Pflegekräfte<br />

verloren, weil sie in andere Branchen gewechselt<br />

sind. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer<br />

im Pflegeberuf<br />

ist sehr kurz, weil<br />

die Rahmenbedingungen<br />

oft nicht passen. Neben einer<br />

Verbesserung der Rahmenbedingungen<br />

bei den Dienstplänen<br />

und dem Gehalt sollte es meiner Ansicht<br />

nach auch eine Offensive geben, um bereits<br />

Ausgebildete in die Branche zurückzuholen.<br />

Auch im Ärztebereich ist es nicht zum Besten<br />

bestellt. Immer mehr wandern ins Ausland<br />

ab, weil sie dort besser verdienen können.<br />

Wie könnte hier Abhilfe geschaffen werden?<br />

Huss: Das mit der großen Auswanderungswelle<br />

ist in den Zahlen der Ärztekammer-Statistik<br />

nicht erkennbar. Vielmehr<br />

ist zu erkennen, dass es 2021 so viele neue<br />

Turnusärzte wie nie zuvor gegeben hat.<br />

Jedenfalls müssen wir darauf achten, dass<br />

Bild: Alt4ri0/pxhere.com<br />

Kinder aus ärmeren Familien können sich<br />

die teueren Vorbereitungskurse für den<br />

Medizinstudium-Aufnahmetest kaum leisten.<br />

genügend Nachwuchs für die öffentliche<br />

Gesundheitsversorgung nachkommt. Das<br />

muss Priorität haben für uns als Gesellschaft.<br />

Deshalb sollten wir wie in Deutschland<br />

eine Landarztquote einrichten, mit<br />

der junge Ärzte leichter einen Studienplatz<br />

bekommen, wenn sie sich vorstellen können,<br />

in schlecht versorgten Regionen in der<br />

Kassenversorgung mitzuhelfen.<br />

Ein wesentliches Kriterium ist das Aufnahmeverfahren<br />

zum Medizinstudium. Die Prüfungen<br />

sollen nicht immer die am besten Geeigneten<br />

zu den Ausbildungsplätzen bringen. Wie<br />

könnte man die Eignung für eine medizinische<br />

Tätigkeit besser prüfen?<br />

Huss: Im derzeitigen Aufnahmeverfahren<br />

zum Medizinstudium hatten wir jetzt<br />

jedes Jahr zirka zehnmal so viele Bewerber<br />

wie zu vergebende Studienplätze. Der<br />

Andrang zum Medizinstudium ist also<br />

riesig. Wenn man so eine große Auswahl<br />

hat, muss man trotzdem die richtigen Personen<br />

auswählen, oder zumindest den<br />

richtigen Mix, damit die gesellschaftlich<br />

notwendigen Aufgaben erfüllt werden<br />

können. Natürlich brauchen wir die „Oberchecker“,<br />

mit besten Ambitionen in der<br />

Wissenschaft, genauso wie junge Ärzte<br />

mit guter Ausbildung und der hohen Sozialkompetenz<br />

für die Zuwendungsmedizin<br />

direkt am Patienten. Hier sollte ein Mischverfahren<br />

entwickelt werden, das diesen<br />

Ansprüchen genügt. Derzeit gibt es ja beim<br />

Aufnahmeverfahren sogar so etwas wie<br />

eine besondere soziale Auswahl, weil fürs<br />

Durchkommen bestimmte teure Vorbereitungskurse<br />

fast Pflicht sind. Das können<br />

sich Kinder aus ärmeren Familien kaum<br />

leisten. Das kann nicht der Weisheit letzter<br />

Schluss sein.<br />

Andererseits haben wir eine große Anzahl<br />

an deutschen „Numerus-Clausus-Flüchtlingen“.<br />

Welche Regelungen könnten hier innerhalb<br />

Europas getroffen werden?<br />

Huss: Eine bestimmte Menge der Studienplätze<br />

ist für nicht-österreichische Studenten<br />

verfügbar. Das stärkt den europäischen<br />

Austausch und gleichzeitig können<br />

Österreicher auch woanders studieren. Das<br />

ist ein Zeichen für das Zusammenwachsen<br />

Europas. Dieser Austausch ist nicht die<br />

22 ZUR ZEIT | 5/2023<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 16-25.indd 22 31.01.2023 14:08:50


THEMA DER WOCHE<br />

Ursache für Besetzungsprobleme,<br />

die liegen anderswo.<br />

Viel zu viele öffentlich ausgebildete<br />

Ärzte werden nie<br />

für die Bevölkerung versorgungswirksam,<br />

verschreiben<br />

sich der Privatmedizin<br />

und entziehen sich der öffentlichen<br />

Versorgung. Hier<br />

müssen wir ansetzen und<br />

das Wahlarztsystem mit den<br />

überbordenden Freiheiten<br />

regulieren. Wir haben ein<br />

Problem, weil der Privatmedizinsektor<br />

mit viel Geld<br />

die ärztlichen Ressourcen<br />

absaugt. Wenn man sich<br />

anschaut, dass die Privatversicherungen<br />

jährlich einen<br />

Gewinn von einer Milliarde<br />

Euro einfahren, dann ist es<br />

höchste Zeit, das Problem<br />

anzugehen, sonst ist es zu<br />

spät.<br />

Was werden die künftigen<br />

Herausforderungen für das<br />

staatliche <strong>Gesundheitswesen</strong><br />

sein, die auf uns zukommen?<br />

Und wie müssten wir uns darauf<br />

einstellen?<br />

Huss: Die demografische<br />

Entwicklung wird unser<br />

Gesundheitssystem vor Herausforderungen<br />

stellen, die<br />

eine permanente Adaption<br />

der Rahmenbedingungen<br />

erfordern wird, um für alle<br />

eine gute Versorgung bieten<br />

zu können. In diesem<br />

Umfeld brauchen wir eine<br />

gewisse Bewegungsfreiheit,<br />

damit wir Verbesserungen<br />

auch wirklich auf den Boden<br />

bringen. Beim Ausbau<br />

der Primärversorgungszentren<br />

sehen wir, dass ein sehr<br />

gutes Konzept mit klaren<br />

Verbesserungen für die Bevölkerung<br />

nur langsam vorankommt,<br />

weil beharrende<br />

Kräfte eine zu starke Vetomacht<br />

haben. Wir müssen<br />

das System jetzt so stark<br />

aufstellen, dass wir für die<br />

Zukunft gerüstet sind.<br />

Das Gespräch führte Walter Tributsch.<br />

Rahmenbedingungen für den<br />

Kassenbereich zu verbessern,<br />

versucht man von politisch linker<br />

Seite das Wahlarztsystem für<br />

Ärzte und Patienten möglichst<br />

unattraktiv zu machen.<br />

Immer mehr Menschen sind<br />

gezwungen, trotz teurer Pflichtversicherung<br />

und persönlich angespannter<br />

finanzieller Lage vom<br />

dysfunktionalen, staatlichen auf<br />

das Wahlarztsystem oder in Privatordinationen<br />

auszuweichen.<br />

Die Zwei- oder Dreiklassenmedizin<br />

ist längst Realität. Wer nicht<br />

Monate auf einen Facharzttermin<br />

warten, nicht von einem<br />

überlasteten Mediziner in wenigen<br />

Minuten abgefertigt werden<br />

will, ist de facto gezwungen, zu<br />

einem Privat- oder Wahlarzt zu<br />

gehen, sprich sich die Untersuchung<br />

bzw. Behandlung ganz<br />

oder zum Teil selbst zu bezahlen.<br />

In der Bundeshauptstadt ist die<br />

Zahl der Wahlarzt-Praxen seit<br />

2010 um 30 Prozent auf knapp<br />

4.000 gestiegen.<br />

Wie kann ein finanziell bestens<br />

ausgestattetes staatliches<br />

Gesundheitssystem, von dem viele<br />

Politiker nach wie vor behaupten,<br />

es sei eines der besten der<br />

Welt, in einem derart schlechten<br />

Zustand sein? Noch im August<br />

vergangenen Jahres schrieb der<br />

„Standard“: „Die Krankenversorgung<br />

in Österreich ist eine<br />

der besten weltweit.“ Richtig ist<br />

vielmehr: Österreich hat eines<br />

der teuersten und angesichts<br />

des aktuellen Zustandes ineffizientesten<br />

Gesundheitssysteme<br />

der Welt: In der EU geben nur<br />

Deutschland und Frankreich<br />

mehr Geld für ihr <strong>Gesundheitswesen</strong><br />

aus. In Österreich lagen<br />

die Aufwendungen bei 11,5 Prozent<br />

des BIP (2020), der EU-Schnitt<br />

liegt bei 10,9. Vergangenes Jahr<br />

sind die Ausgaben in Österreich<br />

sogar auf 12,1 Prozent gestiegen.<br />

Der öffentliche Anteil der Gesundheitsausgaben<br />

ist in Österreich<br />

mit über 78 Prozent sehr<br />

hoch. Über 50 Milliarden sind<br />

Bild: pexels.com<br />

Zweiklassenmedizin: Wer es sich<br />

leisten kann, geht zu Wahlärzten<br />

vergangenes Jahr ins <strong>Gesundheitswesen</strong><br />

geflossen, etwa zehn<br />

Milliarden davon waren private<br />

Ausgaben und Investitionen. An<br />

zu wenig Geld kann es also nicht<br />

liegen.<br />

Eines der größten strukturellen<br />

Probleme, das von den<br />

meisten Verantwortlichen nicht<br />

einmal als solches erkannt wird:<br />

Die Kranken- und Sozialversicherung<br />

ist trotz ihres Namens keine<br />

Versicherung, sondern ein linkes<br />

Instrument zur Umverteilung,<br />

das längst in eine katastrophale<br />

Schieflage geraten ist. Würde die<br />

Sozial- und Krankenversicherung<br />

tatsächlich auf dem Versicherungsprinzip<br />

beruhen, so wie<br />

eine KFZ- oder Haushaltsversicherung,<br />

müssten die Beiträge<br />

nicht nach dem Einkommen des<br />

Versicherten berechnet werden,<br />

sondern nach seinem Alter, Gesundheitszustand,<br />

seiner Lebensweise<br />

etc. Schließlich kostet die<br />

Behandlung eines gebrochenen<br />

Armes bei einem Millionär genau<br />

so viel wie bei einem Hilfsarbeiter.<br />

Weil der Anteil jener, die zwar<br />

massiv „Versicherungs“-Leistungen<br />

in Anspruch nehmen, aber<br />

keine bzw. nennenswerten eigenen<br />

Beiträge einzahlen, immer<br />

größer wird, wird das Gesundheitssystem<br />

finanziell immer<br />

stärker belastet, die Qualität der<br />

Gesundheitsversorgung nimmt<br />

5/2023 | ZUR ZEIT 23<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 16-25.indd 23 31.01.2023 14:09:03


