Prof. Dr. Horst Köhler, Bundespräsident a. D. 2 <strong>CARE</strong> Deutschland-Luxemburg
Editorial <strong>Heimat</strong> ist … … Sicherheit. Das ist der erste Gedanke, der mir kommt, wenn ich an die täglich auf uns einprasselnden Bilder von verzweifelten Menschen denke, die auf dem Landweg oder über das Mittelmeer in Richtung Europa fliehen. Ihre <strong>Heimat</strong> kann ihnen keine Sicherheit mehr bieten, keine Zukunft. Und deshalb begeben sie sich in Lebensgefahr. „Sie müssen es verstehen: Niemand setzt seine Kinder in ein Boot, es sei denn, das Wasser ist sicherer als das Land.“ Die junge Dichterin Warsan Shire, die aus Somalia kommt, hat mit diesen schlichten Worten beschrieben, was Millionen Menschen antreibt, ihre <strong>Heimat</strong> zu verlassen. Die neunte Ausgabe des Magazins <strong>CARE</strong> <strong>affair</strong> erzählt viele Fluchtgeschichten, aber ihr Titel lautet „<strong>Heimat</strong>“. Das Wort schafft eine Brücke von der Ferne zu uns: Jeder hat eine <strong>Heimat</strong>, ob er sie verloren hat, oder glücklicherweise – wie wir in Deutschland – seit über 70 Jahren in Frieden dort leben darf. Auch das ist Teil der Geschichte, die <strong>CARE</strong> <strong>affair</strong> erzählt: Die Erinnerung an die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als Deutschland und Europa in Trümmern lagen. Millionen Menschen waren auf der Flucht, litten Hunger und hatten ihre <strong>Heimat</strong> verloren. Hier begann auch die Geschichte von <strong>CARE</strong>: Die berühmten <strong>CARE</strong>-Pakete kamen zunächst aus den Vereinigten Staaten von Amerika und waren ein Zeichen für Hilfe jenseits ehemaliger Feindschaft. Heute sind erstmalig mehr Menschen weltweit vertrieben als 1945 – und <strong>CARE</strong> bleibt mit vielen anderen Hilfswerken gemeinsam weltweit im Einsatz gegen Not und Armut. 2016 feiern wir den 70. Geburtstag der ersten <strong>CARE</strong>-Pakete. Die Pakete sind moderner geworden, die Hilfe komplexer. Aber der Grundgedanke der Hilfe von Mensch zu Mensch ist einer, den wir uns unbedingt erhalten sollten. Wir sitzen alle in einem Boot. Was auf der einen Seite des Planeten passiert, das hat Auswirkungen auf der anderen Seite. Es gibt keine „Drinnenwelt“ und „Draußenwelt“, wir können nicht ausblenden, was jenseits unserer Grenzen passiert. Flucht, chronische Armut, Verfolgung und Klimawandel – das sind nur einige der Gründe, aus denen Menschen ihre <strong>Heimat</strong> verlieren. Knapp eine Million Menschen haben im vergangenen Jahr in Deutschland Asyl gesucht. Und damit Sicherheit, Arbeit, eine Zukunft. Nicht alle werden hier bleiben, aber klar ist: Für viele Familien wird Deutschland eine neue <strong>Heimat</strong> werden. Und wir, die hier schon lange leben, werden neue Nachbarn und Freunde finden, aber auch vor neue Herausforderungen gestellt werden. Dieses Magazin beleuchtet unterschiedlichste Vorstellungen von <strong>Heimat</strong>, stellt Menschen und ihre Geschichten vor und erklärt Zusammenhänge. Doch daneben kommen auch junge Menschen selbst zu Wort: Ich freue mich besonders darüber, dass mit dieser Ausgabe von <strong>CARE</strong> <strong>affair</strong> auch wieder ein bundesweiter Schreibwettbewerb durchgeführt wurde. Damit lud <strong>CARE</strong> nun schon zum dritten Mal in Folge talentierte Nachwuchsautoren ein, sich zu einem Thema von globaler Bedeutung Gedanken zu machen und diese in Worte zu fassen. Eine prominente Jury rund um Bestseller-Autorin Kerstin Gier hat die besten Beiträge gekürt. In der Altersgruppe der 14 bis 19-Jährigen gewann Lena Sophie Königshofer mit dem Text „Ich bin die Übriggebliebene“, bei den 20 bis 25-Jährigen setzte sich Raphael Bruckner mit dem Beitrag „<strong>Heimat</strong> – ein Gedanke“ durch. Ihre Texte sind einfühlsam, persönlich und wirken noch lange nach. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre der neunten Ausgabe von <strong>CARE</strong> <strong>affair</strong>. Prof. Dr. Horst Köhler, Bundespräsident a. D. <strong>CARE</strong>-Millenniumspreisträger und Schirmherr von Aktion Deutschland Hilft Thema <strong>Heimat</strong> 3