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Centurion Germany Spring 2023

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er über das Gebäude

er über das Gebäude stolperte, das zum Holm werden sollte. „Es fiel mir mehr oder weniger in den Schoß“, erinnert er sich. „Als wir uns mit den Eigentümern trafen, kamen sie mit einem Picknickkorb mit Brot, Wein, einer Thermoskanne Tee, Wildwürsten und einem ganzen Laib Baron-Bigod-Käse.“ Das sind Menschen, so dachte er sich, mit denen er ins Geschäft kommen könnte. Damals, im August 2021, war das Gebäude noch „voller Schutt. Es war ein aufwendiges Vorhaben. Wir haben es geschafft, in jenem November zu eröffnen. Aber, um ehrlich zu sein, haben wir die Herausforderungen massiv unterschätzt. Talentiertes Personal für die Küche und den Service zu finden, war zum Beispiel nicht leicht. Wir waren fast das ganze letzte Jahr unterbesetzt“. Kurz nach dem Aufschwung durch eine Fünf-Sterne-Kritik im The Telegraph kam die Omikron-Variante. Das Holm musste daraufhin zehn Tage lang schließen. Mittlerweile scheint die Achterbahnfahrt aber etwas ruhiger zu verlaufen. Einige Londoner Köche zogen sogar noch weiter weg. Jon Atashroo zum Beispiel, der ehemalige Chefkoch des Restaurant at Tate Modern träumte davon, sein eigener Chef zu sein, und sah sich fünf Jahre lang verschiedene Optionen an, darunter auch einige in Devon und Wales, bevor er schließlich im vergangenen Februar mit seiner Familie in Masham landete. Als Koch mit Michelin-DNA hatte Atash roo mit seinem mehrgängigen Degustationsmenü anfangs seine Kritiker. „Einer rief an und fragte: ‚Finden Sie es richtig, dass ich nicht selbst wählen kann?‘ und legte auf.“ Doch Atashroo blieb hartnäckig und knüpfte Beziehungen zu Landwirten und Fischhändlern, „wobei mir zu Beginn ein Lieferant sagte, dass ich nichts von seinem Fleisch haben könne, weil das alles direkt nach London ging“. Das Leben als Koch auf dem Land, so klingt es durch, bringt viele unvorhergesehene Herausforderungen mit sich. Doch keiner der vorgenannten Köche und Gastronomen reißt sich darum, in absehbarer Zeit für mehr als ein Wochenende nach London zurückzukehren. Die frische Luft, das Gemeinschaftsgefühl und die Lebensqualität haben sie für sich gewonnen. Clare Lattin meint: „Ich fahre von Chagford nach Ashburton 30 Minuten durch Dartmoor und der einzige Verkehr, der mir begegnet, sind Kühe, Schafe und wilde Ponys. Es ist wunderbar.“ Emilia, Ashburton, Devon Als die Gastronomin Clare Lattin sowie ihr Geschäftspartner und Küchenchef Tom Hill beschlossen, sich vom Tagesgeschäft ihrer beiden Londoner Restaurants Ducksoup und Little Duck zurückzuziehen, träumten sie davon, ein „winziges Lokal zu eröffnen, wie man es in kleinen Dörfern oder Städten in Italien findet“. Das Emilia im hübschen Ashburton in Devon ist genau das: Es gibt einen großen Tisch und ein paar Barhocker. Geöffnet hat das Emilia von Donnerstag bis Samstag zu Mittag und Abend. Auf der Karte stehen Gerichte mit Fleisch von lokalen Landwirten und speziell für Hill angebauten Produkten von einem biodynamischen Bauernhof in Dartington, darunter eingelegte Aprikosen mit lokalem Devon Blue, Pappardelle mit einem Ragout aus geschmorter Querrippe vom Rind und ein Sorbet aus Grappa und Victoria-Pflaumen. Lattin gesteht, dass die auf ihrem Londoner Angebot mit natürlichen und biodynamischen Weinen aufbauende Weinkarte sich schwerer verkauft als das Essen. „Der Markt für diese Weine ist hier noch relativ jung. Unsere Gäste sind aber sehr offen und neugierig. In den sieben Monaten seit unserer Eröffnung haben wir eine enorme Zunahme des Interesses festgestellt.“ emiliaashburton.co.uk Ox Barn, Gloucestershire Die Küche von Charlie Hibbert in seinem fünf Jahre alten Restaurant Ox Barn war schon immer für ihn bestimmt: Das Ox Barn ist Teil des Thyme, des in den Cotswolds gelegenen, 2014 eröffneten herrlichen Anwesens seiner Familie. Hibberts Ausbildung – er lernte sowohl unter Darina Allen im Ballymaloe als auch unter Jeremy Lee im Quo Vadis in Soho – bereitete ihn perfekt auf die Eröffnung seines geräumigen Restaurants mit 62 Plätzen vor. An den namensgebenden einstigen Ochsenstall des Anwesens erinnern noch heute massive Holzbalken und die aus lokalem Stein errichteten Wände. Als Küchenchef und -direktor ist Hibbert auch für die Kochschule des Thyme sowie für The Swan zuständig, den kürzlich von seiner Schwester Milly erneuerten Dorfpub. Sowohl für die Menüs im Ox Barn als auch im Pub nutzt er neben den Kräuterbeeten, Gemüsegärten, Obst- und Nussplantagen sowie dem Vieh des Guts auch erstklassige Produkte lokaler Lieferanten. Wie wäre es zum Beispiel mit Crostini mit Spargel, Ricotta-Bröseln und einem salzigen Kick in Form von Sardellen oder auch mit Crubeens, einem irischen Gericht aus entbeinten, gerollten und panierten Schweinefüßen mit großen Klecksen estragonreicher Sauce gribiche? Auch der Sonntags-Lunch im Pub ist hervorragend. thyme.co.uk Argoe, Newlyn, Cornwall Ben Coombs, Koch und Miteigentümer des Argoe, eines Fischrestaurant an der Hafenmauer von Newlyn, war bis vor ein paar Jahren Küchenchef in der oft gelobten Rochelle Canteen von Margot Henderson und Melanie Arnold. Entschlossen, London zu verlassen, sah er sich verschiedene Lokalitäten an: „eine in Edinburgh, eine mit einem ummauerten FOTOS VORHERIGE DOPPELSEITE IM UHRZEIGERSINN VON LINKS OBEN: CLAIRE BINGHAM, ISSY CROKER, LUCAS SMITH, MICHAEL EDDY, © UPDOWN FARMHOUSE, © EMILIA, JADE NINA SARKHEL, PETER CLARK 70 CENTURION-MAGAZINE.COM

