11.03.2016 Views

KB Nr. 07 Wasser

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

© Benjamin Kaufmann<br />

© Johannes Kaufmann<br />

Drei Bildwelten<br />

Hans-Günther, Benjamin und Johannes Kaufmann<br />

„Man ist von Jugend an das Sehen gewöhnt.“<br />

Vermutlich ist diese sehr einfach klingende Erklärung<br />

von Benjamin Kaufmann der Schlüssel<br />

dafür, dass es in der Familie Kaufmann drei Fotografen<br />

gibt.<br />

Der Vater, Hans-Günther Kaufmann, war der<br />

Starfotograf schlechthin. Über seine Schwester,<br />

die Schauspielerin Christine Kaufmann, hatte<br />

er die nötigen Kontakte zur Welt des Films und<br />

der Illustrierten. Mit 20 der erste Jaguar, „ich<br />

war ein toller Hecht mit Geltungsbedürfnis“,<br />

dem Glück, nur wenig Konkurrenz zu haben,<br />

lebte der Sohn einer Französin und eines deutschen<br />

Offiziers in der intellektuell und spirituell<br />

anspruchslosen Glamourwelt. „Ich ließ die<br />

Leute in die Luft springen, weil sie eine Cola<br />

bekamen“, lacht der Fotograf heute über seine<br />

Arbeit. Aber diese Arbeit berauschte, man<br />

wurde beneidet, und dennoch, da war eine<br />

Unsicherheit, eine latente Sehnsucht.<br />

Mit der Geburt von Sohn Benjamin wusste es<br />

Hans-Günther Kaufmann: „Ich muss etwas anderes<br />

machen, herauskommen aus der Welt<br />

der hysterisch kreischenden Frauen.“ Denn<br />

sonst könne er seinem Sohn nichts mitgeben.<br />

Die Konsequenz war der Umzug aufs Land.<br />

Hier habe er Stabilität gefunden und die erste<br />

Begegnung mit Glaube und Religion. Die Folge<br />

aber war eine Krise in der Arbeit, denn er habe<br />

als nunmehr über 30-Jähriger nicht die Rolle des<br />

sugar daddy mit den Models spielen können.<br />

„Aber Fotografie ist auch eine Therapie und ich<br />

bin über das Sehen zur Erkenntnis gelangt,“<br />

sagt Kaufmann. Über die Freundschaft mit Abt<br />

Odilo Lechner kam der Fotograf zu einer neuen<br />

Begeisterung für spirituelle Themen. Heute ist<br />

er ein gesuchter Fotograf, der gerade von einer<br />

Inspektionsreise mit Abtprimas Notker Wolf<br />

zurückkehrte. Er zeigt seine Fotos. Eine wehmütig<br />

lächelnde Frau im AIDS-Hospiz der Benediktiner<br />

in Afrika. „Diese Frau ist schon tot.“<br />

Interreligiöser Dialog der Benediktiner mit Hindus,<br />

Sikhs und Moslems in Indien. „Das Bild in<br />

den Dienst einer sinnvollen Dimension stellen“,<br />

ist für Kaufmann das Credo seiner Arbeit. Die<br />

Regula der Benediktiner ist für den Fotografen<br />

das bedeutendste Thema: Das rechte Maß, die<br />

Fähigkeit der Unterscheidung, Nachhaltigkeit,<br />

Ora et labora, diese bewährten Wege zu einem<br />

Leben in Gelassenheit und Güte möchte Kaufmann<br />

mit seiner Arbeit weiter vermitteln. Wirtschaft<br />

und Familie sind seine Adressaten, denn<br />

die vom Fortschritt bedrohte Welt brauche Alternativen<br />

mit hohem Wirkungsgrad. Was die<br />

Fotografie hier leistet?<br />

„Das Geheimnis kann man nicht unmittelbar<br />

sichtbar machen, aber am menschlichen Antlitz<br />

und am Licht spürt man schon eine spirituelle<br />

Dichte“, sagt Kaufmann, der vom spanischen<br />

König für seine Fotos vom Jakobsweg Orden<br />

und Titel erhielt.<br />

Benjamin Kaufmann ist in der Welt des Glamour<br />

