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BINNENSCHIFF JOURNAL 5/2020

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BINNENSCHIFF JOURNAL 5/2020

BINNENSCHIFF Journal 5/2020 | S32 MS KOMOVI Bj- 1960 Werft Belgrad Quelle IBBS wenn seine Nationalflagge neben der von USA, Schweiz und den Niederlanden auf der serbischen Werft steht. Bis heute, mehr als 20 Jahre nach der Liberalisierung, werden vornehmlich Flusskreuzfahrtschiffe, aber auch Frachtschiffe, in Serbien im Auftrag und auf Rechnung ausländischer Schiffbauer vorgefertigt. Der Rohbau (Kasko), wird dann nach Nordeuropa zur endgültigen Fertigstellung gebracht. Dieser freiwillig übernommene Wirtschaftskolonialismus hat zwar den serbischen Werftarbeiter (und auch vielen rumänischen Grenzgängern) Arbeit und Brot gebracht, die Wertschöpfung liegt aber woanders. Kein Wunder also, dass sich die serbische Ministerpräsidentin Ana Brnabić im Sommer 2020 beim Wiederaufbau der Schiffswerft Apatin hoch erfreut gezeigt hat. „Die Werft in Apatin ist ein Beweis dafür, wie wichtig inländische Investitionen sind“, sagte Brnabić. „Wir hatten endlich eine sehr gute Privatisierung und ich möchte der Firma Arsenal Rem aus Kraljevo und dem gesamten Team der Familie Pecic danken“. Als Dank wurde dem heimischen Investor staatliche Unterstützung zugesagt. Aber das ist noch kein allgemeines Staatsziel und die Abwanderung der Wertschöpfung im Schiffbau läuft ungebremst. Miloš Vučević, der ehemalige Bürgermeister von Novi Sad, bezeichnet die Situation als „Plünderungsprivatisierung“. Und Brnabić spricht von „problematischen Privatisierungen“. Dennoch ist erkennbar, dass man in Serbien beginnt die Hausaufgaben zu machen. Sichtbares Zeichen dafür ist zum Beispiel die Fürsorge für das zarte Pflänzchen der Ausbildung zum Schiffbauer/Schiffbautechniker im eigenen Land. Um die Folgen des Braindrain zu beseitigen, braucht es dringend wieder Facharbeiter, Experten und Führungskräfte. Neben guten Schweißern, sind es vor allem gut ausgebildete Führungskräfte, die für einen heimischen Schiffbau sorgen. Man darf nicht übersehen, der Schiffbau ist mitten im Wandel. Stahlbauer allein wird in Zukunft nicht reichen, um Wertschöpfung zu generieren. Neue Materialien ist zum Beispiel ein wichtiges Stichwort. Schüler der Technischen Hochschule in Apatin sollen künftig nicht nur in der Werft vor Ort praktische Erfahrung sammeln, sondern auch auf anderen Werften im Land. Somit könnte schon mal ein breites Ausbildungsspektrum für Qualität sorgen.

MSS KARADORDJE Bj. 1981 Werft Belgrad Quelle IBBS Die Faculty of Maritime Academic Studies in Belgrad ist von der internationalen Zertifizierungsbehörde Det Norske Veritas und dem Germanischen Lloyd - DNV GL nach ISO 9001:2015 zertifiziert. Die akademischen Programme, nautische Studien, Schiffsingenieurwesen und Hafenmanagement entsprechen daher voll und ganz der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation. Außerdem entsprechen die akademischen Programme in vollem Umfang den EU-Vorschriften für die Binnenschifffahrt. Positive Zeichen setzt Serbien (mit tatkräftiger Unterstützung der EU) auch im Bereich der Nassen Infrastruktur. Ohne sie sind Werften nicht oder schlecht erreichbar. Ohne moderner Infrastruktur und proaktiven Wasserbau, reduziert sich das mögliche Bauprogramm einer Schiffswerft und es reduziert den Kundenkreis. Positives Signal: In Bezdan wurden gerade umfangreiche Wasserbauarbeiten im Kanalsystem Baja-Bezdan abgeschlossen. Die mehr als 8 Mio. Euro Investition wird die Binnenschifffahrt fördern und dem serbischen Schiffbau helfen. Damit ein Binnenschiff von der Entwicklung über die Planung, Bau, bis hin zur fertigen Auslieferung im eigenen Land passieren kann, braucht es auch gute Schiffsdesigner. Das junge Designer-Team SALT & WATER in Belgrad ist ein Schritt in diese Richtung und lässt auch diesen Bereich positiv in eine innovative Zukunft blicken. Trotz aller optimistischen Hoffnungen, die nach einer Zeit schwieriger Umstände teilweise noch andauern, schwebt ein neues Damoklesschwert (nicht nur) über dem serbischen Schiffbau. Weltweit könnte Corona noch dramatische Folgen für manche Werftstandorte haben. Besonders Passagierschiffe, die wegen Corona nicht fahren können, brauchen erst gar nicht gebaut zu werden. Die serbischen Werftstandorte liegen jedoch geographisch in einer günstigen Zone zwischen dem Schwarzen Meer und der Nordsee mit potentiellen Kunden in allen Bereichen der Binnenschifffahrt/Küstenschifffahrt. Mit dem umfangreichen Kanalsystem und den hervorragenden Wasserstraßen, haben Kunden aus ganz Europa einen guten Zugang zum serbischen Schiffbau und umgekehrt. (PB)