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cav – Prozesstechnik für die Chemieindustrie 07.2019

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Die Fachzeitschrift cav - Prozesstechnik für die Chemieindustrie berichtet über Verfahren, Anlagen, Apparate und Komponenten für die chemische und pharmazeutische Industrie. Weitere Themen sind IT-Technologien, Industrie 4.0, digitale Produktion, MSR- und Automatisierungstechnik und Prozessanalysentechnik. Abgerundet wird das inhaltliche Spektrum durch Ex-Schutz, Anlagensicherheit, Arbeitsschutz, Instandhaltung, Standortmanagement und Energiemanagement.

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cav THERMISCHE VERFAHREN Prozesskühlsystem für Tieftemperaturprozesse Hohe Ansprüche bei Minusgraden Je tiefer die Prozesstemperaturen, desto höher die Anforderungen an das Temperiersystem. Anwender benötigen präzise regelbare Kühlsysteme, die sich leicht in den Produktionsprozess integrieren lassen und möglichst wartungsarm arbeiten. Eine Lösung bietet Linde mit dem hocheffizienten automatischen Prozesskühlsystem Cumulus FTC (Fluid Temperature Control). So lassen sich Prozesstemperaturen von bis zu -120 °C realisieren. Auch bei der Bayer AG kommt das System zum Einsatz. Bilder: Linde Synthesen oder Kristallisationen sind die Hauptanwendungsgebiete für Tieftemperaturprozesse in der Feinchemie und in der pharmazeutischen Industrie. Beispiele sind asymmetrische Synthesen, die Reduktion von Metallhydriden oder die Hydrierung aromatischer Verbindungen mit Natrium und Ammoniak. Nur tiefkalte Prozesstemperaturen ermöglichen für bestimmte Reaktionen die gewünscht hohen Reinheitsgrade und können Selektivität und Produktqualität verbessern. Hierfür muss eine schnelle und Bei Temperierung eines Tieftemperatur-Reaktors über einen Sekundärkreislauf verhindert eine intelligente Kombination von Wärmetauschern den direkten Kontakt zwischen dem tiefkalten Flüssigstickstoff und dem Prozessmedium wie zum Beispiel Methanol oder Toluol. Stattdessen wird das Prozess - medium mit kaltem gasförmigem Stickstoff gekühlt. sichere Temperaturkontrolle unbedingt gewährleistet sein. Konventionelle Kühlverfahren Temperaturen von -20 bis -40 °C galten lange in Tieftemperaturreaktoren als ausreichend. Doch heute erfordert die Entwicklung neuer Technologien und Produkte deutlich tiefere Temperaturen von bis zu -120 °C. Um diese Temperaturen zu erzielen, können sowohl mechanische Kühlverfahren als auch tiefkalte Gase einsetzt werden. Eine Möglichkeit ist die Zugabe von Trockeneis, also von festem Kohlendioxid in Pelletform. Während dieses Verfahren in der Lebensmittelherstellung durchaus gängig ist, eignet es sich nicht für einen anspruchsvollen großtechnischen Einsatz in der Feinchemie oder der pharmazeutischen Industrie. Denn der Prozess lässt sich nur vergleichsweise unpräzise steuern. Eine gängige Lösung sind mechanische Kühlmethoden mittels Kompressorsystem, den sogenannten Kältemaschinen. Allerdings sind diese für Temperaturen unter -40 °C zumeist aufwendiger als mehrstufige Anlagen auszuführen. Derartige Kälteanlagen erfordern in der Regel einen hohen Platzbedarf, sind wartungsintensiv und häufig mit Lärmemissionen verbunden. Je nach System kommen zudem teilweise gesundheitsschädliche Stoffe wie Ammoniak oder klimarelevante Kältemittel zum Einsatz. Alternativ eignet sich auch flüssiger Stickstoff (N 2 ) als Kühlmedium. Bei einfachen Aufgabenstellungen wird er direkt in den Reaktor eingebracht, dies hat aber entscheidende Nachteile: Zum einen wird der Stickstoff dadurch verunreinigt und steht nicht 20 cav 07-2019