THEMA DER WOCHE<br />

Unser Gesundheitssystem steckt in<br />

der Krise. Personalmangel scheint<br />

eines der Kernprobleme zu sein. Wo<br />

verorten Sie die wesentlichsten Baustellen<br />

im System?<br />

Gerhard Kaniak: Viele Gesundheitsexperten<br />

und auch die<br />

jeweiligen Standesvertretungen<br />

haben schon seit Jahren auf einen<br />

durch die demographische<br />

Entwicklung ausgelösten Fachkräfte-<br />

und Ärztemangel im <strong>Gesundheitswesen</strong><br />

hingewiesen.<br />

Neben der Pensionierungswelle,<br />

welche erst in den nächsten Jahren<br />

ihren Höhepunkt erreichen<br />

wird, wurde die Situation im ärztlichen<br />

Bereich durch die letzte<br />

Arbeitszeitreform sowie durch<br />

den verstärkten Trend zur Teilzeitarbeit<br />

verschlimmert. Das<br />

Fass endgültig zum Überlaufen<br />

gebracht hat die Corona-Krise<br />

mit allen, vielfach auch durch die<br />

Regierungsmaßnahmen verstärkten,<br />

negativen Auswirkungen auf<br />

die Arbeitsbedingungen. Damit<br />

meine ich nicht nur die Herausforderung<br />

durch eine neuartige<br />

Erkrankung, sondern auch die<br />

Überlastung durch viele interne<br />

Krankenstände und Absonderungen<br />

sowie die vielfach bis heute<br />

andauernde Schikane durch<br />

FFP2-Masken und Impfpflicht,<br />

Einschränkungen der persönlichen<br />

Meinungsfreiheit und vieles<br />

mehr. Trotz der offensichtlichen<br />

Fehlentwicklung hat es weniger<br />

Demograhpie als Problem<br />

Der freiheitliche Gesundheitssprecher<br />

Gerhard Kaniak in <strong>ZZ</strong>-Gespräch über<br />

Mängel im heimischen <strong>Gesundheitswesen</strong><br />

Arzneimittel: In den heimischen Apotheken ist nicht immer alles erhältlich<br />

statt mehr Geld gegeben, zudem<br />

ist so gut wie nichts von den unzähligen<br />

COVID-Milliarden zur<br />

Verbesserung der Leistungsfähigkeit<br />

und Struktur unseres<br />

Gesundheitssystems ausgegeben<br />

worden.<br />

Auch im Niedergelassenen<br />

Bereich wurde die Entwicklung<br />

vollkommen verschlafen. Kurzfristige<br />

Abhilfe kann hier nur<br />

eine stärkere Integration der<br />

tausenden Wahlärzte in das Kassensystem<br />

bringen. Mittelfristig<br />

kann durch „Landarztstipendien“,<br />

Entbürokratisierung und ein<br />

überarbeitetes Aufgaben- und Honorarsystem<br />

viel getan werden,<br />

um das Berufsbild zu attraktiveren<br />

und den Kassenarztmangel<br />

nachhaltig zu beseitigen.<br />

Schon vor der Corona-Krise, die<br />

weitere Lieferengpässe im Medikamentenbereich<br />

verursacht hat, gab<br />

es solche Engpässe, die jetzt wieder<br />

verstärkt zu Tage treten. Ist Europa<br />

hier zu abhängig von Asien?<br />

Kaniak: Europa ist schon seit<br />

vielen Jahren im hharmazeutischen<br />

Bereich von Produzenten<br />

Bild: Ewa Urban/Pixabay.com<br />

Bild: flickr/Martin Juen<br />

kontinuierlich ab. Die Massenzuwanderung<br />

ist eines der größten<br />

Probleme unseres Gesundheitsund<br />

Sozialsystems.<br />

Sie belastet das <strong>Gesundheitswesen</strong><br />

auf mehreren Ebenen,<br />

das kann und wird vom grünen<br />

Gesundheitsminister aus ideologischen<br />

Gründen aber weder<br />

thematisiert und schon gar nicht<br />

problematisiert. Eine weitere<br />

Großbaustelle ist die Überalterung<br />

der heimischen Bevölkerung.<br />

Je höher das Durchschnittsalter<br />

der Bürger, desto höher die<br />

Ausgaben für Gesundheit und<br />

Pflege, desto niedriger die Einnahmen<br />

und desto dramatischer<br />

der Personalmangel bei Ärzten<br />

und Pflegepersonal. In den kommenden<br />

Jahren gehen die geburtenstarken<br />

Jahrgänge der Nachkriegsgeneration<br />

in Pension. Sie<br />

hinterlassen eine riesige personelle<br />

Lücke im Gesundheitssystem.<br />

Zudem wird das Sozial- und<br />

<strong>Gesundheitswesen</strong> zunehmend<br />

unfinanzierbar. Die Agenda Austria<br />

warnt, dass ohne entsprechende<br />

Maßnahmen: „… die Alterung<br />

der Gesellschaft die Kosten<br />

bei Gesundheit, Pflege und Pension<br />

andernfalls unkontrolliert<br />

wird steigen lassen.“<br />

2017 kamen drei Erwerbstätige<br />

auf einen Pensionisten, 2040 sind<br />

es nur noch zwei. Das ist keine unerwartete<br />

Entwicklung, das wissen<br />

die politisch Verantwortlichen<br />

seit vielen Jahren, trotzdem<br />

wurden nie Strategien entwickelt,<br />

wie man das Gesundheits-<br />

24 ZUR ZEIT | 5/2023<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 16-25.indd 24 31.01.2023 14:09:20


THEMA DER WOCHE<br />

Bild: flickr/Martin Juen<br />

aus Asien abhängig, ganz besonders<br />

bei den Rohstoffen. Durch<br />

den gestiegenen Kostendruck<br />

von Seiten der Sozialversicherungen<br />

(besonders im Bereich<br />

der patentfreien Arzneimittel),<br />

aber auch durch<br />

sehr strenge Umwelt- und<br />

Behördenauflagen wurden<br />

immer größere Teile<br />

der Produktion nach Asien<br />

verlagert. Wie groß die<br />

Abhängigkeit sowohl von<br />

asiatischen Produzenten<br />

als auch von funktionierenden<br />

Transportketten<br />

ist, hat sich bereits im<br />

Frühling 2020 gezeigt.<br />

Seitdem ist jedoch wenig<br />

geschehen, um diese Abhängigkeit<br />

zu reduzieren.<br />

Wo sehen Sie grundsätzlich im<br />

Pharmabereich bzw. im Bereich der<br />

Apotheken die großen Probleme?<br />

Kaniak: Zur Steigerung der<br />

Resillienz bedarf es einer größeren<br />

Fertigungstiefe bei Arzneimitteln,<br />

aber auch bei Medizinprodukten<br />

in Europa und<br />

Österreich. Da diese aber selbst<br />

bei optimalen Rahmenbedingungen<br />

und großzügigen Förderungen<br />

frühestens in 5 bis 10<br />

Jahren erreicht werden kann,<br />

system langfristig finanzieren<br />

kann, weil Politiker in der Regel<br />

nur bis zur nächsten Wahl denken.<br />

Wenn Minister Rauch den<br />

massiven Personalmangel mit<br />

„mehr Zuwanderung“ beheben<br />

möchte, ist das eine gefährliche<br />

Drohung. Ausgebildete medizinische<br />

Fachkräfte, also Ärzte oder<br />

Krankenpfleger, kommen nicht<br />

nach Österreich. Im Gegenteil:<br />

Vier von zehn Absolventen heimischer<br />

Medizinunis verlassen<br />

das Land. Außerhalb Österreichs,<br />

braucht es auch kurzfristige<br />

Maßnahmen. Eine davon wäre,<br />

die vollsortierten Arzneimittelgroßhändler<br />

zur Haltung eines<br />

größeren Lagers an bestimmten,<br />

besonders wichtigen<br />

Arzneimitteln<br />

zu verpflichten.<br />

Natürlich<br />

muss dafür auch<br />

eine Entschädigung<br />

gezahlt<br />

und eine Belieferungspflicht<br />

der<br />

Gerhard Kaniak:<br />

Der FPÖ-Gesundheitssprecher<br />

ist im Zivilberuf<br />

Apotheker<br />

Hersteller an den<br />

Großhandel eingeführt<br />

werden.<br />

Auch die öffentlichen<br />

Apotheken<br />

sollten stärker in<br />

diese Notfall-Bevorratung eingebunden<br />

werden, da hier im Falle<br />

des Falles die Versorgung vor<br />

Ort unmittelbar aufrecht gehalten<br />

werden kann. Die dafür notwendigen<br />

Auch im niedergelassenen<br />

Bereich wurde die Entwicklung<br />

vollkommen verschlafen.<br />

Bild: Parlamentsdirektion/PHOTO SIMONIS<br />

Notfallparagraphen<br />

in den verschiedenen<br />

Gesetzen fehlen allerdings<br />

noch.<br />

Unmittelbar gilt<br />

es, die in Europa noch<br />

vorhandenen Arzneimittel dort<br />

hin zu bekommen, wo sie am<br />

dringendsten benötigt werden.<br />

Gerade in diesem Bereich leistet<br />

der vielfach – aber vollkommen<br />

zu unrecht gescholtene – Arzneimittel-Parallelhandel<br />

wertvolle<br />

Dienste.<br />

♦<br />

etwa in der Schweiz, in Skandinavien<br />

oder den Golfstaaten<br />

sind die Bedingungen für Ärzte<br />

wesentlich besser. Und jene, die<br />

Österreich hat eines der teuersten<br />

Gesundheitssysteme in<br />

der Europäischen Union.<br />

nach Österreich zu Tausenden<br />

kommen, die Afghanen, Syrer,<br />

Tschetschenen etc., sind weder<br />

willens noch in der Lage, diese<br />

Lücke zu füllen, egal wie viel in<br />

„Integration“ investiert wird. Diese<br />

eingewanderten Gruppen sind<br />

auch für ein Problem im Gesundheits-<br />

und da vor allem im Spitalsbereich<br />

hauptverantwortlich, das<br />

politisch und medial weitgehend<br />

totgeschwiegen wird: Gewalt.<br />

2019 schlug deshalb sogar der<br />

ÖGB Alarm: „Wiener Spitäler:<br />

85 % des Personals Opfer von Gewalt“.<br />

Und die „Kronen Zeitung“<br />

titelte, ebenfalls 2019, über die<br />

Zustände in den Krankenhäusern<br />

in Oberösterreich: „Verbale<br />

und körperliche Gewalt im Spital<br />

steigt an.“<br />

Das ist eine weitere Entwicklung<br />

und zusätzliche Belastung,<br />

die die Ärzte und Pfleger massiv<br />

demotiviert, die auch Kassenverträge<br />

unattraktiv macht und<br />

die aus ideologischen Gründen<br />

völlig ignoriert wird. So lange<br />

die verantwortlichen Politiker<br />

und Funktionäre des <strong>Gesundheitswesen</strong>s<br />

nicht einmal bereit<br />

sind, die wahren Ursachen für<br />

die Probleme des Gesundheitssystems<br />

zu benennen und auf<br />

den Tisch zu legen, sind alle angedachten<br />

Reformen zum Scheitern<br />

verurteilt, ganz egal, wie<br />

die Kompetenzen und die Finanzierung<br />

künftig zwischen Bund,<br />

Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung<br />

aufgeteilt werden.<br />

Österreichs <strong>Gesundheitswesen</strong><br />

krankt an dem, woran das ganze<br />

Land leidet. Mit halbherzigen<br />

Strukturreformen können zwar<br />

Doppelgleisigkeiten und Ineffizienzen<br />

beseitigt, Einsparungen<br />

im überschaubarem Rahmen erzielt<br />

werden. Das ist wichtig und<br />

notwendig, allein damit wird<br />

man das Gesundheitssystem aber<br />

nicht retten und zukunftsfit<br />

machen können.<br />

Es braucht, wie in<br />

vielen anderen Bereichen<br />

des Staates und<br />

der Gesellschaft, ein Umdenken,<br />

einen grundlegenden politischen<br />

Wandel. Mit der türkis–grünen<br />

Regierung und der SPÖ ist dieser<br />

aber nicht möglich. ♦<br />

5/2023 | ZUR ZEIT 25<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 16-25.indd 25 31.01.2023 14:10:04


Vom Ende<br />

der Solidargemeinschaft<br />

Von Andreas Mölzer<br />

Unser Sozialsystem ist längst dramatisch überfordert.<br />

Die Solidargemeinschaft, die dieses Sozialsystem<br />

trägt, existiert im Grunde nur mehr in<br />

Restbeständen. Und der Generationenvertrag, der<br />

zur Erhaltung dieser Solidargemeinschaft notwendig<br />

ist, droht auch, obsolet zu werden. Die Ursachen<br />

für diese unselige Entwicklung sind vielfältig. Zum<br />

einen ist es natürlich die Überalterung, die daran<br />

schuld ist. Es gibt einfach im Vergleich zu den zu erhaltenden<br />

Pensionisten zu wenig jüngere Menschen<br />

im Arbeitsprozess als Einzahler ins Sozialsystem.<br />

Zum anderen ist es das allgemeine Sinken der Leistungsbereitschaft<br />

in unserer Gesellschaft und der<br />

ständig wachsende Hedonismus, das Streben nach<br />

egoistischer Selbstverwirklichung und der mangelnde<br />

Altruismus, der dazu führt. Und zu all diesen Dekadenzerscheinungen<br />

kommt dann noch die<br />

Massenzuwanderung<br />

von Menschen, die bislang<br />

nicht in unser Sozialsystem<br />

eingezahlt haben und mangels Integration<br />

und Brauchbarkeit für den Arbeitsprozess keine Leistungen<br />

in dieses System einbringen, sondern dieses<br />

vielmehr massiv belasten.<br />

Das bislang bei uns geltende Sozialsystem mit all<br />

seinen Facetten, der Krankenversicherung, der Pensionsversicherung<br />

und der allgemeinen Absicherung<br />

von sozial Schwachen, Erkrankten und Erwerbsunfähigen,<br />

stammt bekanntlich aus dem ausgehenden<br />

19. Jahrhundert. Im wilhelminischen Deutschland<br />

war es die Bismarcksche Sozialgesetzgebung und sowohl<br />

dort als auch in der Habsburgermonarchie war<br />

natürlich die junge Sozialdemokratie eine treibende<br />

Kraft beim Entstehen dieses Sozialsystems.<br />

Seine vollständige Ausformung fand dieses Sozialsystem<br />

sowohl in Deutschland als auch in Österreich<br />

erst in den Jahren der Republik nach dem Ersten<br />

Weltkrieg. Einen weiteren Schub erlebte die<br />

26 ZUR ZEIT | 5/2023<br />

Die romantische Idee der Volksgemeinschaft<br />

war es, die genuin die<br />

Basis für unsere Sozialsysteme schuf.<br />

Jeder muss selbst schauen, wie er zurechtkommt. Das könnte das M<br />

werden, wenn sich das System des Generationenvertrags nicht meh<br />

Sozialgesetzgebung während des Dritten Reichs,<br />

das sich explizit auf die Volksgemeinschaft bezog.<br />

Diese romantische Idee der Volksgemeinschaft,<br />

geboren im Nationalismus,<br />

der Zivilreligion des<br />

19. Jahrhunderts, war es,<br />

die genuin die Basis für unsere<br />

Sozialsysteme schuf.<br />

Die Idee von einem geschlossenen Volkskörper, in<br />

dem alle gleichermaßen so etwas wie eine Basisversorgung<br />

erhalten sollten, die Leistungsstarken ebenso<br />

wie die sozial Schwachen, Kranken, Behinderten<br />

und Bedürftigen, ermöglichte die Entwicklung einer<br />

Solidargemeinschaft, die ein solches Sozialsystem<br />

ermöglichen und vor allem finanzieren sollte.<br />

Dazu war eben nicht nur eine alle sozialen Schichten<br />

übergreifende Solidarität notwendig, sondern<br />

auch so etwas wie ein Generationenvertrag. Diesem<br />

entsprechend sollten Generationen in die Sozialkassen<br />

einzahlen, wobei die Eltern die Kindererziehung<br />

finanzieren sollten und die Jungen die Renten der<br />

älteren Generation. Das damit mögliche Versicherungssystem,<br />

wonach jede Generation in die Kassen<br />

einzahlen und jede Generation gleichzeitig die vorherige<br />

finanziert, funktioniert eben nur über Generationen.<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 26-27.indd 26 31.01.2023 14:13:24


