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KEM Konstruktion 01-02.2022

TRENDS » Perspektiven

TRENDS » Perspektiven – Systems Engineering Das Erlernen einer neuen Methode hat in unserem Fall viel mit Change Management zu tun. Denkweisen, die jahrelang in den Köpfen der Mitarbeitenden fest verankert waren und sind, müssen behutsam durch neue Methoden und systemisches Denken ersetzt werden. Dies erfordert einen hohen Supportaufwand, denn das Umdenken geschieht neben den bereits hohen Arbeitsbelastungen der Mitarbeitenden im täglichen Arbeitsumfeld. Anfangs haben wir mit einer eintägigen Basisschulung versucht, Requirements Engineering als neue Denkweise zu verankern. Dies hat sich im Projektverlauf als wenig effektiv herausgestellt. Kurzfristig war die neue Methode in den Köpfen der Mitarbeitenden präsent. Durch die fehlende tägliche Anwendung ging das Wissen jedoch schnell wieder verloren. Heute begleiten wir Entwicklungsprojekte sehr intensiv und vor allem kontinuierlich. Da wir uns aktuell im Bereich des Requirements Engineering noch in einer Pilotierungsphase befinden, können wir diese enge Begleitung leisten. Auf Basis des Produktentwicklungsprozesses bei Claas haben wir nun bedarfsgerechte Schulungseinheiten konzipiert, so dass wir den Mitarbeitenden das Methodenwissen zum jeweils relevanten Zeitpunkt zur Verfügung stellen können. Je nach Themenkomplex bieten wir zwei- bis dreistündige Schulungen an, die jeweils einen vorgeschalteten theoretischen Block beinhalten und darauf aufbauend die Anwendung im Tool zeigen. Zusätzlich haben wir zu verschiedenen Themenbereichen Workshops erarbeitet, die Methodenwissen vertiefen und gleichzeitig praxisrelevante Beispiele der Teilnehmenden aufgreifen. KEM Konstruktion: Sind inzwischen ausreichend leistungsfähige Tools verfügbar? Welche nutzen Sie selbst? Heihoff-Schwede: Die Werkzeugketten sind leider nach wie vor eine Herausforderung. In der Vergangenheit sind die Werkzeuge oft nur für eine isolierte Aufgabe eingeführt worden und oftmals stand die reine Funktionalität oder Usability im Vordergrund. Die Vernetzung der Daten über Schnittstellen, wie sie beispielsweise für Traceability oder Lebenszyklus - managementprozesse notwendig ist, stand nicht im Vordergrund. Zunächst musste also eine Architektur für die IT-Werkzeuge im Engineering entstehen, welche die Aspekte Funktionalität, Usability und Datendurchgängigkeit berücksichtigt. Bei Claas nutzen wir die 3DExperience-Plattform von Dassault Systèmes als PLM-Umgebung, welche auch in Zukunft unsere zentrale Engineering-Datenbank darstellen soll. Es werden aber weitere IT-Werkzeuge hinzukommen und neue Objekte – zum Beispiel Anforderungen – verwalten, die früher in anderen IT- Systemen verwaltet wurden. Erfüllen die Werkzeuge von Dassault Systèmes unsere Anforderungen an Funktionalität, Usability und Durchgängigkeit, sind diese unsere ersten Kandidaten. Oftmals gibt es aber noch Lücken. Bei kleineren Lücken schließen wir diese durch Eigenentwicklungen, bei größeren arbeiten wir mit Dassault Systèmes partnerschaftlich an einer Lösung. Wenn deren Lösungen nicht unsere Anforderungen im nötigen Umfang erfüllen, weil etwa Dassault Systèmes kein geeignetes Werkzeug im Produktprogramm hat, nutzen wir Werkzeuge anderer Vendoren und binden diese über definierte Schnittstellen an. Grundsätzlich kann aber festgehalten werden, dass nach wie vor viel Aufwand zum Zusammenstellen einer geeigneten IT-Werkzeugarchitektur notwendig ist. SE-Methoden für das Systems Engineering werden bei Claas auch in entsprechenden IT-Tools umgesetzt, hier die 3DExperience- Plattform von Dassault Systèmes. Bild: Claas 24 KEM Konstruktion » 01/02 | 2022

Vivien Hillmann, Requirements Engineering Expert bei der Claas KGaA mbH, Harsewinkel. Bild: Claas »Dass sich der geleistete Aufwand zu Beginn eines Projektes in späteren Projektphasen durch verringerten Änderungsaufwand ausgleicht, ist leicht zu kommunizieren – gespürt wird dies allerdings erst einige Zeit nach Projektstart.« KEM Konstruktion: Eingangs erwähnten Sie bereits, dass das Mindset des Entwicklungsteams eng mit seinen Methoden, Prozessen und IT-Werkzeugen verzahnt werden sollte, um Schwierigkeiten bei der erfolgreichen Nutzung des SE zu vermeiden. Welche Probleme gilt es darüber hinaus zu meistern und wie gehen Sie diese an? Hillmann: Momentan arbeiten wir intensiv an der Einordnung der Methodentheorie in den vorhandenen Claas-Produktentwicklungsprozess, kurz CPDP. Für unsere Entwicklungsprojekte ist der CPDP ein wichtiger Anker. SE muss daher im Einklang zu unserem CPDP stehen, was durchaus zu Herausforderungen führt. Am Beispiel Requirements Engineering funktioniert die Einordnung der Methodik in den CPDP recht gut. Herausfordernd ist in unserem Fall eher die Kommunikation dieses Zusammenspiels. Der CPDP wurde letztes Jahr komplett überarbeitet, die Entwicklungsprojekte müssen sich daher mit seiner angepassten Struktur vertraut machen. Dazu kommt die Einführung von SE-Themen. Das ist auf den ersten Blick viel Veränderung, die angenommen werden muss. Die Einführung von SE führt zusätzlich dazu, dass viel Frontloading und Konzeptionierung in frühen Projektphasen erfolgt. Dieser eventuell erhöhte Aufwand am Anfang eines Projektes muss kommuniziert werden. Ziel ist es, dass sich der geleistete Aufwand zu Beginn eines Projektes in späteren Projektphasen durch verringerten Änderungsaufwand ausgleicht. Diesen essentiellen Benefit zu kommunizieren ist leicht – gespürt wird dieser allerdings erst einige Zeit nach Projektstart. Häufig zeigt sich der positive Effekt auch erst zum Ende des Projektes, so dass man insbesondere am Anfang häufig auf Gegenwehr in den Projekten stößt. Hier versuchen wir durch die Einordnung der SE-Prozesse in den CPDP Vorbehalten entgegen zu wirken und die Benefits von SE deutlich heraus zu arbeiten. COG SETZT ZEICHEN: Brillante Ringe für alle Herausforderungen. Präzisions-O-Ringe für unterschiedlichste Industriebereiche und höchste Ansprüche. KEM Konstruktion www.COG.de » 01/02 | 2022 25

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