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BINNENSCHIFF JOURNAL 5/2020

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BINNENSCHIFF JOURNAL 5/2020

BINNENSCHIFF Journal 5/2020 | S26 Binnenschiffe – schwimmendes Kulturgut Ist die Kultur der Binnenschiffe nur ein Fall für die touristische Vermarktung und „Museumifizierung“? Nein, es gibt durchaus positive Entwicklungen im Sinne einer kulturellen Wertschätzung. REDAKTION: PETER BAUMGARTNER RADETZKY Donau-Km 494 zu Berg April 2002 Quelle Otto Steindl Anders als in Österreich, gibt es in Europa und weltweit zahlreiche Beispiele, wo sich die Politik und die Öffentlichkeit bewusst sind, dass das kulturelle Erbe nicht bei ein paar erhaltenswerten Ruinen endet. Die Charta von Venedig (1964), gilt als zentrale und international anerkannte Richtlinie in der Denkmalpflege und als wichtigster denkmalpflegerischer Text des 20. Jahrhunderts. Sie legt zentrale Werte und Vorgehensweisen bei der Konservierung und Restaurierung von Denkmalen fest. Allerdings ohne Bezug auf Wasserfahrzeuge. Erst die "Charta von Barcelona" (2002) regelt europaweit gültige Mindeststandards für die Erhaltung und Pflege von in Betrieb befindlichen historischen Wasserfahrzeugen. Der Begriff des schwimmenden maritimen Erbes umfasst sowohl das einzelne historische Wasserfahrzeug, das von einer ihm eigentümlichen Kultur einer bezeichnenden Entwicklung oder einem historischen Ereignis Zeugnis ablegt, wie auch traditionellen Schiffsbetrieb, Seemannschaft oder maritimes Handwerk (Artikel 1). Dieses gilt sowohl für größere Schiffe wie auch kleinere historische Wasserfahrzeuge, die im Laufe der Zeit eine kulturelle Bedeutung erlangt haben. Ziel der Erhaltung (Artikel 3) und Restaurierung von historischen Wasserfahrzeugen in Fahrt, ist ebenso die Erhaltung des Kunstwerkes wie die Bewahrung des geschichtlichen Zeugnisses oder traditioneller Kenntnisse und Fähigkeiten. Dies ist eine gute Grundlage für Staaten, denen auch das Schiff als Kulturgut wichtig ist. Zur Verbesserung der gültigen Regeln und zur leichteren Übersicht, sollte es aber zumindest eine Unterteilung Hochsee- und Binnenschifffahrt geben. Trotz aller Bemühungen von Vereinen und Privatpersonen, kommen historische Binnenschiffe immer wieder in Gefahr, dass sie aus unterschiedlichen Gründen ihre Existenz verlieren könnten. Jüngstes Beispiel ist die Dampferflotte in Dresden, die weltweit einige der einzigartigsten, aktiven schwimmenden Kulturgüter hat. Angeführt vom Dampfer DIESBAR (1884),

Neubau-Projekt Dampfschiff Quelle Verein Pro Dampfer Mammern-CH dessen Maschine aus dem Jahr 1841 noch immer mit Kohle befeuert wird. Der Dampfer DRESDEN (1925) begeisterte Kim Il Sung derart, dass er das Schiff originalgetreu für den Fluss Taedong-gang nachbauen ließ. Der „jüngste“ Dampfer, LEIPZIG, stammt aus dem Jahr 1929 und der älteste Dampfer, die STADT WEHLEN (1879), fährt sogar noch immer mit der originalen Dampfmaschine. 1836 gegründet überstand die Dresdner Reederei neben zwei Weltkriegen, Wirtschaftskrise, Teilung und Wiedervereinigung Deutschland, zahlreiche Höhen und Tiefen. 2020 schien das Ende der Reederei besiegelt und die Zukunft der Flotte war längere Zeit ungewiss. Doch wie so oft in der Binnenschifffahrt „kommt von irgendwo ein Lichtlein her“. Wie es aktuell aussieht, kann die großartige und geschichtsträchtige Flotte dank tatkräftiger Investoren weiterhin auf der Elbe fahren. In der Schweiz verkehren heute mehr öffentlich zugängliche Raddampfer als in jedem andern Land weltweit. Auf praktisch jedem namhaften Gewässer erfreut mindestens ein historisches Schiff die Gäste gleichermaßen wie die Einheimischen. Ausgerechnet in diesem Mekka für historische Binnenschiffe hat es sich ein Verein zum Ziel gesetzt, einen historischen Dampfer neu zu bauen und zu betreiben. Inzwischen hat der Verein Pro Dampfer, er wurde 2012 in Stein am Rhein gegründet, schon weit über 2000 Mitglieder und das ambitionierte Projekt befindet sich bereits in der Planungsphase. Aber bis man die erforderlichen 12 Mio. Franken für den Bau des Schiffes beisammen hat, wird noch viel Wasser den Rhein hinunterfließen. Bereits hinter sich hat diese Untiefen ein bulgarischer Verein, der ebenfalls ein historisches Binnenschiff nachgebaut hat. Der österreichische Donaudampfer RADETZKY (Baujahr 1851), angetrieben natürlich auch von einer Escher Wyss Dampfmaschine, wurde schon 1913 verschrottet. Mit dem Schiff landete aber leider ein Stück geopolitische Donaugeschichte am Schrotthaufen. Auf der Strecke