NEU DENKEN<br />

Mit der Diskreditierung<br />

der Idee<br />

von der Volksgemeinschaft,<br />

die wegen der<br />

Verbrechen des Nationalsozialismus<br />

wohl<br />

zwangsläufig erfolgte,<br />

brach die Basis für diese<br />

generationenübergreifende<br />

Solidargemeinschaft<br />

eigentlich<br />

schon zusammen. Mit<br />

der zuvor geschilderten<br />

Entwicklung hin<br />

zu einer hedonistischen<br />

Gesellschaft<br />

und der parallel dazu<br />

erfolgten Massenzuwanderung<br />

von Menschen,<br />

die niemals<br />

adäquate Leistungen<br />

für die Sozialkassen erbrachten<br />

oder erbringen<br />

werden, war diese<br />

Solidargemeinschaft<br />

im Grunde hinfällig<br />

könnte das Motto der Altersvorsorge<br />

gs nicht mehr aufrechterhalten lässt<br />

Bild: y Okan Caliskan/Pixabay<br />

geworden. Nunmehr<br />

existiert sie gewissermaßen<br />

nur mehr in<br />

ihren Ausläufern und<br />

wird nach dem Motto<br />

„Loch auf, Loch zu“ über die kritischen Jahre gerettet.<br />

Und überdies ist sie nur mehr durch massive<br />

Zahlungen des Staates aus dem Steueraufkommen<br />

lebensfähig, aus ihrer eigenen Finanzierungskraft<br />

längst nicht mehr.<br />

Die logische Folge dieses indessen offenbar unabänderlich<br />

gewordenen Endes der Solidargemeinschaft<br />

ist die Rückkehr<br />

zu einem Klassen- und<br />

Kastensystem im Bereich<br />

des Sozialwesens. Ähnlich<br />

wie in den USA wird<br />

es bestenfalls eine rudimentäre Basisversorgung geben<br />

und wirklich aufwendige und den wissenschaftlichen<br />

Standards der Zeit entsprechende Leistungen<br />

und Behandlungen wird es nur mehr für jene geben,<br />

die es sich leisten können, die dafür bezahlen. So etwas<br />

wie eine Zwei- oder Drei-Klassen-Medizin ist die<br />

logische Folge dieser Entwicklung.<br />

Und natürlich wird es auch im Bereich der Altersversorgung<br />

maximal eine überaus geringfügige<br />

Basispension geben und darüber hinaus gehende,<br />

bis hin zum wirklichen Luxus reichende Pensionen<br />

wird es nur für Menschen geben, die dafür im<br />

Laufe ihres Arbeitslebens massiv bezahlen konnten.<br />

Auf die Solidargemeinschaft folgt<br />

die Rückkehr zum Klassen- und<br />

Kastensystem im Sozialwesen.<br />

Selbstversorgung und Eigeninitiative in Hinblick<br />

auf Lebensversicherungen und ähnliches werden<br />

die einzige Möglichkeit sein, dieses heruntergefahrene<br />

Sozialsystem für die individuelle Versorgung<br />

aufzubessern.<br />

In der multiethnischen Konflikt- und Ghetto-Gesellschaft,<br />

auf die wir offenbar auch im deutschsprachigen<br />

Mitteleuropa zusteuern, wird es also<br />

Sozialsysteme, die auf einer Solidargemeinschaft<br />

und einem Generationenvertrag basieren, im gesamtstaatlichen<br />

Bereich wohl nicht mehr geben.<br />

Ersetzt werden könnten diese bislang bestehenden<br />

Sozialsysteme vielleicht durch ein Wiederbeleben<br />

familiärer Verbände oder Sippenverbände oder<br />

durch einen sozialpolitischen Tribalismus, in dem<br />

gewisse Gruppen die Versorgung ihrer Mitglieder<br />

in sozialer Hinsicht übernehmen. Und dazu kommt<br />

eben die Selbstversorgung entsprechend begüterter<br />

Menschen und reicher Familien. In den Elendsvierteln<br />

und Parallelgesellschaften der Zukunft wird es<br />

so etwas wie gesamtstaatliche Volksgemeinschaft<br />

nicht mehr geben können<br />

Was dieses Wegfallen der bisherigen, mit unserem<br />

Sozialsystem verbundenen Gefühle der sozialen<br />

Sicherheit für die Menschen in unserem Lande<br />

bedeuten wird, ist noch nicht abzusehen. Sicher ist<br />

jedenfalls, dass ein solches Wegbrechen der sozialen<br />

Sicherungssysteme den gesamtgesellschaftlichen<br />

Zusammenhalt noch weiter schwächen wird. In einer<br />

fragmentierten und gespaltenen Gesellschaft<br />

wird es damit zweifellos zusätzlich zu Verteilungskämpfen<br />

und zu Auseinandersetzungen im Bereich<br />

des Arbeitsmarkts, des Wohnungsmarktes und der<br />

Bildungschancen kommen müssen.<br />

Mit dem Zusammenbruch und Obsoletwerden<br />

der als nationalsozialistisch stigmatisierten Volksgemeinschaft<br />

sind auch die anderen Nebenerscheinungen<br />

derselben, nämlich<br />

gesamtgesellschaftliche Solidarität<br />

in allen eben genannten<br />

Bereichen, weggefallen.<br />

Ein Verlust, der durch die<br />

Klassen-Solidarität, wie sie die Sozialdemokratie<br />

und der Marxismus predigten, längst nicht mehr<br />

ausgeglichen werden kann, da es eben kein Klassenbewusstsein<br />

und keine Arbeiterklasse mehr gibt.<br />

So könnte es sein, dass die Sozialsysteme, wie wir<br />

sie jetzt über ein Jahrhundert im deutschsprachigen<br />

Mitteleuropa genießen konnten, nur eine<br />

kurzfristige Episode in der Sozialgeschichte Europas<br />

darstellen. Davor war es eben der Feudalismus und<br />

danach wird es ein System sozialer Ungleichheit<br />

sein, und die Solidargemeinschaft wäre nur eine historische<br />

Erinnerung.<br />

♦<br />

5/2023 | ZUR ZEIT 27<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 26-27.indd 27 31.01.2023 14:13:36


