information & gedanken In den folgenden Schilderungen sind die Namen erfunden. Auf die Nennung von Orten und Institutionen wird bewusst verzichtet. Sie bleiben zum Schutz von Leni und ihrer heutigen Lebensgemeinschaft im Ungefähren. Leni: Eine Überlebende ritueller Gewalt BITTE SEIEN SIE WACHSAM UND SCHÜTZEN SIE KINDER VOR JEGLICHER FORM DER GEWALT Leni ist heute 27 Jahre alt. Sie konnte einem Martyrium entkommen, dem sie in ihren ersten 21 Lebensjahren ausgesetzt war. Leni wurde Opfer sexualisierter und organisierter ritueller Gewalt, wurde über viele Jahre psychisch und physisch gequält, missbraucht und grausamen Ritualen unterworfen - von ihren eigenen Eltern in einem Netzwerk von Täter*Innen. 1 Leni führt als junges Mädchen nach außen hin ein fast normales Leben. Sie kommt aus einem angesehenen Elternhaus. Ihre Mutter ist Sozialpädagogin. Ihr Vater, ein Universitätsprofessor, nimmt sie oft mit auf Reisen. Lenis große Leidenschaft ist das Voltigieren. Alles sieht nach einer heilen Welt aus. Niemand ahnt zunächst, was sich hinter dieser Fassade verbirgt. Als Leni auffällig wird, sorgen die Eltern für eine gefälschte Diagnose: „Autismus“. Ihr Verhalten scheint erklärt. Sie besucht fortan als Inklusions-Schülerin ein privates Mädchengymnasium. Der wahre Grund für ihre Leiden bleibt verborgen. Nur Paula, ihre Voltigier-Trainerin ahnt nach einiger Zeit, dass etwas nicht stimmt mit der Diagnose. Während des Trainings hat Leni immer wieder einmal Aussetzer, kippt um und ist außer sich. Wie in einem anderen Bewusstseinszustand erzählt sie dann von Horrorerlebnissen. Paula wird klar, dass das keine erfundenen Geschichten eines autistischen Mädchens sein können, sondern Schilderungen und Zeugnisse von erlittenem Leid und einer bitteren Realität. Sie verschafft Leni kleine Einblicke in eine andere, normale Welt, ermutigt sie, sich Hilfe zu holen, um aus dem Täterkreis auszubrechen. Vor 10 Jahren beginnt damit für Leni ein beispielloser Irr- und Leidensweg. In nur drei Jahren durchläuft sie 14 unterschiedliche Stationen: Beratungsstellen, Mädchenhäuser, Wohngruppen, Kliniken, teils geschlossene psychiatrische Einrichtungen. Einer Diagnose folgt die nächste. Leni wird mit Psychopharmaka still gestellt. Niemand glaubt ihr. Viel schlimmer noch, Leni bleibt im Netz der organisierten rituellen Gewalt gefangen. Auch hinter den Kliniktoren ist sie im Zugriff von Täter*Innen. Mit 18 wird sie für ein Jahr in eine geschlossene Abteilung verlegt. Als sie entlassen wird, ist sie keineswegs „geheilt“. Sie sucht auf eigene Faust nach Hilfe und findet sie. DISSOZIATIVE PERSÖNLICHKEITS- STRUKTUR Die schweren traumatischen Erlebnisse haben tiefe Spuren hinterlassen. Manchmal reichen kleine Auslöser. So kann es beispielsweise sein, dass ein bestimmtes Geräusch, ein Geruch oder eine versehentlich verschlossene Autotür Leni in einen anderen Bewusstseinszustand versetzen. „Alles ist dann furchtbar“ schildert Leni selbst. Manchmal schreit sie einfach oder schlägt um sich. Sie fühlt sich losgelöst von sich selbst, erlebt ihr Verhalten als nicht zu sich gehörend. Es kommt vor, dass sie sich danach an nichts erinnern kann. Die wiederholte Anwendung schwerer körperlicher und psychischer Gewalt hat multiple Traumata zur Folge, die zu einer 14 | JUNI 2022
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