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KEM Konstruktion systems engineering 01-02.2019

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METHODEN DIGITALER

METHODEN DIGITALER ZWILLING Machineering holt den Digitalen Zwilling aus der Cloud in den Schaltschrank Der virtuelle Doppelgänger rückt an die Maschine Der Digitale Zwilling hilft dabei, die Produktion unter Kontrolle zu halten, und begleitet im Idealfall den gesamten Lebenszyklus einer Maschine. Doch in der Regel liegen die entsprechenden Daten in der Cloud – was Performance und Sicherheit beinträchtigen kann. Anbieter Machineering reagiert darauf und stellt den Digital Twin in den Schaltschrank. Eine weitere Hardware-Lösung gaukelt der Steuerung Feldgeräte vor, um diese einfacher zu testen. Markus Strehlitz, freier Journalist, Mannheim, für die KEM Konstruktion Wenn Produktionsanlagen in Betrieb genommen werden, ist es in der Regel zu spät, um Fehler zu erkennen. Korrekturen, die dann vorgenommen werden müssen, kosten Zeit und Geld. Eine Lösung, dem Problem zu entgehen, ist die Abläufe vorher digital durchzuspielen – Unternehmen setzen daher zunehmend auf die virtuelle Inbetriebnahme. Anhand eines digitalen Prototypen, der mithilfe einer Simulationssoftware umgesetzt wird, lässt sich die Inbetriebnahme virtuell so oft durchführen, bis alles stimmt. Die digitale Prototyp ist das elektronische Abbild der physikalischen Anlage. Ist diese in Betrieb genommen, begleitet er die Anlage als Digitaler Zwilling im Idealfall über deren gesamten Lebenszyklus hinweg. Mit ihm lassen sich Messungen und die Überwachung im laufenden Betrieb vornehmen. Auf dieser Basis können dann Modifizierungen an der Anlage getestet und durchgeführt werden. „Digital Twins revolutionieren unsere Industrie“, sagt Beate Freyer, Geschäftsführerin von Machineering. Ihr Unternehmen entwickelt die 3D-Simulations-Software Industrialphysics, mit der sich Digitale Zwillinge erstellen lassen. „Ziel dabei ist, zu jeder Zeit Statusdaten zwischen dem realen und dem Digitalen Zwilling im laufenden Betrieb auszutauschen, die permanent von Sensoren erfasst werden“, so Freyer weiter. „So können Unternehmen ihre Produktion ständig im Auge behalten, nachfolgende Prozessschritte digital vorspulen wie auch erste Abschätzungen über Materialverschleiß und Maschinenstillstand vornehmen.“ Die Cloud braucht zu viel Zeit Die Daten sollen möglichst in Echtzeit vorliegen und verarbeitet werden. „In der Regel werden diese aber in der Cloud gesammelt“, ergänzt Georg Wünsch, der in der Geschäftsführung von Machineering für Technologie zuständig ist. Das kann zu Performance-Problemen führen – etwa wenn viele Daten aus einer großen Zahl von Maschinen ausgewertet werden sollen. „Stellen Sie sich vor, was man da an zusätzlichen Datenleitungen braucht.“ Die 3D-Simulation hilft auf vielen Feldern – in der Planung, der Inbetriebnahme, dem laufenden Betrieb und auch bei der Weiterentwicklung der Maschine Bild: Somic 12 K|E|M Konstruktion systems engineering 01-02 2019

DIGITALER ZWILLING METHODEN Bild: Machineering Rechtssicherheit INFO Der Digitale Zwilling kann nicht nur Prozesse beschleunigen. Auch aus rechtlicher Sicht bringt er Vorteile, wie Rechtsanwalt Philipp Reusch auf dem TecSummit des VDE vor kurzem dar - gelegt hat. So ist der Digitale Zwilling laut Reusch in Sachen Produktsicherheit nützlich, weil mit ihm bereits eine digitale Dokumentation mitgeliefert wird. Das gleiche gelte für die Produkthaftung. Zudem liefere der Digital Twin im Falle eines Produktrückrufs genaue Informationen über den Zustand eines Produkts an einem bestimmten Punkt seines Ent stehungsprozesses. „Unternehmen sollten den Digitalen Zwilling in ihre Produkthaftungsdenke integrieren“, so Reusch auf der Veranstaltung. Machineering packt den Digitalen Zwilling daher in den Schaltschrank – wie Wünsch es formuliert. Will heißen: Machineering hat die so genannte Digital Twin Box entwickelt, die fertigungsnah – also im Schaltschrank – installiert wird und mit der sich die Maschinendaten hosten, verwalten, bearbeiten und nutzen lassen. Die Simulationen werden mithilfe von Industrialphysics umgesetzt. Da sich die Box in der Nähe der Maschine befindet, lässt sich „eine hohe Bandbreite zur Maschinensteuerung nutzen“, betont Wünsch. „So kann man auf Veränderungen sehr schnell reagieren.“ Laut einem Datenblatt von Machineering liegt die Echtzeitfähigkeit unter einer Sekunde. Einen Einsatzbereich sieht Wünsch auch in der Arbeitsvorbereitung auf der Maschine. Als Beispiel nennt er eine Verpackungsmaschine mit Pakettierroboter. Am Eingang der Maschine werden die einlaufenden Produkte vermessen. „Deren Größe wird an den Digitalen Zwilling übermittelt“, erklärt der Technik-Chef. „Dieser programmiert den Roboter entsprechend neu und ermittelt die optimale Stelle, an der das Produkt im Stapel positioniert wird.“ So biete sich die Möglichkeit, die Steuerungstechnik mit komplexen Funktionen aufzuwerten. Und er geht noch weiter: „Die sich selbst programmierende Maschine ist damit realisierbar.“ Bild: Reuschlaw Mögliches Praxisbeispiel: Eine Verpackungsanlage mit Roboter kommuniziert mit ihrem elektronischen Doppelgänger Steuerung hält Geräte für real Der Digitale Zwilling im Schaltschrank hat aber noch einen anderen Vorteil. Vielen Unternehmen gilt die Cloud nach wie vor als Unsicherheitsfaktor. Wünsch sieht das genauso. „In der Produktion geht es immer um sensible Daten – zum Beispiel Informationen, was wie schnell produziert wird“, so der Technik-Chef. Zumindest für eine Übergangszeit sollte der Digital Twin daher seiner Meinung nach im Schaltschrank untergebracht werden. Die Daten landen dann nicht in der Cloud – außerhalb der Firmenmauern – sondern werden in der inhouse installierten Box verarbeitet. Um die virtuelle Inbetriebnahme einfacher zu gestalten, hat Machineering außerdem eine weitere Appliance entwickelt. Die Field Box 1 ermöglicht eine Rest-Bus-Simulation für Profinet und Ethernet IP. Diese wird mit der Simulationssoftware verknüpft und emuliert dann Profinet-Feldbus-Teilnehmer oder Ethernet-IP-Geräte, die noch gar nicht vorhanden sind. „Die Steuerung denkt quasi, dass es sich um reale Geräte handelt“, erklärt Wünsch. Die Emulation läuft komplett in der Box. Der Simulationsrechner verbraucht dafür keine eigenen Ressourcen, ebenso wenig benötigt er mehrere Ethernet- Steckplätze. Der Test einer Steuerung soll sich damit laut Machineering relativ einfach und schnell umsetzen lassen. Der Abgleich von digitaler und realer Welt deckt Fehler auf Bild: Machineering/Somic K|E|M Konstruktion systems engineering 01-02 2019 13