FEUILLETON<br />

Ungeziefer statt Fleisch<br />

Es droht eine linke Ernährungsdiktatur<br />

Feuilleton<br />

VON WERNER REICHEL<br />

Bild: Wikipadia<br />

Im niederländischen Haarlem<br />

gilt ab 2024 ein Werbeverbot<br />

für Fleisch. Wurst und Fleischwaren<br />

dürfen künftig nicht mehr<br />

auf öffentlichen Bildschirmen<br />

beworben werden. Damit will<br />

Haarlem europäischer Vorreiter<br />

im Kampf gegen Fleischkonsum<br />

sein. Das Werbeverbot hat die<br />

Partei „GroenLinks“ initiiert –<br />

selbstverständlich, um das Klima<br />

zu retten. Fleischkonsum gilt<br />

in diesen Kreisen als eine<br />

wichtige Ursache für den<br />

Klimawandel. Zumindest<br />

vordergründig. Denn der<br />

Umweltschutz war seit Beginn<br />

der grünen Bewegung immer<br />

nur Vorwand für den sozialistischen<br />

Umbau der Gesellschaft.<br />

Die Welt soll nicht durch technischen<br />

Fortschritt, sondern durch<br />

Verzicht, Armut, Kollektivismus<br />

und „klimagefälliges“ Verhalten<br />

vor dem Untergang bewahrt werden.<br />

Das bedeutet nach den Vorstellungen<br />

grünlinker Politiker<br />

und internationaler Organisationen:<br />

kalte Wohnungen, rationierte<br />

Energie, Einschränkungen bei<br />

Flugreisen, ein Ende des motorisierten<br />

Individualverkehrs und<br />

eben der Verzicht auf Fleisch. Um<br />

den Bürgern das baldige Ende<br />

ihres angenehmen Lebens mit<br />

Eigenheim, Auto, Fernreisen und<br />

einem saftigen Steak auf dem<br />

Teller schmackhaft zu machen,<br />

drohen die Grünlinken, wie alle<br />

politischen oder religiösen Endzeitsekten,<br />

mit dem baldigen Untergang<br />

der Welt. Dieser könne<br />

nur abgewendet werden, wenn …<br />

In dieses „Wenn“ lässt sich<br />

alles packen, was grüne Marxisten<br />

und Globalisten verbieten,<br />

zerstören und verändern wollen:<br />

so auch den Fleischverzehr. Seit<br />

Jahren machen linke Vorfeldorganisationen<br />

gegen die Produktion<br />

und den Konsum von Fleisch<br />

mobil. So hat die Tierschutzorganisation<br />

PETA ernsthaft ein<br />

„Sex- oder Fortpflanzungsverbot<br />

für fleischessende Männer“<br />

gefordert. Durch übermäßigen<br />

Fleischkonsum würden Männer<br />

mehr zur Klimakatastrophe beitragen<br />

als Frauen, argumentieren<br />

die „Tierschützer“. Solche überzogenen<br />

Forderungen mögen absurd<br />

klingen, sind aber Teil einer<br />

Linke NGO fordert ernsthaft<br />

ein Fortpflanzugsverbot für<br />

fleischessende Männer.<br />

übergeordneten Strategie. Linke<br />

Gruppen wie PETA bereiten als<br />

Vorhut den Boden für linke Parteien<br />

und Regierungen.<br />

Weniger radikal, aber mit derselben<br />

Zielrichtung ist Greenpeace<br />

kurz vor Weihnachten<br />

an die Öffentlichkeit getreten:<br />

„Weihnachtlicher Bohnen-Braten<br />

viermal klimafreundlicher als<br />

Fleischmenü.“ Bohnen statt Festtagsbraten.<br />

Solche Kampagnen<br />

dienen auch dazu, die Gesellschaft<br />

zu spalten: Wer ein guter<br />

Mensch sein will, verzichtet auf<br />

Fleisch, alle anderen sind böse<br />

Klimaschädlinge. Mit solchen<br />

Kampagnen werden linke Anliegen<br />

in der Gesellschaft verankert<br />

und ein Bewusstsein für<br />

künstliche Probleme geschaffen.<br />

Nach und nach greifen die Mainstreammedien<br />

diese Themen auf.<br />

Seit Jahren propagieren sie vegetarische<br />

Ernährung als Trend für<br />

den modernen Menschen.<br />

Auch die Wirtschaft ist längst<br />

auf diesen Zug aufgesprungen.<br />

Im Jänner trommelten Handelsketten<br />

wie Edeka, Penny und DM<br />

für den „Veganuary 2023“: Motto:<br />

„Probier’s vegan“ Die „Neue<br />

Westfälische“: „Ziel ist es, mehr<br />

Menschen an eine rein pflanzliche<br />

Ernährung heranzuführen<br />

und Hemmschwellen zu senken.<br />

Prominente Unterstützer der Aktion<br />

sind unter anderem der Arzt<br />

Eckart von Hirschhausen oder<br />

Schauspieler Hannes Jaenicke.“<br />

Hier sind alle linken Akteure, die<br />

den gesellschaftlichen Wandel<br />

vorantreiben wollen, versammelt:<br />

NGOs, Medien, Wirtschaft,<br />

Wissenschaft, Kultur und Promis.<br />

Die Parteien und die Regierung<br />

können auf diesen Kampagnen<br />

aufsetzen. Linke sprechen<br />

bei solchen Umerziehungsmaßnahmen<br />

gerne von einer Wende:<br />

Energiewende, Klimawende,<br />

Mobilitätswende. Es gibt auch<br />

den Begriff der „Fleischwende“.<br />

Nachzulesen im „Fleischatlas“,<br />

den die grüne Heinrich-Böll-Stiftung<br />

herausgibt. Darin heißt es:<br />

„Ernährung ist zwar individuell.<br />

Doch Gesetze und Regeln können<br />

unsere Konsumentscheidungen<br />

steuern.“<br />

Bereits 2010 wollten die deutschen<br />

Grünen einen „Veggie Day“<br />

einführen. Das führte damals zu<br />

heftigen Debatten, mittlerweile<br />

rufen solche Vorstöße kaum noch<br />

kritische Reaktionen hervor. Man<br />

hat die Menschen lange genug in­<br />

28 ZUR ZEIT | 5/2023<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 28-29.indd 28 31.01.2023 14:14:25


doktriniert. Jetzt hält das politmediale<br />

Establishment die Zeit<br />

reif, breitflächig gegen Fleischkonsum<br />

und -produktion vorzugehen.<br />

Die EU hat bereits Pläne in<br />

der Schublade und erhöht bezüglich<br />

der Einhaltung der Emissionswerte<br />

den Druck. Über diesen<br />

Hebel bestehe die Möglichkeit, so<br />

die „Epoch Times“, dass „ein Mitgliedsland<br />

in naher Zukunft eine<br />

Steuer auf oder sogar ein völliges<br />

Verbot der Fleischproduktion verhängen<br />

wird.“<br />

Die Zeitung geht davon aus,<br />

dass solche Maßnahmen als<br />

erstes in Dänemark oder den<br />

Niederlanden eingeführt werden.<br />

Andernfalls könnten diese<br />

FEUILLETON<br />

Staaten Probleme mit der EU bekommen,<br />

weil sie rechtlich verpflichtende<br />

Netto-Null-Pläne für<br />

Emissionen und Klimakennzahlen<br />

festgeschrieben haben. Die<br />

Saxo Bank prognostiziert, dass<br />

bereits heuer das erste EU-Land<br />

beschließen könnte, seine gesamte<br />

Fleischproduktion bis 2030 zu<br />

verbieten. Um das Ziel von Netto-<br />

Null-Emissionen bis 2<strong>05</strong>0 zu erreichen,<br />

schreibt die Saxo Bank,<br />

müsse der Fleischkonsum vom<br />

derzeitigen OECD-Durchschnitt<br />

von etwa 70 kg pro Person und<br />

Jahr auf 24 kg gesenkt werden.<br />

In den Niederlanden wird diese<br />

linke Agenda bereits umgesetzt,<br />

trotz massiver Proteste der<br />

Landwirte. Die Regierung hat ein<br />

entsprechendes Maßnahmenpaket<br />

beschlossen, das für rund ein<br />

Drittel der Viehbetriebe das Aus<br />

bedeuten könnte. Offiziell geht es<br />

darum, die Stickstoff-Produktion<br />

bis 2030 um die Hälfte zu verringern.<br />

Zu diesem Zweck will man<br />

sogar landwirtschaftliche Betriebe<br />

zwangsenteignen.<br />

Wie die Bürger zu einem<br />

Fleischverbot stehen, interessiert<br />

die Eurokraten nicht. Deshalb<br />

könnten Fleischesser schon bald<br />

am selben Pranger mit Corona-<br />

Leugnern, Reichsbürgern und<br />

anderen Staatsfeinden stehen.<br />

Eine Alternative zum Fleisch haben<br />

EU, UNO und Linke bereits:<br />

Insekten. Nach gelbem Mehlwurm<br />

und Wanderheuschrecke<br />

Niederlande: Massive Bauernproteste gegen Zwangsenteignungen<br />

sind nun auch Hausgrille und die<br />

Larven des Getreideschimmelkäfers<br />

als Lebensmittel zugelassen<br />

worden. Das Pulver der Insekten<br />

darf in viele Lebensmittel beigemengt<br />

werden. Von EU und<br />

den Vereinten Nationen heißt es:<br />

Insekten seien eine ökologische<br />

und „nahrhafte und gesunde<br />

Nahrungsquelle mit hohem Fett-,<br />

Protein-, Vitamin-, Ballaststoffund<br />

Mineralstoffgehalt“. Laut der<br />

neuen EU-Durchführungsverordnung<br />

darf die in Vietnam ansässige<br />

„Cricket One Co. Ltd“ fünf<br />

Jahre lang exklusiv das Pulver der<br />

Hausgrille in Europa in Umlauf<br />

bringen. Das ist erst der Anfang.<br />

Nun sollen die Bürger schrittweise<br />

an ihre neue Ungeziefer-Nahrung<br />

gewöhnt werden. ♦<br />

Bild:Twitter<br />

Bild: Hafenecker<br />

Buzzis<br />

Flimmerkiste<br />

Höhepunkt der Antrittsrede<br />

des BP war die<br />

Aussage, mit der er seiner<br />

Begleiterin Doris S. herzlich<br />

für die geleistete Inspiration<br />

in seinem Berufsleben<br />

dankt. Die Sitznachbarin,<br />

die Witwe Klestil, schaute<br />

dem Geschehen indigniert<br />

zu. Die freiheitlichen Mandatare<br />

machten beim zustimmenden<br />

Gejohle nicht<br />

mit und blieben sitzen.<br />

Ein besonderes „Zuckerl-<br />

Foto“ erschien in der „Presse“:<br />

Ex-Präsident Fischer<br />

mit der „First Lady“ (Originaltext)<br />

Doris Schmiedauer,<br />

wie sie gemeinsam<br />

dem „Meister“ lauschten.<br />

Übrigens: Der Herr Sobotka<br />

legte während der Bundeshymne<br />

pathetisch und ein<br />

wenig „Napoleon-like“ die<br />

Hand unter dem Sakko auf<br />

die Brust. Also, Unterwürfigkeit<br />

geht doch …<br />

Es muss gesagt werden:<br />

Buzzi ist seit Jahren gerne<br />

bei „Bares für Rares“ im<br />

ZDF. Leider gibt es 2023<br />

noch immer Wolfgang, den<br />

Aussiedler aus Tirol, den<br />

es ja in das Allgäu getrieben<br />

hat. Er ist nach wie vor<br />

zum … Vergessen. Also, so<br />

lange er nicht erscheint, ist<br />

Buzzi gerne dabei. ♦<br />

VdB bei seiner Angelobung<br />

5/2023 | ZUR ZEIT 29<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 28-29.indd 29 31.01.2023 14:14:49


