Aufrufe
vor 5 Jahren

Automobilkonstruktion 04.2015

  • Text
  • Automobilkonstruktion
  • Entwicklung
  • Entwickelt
  • Fahrer
  • Unternehmen
  • Deutlich
  • Fahrzeug
  • Fahrzeuge
  • Sowohl
  • Einsatz

AUS DER FORSCHUNG EKG

AUS DER FORSCHUNG EKG ohne Hautkontakt Kapazitives Verfahren misst Herzaktivität permanent Autohersteller arbeiten mit Hochdruck an sogenannten Nothalteassistenzsystemen. Diese sorgen dafür, eine durch Übermüdung oder medizinische Notfälle verursachte Fahrunfähigkeit der Fahrer zu erkennen und das Fahrzeug durch ein vollautomatisches Eingreifen kontrolliert zum Stehen zu bringen. Fraunhofer-Forscher haben jetzt ein Verfahren entwickelt, das eine permanente Messung der Herzaktivität ohne Hautkontakt ermöglicht. für nicht selten schwere Verkehrsunfälle. Derartige Notsituationen können durch Auswertung der elektrischen Aktivität des Herzens identifiziert werden. Ein Forscherteam am Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS hat ein kapazitives Messverfahren entwickelt, das eine permanente Messung der Herzaktivität und Ableitung des Elektrokardiogramms (EKG) ohne Hautkontakt ermöglicht. Die Dresdner haben das System in einen Fahrersitz integriert, um so die Gefahr der Fahr - untauglichkeit des Fahrzeugführers während der Fahrt rechtzeitig zu erkennen. zeitmessungen sonst typischen Hautreizungen vermieden.“ Die Signalübertragung erfolgt über Platten, die im Fahrersitz verbaut sind und mit der Körperoberfläche einen Kondensator bilden. Trotzdem arbeitet das System auch bei mehreren Kleidungsschichten und bei kleineren Bewegungen der beiden Kontaktflächen zuverlässig, so die Forscher. Im Fahrersitz integrierte kapazitive EKG-Messtechnik soll Ermüdungserscheinungen und medizinisch bedingte Notfälle bei Kraftfahrern rechtzeitig erkennen Bilder: Fotolia/starflamedia, Fraunhofer IPMS Neben Übermüdungszuständen sind kardiovaskuläre, also das Herz oder die Gefäße betreffende, medizinische Notfälle wie Herzinfarkte und Herzrhythmusstörungen die Hauptursache für eine plötzlich auftretende Fahruntüchtigkeit bei Autofahrern und somit Der Autor: Dr. Michael Scholles, Leiter Business Development & Strategy, Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS, Dresden Gleiches Prinzip wie klassisches EKG „Die kontaktlose, kapazitive EKG-Messung funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie das klassische EKG. Das heißt wir analysieren den charakteristischen Verlauf des EKG und leiten aus den Veränderungen im Verlauf eine potenzielle Notfallsituation ab“, erklärt Andreas Heinig, Projektleiter am Fraunhofer IPMS. „Der Unterschied besteht darin, dass die Elektroden nicht auf der Haut befestigt werden, sondern dass ein Kontakt zwischen Elektrode und Körperoberfläche durch Kleidungsschichten hindurch hergestellt wird. So werden die bei Lang- Schirmung reduziert Störeinflüsse Die Herausforderung für die Elektronikentwicklung besteht darin, die sehr schwachen Signale von deutlich größeren Störeinflüssen zu trennen und dennoch auswerten zu können. Um Störeinstrahlungen von außen gering zu halten, haben die Forscher auf der Elektrodenplatine um die Messplatte herum einen äußeren Schirmring und eine innenliegende Schirmebene vorgesehen und die Elektrode zusätzlich in einem leitfähigem Gehäuse eingebaut. Außerdem hat das Team von Andreas Heinig auf der Elektrodenplatine eine Schaltung untergebracht, welche induzierte Ladungen aktiv beseitigt. So sollen Spannungsänderungen auf der Messplatte kontrolliert werden, die durch Abstandsänderungen der Messplatte von der Haut und die Aufladung der Messplatte durch Reibungselektrizität entstehen. Die Dresdner Forscher sind überzeugt, dass das kapazitive EKG wegen des Komfortgewinns für viele weitere Anwendungsszenarien nachgefragt werden wird. So könnte die Technologie in Sitzen jeder Art oder Krankenhausbetten genutzt werden. Selbst eine Integration in Kleidung ist denkbar. Der Prototyp des kapazitiven EKG-Messsystems wird auf der Medica, der weltweit größten Medizinmesse, vom 16. bis 19. November 2015 in Halle 3 am Messestand des Instituts E74a erstmals der Fachöffentlichkeit präsentiert. Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS, Dresden, Tel.: +49 351 8823-0, www.ipms.fraunhofer.de 42 AutomobilKonstruktion 4/2015

