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elaphe 2019-2

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Titelthema: Citizen Conservation - Haltung rettet Arten

HerpetoramaHerpetoramaHerpetoramaExportstopp für kommerziellenTierhandel aus Madagaskar?Der besonders bei naturbegeistertenReisenden immer beliebterwerdende Inselstaat kommt seit Jahrennicht mehr aus den Negativschlagzeilenheraus – politisch unsicher regiertund ökonomisch heruntergewirtschaftetwurde einfach schon viel zu lange,mit mittlerweile immer dramatischerensozialen und ökologischen Folgen. AnstehendeWahlen werden deshalb – nationalwie auch international – immermit sehr vielen Hoffnungen, aber auchmit besonderer Skepsis betrachtet, dabesonders der Wahlkampf (bezüglichder Pro-Kopf-Ausgaben an Werbekostenje Einwohner übrigens der teuersteweltweit) von den Aspiranten gernegenutzt wird, um das Blaue vom Himmelin möglichst markigen Wortenzu versprechen. Die Erfahrung derVergangenheit hat aber auch immergezeigt, dass nach erfolgtem Urnengangin den seltensten Fällen wirklichNägel mit Köpfen gemacht werden.Diesbezüglich hat der neu eingesetzteMinister für Umwelt und nachhaltigeEntwicklung gleich einmal kurz undschmerzlos Neuland betreten, mit einerab sofort (29.1.2019) gültigen knappenAnordnung, die es tatsächlich knüppeldickin sich haben könnte:Im Zuge der „Sanierung“ (sic!) allerfür Wald- bzw. Forsterzeugnisse („produitsforestiers“) zuständigen offiziellenStellen werden Gewinnung, Nutzung,Transport und Export eben dieserErzeugnisse bis auf Weiteres ausgesetzt.Die regionalen und nationalenInstitutionen werden diesbezüglichaufgefordert, keine Genehmigungenmehr auszustellen, die bisher Nutzung,Verteilung/Transport und Export geregelthaben. Davon ausgenommensind weiterverarbeitete tierische Erzeugnisse,sofern sie (von Behörden)beschlagnahmt wurden. Die Nutzungvon Holz umfasst darüber hinaus auch„künstliche“ Wälder (gemeint sindwohl anthropogen geformte Habitate,wie z. B. Monokulturen/Plantagen).Dies klingt nicht nur sperrig, sondernbereitet in der Übersetzung wie auchin der Einordnung einige Schwierigkeiten,etwa da von „Erzeugnissen“die Rede ist. Das Hautproblem dieserMitteilung ist zudem ihre sehr vageFormulierung, obwohl anzunehmenist, dass damit auch lebende Organismengemeint sind („bois, fauneet flore“). Was dann bis auf Weiteresauch den Stopp des Handels undder Ausfuhr von lebenden Tieren fürden Heimtiermarkt bedeuten würde –wenngleich das vermutlich nicht derHauptgrund für diese kompromissloseAnordnung war.Zunächst einmal kam also der Schockob dieses Schreibens, denn in seinerFormulierung und den daraus entstehendenInterpretationsmöglichkeitenhätte dies auch unmittelbare, ziemlichdrastische Auswirkungen auf unserProjekt zur Erhaltungszucht deshochgefährdeten Goldfröschchens(Mantella aurantiaca) sowie weitererauf Madagaskar endemischer Artengehabt; diese werden seit mittlerweilesieben Jahren erfolgreich in Andasibegehalten und vermehrt. Gerade dasGoldfröschen steht als wichtigste Artim Fokus von Wieder- bzw. Neuansiedlungen,für die unsere Nachzuchtenals Gründerpopulation(en) dienen.Hoffentlich droht ihm künftig von politischer Seite keine Gefahr: Goldfröschen(Mantella aurantiaca). Für diese Art existiert auf Madagaskar ein landesweiteinmaliges Nachzuchtprojekt. Foto: S. WolfDarüber hinaus beherbergt die nichtfrei zugängliche Zuchtstation quasinebenbei weitere selten oder gar nichtim Terrarium gehaltene heimischeFroscharten, für die mittlerweile eineReihe von Erstnachzuchten vorgewiesenwerden können (was in Kürze auchpubliziert werden soll).Eine vernünftige Weiterarbeit, besondersim Hinblick auf Wiederansiedlung,Probenahmen zur Optimierungder Haltungsbedingungen oder auchdas Fangen von Kleinstmengen bishernicht gehaltener lokaler Artenzur Wissenserweiterung wäre durcheine solche Anordnung schlichtwegnicht mehr möglich. Im Klartext: UnserAmphibienprojekt in Andasibe wäredamit kaum noch durchführbar. Nacheiner sehr unruhigen Nacht dann dievorläufige Entwarnung – die mit unsim Amphibienschutz zusammenarbeitendeBehörde teilt auf Anfragemit, dass von der Anordnung nurkommerzielle Aspekte betroffen seien,die Arbeit mit dem Goldfröschchenund weiteren Arten also weitergehenkönne. Eine erklärende und präzisereMitteilung zum Sachverhalt, ebenfallsvom Umweltministerium, sei unterwegs.Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusseslag diese allerdings nochnicht vor, weshalb erst einmal vieleFragen offenbleiben.Das Amphibien-Erhaltungszuchtprojektin seiner jetzigen Form arbeitetausschließlich gemeinnützig undnichtkommerziell. Eine Einordnungdes Geschehens bezüglichkommerzieller Wildentnahmenvon imTerrariumgehaltenenTaxasoll an dieserStelle weitestgehendentfallen,doch eine Anmerkungsei erlaubt: Der Verlust an Devisendurch das Verbot kommerzieller Ausfuhrenspielt wirtschaftlich auf nationalerEbene sicher eine sehr untergeordneteRolle. Viele der heute nachinternationalem Artenschutzrechtnoch handelbaren Arten ausMadagaskar werden fürabsolute Kleinstbeträgegefangen und exportiert. Zweifelhaftist aber, ob sich mit diesem Schrittweitere Gefährdungen abwenden lassen.Den Schildkröten beispielsweisedroht ein apokalyptisches Szenario,ginge die derzeitige Jagd auf sie imselben Ausmaß unvermindert weiter.Der illegale Schildkrötenhandel istim Bereich der organisierten Kriminalitätanzusiedeln, und solange esAbnehmer gibt und eineStrafverfolgung so gutwie nicht existiert, schützt auch eineschriftliche Anordnung kein einzigesTier – und wird das auch zukünftignicht tun.Sebastian WolfEine der wenigen Arten von madagassischenFroschlurchen, die für deneinheimischen Markt kommerziellinteressant sind: Mantidactylus grandidierigilt als Delikatesse Foto: S. Wolf89

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