Gesellschaft<br />

VON ANTON LANG<br />

Christoph Chorherr, stellvertretender<br />

Vorsitzender des Gemeinderatsausschusses<br />

für Wohnen<br />

und Stadterneuerung sowie<br />

Sprecher der Wiener Grünen für<br />

Stadtplanung, und gleichzeitig<br />

Obmann des „Wohltätigkeits“-<br />

Vereins „s2earch“ (was immer<br />

das heißen mag), wurde kürzlich<br />

in einem aufsehenerregenden<br />

GESELLSCHAFT<br />

Grünes Unschuldslamm<br />

Chorherr erstinstanzlich freigesprochen<br />

Bild: Rathauskorrespondenz<br />

Korruptionsprozess vom<br />

Vorwurf des Amtsmissbrauchs<br />

und der Bestechlichkeit<br />

freigesprochen<br />

– ebenso, wie zahlreiche<br />

namhafte Wiener Immobilieninvestoren,<br />

die<br />

seinerzeit großzügige<br />

Spenden an den Chorherr-Verein<br />

getätigt<br />

hatten.<br />

Darunter etwa Michael<br />

Tojner und die<br />

Familie Soravia, in<br />

deren mutmaßlichem<br />

Interesse zahlreiche Widmungen<br />

erfolgt sind. Im Falle Tojner sogar<br />

gegen massiven Widerstand der<br />

Grünen Parteibasis, von zahlreichen<br />

Bürgerinitiativen ganz abgesehen.<br />

Im Unternehmensgeflecht<br />

der Familie Soravia wurde Chorherr<br />

im Anschluss an seine politische<br />

Karriere sogar mit einem<br />

Beratervertrag versorgt.<br />

Obwohl Chorherr nicht nur<br />

als grüner Spitzenpolitiker, sondern<br />

auch anschließend in der<br />

Privatwirtschaft weit über dem<br />

Durchschnittsgehalt der Durchschnittsbevölkerung<br />

entlohnt<br />

wurde, beklagte der Parteifunktionär<br />

bald nach seinem Freispruch<br />

die immensen „sechsstelligen“<br />

Kosten, die er im Zuge des<br />

Verfahrens zu tragen habe; dabei<br />

ist die Causa noch nicht einmal<br />

vom Tisch, denn die Staatsanwaltschaft<br />

hat unmittelbar danach<br />

Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet.<br />

Nun kann man sagen: Ein<br />

grüner Spitzenpolitiker, der im<br />

Interesse der armen Kinder in<br />

Afrika Gelder aufgetrieben hat,<br />

ist ein gutwilliger, altruistischer<br />

Mensch. Wenn allerdings hohe<br />

Spendensummen zufällig von<br />

jenen Bau- und Immobilienentwicklern<br />

eingehen, die sich<br />

gleichzeitig Widmungen erwarten,<br />

bekommt die Sache schon<br />

eine äußerst schiefe Optik – zumal<br />

nicht davon auszugehen ist,<br />

Klebe-Söldner<br />

Menschen, die für Geld oder<br />

eben für Entlohnung in<br />

den Kampf zogen, pflegte man in<br />

historischen Zeiten verächtlich<br />

„Söldner“, im Mittelalter „Soldknechte“<br />

zu nennen. Wenn wir<br />

nun in unseren Tagen erfahren,<br />

dass angeblich idealistische Klimaschützer,<br />

wie sie etwa in den<br />

Reihen der „letzten Generation“<br />

organisiert sind, für ihre skurrilen<br />

Klebeaktionen ein regelrechtes<br />

Gehalt beziehen, stimmt uns<br />

das schon nachdenklich.<br />

Einerseits mag man es ja begrüßen,<br />

wenn US-amerikanische<br />

Milliarden-Erben – Namen wie<br />

Rockefeller und Getty werden<br />

kolportiert – als selbsternannte<br />

Philanthropen die<br />

gegenwärtigen Protestaktionen<br />

finanzieren und<br />

für Vollzeit-Aktivisten<br />

Monatsgehälter von bis<br />

zu tausend Euro ermöglichen.<br />

Als Erben von<br />

Öl-Baronen und Waffen-<br />

Produzenten wollen sie damit<br />

möglicherweise so etwas wie<br />

tätige Reue üben.<br />

Andererseits fördern sie damit<br />

gezielt Straftaten, für die es<br />

künftig wohl auch hierzulande<br />

Haftstrafen geben könnte. Ziviler<br />

Ungehorsam im Dienste einer<br />

guten Sache, nämlich des Klimaschutzes,<br />

müsse legal bleiben,<br />

heißt es in diesen Kreisen. Dass<br />

sich nunmehr aber die Fälle häufen,<br />

in denen diverse<br />

Klebe-Aktionen und Straßenblockaden<br />

kausal zur Schädigung von<br />

Leib und Leben unbeteiligter Bürger<br />

geführt haben, wird ignoriert.<br />

Wann wird legitimer Protest zu<br />

kriminellem Terrorismus? Das<br />

ist die Frage, der sich auch die<br />

amerikanischen Philanthropen<br />

und ihre heimischen Söldner stellen<br />

müssen.<br />

A. MÖLZER<br />

Bild: Wikipedia<br />

30 ZUR ZEIT | 5/2023<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 30-31.indd 30 31.01.2023 14:22:00


GESELLSCHAFT<br />

dass ihn mit all den edlen Spenden<br />

eine alte Freundschaft verbunden<br />

hatte – wie im Falle Strache-Grubmüller<br />

etwa. Aus dieser<br />

Perspektive heraus wäre eine<br />

Gabe an eine nahestehende Institution<br />

des Freundes auch noch<br />

irgendwie verständlich. Wenn<br />

allerdings gleichzeig zu und nach<br />

erfolgten Widmungen exorbitante<br />

Beträge an einen Verein gehen,<br />

der noch dazu von der Stadt Wien<br />

üppigst subventioniert wird, und<br />

nicht einmal im Stande ist, eine<br />

ordentliche Rechnungslegung<br />

nachzuweisen, dann bekommt<br />

die Sache tatsächlich einen ziemlich<br />

ungustiösen Beigeschmack.<br />

Die Stadt Wien förderte den privaten<br />

Verein Chorherrs mit einer<br />

halben Million Euro jährlich. Als<br />

Chorherr aus diesem Grunde vor<br />

dem städtischen Untersuchungsausschuss<br />

auf die merkwürdige<br />

Abrechnungspraxis des öffentlich<br />

subventionierten Vereins angesprochen<br />

wurde, meine er lapidar:<br />

„Hätte der Verein in seinen<br />

Berichten und der Rechnungslegung<br />

alles auf Punkt und Beistrich<br />

so festgehalten, wie es im<br />

Nachhinein verlangt wurde, so<br />

hätten zwei Drittel der Projekte<br />

nicht stattgefunden.“ Ob er sich<br />

dabei auf seine Projekte im fernen<br />

Afrika oder auf die Bauprojekte<br />

seiner spendenfreudigen Wiener<br />

Immo-Freunde bezog, blieb offen.<br />

Hinzu kommen belastende<br />

Chats, etwa jene von Heumarkt-<br />

Investor Michael Tojner, der<br />

ebenfalls angeklagt war und<br />

freigesprochen wurde: In dessen<br />

E-Post-Ordner wurde eine Nachricht<br />

gefunden, in der am Tag<br />

der erwünschten Genehmigung<br />

eine Mitarbeiterin Tojners an<br />

ihren Chef schrieb: „Vassi (gem.<br />

Maria Vassilakou) und Chorherr<br />

brav!“. Einen Tag später schrieb<br />

sie erneut an Tojner unter „offene<br />

Beträge“: „Außerdem wolltest Du<br />

bei Widmung ITHUBA 5000 Euro<br />

spenden.“<br />

Die Widmung war also Voraussetzung<br />

für die Spende. Tatsäch-<br />

Aus für Max Mell<br />

Nun macht die aus Kommunisten,<br />

Grünen und<br />

Sozialdemokraten bestehende<br />

Regierungskoalition in Graz,<br />

Nägel mit Köpfen: Straßen<br />

und Plätze, die nach historisch<br />

belasteten Persönlichkeiten<br />

benannt waren, werden umbenannt.<br />

Der Anfang wird mit<br />

dem Dichter Max Mell gemacht.<br />

Nun mag man von der Qualität<br />