Gehärtete Stähle für effizientere Motoren Wissenschaftler des KIT setzen erstmals Methylamin zum Niederdruck-Carbonitrieren ein Ein neues Verfahren zum Härten von Stahl entwickeln Wissenschaftler am Karlsruher Institut für Technologie (KIT): Mithilfe von Methylamin reichern sie niedrig - legierte Stähle mit Kohlenstoff und Stickstoff an. Die so gehär - teten Stähle eignen sich für mechanisch und thermisch hoch beanspruchte Bauteile in energieeffizienten und emissionsarmen Motoren der Zukunft. Einspritzpumpen und Injektoren wie das Bosch Common-Rail-System CRS3-25 erzeugen dank gehärtetem Stahl Drücke von 2500 bar Bild: Bosch Verbrennungsmotoren bergen noch viel Potenzial, um Energie einzusparen und Emissionen zu verringern. So geht der Trend zu kleineren Motoren bei gleicher oder sogar höherer Leistung. Motoren mit kleinerem Hubraum verbrauchen dank ihres geringeren Gewichts, geringerer Reibung und geringerer Abwärme weniger Kraftstoff. Allerdings bringt das sogenannte Downsizing mit sich, dass hoch beanspruchte Bauteile wie Komponenten von Diesel-Einspritzsystemen noch höheren mechanischen und thermischen Belastungen ausgesetzt sind. Diesel-Einspritzsysteme müssen höhere Einspritzdrücke und bessere Einspritzgenauigkeiten aufweisen, um die Anforderungen des Downsizings zu erfüllen. Daher müssen die Einspritzdüsen aus besonders widerstandsfähigen Werkstoffen gefertigt werden. Die Autorin: Sibylle Orgeldinger, freie Journalistin, Karlsruhe Ziel ist die Großserienreife Eine attraktive und kostengünstige Möglichkeit ist der Einsatz von niedriglegierten Stählen, das heißt Stahlsorten, die außer Eisen maximal fünf Massenprozent andere Metalle enthalten. Sie lassen sich weich gut bearbeiten und werden dann für den Einsatz gehärtet, um eine harte Oberfläche bei einem zähen Kern zu erzielen. Wissenschaftler am Engler-Bunte-Institut des KIT arbeiten an einem neuen Verfahren der Einsatzhärtung von Stahl, dem Niederdruck-Carbonitrieren: Bei Temperaturen zwischen 800 und 1050 °C und Gesamtdrücken unter 50 mbar wird die Randschicht der zu härtenden Bauteile gezielt mit Kohlenstoff und Stickstoff angereichert und anschließend durch Abschrecken gehärtet. Ziel des aktuellen Projekts unter Leitung von David Koch ist, gemeinsam mit Partnern aus Forschung und Industrie die Grundlagen des Niederdruck-Carbonitrierens zu erarbeiten und dieses zur Großserienreife zu entwickeln. „Das Niederdruck- Carbonitrieren vereint die Vorteile von Niederdruckverfahren mit denen des atmosphärischen Carbonitrierens“, erklärt David Koch. Beim atmosphärischen Carbonitrieren wird die Oberfläche der behandelten Bauteile durch Randoxidation beschädigt; dies lässt sich bei Niederdruckverfahren vermeiden. Zusätzlich wird ein gleichmäßigeres Härteprofil im Bauteil erzeugt, insbesondere bei komplexen Bauteilgeometrien. Bisher wurde beim Niederdruck-Carbonitrieren fast ausschließlich Ammoniak als Stickstoffspender, in Verbindung mit einem Kohlenstoffspender, meist Ethin oder Propan, verwendet. Die Forscher am KIT haben nun andere Gase und Gasmischungen auf ihre Eignung für das Niederdruck-Carbonitrieren untersucht und ihre Wirksamkeit beim Anreichern einer Bauteil-Randschicht mit Kohlenstoff und Stickstoff in einer Thermowaage experimentell getestet. Dabei stellten die Wissenschaftler gemeinsam mit Forschern der Robert Bosch GmbH in Stuttgart fest, dass Methylamin (CH3NH2) und Dimethylamin ((CH3)2NH) als Prozessgase zu einer guten Anreicherung der Randschicht mit Kohlenstoff und Stickstoff führen. Ihre Untersuchungsergebnisse zum Niederdruck-Carbo- nitrieren mit Methylamin präsentieren sie in der Zeitschrift HTM – Journal of Heat Treatment and Materials. Statt zwei Gasen nur eines Beim Einsatz von Methylamin zum Niederdruck-Carbonitrieren ist statt zwei Gasen nur eines erforderlich, und die sonst üblichen zwei Prozessschritte lassen sich auf einen reduzieren. Im Vergleich zum Ammoniak als Stickstoffdonator in Verbindung mit einem Kohlenstoffdonator erreicht Methylamin eine höhere Stickstoffanreicherung der Randschicht. Da gleichzeitig auch Kohlenstoff eingebracht wird, verkürzt sich die Prozessdauer deutlich. Methylamin erlaubt überdies das Carbonitrieren bei erheblich höheren Temperaturen, was die Prozessdauer zusätzlich verkürzt. Auch wird das Methylamin als Prozessgas besser ausgenutzt, was eine Reduzierung der eingesetzten Gasmenge gestattet. Die Wissenschaftler des KIT arbeiten nun daran, das Niederdruck-Carbonitrieren mit Aminen weiter zu optimieren. Vor allem geht es darum, die Gleichmäßigkeit und die freie Einstellbarkeit des Eintrags von Kohlenstoff und Stickstoff zu verbessern. Nächstes Ziel ist, den Prozess vom Labormaßstab auf den Pilotmaßstab zu übertragen. D. Koch, L. Hagymási, T. Waldenmaier, S. Bajohr, R. Reimert: Niederdruck-Carbonitrieren mit Aminen. HTM – Journal of Heat Treatment and Materials. 70 (2015) 4; page 171–182. DOI: 10.3139/105.110263 Karlsruher Institut für Technologie, Karlsruhe, Tel.: +49 721 608-0, www.kit.eu 4/2015 AutomobilKonstruktion 43

KEM Konstruktion