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KEM Konstruktion Systems Engineering 01.2016

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Themenschwerpunkte: Methoden, Tools sowie Anwendungen; Köpfe der Innovationen: Dr. Bruno Lindl, Geschäftsführer Forschung und Entwicklung, ebm-papst, und Frank Treppe, Direktor Unternehmensstrategie und Internationales der Fraunhofer-Gesellschaft

TOOLS

TOOLS SYSTEMENTWICKLUNG/SIMULATION Durch eigene Modelica-Bibliotheken bietet die ESI ITI GmbH Pakete für viele Ingenieursbereiche, etwa Automotive, Öl/Gas-Industrie oder Green Buildings Bild: ESI ITI Dr. Andreas Uhlig, Christian Kehrer und Andreas Abel von der ESI ITI GmbH im Interview „Simulation mit dem Ohr an der Industrie“ Oft versuchen die Anbieter von Simulationssoftware möglichst viele Bereiche gut abzudecken – was bei immer häufiger nachgefragten Systemsimulationen durchaus Sinn macht. Die ESI ITI GmbH will oben drauf noch näher am Kunden sein, sie versteht neben der Software durch hauseigene Ingenieure aus vielen Fachbereichen auch die Probleme und Fragen der Kunden. Das hat für Simulationsneulinge ebenso Vorteile wie für Experten, besonders bei der Systemsimulation mit SimulationX. KEM Konstruktion: Sehr geehrte Herren, was ist die Kernkompetenz Ihres Unternehmens? Uhlig: Wir liefern Lösungen für die Produktentwicklung, also Software, die den modellbasierten Entwurf künftiger Produkte auf dem Computer ermöglicht sowie das dafür notwendige Engineering-Wissen. Einzelne Komponenten eines Produktes sind meist definiert durch ihre Geometrie und bestimmte Materialeigenschaften. Gehen wir aber einen Schritt weiter in Systeme oder Subsysteme, dann stehen in erster Linie die Funktion und insbesondere die Wechselwirkung der einzelnen Teilnehmer des Systems im Mittelpunkt. Hier muss man die Komponenten oder auch Subsysteme konzentriert auf einen Punkt bringen, was ihre Eigenschaften angeht. (Daher wird Systemsimulation auch manchmal als 0-D-Simulation bezeichnet.) Geometrie spielt dann nur noch eine untergeordnete Rolle. Dabei ist es möglich, auch heterogene Systeme, die durch mehrere physikalische Gesetzmäßigkeiten beeinflusst werden, korrekt abzubilden. In letzter Zeit sehen wir hier eine Verschärfung der Komplexität, beispielsweise wird Energieeffizienz immer wichtiger, zudem steigt die Variantenvielfalt. KEM Konstruktion: Viele Unternehmen tendieren hier schon Richtung Losgröße 1... Uhlig: Richtig, das sehen wir gerade im Maschinenbau. Aber auch im Fahrzeugbau wachsen die Listen der Modelle und Sonderausstattungen und Optionen inzwischen so stark an, dass schließlich die Entwickler durchaus fünfstellige Anzahlen von Kombinationen zu entwerfen und abzusichern haben. Und im Baumaschinenbereich, bei Nutzoder Schienenfahrzeugen wird kundenspezifisch entwickelt – jedes verkaufte Produkt wird durch die Variantenvielfalt praktisch zum Einzelstück. Einfach etwas entwerfen und von der Stange verkaufen geht da schon lange nicht mehr. In diesem Umfeld bewegen sich unsere Kunden und ESI ITI seit über 25 Jahren. Seit Beginn des Jahres setzen wir das als Teil der ESI Group fort, die führender Anbieter für virtuelles Engineering ist. Die Stärken sind bislang anwendungsbezogene Lösungen der 3D-Simulation, etwa FEM (unter anderem für Crash-Simulation), CFD und Akustik sowie immersives Engineering (VR). Mit unserer Software SimulationX wird dieses Spektrum nun um die Systemsimulation erweitert. Wir sehen einen starken Bedarf, 44 K|E|M Konstruktion Systems Engineering 01 2016

