KB Nr. 07 Wasser
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© Benjamin Kaufmann<br />
© Johannes Kaufmann<br />
Drei Bildwelten<br />
Hans-Günther, Benjamin und Johannes Kaufmann<br />
„Man ist von Jugend an das Sehen gewöhnt.“<br />
Vermutlich ist diese sehr einfach klingende Erklärung<br />
von Benjamin Kaufmann der Schlüssel<br />
dafür, dass es in der Familie Kaufmann drei Fotografen<br />
gibt.<br />
Der Vater, Hans-Günther Kaufmann, war der<br />
Starfotograf schlechthin. Über seine Schwester,<br />
die Schauspielerin Christine Kaufmann, hatte<br />
er die nötigen Kontakte zur Welt des Films und<br />
der Illustrierten. Mit 20 der erste Jaguar, „ich<br />
war ein toller Hecht mit Geltungsbedürfnis“,<br />
dem Glück, nur wenig Konkurrenz zu haben,<br />
lebte der Sohn einer Französin und eines deutschen<br />
Offiziers in der intellektuell und spirituell<br />
anspruchslosen Glamourwelt. „Ich ließ die<br />
Leute in die Luft springen, weil sie eine Cola<br />
bekamen“, lacht der Fotograf heute über seine<br />
Arbeit. Aber diese Arbeit berauschte, man<br />
wurde beneidet, und dennoch, da war eine<br />
Unsicherheit, eine latente Sehnsucht.<br />
Mit der Geburt von Sohn Benjamin wusste es<br />
Hans-Günther Kaufmann: „Ich muss etwas anderes<br />
machen, herauskommen aus der Welt<br />
der hysterisch kreischenden Frauen.“ Denn<br />
sonst könne er seinem Sohn nichts mitgeben.<br />
Die Konsequenz war der Umzug aufs Land.<br />
Hier habe er Stabilität gefunden und die erste<br />
Begegnung mit Glaube und Religion. Die Folge<br />
aber war eine Krise in der Arbeit, denn er habe<br />
als nunmehr über 30-Jähriger nicht die Rolle des<br />
sugar daddy mit den Models spielen können.<br />
„Aber Fotografie ist auch eine Therapie und ich<br />
bin über das Sehen zur Erkenntnis gelangt,“<br />
sagt Kaufmann. Über die Freundschaft mit Abt<br />
Odilo Lechner kam der Fotograf zu einer neuen<br />
Begeisterung für spirituelle Themen. Heute ist<br />
er ein gesuchter Fotograf, der gerade von einer<br />
Inspektionsreise mit Abtprimas Notker Wolf<br />
zurückkehrte. Er zeigt seine Fotos. Eine wehmütig<br />
lächelnde Frau im AIDS-Hospiz der Benediktiner<br />
in Afrika. „Diese Frau ist schon tot.“<br />
Interreligiöser Dialog der Benediktiner mit Hindus,<br />
Sikhs und Moslems in Indien. „Das Bild in<br />
den Dienst einer sinnvollen Dimension stellen“,<br />
ist für Kaufmann das Credo seiner Arbeit. Die<br />
Regula der Benediktiner ist für den Fotografen<br />
das bedeutendste Thema: Das rechte Maß, die<br />
Fähigkeit der Unterscheidung, Nachhaltigkeit,<br />
Ora et labora, diese bewährten Wege zu einem<br />
Leben in Gelassenheit und Güte möchte Kaufmann<br />
mit seiner Arbeit weiter vermitteln. Wirtschaft<br />
und Familie sind seine Adressaten, denn<br />
die vom Fortschritt bedrohte Welt brauche Alternativen<br />
mit hohem Wirkungsgrad. Was die<br />
Fotografie hier leistet?<br />
„Das Geheimnis kann man nicht unmittelbar<br />
sichtbar machen, aber am menschlichen Antlitz<br />
und am Licht spürt man schon eine spirituelle<br />
Dichte“, sagt Kaufmann, der vom spanischen<br />
König für seine Fotos vom Jakobsweg Orden<br />
und Titel erhielt.<br />
Benjamin Kaufmann ist in der Welt des Glamour<br />
