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KEM Konstruktion 01-02.2022

TRENDS » Perspektiven

TRENDS » Perspektiven – Systems Engineering Bild: Claas KEM Konstruktion: Was versprechen Sie sich von der Teilnahme an dem Verbundprojekt SE4OWL? Hillmann: Die Teilnahme am Verbundprojekt SE4OWL bringt viele Vorteile mit sich. Neueste wissenschaftliche Ansätze werden mit Forschungspartnern wie dem Fraunhofer IEM in die Praxis übersetzt. Außerdem können wir uns mit den Konsortialpartnern vertraulich austauschen. Die kommen aus anderen Industrieunternehmen, aber auch den Bereichen Tool und Management. Durch die unterschiedlichen Arbeitsweisen, Herausforderungen und Fokusthemen der Konsortialpartner bietet sich uns die Chance, unsere internen Projekte aus neuen Perspektiven zu betrachten. Im Zuge von SE4OWL entsteht aus unserer INFO Weitere Informationen zum Projekt SE4OWL: hier.pro/sptr1 Sicht ein äußerst wertvoller Austausch zwischen den Partnern, so dass wir aus deren Erfahrungen hinsichtlich der Einführung von SE stark profitieren. Darüber hinaus erhoffen wir uns gemeinsam mit dem Fraunhofer IEM an praxisrelevanten Themen arbeiten zu können. KEM Konstruktion: Welche Handlungsfelder stehen derzeit im Fokus von Claas? Heihoff-Schwede: Aktuell arbeiten wir daran, das neue RE-Werkzeug basierend auf 3DExperience einzuführen, welches nahtlos in unsere Engineering- Plattform integriert ist. Dies stellt neben der bereits erwähnten Methode die Grundlage für den anstehenden Requirements-Engineering-Roll-out dar. Ähnlich gehen wir aktuell auch bei der Definition und Planung von Validierungs- und Verifikationsaktivitäten vor. Letztlich sollen diese Themen dann methodisch und datentechnisch zusammenwachsen – hier sehen wir die Syn ergien für unsere Anwender. Und auch die Anwender sehen immer stärker die Vernetzung der Methoden und Daten und regen diese aktiv an. So wachsen zukünftige Themen wie die Architekturmodellierung oder das Management der funktionalen Sicherheit aus einem kleinen Samenkorn wie RE heraus. 26 KEM Konstruktion » 01/02 | 2022

Innovative Landmaschinen mit komplexer Technik: Bei der Entwicklung von Mähdreschern, Traktoren und Feldhäckslern setzt Claas zunehmend auf Systems Engineering (SE). KEM Konstruktion: Ein Fokus von SE4OWL liegt insbesondere auf dem Wissenstransfer – welche Tipps können Sie Unternehmen bereits heute geben, die in das Thema SE einsteigen wollen? Hillmann: Wie aus den obigen Antworten bereits hervorgeht, steht neben der Weiterentwicklung der Methoden und Tools besonders die Wissensvermittlung aktuell im Zentrum unserer Arbeit. Aus unserer Erfahrung können wir anderen Unternehmen mitgeben, dass eine enge Begleitung der Mitarbeitenden wichtig ist. Wir, die sich tagtäglich mit SE auseinandersetzen und eine Vision verfolgen, müssen verstehen, dass die meisten Mitarbeitenden wenig bis kaum Erfahrung auf dem Themengebiet haben und durchaus Widerstände bei der Vermittlung der Methoden auftreten. Es werden lang verankerte Denkweisen verändert. Das kostet Zeit. Es ist fahrlässig zu glauben, dass eine reine Wissensvermittlung ausreicht, um dieses komplexe Thema im Unternehmen zu verankern. Um bei der Einführung von SE erfolgreich zu sein, muss besonders in der Anfangsphase ein enger Support der Mitarbeitenden gewährleistet sein. Neben der Methode kommen in vielen Fällen noch spezifische Tools zum Einsatz. Das Zusammenspiel von Methodenverständnis und Toolanwendung muss den Mitarbeitenden deutlich gemacht werden. In diesem Zusammenhang kommen viele Fragen auf, die beantwortet werden müssen. Die Ansprechbarkeit bei Problemen und Präsenz in den Projekten ist wichtig, um das Kommitment für die neuen Denkansätze zu erlangen. Je nach Unternehmensgröße sollte nach einer Pilotphase der Aufbau von gut ausgebildeten Key-Usern in Betracht gezogen werden, denn ein so enger Support, wie oben beschrieben, wird in einem größeren Unternehmen nicht auf Dauer möglich sein. Wichtig zu erwähnen ist, dass SE eine Denkweise ist, die auch für KMUs geeignet ist. Durch SE4OWL wollen wir sicherstellen, dass besonders KMUs Unterstützung bei der Einführung erhalten und Ansätze zur Wissensvermittlung auf Basis der Erfahrung der Konsortialpartner erlangen. Dabei profitieren wir unmittelbar vom Know-how des Fraunhofer IEM. KEM Konstruktion: Sehen Sie künftig zu lösende Aufgabenstellungen, die SE nicht adressieren kann? Lässt sich beispielsweise ein Mähdrescher damit gut beherrschen, nicht aber die gesamte Erntekette im Smart Farming – also das System of Systems? Heihoff-Schwede: Wenn man SE etwas weiterdenkt, kann man damit aus unserer Sicht auch die Lösung vieler zukünftiger Aufgaben adressieren. Aktuell fokussieren wir uns mit SE noch stark auf die einzelnen Systeme. Diese Einzelsysteme arbeiten aber oftmals eng zusammen, zum Beispiel in Ernteketten und werden unter Schaffung neuer Schnittstellen zwischen den Systemen zum Teil eines System-of-Systems (SoS). Dazu kommen übergreifende IT-Plattformen, die verschiedene Services und Systeme überspannen und durch unseren zentralen IT-Bereich bereitgestellt werden. Hier ist aus unserer Sicht einerseits die Entwicklung pragmatischer Ansätze für das Engineering von SoS notwendig – daran arbeiten wir beispielsweise im BMBF-Forschungsprojekt Mo- SyS mit dem Fraunhofer IEM. Andererseits müssen wir auch bei Claas dafür sorgen, dass (Teil-)Systeme nach den gleichen Methoden entwickelt werden und in einem konsistenten Datenformat beschrieben werden. Hier können sicher auch branchenweite oder -übergreifende Standards weiterhelfen. (co) www.claas.de www.iem.fraunhofer.de Das Projekt SE4OWL Wer komplexe technische Systeme künftig erfolgreich auf den Markt bringen möchte, benötigt den Überblick über die vielfältigen Zusammenhänge in seinem Entwicklungsprojekt. Systems Engineering (SE) bietet ein ganzes Bündel aus Methoden und Werkzeugen, um sich dieser Herausforderung zu stellen. Das it’s-OWL-Projekt SE4OWL (Systems Engineering for OWL) unterstützt kleine und mittlere Unternehmen dabei, SE langfristig und ganzheitlich anzuwenden. Dafür arbeiten das Fraunhofer IEM, Two Pillars, Unity sowie die Unternehmen Claas, Harting Applied Technologies und Miele in dem dreijährigen Projekt zusammen und werden vom Land Nordrhein- Westfalen mit rund 1,9 Mio. Euro gefördert. SE-Neuigkeiten aus OWL gibt es auch hier: www.selive.de KEM Konstruktion » 01/02 | 2022 27

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