Aufrufe
vor 3 Jahren

BINNENSCHIFF JOURNAL 5/2020

  • Text
  • Welt
  • Baumgartner
  • Wien
  • Schiffbau
  • Statistik
  • Infrastruktur
  • Schiff
  • Binnenschiff
  • Donau
  • Binnenschifffahrt
BINNENSCHIFF JOURNAL 5/2020

BINNENSCHIFF Journal 5/2020 | S4 Volle Kraft zurück! »Wenn die Dummheit nicht dem Fortschritt, dem Talent, der Hoffnung oder der Verbesserung zum Verwechseln ähnlich sähe, würde niemand dumm sein wollen.« REDAKTION: PETER BAUMGARTNER modernen „Kisten“ nur deshalb schwimmen, weil der Schiffbauer im Jahre 2020 sich des Wissens eines gewissen Archimedes bedient hat, der schon in der Antike „Heureka!“ gerufen hat. Unwillkürlich drängt sich die Frage auf, welche anwendbaren Erkenntnisse wird der Schiffbauer im Jahre 4000 vom heutigen Schiffbauer gelernt haben? Aber damit kein Missverständnis entsteht und die Kreativität der Schiffbauer generell geschmälert wird, meistens sagt der Kunde was er will und das ist – nach der Generalvorgabe möglichst viel Schiff um möglichst wenig Geld, selten kreativ. Es hätte so schön sein können. DFS Johann Strauß Quelle Peter Steindl 1989 Das hat Robert Musil 1931 vor dem Hintergrund der geschichtlichen Ereignisse gesagt und dann 1937 ergänzt, niemand wird zu bezweifeln wagen, dass die Welt auch seither weder Fortschritte noch Verbesserungen gesehen hat! Gleichzeitig hat Musil eingestanden gar nicht zu wissen, was Dummheit eigentlich ist. Aber wer kann dieses Wissen schon für sich in Anspruch nehmen? Versuchen wir also lieber, die Dummheit von der Vernunft abzugrenzen und stellen wir die Frage, ist es vernünftig Schiffe zu schreddern, deren Wert weit über die optische Erhaltenswürdigkeit hinausgeht? Ist es nicht vernünftiger, Binnenschiffe – oder wenigstens das Erfahrungswissen dahinter, zu schützen und zu nutzen, statt neue Schiffe zu bauen, von denen man schon vorher weiß, dass sie Stangenprodukte sein werden. Auswechselbar bis ins Detail. Selbst wenn man die Namen dieser Schiffe untereinander austauscht, niemand würde es bemerken. Schiffe ohne Identität sozusagen und schon gar nicht erhaltenswürdig. Und niemand macht sich Gedanken darüber, dass selbst diese Was ist erhaltenswert in der Binnenschifffahrt, was sollte man schützen? Die Begriffe für die Erhaltenswürdigkeit einer Sache im öffentlichen Interesse sind vielfältig. Welterbe, Kulturerbe, Weltkulturerbe, Weltnaturerbe, Weltkulturgut, Weltdokumentenerbe, Immateriellen Kulturerbe, Kulturgut, kulturelle Hinterlassenschaft, Industriekultur und Denkmal. Um wenigstens einigermaßen den Durchblick zu erleichtern, wird noch zwischen beweglichen und unbeweglichen Denkmälern unterschieden. Dennoch, ein Schiff passt offensichtlich nicht wirklich in eines der genannten Schemen. Dafür wurde noch ein Begriff geschaffen - „Technisches Denkmal“. Dieser Begriff legt zwar fest, dass ein Schiff aus technischer Sicht erhaltenswürdig ist, schließt aber andere wichtige Gründe aus. Abgesehen von der technischen Bedeutung bei einem Schiff, könnte man zum Beispiel noch die Einzigartigkeit seiner Geschichte anerkennen. Legt man dem Begriff „Technik“ seine umfassende Bedeutung zugrunde, ließe sich ein Schiff in vielerlei Bereichen kategorisieren. Zum Beispiel im Bereich der Architektur oder Handwerkskunst. Zahlreiche Arbeitsabläufe (Erfahrungswissen) könnten sich auch im Immateriellen Kulturerbe abbilden lassen (wie das Wissen um die Flößerei an der oberen Drau). Auch das traditionelle Handwerk, hat in der Binnenschifffahrt viele Beispiele (Spleißen).

PD HOHENTWIEL und MS OESTERREICH Quelle Historische Schifffahrt Bodensee Michael Haefner Der Begriffswirrwarr und die Einschränkung auf „Technisches Denkmal“ verhindert oft die Anerkennung von Schiffen als Kulturgut und entzieht sie somit oft dem Erbe im öffentlichen Interesse. Kennen Sie berühmte Schiffe? Sicher werden Ihnen spontan gleich mehrere Namen einfallen. Darunter natürlich die Bounty wegen der Meuterei. Santa Maria dürfte Ihnen auch leicht von den Lippen gehen und Titanic sowieso. Einigen wird auch noch das Pilgerschiff Mayflower oder Pamir in den Sinn kommen. Was immer den Menschen unter berühmte Schiffe einfällt, alle sind irgendwo auf den Weltmeeren zu verorten. Fragt man nach berühmten Binnenschiffen, kommt bestenfalls die Ulmer Schachtel ins Spiel. Erst nach längerem Nachdenken, oder bei Leuten, die im Leben etwas herumgekommen sind, fallen Namen wie die Belle Époque-Flotte mit dem Dampfer Genève ein, auf dem Kaiserin Sisi bis zu ihrem Tod den Genfersee befuhr. Ein kleiner Kreis dürfte auch noch Reiseerinnerungen an die berühmte Dampferflotte von Dresden oder von Prag haben. Um Schiffe wie den Donaudampfer Schönbrunn zu kennen, muss man schon ein gehobeneres Alter haben oder Fan von alten Wachau Filmen sein. Noch weniger bekannt als die berühmten Passagierschiffe auf Flüssen und Seen, sind historische Frachtschiffe auf Binnenwasserstraßen, deren einstige Bedeutung längst vergessen ist. Dabei sind es gerade diese historischen Frachtschiffe gewesen, die einst, als die österreichische Flagge im gesamten Donauraum noch die erste Geige spielte, zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes und seiner Industrie wesentlich beigetragen haben. Diese Schiffe waren nicht nur schön, sondern auch einzigartig und erfüllten hohe Anforderungen. Ein wichtiges Kriterium für Frachtschiffe auf Flüssen ist seit jeher ein möglichst geringer Tiefgang, um auch bei Niederwasser einsatzfähig zu sein. Derzeit wird in einem 8 Mio. Euro-EU Förderprogramm nach einem Frachtschiff mit möglichst geringem Tiefgang gesucht. Die versammelte europäische Intelligenz ist gefordert. Dabei will man sich schon mit einem Tiefgang von 1,50 Meter zufriedengeben. Aber das berühmte Frachtschiffe CAECILIA (Baujahr 1914), konnte zum Beispiel schon vor mehr als 100 Jahren mit nur 1 Meter Tiefgang fahren. Alle diese großartigen Schiffstypen, von denen einige sogar noch um 1970 fahrtüchtig waren, sind modernen Schiffen zum Opfer gefallen.