seiner Werke halten, was man<br />

will. Er wurde aber von seinen<br />

Zeitgenossen so geschätzt, dass<br />

er immerhin 1954 den großen<br />

österreichischen Staatspreis für<br />

Literatur erhielt und 1956 Ehrenmitglied<br />

der Akademie der Wissenschaften<br />

wurde.<br />

Einerseits steht seine Nähe<br />

zum Nationalsozialismus außer<br />

Zweifel, wiewohl er auch ein<br />

lich ist die erwünschte Summe<br />

geflossen. Als weiterer Gönner<br />

erwies sich die Familie Soravia.<br />

Auch sie waren auf Widmungen<br />

angewiesen – so etwa bei den<br />

„Flats Danube“-Türmen an der<br />

Neuen Donau.<br />

Ein Turm wurde an einer Stelle<br />

errichtet, an der zunächst eine<br />

Bebauungshöhe von 26 Metern<br />

zulässig war.<br />

War. Denn nach entsprechender<br />

Widmung waren es plötzlich<br />

163 Meter. Alles nur Zufall?<br />

Der „Falter“ etwa, der seit Jahren<br />

gegen die „schiefe Optik“ von<br />

Strache und Gudenus anschreibt,<br />

stellte Chorherr, trotz verheerender<br />

Optik, schon lange vor dem<br />

Verfahren gleichsam einen Persilschein<br />

aus, während er FPÖ-nahe<br />

Vereine, in die private, keine öffentlichen<br />

Mittel geflossen sind<br />

– noch dazu während der Oppositionsphase<br />

– an den Pranger stellt.<br />

Und das, obwohl die Mittel kaum<br />

angetastet wurden.<br />

Auch in der Causa PRIKRAF<br />

gab es massive Vorverurteilungen<br />

Bild: Privat<br />

durchaus differenziertes Verhältnis<br />

zum Regime hatte. Joseph<br />

Goebbels persönlich erließ<br />

Aufführungsverbote für zwei<br />

seiner Dramen. Und er selbst<br />

lehnte die ihm angetragene Leitung<br />

der Reichsschrifttumskammer<br />

Wien ab. ´Ándererseits darf<br />

man an die Denkmalstürmer<br />

in Graz und anderswo die Frage<br />

richten, wie das umgekehrt mit<br />

historischen Größen aus dem<br />

kommunistischen Bereich gehandhabt<br />

wird.<br />

Wird der in Wien nach Bert<br />

Brecht benannte Platz nun auch<br />

umbenannt, da der Autor der<br />

„Dreigroschenoper“ ein unbestrittenes,<br />

wenn auch ambivalentes<br />

Naheverhältnis zum<br />

menschenmordenden „DDR“-<br />

Regime hatte? A. MÖLZER<br />

Auch bei „Erzfeind“ H.-C. Strache wurden<br />

die Klagen der WKStA immer abgeschmettert:<br />

Da stellt sich die Frage nach<br />

der Kompetenz dieser Staatsanwaltschaft<br />

– Ergebnis: Freispruch für Strache<br />

und Grubmüller.<br />

Wenn grüne Bonzen vor Gericht<br />

stehen, sind sie notorisch<br />

unschuldig oder es war ein unrühmlicher<br />

„Zwischenfall“. Trifft<br />

es hingegen einen Freiheitlichen,<br />

so ist die Partei, trotz ausschließlich<br />

Freisprüchen, genuin korrupt.<br />

♦<br />

5/2023 | ZUR ZEIT 31<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 30-31.indd 31 31.01.2023 14:16:07


GESCHICHTE<br />

Vor 50 Jahren …<br />

Innsbruck<br />

Große Freude in Tirol. Am<br />

4. Februar 1973 wählt<br />

das Internationale Olympische<br />

Komitee (IOC) Innsbruck<br />

– nach 1964 bereits<br />

zum zweiten Mal! – als Austragungsort<br />

der XII. Olympischen<br />

Winterspiele 1976.<br />

Die Vorgeschichte: Ursprünglich<br />

bewarb sich<br />

Innsbruck gar nicht um die<br />

Austragung, weil man angesichts<br />

der Winterolympiade<br />

1964 keine Chance sah, so<br />

schnell wieder an die Reihe<br />

zu kommen. Daher konnte<br />

sich bei der Abstimmung<br />

im IOC am 12. Mai 1970 die<br />

Stadt Denver im US-Bundesstaat<br />

Colorado gegen die<br />

restlichen Bewerber Sitten<br />

(frz. Sion; im<br />

schweizerischen<br />

Kanton<br />

Wallis), dem<br />

finnischen<br />

Tampere,<br />

Vancouver<br />

(Kanada) und<br />

Granada in<br />

Südspanien<br />

durchsetzen.<br />

Nachdem<br />

sich in Denver<br />

die Mehrheit<br />

der Einwohner gegen<br />

die Austragung aussprach<br />

und Sitten wegen finanzieller<br />

Schwierigkeiten absagte,<br />

kam es zu einer neuerlichen<br />

Ausschreibung. Jetzt bewarben<br />

sich Chamonix, Lake<br />

Placid (USA), wiederum<br />

Tampere und schließlich<br />

Innsbruck. Die Tiroler setzten<br />

sich triumphal durch:<br />

Innsbruck erhielt die Spiele<br />

fast einstimmig (bloß ein<br />

Austragungsort 1976<br />

Bild: Simon Legner/Wikimedia (CC BY-SA 4.0)<br />

IOC-Delegierter stimmte dagegen).<br />

E. K.-L.<br />

Unschuldig!<br />

Unabweisliche Nachweise für die Unschuld der<br />

Südtiroler Freiheitskämpfer während der 1960er<br />

Bombenjahre – Teil 2<br />

VON HERROLT VOM ODENWALD<br />

Schon von Anfang an hatten sich<br />

daran jedoch äußerst auffällige<br />

Widersprüche ergeben. Bereits<br />

nach den ersten italienischen<br />

Meldungen, die österreichischen<br />

Stellen übermittelt worden<br />

waren, ließ sich der Osttiroler<br />

Bezirks hauptmann Dr. Doblander<br />

am 26. Juni mit<br />

einem Hubschrauber<br />

an den Ort<br />

des Geschehens<br />

bringen. Das Ergebnis<br />

seines Erkundungsflugs<br />

wurde an das österreichische Innenministerium<br />

gemeldet: „Der<br />

Bezirkshauptmann schließt mit<br />

100 %-iger Sicherheit‘ aus, daß<br />

in der Nähe dieses Mastes eine<br />

andere Explosion erfolgt ist. Es<br />

konnten weder Fußspuren noch<br />

Blutspuren noch irgendwie andere<br />

Spuren festgestellt werden,<br />

die darauf hindeuten würden,<br />

daß sich hier mehrere Menschen<br />

befunden haben. Der italienische<br />

„Tatort“<br />

Steinalm:<br />

Die italienischen<br />

Behörden<br />

versuchten<br />

den Südtiroler<br />

Freiheitskämpfern<br />

Sprengstoffanschläge<br />

in die Schuhe<br />

zu schieben<br />

Grenztrupp soll aber aus 25 Personen<br />

bestanden haben. Die Anwesenheit<br />

dieser 25 Personen in<br />

der Nähe dieses Mastes hält der<br />

Bezirkshauptmann auf Grund der<br />

Bodenlage und -beschaffenheit<br />

für ausgeschlossen.“ Dies deckte<br />

sich mit dem Inhalt eines Aktenvermerks<br />

der Tiroler Sicherheitsdirektion<br />

aufgrund von Angaben<br />

Es konnten keine Spuren gefunden<br />

werden, die hindeuten, dass sich<br />

hier Menschen befunden haben.<br />

zweier Monteure der Verbundgesellschaft<br />

aus Lienz und des sie begleitenden<br />

Gendarmeriebeamten<br />

vom 27. Juni: „Im näheren Bereich<br />

des Mastes auch auf italienischem<br />

Gebiet konnte außer einem Zettel,<br />

italienisch beschriftet, einigen<br />

Drähten, keine Spuren gefunden<br />

werden, die auf Minenexplosionen<br />

und vor allem auf das Verunglücken<br />

von Menschen schließen<br />

lassen. Es wäre anzunehmen, daß<br />

in solchen Fällen Verbandreste,<br />

Bild: Buch „Pfitscherjoch, Steinalm, Porzescharte. Die drei „merkwürdigen Vorfälle“<br />

