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KEM Konstruktion Systems Engineering 01.2016

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Themenschwerpunkte: Methoden, Tools sowie Anwendungen; Köpfe der Innovationen: Dr. Bruno Lindl, Geschäftsführer Forschung und Entwicklung, ebm-papst, und Frank Treppe, Direktor Unternehmensstrategie und Internationales der Fraunhofer-Gesellschaft

MENSCHEN & UNTERNEHMEN

MENSCHEN & UNTERNEHMEN KÖPFE DER INNOVATION Dr. Bruno Lindl, Geschäftsführer Forschung und Entwicklung, ebm-papst „Wesentlicher Parameter für Effizienz und Geräusch ist die Laufradgeometrie“ In der Ventilatorentechnik sind Energieeffizienz und Geräuschreduktion die Megathemen. Dr. Bruno Lindl, Geschäftsführer Forschung und Entwicklung der ebm-papst-Gruppe, erläutert im Interview, wie sich vorhandene Potenziale heben lassen. Zudem verrät er, wie das Thema Innovation seitens des Unternehmens angegangen wird. KEM Konstruktion: Dr. Lindl, disruptive Innovation oder „Innovationssprung“ – Was ist das? Lindl: Immer wenn naturwissenschaftliche Erkenntnisse zu neuen technologischen Lösungen führen, werden Innovationen in der Regel disruptiv – das heißt es gibt sprunghafte Änderungen. Ein Beispiel ist die Entwicklung von der magnetischen Speicherung auf einer Floppy Disc hin zur optischen Speicherung auf einer CD. Die nächste Stufe war der USB-Stick mit Datenspeicherung in der Kristallstruktur von Silizium: Es kommen bei jedem Sprung gänzlich andere Technologien zum Einsatz. Hingegen ist für Räder an Fahrzeugen derzeit keine disruptive Innovation zu erwarten, da das Rad einerseits die Distanz zur Fahrbahn gegen die Gravitationskraft hält und gleichzeitig den Vortrieb liefert. Alle anderen Möglichkeiten sind ungleich aufwändiger und ineffizienter – da müsste schon das sprichwörtliche Rad neu erfunden werden, um als Innovationssprung zu gelten. KEM Konstruktion: Sehen Sie anstehende, disruptive Innovationen im Bereich der Ventilatorentechnik? Lindl: Ähnlich wie bei den Rädern ist das bei Ventilatoren – auch hier ist kein Innovationssprung in Sicht. Die effektivste Lösung ist die Erzeugung von Luftleistung über die Druckdifferenz von Rotoren. Es bestehen allerdings noch erhebliche Potentiale in Effizienz und Geräusch, die gehoben werden können. In der Ventilatorentechnik spielt etwa der Ausnutzungsgrad eine Rolle: Eine höhere Ausnutzung in Geometrie und Funktion macht Spitzenwerte in Energieeffizienz und Geräuschreduktion möglich. Ausnutzungsgrad bedeutet, aus der zur Verfügung stehenden Grundfläche eines Ventilators die maximale Luftleistung zu erzielen. Die wesentlichen Parameter dabei sind Laufrad- und Düsengeometrie. Wir sind nach wie vor dabei, in Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten deutliche Potenziale auf den Gebieten der Aerodynamik und Aeroakustik zu heben – vor allem bei den Laufrädern. Darüber hinaus bieten die verhältnismäßig jungen Bereiche wie Connectivity und Internet of Things durch intelligente Vernetzung neue Anwendungsmöglichkeiten. Sinn. Die Potentiale liegen in der Leistungselektronik und der elektromagnetischen Verträglichkeit, weitere Synergien liegen in Kommutierungsverfahren und Regelung. Die Vorteile sind höhere Energieeffizienz im System und Vermeidung von Redundanzen. KEM Konstruktion: Wie wird Connectivity erreicht? Lindl: Auf der Platine der Zentralelektronik befindet sich eine intelligente Regelung durch Mikroprozessoren und Embedded Systems. Diese Prozessoren ermöglichen gleichzeitig eine Vernetzung mit der Außenwelt für bedarfsgerechten Leistungsabruf, Servicemeldungen, Überwachung des Betriebszustandes etc. In übergeordneten Systemen – wenn beispielsweise viele Geräte involviert sind – werden über eine bedarfsgerechte Regelung weitere Effizienzvorteile freigelegt. Auf diese Weise können durchaus neue Geschäftsmodelle entstehen. KEM Konstruktion: Stichwort Industrie 4.0 – ebm-papst stellt Industrie-4.0-fähige Produkte her. Wie können hiervon die Kunden profitieren? Lindl: Die treibende Komponente der Gebäudetechnik sind nun mal Ventilatoren. Die Gebäudeleittechnik etwa verknüpft Heizung, Klima- und Lüftungstechnik miteinander. Dazu müssen alle Komponenten miteinander kommunizieren und einen vernetzten Informationsaustausch ermöglichen. Konkret heißt das, dass in der Schnittstelle nicht nur Informationen empfangen sondern zum Beispiel Betriebsstatus, Laufzeit, Störungs- und Notlaufmeldungen aktiv an andere Komponenten im System gesendet werden und eine Reaktion auslösen. Dadurch können die Kosten für Betrieb und Wartung deutlich gesenkt werden, was bares Geld für unsere Kunden bedeutet. Auch in unserer eigenen Produktion setzen wir Industrie-4.0-Prozesse ein und optimieren so den Produktionsablauf und die Logistik. So gelten wir bereits seit 2009 als Vorzeigeunternehmen für SAP ME, einen Softwarebaustein, der die Maschinen- und Anlagenproduktivität steuert und hilft, Durchlaufzeiten zu verkürzen. KEM Konstruktion: Wann lohnt sich eine Zentralelektronik? Lindl: Wenn mehrere elektrische Verbraucher in einem Gerät verbaut sind – wie zum Beispiel in Wäschetrocknern, Wärmepumpen, kältetechnischen Anlagen etc. macht eine zentrale Ansteuerung 18 K|E|M Konstruktion Systems Engineering 01 2016