zu Hause und doch auch nicht. Der Mode- und<br />
Beautyfotografie hat sich der heute in London<br />
lebende ältere Sohn verschrieben. Seine Fotos<br />
wurden in der Vogue oder „marie claire“ gedruckt,<br />
sie sind von einer zeitlosen Eleganz,<br />
sicherer Lichtführung und lösen Stimmungen<br />
und Gefühle aus. Er hat sich nach Asisstentenzeit<br />
und Studium langsam nach oben gearbeitet,<br />
aber immer wieder müsse man sich selbst<br />
hinterfragen und weiterstreben, sagt er, denn<br />
Erfolg sei Fleiß, Ehrlichkeit und Höflichkeit.<br />
Und so ist Benjamin Kaufmann keiner, der sich<br />
in der Fashionwelt tummelt, sondern in seiner<br />
zweiten Schiene Dokumentationen und<br />
Reportagen macht. „Mich interessieren Charity-Geschichten“,<br />
erklärt er und zeigt Fotos<br />
von Schulen im chinesischen Hinterland. An<br />
dieser Stelle begegnen sich Vater und Sohn<br />
und es gab einige gemeinsame Projekte. Das<br />
Buch „24 Stunden im Leben der katholischen<br />
Kirche“ war so eine Arbeit, bei der Benjamin<br />
Kaufmann einen Pfarrer in Irland einen Tag<br />
lang fotografisch begleitete.<br />
Diese beiden Arbeitsweisen bedeuten sehr unterschiedliches<br />
Herangehen. Benjamin Kaufmann<br />
erklärt: „Im Englischen sagt man making<br />
pictures und taking pictures“, einmal das individuelle<br />
Konzept, in dem die eigene Lebensphilosophie<br />
eingeht und zum anderen das Suchen<br />
und Warten auf den richtigen Moment. Beide<br />
Arbeitsweisen beeinflussen sich gegenseitig,<br />
das eine befruchtet das andere. Und so ist dem<br />
Fotografen ein gesamtethischer Ansatz wichtig<br />
geworden.<br />
„Es ist die Zeit gekommen, wo man sich klar<br />
entscheiden muss“, stellt er fest und nennt Beispiele.<br />
Wie viel Reisen muss sein und für welche<br />
Firma wirbt man? Er sieht seine Arbeit immer<br />
im größeren Zusammenhang der Gesellschaft<br />
und Geschichte und so interessieren ihn Klassenunterschiede<br />
durch Mode ebenso wie das<br />
Leben von Russen in England, eine Reportage,<br />
die er für „Die Zeit“ machte.<br />
Reportagen, das ist das bevorzugte Thema von<br />
Johannes Kaufmann. Landschaften, Menschen,<br />
Details von Kircheninneren, der 19-Jährige fotografiert,<br />
was ihm vor die Linse kommt. Schnell<br />
und unvermittelt, so wie er ist, fotografiert er<br />
auch mit oft ungewohnten Perspektiven. Aber<br />
seine Fotos haben noch einen weiteren, sehr<br />
wesentlichen Aspekt. Sie sind für ihn Kommunikationsmittel.<br />
Johannes ist Autist, kann sich<br />
oft nicht mit Worten verständlich machen.<br />
Aber durch seine Fotos erinnert er sich an alle<br />
Begebenheiten, berichtet damit, drückt seine<br />
Befindlichkeiten aus. „Die Fotos sind schön“,<br />
sage ich ihm, „danke“ antwortet er.<br />
Info Benjamin: www.benjaminkaufmann.com<br />
Benjamin Kaufmann, Reportagen, China,<br />
Irland, New York.<br />
Benjamin, fotografiert von<br />
seinem Bruder Johannes.<br />
Johannes Kaufmann, hier 2003<br />
bei der Eröffnung seiner ersten<br />
Ausstellung durch Ministerin<br />
Christa Stewens. Die Ausstellung<br />
wird im Mai <strong>07</strong> in Schliersee<br />
nochmals zu sehen sein.<br />
Siehe Ausstellungen Seite 14.