32 ZUR ZEIT | 5/2023<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 32-33.indd 32 31.01.2023 14:17:09


Blutspuren oder ähnliches wahrnehmbar<br />

gewesen wäre.“<br />

Fest steht, dass die alsbald für<br />

„den blutigsten Terrorakt“ verantwortlich<br />

gemachten und in<br />

Innsbruck in Untersuchungshaft<br />

genommenen Aktivisten<br />

des Südtiroler Freiheitskampfs<br />

Erhard Hartung (Arzt), Peter Kienesberger<br />

(Elektriker) und Egon<br />

Kufner (Soldat) in besagter Nacht<br />

im Juni 1967 gemeinsam am Ort<br />

des Geschehens waren. Sie waren<br />

nach Einbruch der Dunkelheit<br />

in Richtung Porzescharte aufgestiegen,<br />

um dort einen verwundeten<br />

Südtiroler BAS-Mann zu<br />

übernehmen, brachen das Vorhaben<br />

aber aufgrund unüblicher<br />

Wahrnehmungen des durch viele<br />

ähnliche Einsätze erfahrenen<br />

Kienesberger, der sie als mögliche<br />

italienische Falle deutete, aber<br />

ab. Vehement stellen Hartung<br />

und Kufner, die beiden noch Lebenden<br />

– Kienesberger verstarb<br />

2015 – das von italienischer Seite<br />

unterstellte Ziel der gezielten Tötung<br />

von Angehörigen der italienischen<br />

Sicherheitskräfte mittels<br />

Minen in Abrede.<br />

Die italienische Darstellung<br />

der Ereignisse um den 25. Juni<br />

1967 ist unter Druck, dem sich<br />

Wien schändlicherweise nicht<br />

widersetzte, vom politischen<br />

Österreich und<br />

dessen Sicherheits- sowie<br />

partiell auch Justizorganen<br />

letztlich übernommen<br />

worden. Demnach hätte<br />

die Gruppe Kienesberger binnen<br />

einer halben Stunde den Strommast<br />

doppelt vermint und zudem<br />

zwei perfekt getarnte Sprengfallen<br />

derart optimal verlegt, dass<br />

sie ihr mörderisches Ziel erreicht<br />

hätten. Wie sich in Speckners vorliegendem<br />

Buch zeigt, missachtet<br />

die erwähnte Übernahme der<br />

italienischen Darstellung durch<br />

Wien selbst die österreichische<br />

sicherheitsdienstliche Aktenlage<br />

sowie die sprengtechnischen und<br />

naturwissenschaftlichen Bedingungen<br />

des Geschehens auf der<br />

GESCHICHTE<br />

Porzescharte. Diese werden in<br />

den gutachterlichen Stellungnahmen<br />

der Sachverständigen ausführlich<br />

erörtert. So fasst Sprengexperte<br />

Ruspeckhofer die von<br />

ihm angestellten umfänglichen<br />

sprengtechnischen Analysen unumwunden<br />

in der aussagekräftigen<br />

Feststellung „ein Attentat,<br />

das keines war“ zusammen. Und<br />

Hasler stellte nach vier Jahren<br />

umfangreicher wissenschaftlicher<br />

Arbeiten zusammenfassend<br />

fest: „Aufgrund der sehr umfangreichen<br />

Befundaufnahme, der<br />

Feldversuche/ Rekonstruktionen<br />

sowie Detailanalysen der einzelnen<br />

Sachverhalte zu den aktenkundigen<br />

Angaben der Ereignisse<br />

vom 25. Juni 1967 auf der Porzescharte<br />

kann […] mit an Sicherheit<br />

grenzender Wahrscheinlichkeit<br />

gesagt werden, dass sich die Ereignisse<br />

so NICHT ereignet haben<br />

können. Die dokumentierten<br />

Ereignisse sind nicht im Ansatz<br />

reproduzierbar, absolut unerklärbar<br />

und nicht im Ansatz nachvollziehbar.<br />

[…] Praktische Feldversuche<br />

bei denen die Sprengung vom<br />

25. 06. 1967 mehrmals mit ballistischer<br />

Gelatine, humanoiden<br />

Dummies und Indikatoren nach<br />

den Aktenangaben wissenschaftlich<br />

hinterfragt und nachgestellt<br />

Die dingfest gemachten Widersprüchlichkeiten<br />

geraten der<br />

Historikerzunft nicht zur Ehre.<br />

wurden“, belegten dies „eindeutig<br />

und zweifelsfrei.“<br />

Speckners Buch enthält bisher<br />

unbekannte Illustrationen aus<br />

den von ihm erschlossenen Akten<br />

sowie solche, die von den wissenschaftlichen<br />

Feldversuchen<br />

der Gutachter herrühren, und es<br />

schließt mit einem anlassbezogenen<br />

pointierten Überblick über<br />

jene überaus beachtenswerten<br />

geheimdienstlichen Aktivitäten<br />

in Italien, welche vor allem im<br />

Zusammenhang mit der Südtirol-<br />

Problematik von Belang und Substanz<br />

sind. So bleibt abschließend<br />

Bild: Buch „Pfitscherjoch, Steinalm, Porzescharte. Die drei „merkwürdigen Vorfälle“<br />

festzuhalten, dass die Anschläge<br />

von 1966 und 1967 auf dem Pfitscherjoch,<br />

der Steinalm und der<br />

Porzescharte keineswegs unter<br />

die Verantwortung der Freiheitskämpfer<br />

des BAS rubriziert werden<br />

dürfen. Es gereicht Italien<br />

ebensowenig zur Ehre wie einer<br />

gewissen Spezies aus der Historiker-<br />

wie der Politologenzunft,<br />

dass trotz längst dingfest gemachter<br />

Widersprüchlichkeiten und<br />

nachgewiesener Unrichtigkeiten<br />

geradezu unnachgiebig an herkömmlichen<br />

Darstellungen festgehalten<br />

wird.<br />

Und allen in die Südtirol-Frage<br />

involvierten Amts- und Funktionsträgern<br />

in Politik, Justiz, Wissenschaft<br />

und Medien Österreichs<br />

und Tirols als Ganzes ist leider der<br />

Vorwurf nicht zu ersparen, angesichts<br />

aller neuen Erkenntnisse,<br />

die sie aufrütteln müssten, vor<br />

diesem untragbaren Zustand die<br />

Augen zu verschließen.<br />

Hubert Speckner, Pfitscherjoch, Steinalm,<br />

Porze scharte. Die drei ‚merkwürdigen Vorfälle‘<br />

des Höhepunktes der Südtiroler Bombenjahre<br />

in den Jahren 1966 und 1967; Verlag<br />

EFFEKT!BUCH, 284 Seiten, ISBN: 979-125532004-3<br />

Teil 1: ZurZeit, 4/2023, S. 48–49<br />

5/2023 | ZUR ZEIT 33<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 32-33.indd 33 31.01.2023 14:17:53