KÖPFE DER INNOVATION MENSCHEN & UNTERNEHMEN „Die verhältnismäßig jungen Bereiche wie Connectivity und Internet of Things bieten durch intelligente Vernetzung neue Anwendungs - möglichkeiten.“ Bild: ebm-papst Dr. Bruno Lindl, Geschäftsführer Forschung und Entwicklung der ebm-papst-Gruppe KEM Konstruktion: Simulationswerkzeuge sind in der modernen Entwicklungsarbeit nicht wegzudenken. Welche Tools kommen bei Ihnen zum Einsatz? Lindl: In den Bereichen Aerodynamik, Motortechnik und Elektronik setzen wir unterschiedliche Simulationswerkzeuge ein. Zum einen, um die Entwicklungszeit zu verkürzen und zum anderen, weil diese Methoden technologische Potentiale aufzeigen, die sonst verborgen blieben. Beispiele sind: Die Berechnung der mechanischen Festigkeit – statisch und dynamisch – von Gehäuse und Motor per Die Finite-Elemente-Simulation oder die CFD-Simulation (Computational Fluid Dynamics) – damit werden aerodynamische Eigenschaften von Laufrädern errechnet. Der RadiCal, ein Radialventilator für viele Anwendungen in der Luft- und Klimatechnik – beispielsweise bei der Schaltschrankkühlung, in Kanal- und Rohrventilatoren, in Wohnungslüftungsgeräten oder in Wärmepumpen – war unser erstes ‚synthetisch‘ entwickeltes Produkt, das heißt es wurde ohne konventionelle Prototypenoptimierung realisiert. Konzepte für Steuerungs- und Regelelektronik werden über funktionale und thermische Simulation entwickelt. Die Motorauslegung erfolgt mit Simulationswerkzeugen für statischen und dynamischen Elektromagnetismus. K|E|M Konstruktion Systems Engineering 01 2016 19