Garten in Kent“. Dann bekam er einen Anruf von Richard Adams, einem Fischlieferanten aus Cornwall. „Richard sagte, er wolle in Newlyn etwas eröffnen. Er hatte eine Hütte am Kai gefunden. Eigentlich waren es nur ein paar Umkleideräume, die von den örtlichen Seenotrettern genutzt wurden.“ Coombs stieg mit ein und ist nun stolzer Miteigentümer eines mit Zedernholz aus Somerset ausstaffierten kulinarischen Juwels, das von fangfrischen Sardinen („Die haben nicht einmal Zeit, steif zu werden“) bis hin zum ganzen Petersfisch alles serviert. Neben dem Markenzeichen des Restaurants – der Fischsuppe, die aus allem, was frisch und lokal ist, zubereitet wird – sind auch die in lokalem Cidre gedünstete Muscheln sowie der mit Oregano gegrillte Flügelbutt – eine Newlyner-Spezialität – zu empfehlen. Die Wintermonate waren laut Coombs ein Auf und Ab. „Der November und Dezember waren unterirdisch. Im Januar hatten wir dieses Jahr komplett geschlossen.“ Nun aber ist das Restaurant ausgebucht und Coombs liebt seine neue Heimat. „Ich fühle mich hier einfach wohler, selbst bei schlechtem Wetter“, freut er sich. „Das war der beste Schritt, den ich je gemacht habe.“ argoenewlyn.co.uk Holm, South Petherton, Somerset Küchenchef Nick Balfe war 17 Jahre lang in London tätig, davon zehn Jahre als Restaurantleiter, bevor er dem Charme von Somerset erlag und ein paar Kilometer westlich von Yeovil in South Petherton das Holm eröffnete. Bei der Arbeit im Salon im Brixton Market lernte er seine Frau kennen. „Wir sehnten uns beide nach etwas Platz und Sicherheit.“ Und so kam es, dass sie vor zwei Jahren mitsamt ihren drei Kindern in ein Haus gegenüber dem Restaurant zogen und im November 2021 hier ihr neues Unternehmen eröffneten. Im von blanken Ziegeln geprägten Speisesaal des Holms wird Gästen sowohl ein Degustationsmenü als auch ein weniger umfangreiches Tagesmenü angeboten. Was die Entwicklung seiner Gerichte angeht, änderte der Zugang zu lokalen Lieferanten für Balfe alles. „Dass ich die Möglichkeit habe, Wild, Old-Spot-Schwein sowie Lamm und Schaf mehr oder weniger direkt ab Hof zu kaufen und dabei ganze Tiere bekomme, die ich selbst zerlegen und komplett verwenden kann, ist sehr befriedigend. In London hatte ich manchmal das Gefühl, nur bloße Worte von mir zu geben. Hier kann ich das wirklich in die Tat umsetzen.“ Unter Balfes wunderbar präsentierten Gerichten finden sich Kreationen wie in Sirup gepökelte Lende mit Schwarzwurzel oder Wild von der nahe gelegenen Bagnell Farm mit Steckrüben und Winterwirsing. holmsomerset.co.uk The Fordwich Arms, Canterbury, Kent Im Vergleich zu den in letzter Zeit nach Kent gekommenen Londoner Köchen sind Dan und Natasha Smith geradezu abgebrühte Veteranen. 2017 übernahmen sie das Fordwich Arms unweit von Canterbury und machten aus dem hübschen, mit roten Ziegeln ausgestatteten alten Pub – sehr zum Missfallen einiger Einheimischer – ein mit einem Michelin-Stern ausgezeichnetes Restaurant, in dem man Bavette mit Roter Bete, Meerrettich und Bitterspinat im Ox Barn FOTO KIRSTIE YOUNG CENTURION-MAGAZINE.COM 71

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