Herbert Kickl und Udo Landbauer<br />

Landtagswahl in NÖ<br />

Wer das Volk belügt wie ÖVP und<br />

SPÖ, muss damit rechnen, dass man<br />

bei Wahlen abgestraft wird. Und wer<br />

die FPÖ mit den zweitmeisten Stimmen<br />

ignoriert, ignoriert das Volk.<br />

Denn Wahltag ist Zahltag. Man kann<br />

nur hoffen, dass in Niederösterreich<br />

nicht die Verlierer die Landesregierung<br />

bilden. Auch zeigt die relativ<br />

hohe Wahlbeteiligung, dass die Menschen<br />

das Interesse an Politik noch<br />

nicht ganz verloren haben. Herzliche<br />

Gratulation der FPÖ zu diesem grandiosen<br />

Wahlerfolg. Ernst Pitlik, Wien<br />

Abtreibungen<br />

Es ist einfach erschütternd, wenn<br />

85.000 Lebendgeburten geschätzte<br />

30.000 bis 60.000 Abtreibungen gegenüberstehen.<br />

Man kann also ganz grob<br />

davon ausgehen: Wenn zwei Kinder<br />

geboren werden, wird ein Kind getötet.<br />

Was immer eine Frau bewegt, dass<br />

sie ihr Kind nicht haben will, ist zu respektieren.<br />

Nicht zu respektieren ist,<br />

dass diese Frau einem anderen Wesen<br />

das Recht auf Leben nimmt.<br />

Vielleicht sind unsere Einrichtungen,<br />

die ungewollten Kindern den<br />

Weg ins Leben ermöglichen, nicht<br />

ausreichend, darüber sollte diskutiert<br />

werden. Aus meinem persönlichen<br />

Bekanntenkreis kenne ich ein Ehepaar<br />

dem beim Adoptionswunsch so viele<br />

Prügel vor die Füße geworfen wurden,<br />

dass sie nach einem mehrjährigen<br />

Bild: Facebook<br />

LESERBRIEFE<br />

Spießrutenlauf ein Kind aus Indien<br />

adoptiert haben. Und bei uns werden<br />

Kinder getötet. Ulf Muhm, Irdning<br />

Panzer für den Frieden?<br />

Nun hat auch Deutschland grünes<br />

Licht für Panzerlieferungen in die<br />

Ukraine gegeben. In Summe werden<br />

es wohl nicht mehr als 100 bis<br />

150 Kampfpanzer sein, die der Westen<br />

gewillt ist aufzubringen.<br />

Für eine echte Wende im Krieg und<br />

für nachhaltige Angriffsoperationen<br />

benötigt die ukrainische Armee aber<br />

ein Vielfaches der zugesagten Menge<br />

an Kampfpanzern. Neben Herausforderungen<br />

bei Ausbildung, Logistik<br />

und Erfahrung mit westlichem Gerät<br />

läuft der Ukraine die Zeit davon, und<br />

das Sterben wird<br />

nur verlängert. Statt<br />

in halbherzige Panzerlieferungen<br />

zu<br />

investieren, sollte<br />

die geballte Kraft des Westens in Diplomatie<br />

für Frieden fließen.<br />

Mag. (FH) Christian Deutinger, Kematen/Krems<br />

Angelobung VdB<br />

Kaum muss sich der Herr Van der Bellen<br />

nicht mehr Wahlen stellen, schon<br />

kommt das links-grüne Gedankengut<br />

so richtig zum Vorschein. Selbst demokratische<br />

Selbstverständlichkeiten,<br />

nämlich den Willen des Volkes<br />

nach einer Wahl zu respektieren, sind<br />

dem Herrn egal. Aber die eigentliche<br />

Frage, die gestellt werden muss, ist die,<br />

warum er nicht vor der Wahl gesagt<br />

hat, dass er Mehrheiten nach demokratischen<br />

Wahlen ignorieren wird.<br />

Ein bedenkliches Charakterbild des<br />

Staatsoberhauptes für „alle“!<br />

Dr. P. Probst, Wien<br />

Leserbriefe<br />

Gewinner und Verlierer<br />

Zum ersten Mal seit 78 Jahren werden<br />

wieder deutsche Panzer russischen<br />

Streitkräften gegenüberstehen – dafür<br />

wurden sie während des Kalten<br />

Krieges ja auch entwickelt. Aus dem<br />

Kalten Krieg ist nun ein Heißer geworden,<br />

glaubt man der deutschen Außenministerin<br />

Baerbock. Darüber freuen<br />

sich die europäischen Rüstungsgiganten<br />

wie auch der Geschäftsführer von<br />

Rheinmetall Armin Papperger. Dieser<br />

meint, dass sich die Umsätze seines<br />

Unternehmens in den nächsten drei<br />

Jahren auf rund 12 Mrd. Euro fast verdoppeln<br />

könnte. In jedem Krieg gibt es<br />

eben Gewinner und Verlierer.<br />

Mario Gubesch, B.A. MBA, Bad Hall<br />

Recht und Volk<br />

Bei seiner Angelobung erklärte VdB,<br />

dass er die FPÖ im Fall eines Wahlsieges<br />

nicht zwingend mit der Regierungsbildung<br />

beauftragen oder Kickl<br />

angeloben würde. Er fordert Solidarität<br />

von der Bevölkerung, verweigert<br />

diese aber der Bevölkerungsmehrheit,<br />

falls diese die FPÖ wählt.<br />

Diese Rede hätte der BP<br />

und Ex-Parteivorsitzender<br />

der Grünen auch<br />

vor den Grünen halten<br />

können. Kein Wort vom gegenwärtigen<br />

Migrationsdesaster (Österreich<br />

120.000 Asylanträge, Ungarn 43), weil<br />

Linksparteien auf Nachschub hoffen.<br />

Wenn sich der BP nicht mehr an das<br />

Mehrheitsvotum einer zugelassenen<br />

parlamentarisch Partei halten will,<br />

indem er durch ideologische Interpretation<br />

eine Partei ausschließt, erhebt<br />

sich die Frage, warum überhaupt wählen,<br />

wenn ein Diktator entscheidet?<br />

Dr. Ewald Maurer, Richter i. R., Wien<br />

Wohnungsnot<br />

Da wird von einem Recht auf leistbares<br />

Wohnen herumgeschwafelt.<br />

Wohnraum vermehrt sich nicht von<br />

selbst wie unter Naturschutz gestellte,<br />

Bauern schädigende Wildtiere, lästiges<br />

Springkraut oder die Weltbevölkerung.<br />

Er muss vorhanden sein oder<br />

geschaffen werden. Wer als gesunder,<br />

arbeitsfähiger Mensch Wohnraum<br />

benötigt, soll auch seinen Beitrag dazu<br />

leisten. Wohnraum zu fordern, den die<br />

anderen finanzieren, ist unsozial. Den<br />

gibt es nur für Asylanten, im Schlaraffenland<br />

oder im kommunistisch angehauchten<br />

Bereich. August Riegler, Kindberg<br />

www.Saveurope.at<br />

Die ID Party wird teilweise vom Europäischen Parlament finanziert und hat die alleinige Verantwortung für diesen Inhalt<br />

34 ZUR ZEIT | 5/2023<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 34.indd 34 31.01.2023 14:18:48


Öste reichische Post AG / WZ 16Z040733W / W3 VerlagsgesmbH. & Co Verlag KG, Pf 80, 1030 Wien<br />

27. Jahrgang | Nr. 4 | 28. Jänner–3. Februar 2023 | Preis 3,20 € WWW.ZurZeit.At<br />

Zuwanderung:<br />

Bundeswehr:<br />

Beklagenswerter Zustand<br />

Globalismus:<br />

WEF-Jahrestagung<br />

USA:<br />

Höhere Kriminalität<br />

und Sozialkosten<br />

Schwere<br />

Zeiten<br />

für Biden<br />

Österreichischer Film:<br />

Viel Geld für Nichts<br />

auf linker Spielwiese<br />

Andreas Mölzer:<br />

USA – Riese auf<br />

tönernen Füßen<br />

<strong>ZZ</strong> 04_2023 Seite 01 Cover-U1.indd 1 23.01.2023 11:23:09<br />

„Zur Zeit“,<br />

4/2023<br />

„[…] dass die Ukraine<br />

auch Europa verteidigt,<br />

ist ein schlechter Witz,<br />

denn um diesen ‚Stellvertreterkrieg‘<br />

hat sie<br />

niemand gebeten, der<br />

aber für die Mitgliedsländer<br />

der EU bereits<br />

enormen finanziellen<br />

Schaden verursacht<br />

hat.“ Stefan Scharl, Klosterneuburg<br />

Nur keine Wellen!<br />

Wie schon bei der Wiedereröffnung<br />

des Parlaments wurden die Botschafter<br />

von Belarus und Russland auch<br />

zur Angelobung des Bundespräsidenten<br />

nicht eingeladen. Dies ist insofern<br />

bemerkenswert, als Van der<br />

Bellen 2019 einen gewissen Herrn Lukaschenko<br />

mit militärischen Ehren<br />

in der Hofburg empfangen hat. Und<br />

was Russland betrifft, dürfte der österreichischen<br />

Diplomatie völlig entgangen<br />

sein, dass es als Nachfolgestaat<br />

der Sowjetunion Signatarmacht des<br />

Staatsvertrages von 1955 ist. Aber offensichtlich<br />

will man es sich mit dem<br />

Wurmfortsatz der USA, der EU, nicht<br />

verscherzen. Dr. Wolfgang Klesl, Graz<br />

Mobilfunk gegen Bienen<br />

Der Mobilfunkstrahlung ist am Sterben<br />

und Verschwinden von Insekten<br />

und Bienen beteiligt bzw. mitverantwortlich.<br />

Das weist eine aktuelle Studie<br />

der Uni Neuchatel in der Schweiz<br />

nach. Die Strahlung hat Auswirkungen<br />

auf Fortbewegung, Fortpflanzung,<br />

Nahrungssuche, Orientierung, DNS-<br />

Schädigung, Zellstress und Verhalten.<br />

Warum hört und liest man davon<br />

nichts? Unternimmt man nur dann<br />

publikumswirksam und besorgt etwas,<br />

um unseren Bienen zu helfen und<br />

sie zu retten, wenn man nicht einen<br />

wirklich mächtigen „Gegner“ ärgert<br />

bzw. ihm auf die Füße steigt?<br />

Dipl.-Päd. Walter Koren, Kirchdorf<br />

Zu guter Letzt<br />

Das Schwenken<br />

russischer Fahnen<br />

Von Bernhard Tomaschitz<br />

Von der westlichen Meinungsindustrie weitgehend ignoriert,<br />

gab Frankreich den Abzug seiner Truppen aus Burkina Faso<br />

bekannt. Dem vorangegangen war eine entsprechende Aufforderung<br />

der Regierung dieses westafrikanischen Staates sowie<br />

Proteste gegen die Präsenz der ehemaligen Kolonialmacht. Und<br />

dabei wurden in der Hauptstadt Ouagadougou russische Fahnen<br />

geschwenkt.<br />

Was sich im fernen Burkina Faso abspielte, ist in mehrerlei<br />

Hinsicht bemerkenswert. Zum einen ist der französische Truppenabzug<br />

ein weiteres Zeichen für den gerade stattfindenden<br />

Nieder gang des kollektiven Westens, der immer noch glaubt, er<br />

könne der gesamten Welt die Richtung vorgeben und sein politisches<br />

Modell aufzwingen. Darüber hinaus werden nicht die USA<br />

als Vorbild angesehen, sondern, wie das Schwenken der russischen<br />

Fahnen zeigt, eben Russland.<br />

In Afrika sowie in den Schwellen- und Entwicklungsländern<br />

fällt das westliche Narrativ vom „bösen“ Russland also auf keinen<br />

fruchtbaren Boden. Wahrscheinlich deshalb, weil in den betroffenen<br />

Ländern die Erinnerungen an die ehemaligen europäischen<br />

Kolonialmächte sowie an die USA, die unter dem Vorwand der<br />

Verbreitung von Demokratie und Menschenrechten rücksichtslos<br />

wirtschaftliche und geostrategische Interessen verfolgen,<br />

nicht die allerbesten sein dürften.<br />

Das Schwenken russischer Fahnen in Westafrika zeigt darüber<br />

hinaus, dass Russland – aber auch China, das auf dem Schwarzen<br />

Kontinent sehr aktiv ist – als Alternative zum Westen betrachtet<br />

wird. Und das nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht, was<br />

chinesische und russische Investitionen betrifft, sondern auch<br />

geo politisch. Hier wirkt der amerikanisch-russische Stellvertreterkrieg<br />

in der Ukraine als Beschleuniger einer Entwicklung, die<br />

sich schon seit längerem abzeichnet. Entweder werden Sympathien<br />

für Russland gehegt oder wird eine neutrale Haltung eingenommen.<br />

Der Krieg in Osteuropa ist nicht „unser Krieg“, lautet<br />

das Motto in den Entwicklungs- und Schwellenländern.<br />

Anstatt Unsinnigkeiten wie „In der Ukraine werden unsere<br />

Werte verteidigt“ zu verzapfen, wäre der Westen gut beraten, endlich<br />

der bitteren Realität ins Auge zu blicken: Seine Rolle als Führer<br />

der Welt neigt sich unweigerlich seinem Ende entgegen, und<br />

in der bipolaren Weltordnung, die sich abzuzeichnen beginnt,<br />

mit den USA und ihren europäischen Vasallen auf der einen und<br />

einem chinesisch-russischen Block auf der anderen Seite, wird<br />

der Westen mangels Strahlkraft ziemlich alleine dastehen.<br />

Denn wie das Schwenken der weiß–blau–roten Fahnen in<br />

Ouagadougou aber auch die Nichtteilnahme an den westlichen<br />

Sanktionen gegen Moskau zeigen, übt Russland eine starke<br />

Anziehung auf die Entwicklungs- und Schwellenländer aus. ♦<br />

Bild: GSvA<br />

5/2023 | ZUR ZEIT 35<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 35 Cover-U3.indd 35 30.01.2023 11:08:06


ZurZeit.at<br />

... immer aktuell<br />

ZurZeit.at<br />

www.ZurZeit.at www.ZurZeit.at<br />

Ja, hiermit abonniere ich das Wochenmagazin ZurZeit:<br />

Vorname, Zuname<br />

IBAN (nur bei Bankeinzug)<br />

Straße<br />

PLZ, Ort<br />

BIC (nur bei Bankeinzug)<br />

Das Abonnement wird automatisch verlängert,<br />

wenn es nicht spätestens drei Wochen vor<br />

Ablauf gekündigt wird!<br />

Vorwahl/Telephonnummer<br />

Bezugsart bitte angeben:<br />

Österreich Förderabo Jahresabo Sozialabo*<br />

jährlich 166,50 € 114,00 € 54,00 €<br />

halbjährlich 184,50 € 59,50 € 29,00 €<br />

vierteljährlich 143,50 € 32,00 € 18,00 €<br />

Deutschland<br />

jährlich 171,50 € 142,00 € 89,00 €<br />

halbjährlich 73,00 € 46,00 €<br />

Ich zahle per Einziehungsermächtigung Rechnung<br />

Schüler, Studenten, Grundwehrdiener, Ausgleichszulagenbezieher, Sozialhilfeempfänger<br />

*<br />

(bitte Bestätigung beilegen!)<br />

✗<br />

Datum, Unterschrift<br />

Bitte diesen Abschnitt ausschneiden<br />

und senden an:<br />

ZurZeit, A-1031 Wien, Postfach 80<br />

verlag@zurzeit.at<br />

(01) 712 10 57 FAX DW 20<br />

Bestellungen sind auch online<br />

über zurzeit.at möglich!<br />

<strong>ZZ</strong> <strong>05</strong>_2023 Seite 36 Cover-U4.indd 36 30.01.2023 11:11:34

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!