zu Hause und doch auch nicht. Der Mode- und<br />

Beautyfotografie hat sich der heute in London<br />

lebende ältere Sohn verschrieben. Seine Fotos<br />

wurden in der Vogue oder „marie claire“ gedruckt,<br />

sie sind von einer zeitlosen Eleganz,<br />

sicherer Lichtführung und lösen Stimmungen<br />

und Gefühle aus. Er hat sich nach Asisstentenzeit<br />

und Studium langsam nach oben gearbeitet,<br />

aber immer wieder müsse man sich selbst<br />

hinterfragen und weiterstreben, sagt er, denn<br />

Erfolg sei Fleiß, Ehrlichkeit und Höflichkeit.<br />

Und so ist Benjamin Kaufmann keiner, der sich<br />

in der Fashionwelt tummelt, sondern in seiner<br />

zweiten Schiene Dokumentationen und<br />

Reportagen macht. „Mich interessieren Charity-Geschichten“,<br />

erklärt er und zeigt Fotos<br />

von Schulen im chinesischen Hinterland. An<br />

dieser Stelle begegnen sich Vater und Sohn<br />

und es gab einige gemeinsame Projekte. Das<br />

Buch „24 Stunden im Leben der katholischen<br />

Kirche“ war so eine Arbeit, bei der Benjamin<br />

Kaufmann einen Pfarrer in Irland einen Tag<br />

lang fotografisch begleitete.<br />

Diese beiden Arbeitsweisen bedeuten sehr unterschiedliches<br />

Herangehen. Benjamin Kaufmann<br />

erklärt: „Im Englischen sagt man making<br />

pictures und taking pictures“, einmal das individuelle<br />

Konzept, in dem die eigene Lebensphilosophie<br />

eingeht und zum anderen das Suchen<br />

und Warten auf den richtigen Moment. Beide<br />

Arbeitsweisen beeinflussen sich gegenseitig,<br />

das eine befruchtet das andere. Und so ist dem<br />

Fotografen ein gesamtethischer Ansatz wichtig<br />

geworden.<br />

„Es ist die Zeit gekommen, wo man sich klar<br />

entscheiden muss“, stellt er fest und nennt Beispiele.<br />

Wie viel Reisen muss sein und für welche<br />

Firma wirbt man? Er sieht seine Arbeit immer<br />

im größeren Zusammenhang der Gesellschaft<br />

und Geschichte und so interessieren ihn Klassenunterschiede<br />

durch Mode ebenso wie das<br />

Leben von Russen in England, eine Reportage,<br />

die er für „Die Zeit“ machte.<br />

Reportagen, das ist das bevorzugte Thema von<br />

Johannes Kaufmann. Landschaften, Menschen,<br />

Details von Kircheninneren, der 19-Jährige fotografiert,<br />

was ihm vor die Linse kommt. Schnell<br />

und unvermittelt, so wie er ist, fotografiert er<br />

auch mit oft ungewohnten Perspektiven. Aber<br />

seine Fotos haben noch einen weiteren, sehr<br />

wesentlichen Aspekt. Sie sind für ihn Kommunikationsmittel.<br />

Johannes ist Autist, kann sich<br />

oft nicht mit Worten verständlich machen.<br />

Aber durch seine Fotos erinnert er sich an alle<br />

Begebenheiten, berichtet damit, drückt seine<br />

Befindlichkeiten aus. „Die Fotos sind schön“,<br />

sage ich ihm, „danke“ antwortet er.<br />

Info Benjamin: www.benjaminkaufmann.com<br />

Benjamin Kaufmann, Reportagen, China,<br />

Irland, New York.<br />

Benjamin, fotografiert von<br />

seinem Bruder Johannes.<br />

Johannes Kaufmann, hier 2003<br />

bei der Eröffnung seiner ersten<br />

Ausstellung durch Ministerin<br />

Christa Stewens. Die Ausstellung<br />

wird im Mai <strong>07</strong> in Schliersee<br />

nochmals zu sehen sein.<br />

Siehe Ausstellungen Seite 14.

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!