Gerade in der Feinchemie und in der pharmazeutischen Industrie gewinnen Tieftemperaturprozesse einen immer höheren Stellenwert Fünf unterschiedliche Cumulus-FTC-Modelle im Bereich von 5 bis 100 kW Kühlleistung stehen zur Verfügung und bieten damit für jeden Bedarf eine optimal dimensionierte Lösung für eine Weiterverwendung zur Verfügung. Zum anderen besteht die Gefahr, dass das Reaktionsgemisch im direkten Kontakt mit dem Stickstoff bei -196 °C an- oder einfriert. Intelligent kühlen Eine effiziente Alternative bietet die Temperierung eines Tieftemperaturreaktors über einen Sekundärkreislauf. Das bedeutet: Eine intelligente Kombination von Wärmetauschern verhindert den direkten Kontakt zwischen dem -196 °C kalten Flüssigstickstoff und dem Prozessmedium wie zum Beispiel Methanol, Ethanol oder Silikonölen. Stattdessen wird das Prozessmedium mit gasförmigem Stickstoff gekühlt. Dieser wird durch die Verdampfung von tiefkaltem Flüssigstickstoff gewonnen. Ein Anfrieren des Prozessmediums wird so verhindert. Zudem ist eine Lösung mit Sekundärkreislauf einfach in der Handhabung. Der hohe Automatisierungsgrad ermöglicht präzise Kühlprozesse, bei geringem Aufwand für das Bedienpersonal. Das System kann die Prozesstemperatur autark regeln aber auch in die Prozesssteuerung des Kunden eingebunden werden. Weil der Reaktorinhalt aufgrund der getrennten Kreisläufe darüber hinaus nie direkten Kontakt zum flüssigen Stickstoff hat, lassen sich mit einfach gesteuerten Temperaturwechseln mehrere Prozessschritte in einem Reaktor durchführen. Schnell veränderbare Prozesstemperaturen machen den Prozessverlauf effektiver und effizienter. Temperieren mit Sekundärkreislauf Eine solche Temperierlösung mit Sekundärkreislauf hat der Industriegasespezialist Linde mit dem hocheffizienten automatischen Prozesskühlsystem Cumulus FTC (Fluid Temperature Control) entwickelt. Die FTC- Einheit ist einerseits mit dem Flüssigstickstofftank verbunden und andererseits mit dem Prozessmediumkreislauf. Beide Kreisläufe sind damit völlig getrennt. Der Flüssigstickstoff kommt nicht mit dem Reaktorinhalt in Berührung, sodass es nicht zu einem Anfrieren kommen kann. Besonders vorteilhaft: Der verdampfte Stickstoff kann nach Abschluss des Prozesses wiederverwendet werden, beispielsweise zur Inertisierung. Damit arbeitet das System ausgesprochen energie- und kosteneffizient: Bei Weiterverwendung des gasförmigen Stickstoffs sinken die Betriebskosten für das Kühlsystem auf nahezu null. Das System ist präzise steuerbar und gleichzeitig ausgesprochen flexibel: So lassen sich bei Parametern wie Last, Volumenstrom und Temperatur unterschiedlichste Prozessbedingungen realisieren. Selbst bei Temperaturen bis -120 °C können die Werte auf bis zu ±1 °C genau geregelt werden. Dieser hohe Präzisionsgrad vermeidet Nebenreaktionen, durch die unerwünschte Verbindungen und Isomere entstehen können. So werden Produktqualität, Selektivität und Ausbeute messbar erhöht. Die kurzen Abkühl- und Aufheizzeiten und die geringen Betriebskosten im Verhältnis zur Kühlleistung sind ein weiterer Vorteil von Cumulus FTC. Fünf unterschiedliche Modelle stellen für jeden Bedarf eine optimal dimensionierte Lösung sicher: angefangen beim Tischmodell PX5 für den Laborbetrieb mit 5 kW Kühlleistung über PX20, PX50 bis hin zu der PX100 für die Großproduktion mit 100 kW Kühlleistung. Sie erreichen Temperaturen von bis zu -100 °C. Noch tiefere Temperaturen erzielt das Modell Cumulus XLT50 mit bis zu -120 °C Maximalkühltemperatur und 50 kW Kühlleistung. Alle Modelle zeichnen sich durch ein kompaktes Design aus. Ergeben sich Änderungen der Produktionsprozesse, können sie bei Bedarf einfach an einen anderen Einsatzort versetzt werden. Praxiseinsatz bei Bayer Auch die Bayer AG nutzt am Hauptsitz in Leverkusen das Prozesskühlsystem Cumulus FTC. Das System ersetzt dort mehrere Kryo - state, die in einem Laborbetrieb Kalorimeter mit Kälte versorgten. Den Ausschlag für die Suche nach einer neuen Lösung gaben die Geräuschentwicklung der Kryostate sowie ihr hoher Platzbedarf durch ihre dezentrale Installation in den einzelnen Laborräumen. Mit dem Prozesskühlsystem Cumulus FTC ist nun eine Lösung im Einsatz, die durch ihr kompaktes Design sowohl platzsparend als auch effizient und zuverlässig arbeitet. Zudem ermöglicht das System die von Bayer geforderte Flexibilität. Alle Verbraucher können individuell und präzise temperiert werden. So ist eine stets optimale Prozesskühlung gewährleistet, die den hohen Ansprüchen von Bayer gerecht wird. www.prozesstechnik-online.de Suchwort: cav0719linde AUTOR: JOHANN KALTENEGGER Anwendungstechnik Chemie, Linde cav 07-2019 21

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