SYSTEMENTWICKLUNG/SIMULATION TOOLS die einzelnen physikalischen Domänen wechselwirkend im Verbund zu simulieren, auch im Hinblick auf die Simulation kompletter Herstellungsprozesse. KEM Konstruktion: Wo liegen dabei aus Ihrer Sicht Ihre Alleinstellungsmerkmale? Abel: Wir beobachten in der Systemsimulation zwei Tool-Welten: Einerseits offene Systeme, die auf Basis von Standards sehr gut erweiterungsfähig sind und gut von akademischen Anwendern akzeptiert werden. Auf der anderen Seite stehen industrieorientierte Systeme mit einem starken Engineering-Background. Wir wollen beide Anforderungen bedienen. Für den Mechanik- und Fluidik-Bereich arbeiten bei uns zwei Dutzend Ingenieure, die ähnliche oder die gleichen Aufgaben zu lösen haben, wie unsere Kunden. So können wir die Anwendungskompetenz direkt in die Entwicklung unserer Software-eigenen Modelle und Bibliotheken einfließen lassen. Auf der anderen Seite genießen vor allem simulationserfahrene Experten in SimulationX die Vorteile der objektorientierten Modellierung mit der Modellbeschreibungssprache Modelica. Die Sprachdefinition und viele Bibliotheken sind frei verfügbar und werden von den Mitgliedern der Modelica Association – wozu seit vielen Jahren auch ESI ITI gehört – stetig weiterentwickelt. Anwender haben mit diesem Standard alle Freiheiten, neue Modelle zu schreiben und sich einen eigenen Bestand an Bibliotheken aufzubauen. Ebenso können sie frei verfügbare Modelle oder solche von Drittanbietern nahtlos integrieren. Wir kombinieren also Anwendungsnähe mit Offenheit und Flexibilität. Zu den Personen INFO Andreas Uhlig studierte Mathematik und promovierte an der TU Dresden. Er gehörte zu der Gründern der ITI GmbH, und war in dem Simulationssoftware-Unternehmen zunächst für F&E verantwortlich. Ab 2000 war er dort Geschäftsführer und hat diese Position für ESI ITI GmbH inne, die seit 2016 zur ESI Group gehört. Christian Kehrer ist seit 2014 als Vertriebsleiter DACH bei ESI ITI GmbH für Kunden aus dem deutschsprachigen Raum verantwortlich. Er studierte Maschinenbau in der Fachrichtung Kraftfahrzeugtechnik an der TU Dresden.Er war von 2006 bis 2009 Berechnungsingenieur bei BMW, anschließend startete er als Key Account Manager im Bereich Automotive und als Ansprechpartner für neue Grundlagenthemen bei ITI GmbH. Andreas Abel leitet seit 2015 die Abteilung Mechanik- und Mechatronik im Bereich Engineering der ESI ITI GmbH. Nach einem Studium der Elektrotechnik und einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Dresden kam er 2002 zu ITI. Zuerst als Applikationsingenieur und später als Chefingenieur und Abteilungsleiter arbeitet er schwerpunktmäßig auf den Themen Antriebstechnik, Echtzeitsimulation, Systementwurf und Zuverlässigkeit. KEM Konstruktion: Verlangt der Kunde diese Offenheit? Uhlig: Wir sehen in den strategischen Überlegungen unserer Kunden immer ein verständliches Argument, wenn diese durchspielen, ob und wie sie sich an einen Lösungsanbieter binden wollen. Wenn ein Unternehmen in zehn Jahren das System würde wechseln wollen, könnte es offene Modelle, die ein erhebliches Investment darstellen, dann auch in einer anderen Modelica-basierten Simulationsumgebung weiternutzen. Für uns ist das eher ein theoretischer Aspekt, denn wir pflegen nachhaltige Beziehungen zu unseren Kunden. KEM Konstruktion: Sie bieten ein Baukastensystem an. Wie sieht das aus? Kehrer: Es gibt mehrere Bestandteile der Software: Eine Plattform, um Modelle zu definieren, dazu kommt der numerische Apparat, der die Modelle dann simuliert – also rechnet – und schließlich das Postprocessing zur Analyse und Auswertung der Ergebnisse, auch für Optimierung und Variantenrechnungen. Den Konstrukteur aber interessiert vor allem, wie gut wir ihn in seinem Fachgebiet unterstützen können. Ein wesentlicher Teil des Angebots sind deshalb von uns entwickelte Modellbibliotheken. Da sind wir wieder bei der Industrienähe. Wir bieten neben Basispaketen mit einfachen physikalischen Effekten ein umfangreiches Portfolio von detaillierten Modellen von beispielsweise Getrieben (einschließlich Reibung, Dynamik), Hybridantrieben, HVAC-Komponenten usw. an. Bedingt durch die 20-jährige Entwicklung ist unser Katalog auf eine dreistellige Modellanzahl angewachsen. Wir haben die Modelle und Bibliotheken nun zu etwa 40 leistungsfähigen branchen- und anwendungsspezifischen Paketen zusammengefasst, beispielsweise für Fahrzeugbau, Energietechnik oder Öl- und Gasindustrie. KEM Konstruktion: Was muss ich als Anwender für einen Aufwand treiben? Uhlig: Der ist heute überschaubar. Genau aus diesem Grund haben wir die Simulation vor 25 Jahren aus dem akademischen Umfeld herausgelöst und den wissenschaftlichen Formelapparat in Tools und Modelle gepackt, wodurch sich der Anwender auf das Lösen seiner Entwicklungsaufgabe konzentrieren kann. Das Ganze steht und fällt natürlich mit der möglichst genauen Aufgabenstellung. Hier wie beim Finden der Lösung unterstützen unsere Ingenieure den Anwender unmittelbar. KEM Konstruktion: Sie unterstützen den Kunden also direkt bei seinen Simulationsfragestellungen? Abel: Richtig. Häufig übernehmen wir die ersten Aufgaben samt Modellierung und Auswertung als reine Dienstleistung. Der Kunde erklärt das Problem, wir kümmern uns um den Rest. Die nötige Kompetenz haben wir für jeden Bereich, da wir neben dem Software-Geschäft auch als Engineering-Dienstleister agieren. Will der Kunde dann irgendwann mehr machen, kann er die Software kaufen und das Ganze von nun an bei sich in-house erledigen. Andere müssen seltener rechnen und bleiben daher auch langfristig bei unserer Dienstleistung. Jedenfalls sind wir bereit, die Methodik und die Funktionsweise zum Kunden zu transportieren, so dass er sein System auch selbst weiterentwickeln kann, etwa durch neue eigene Modelle. K|E|M Konstruktion Systems Engineering 01 2016 45