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LE-1-2008

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PERSÖNLICHKEITEN „Die verkehrsbedingte CO2- Belastung weist in Österreich leider die größten Wachstumsraten auf.“ FRANZ FISCHLER Franz Fischler, Präsident des Ökosozialen Forums, über neue politische Rahmenbedingungen zur Hebung der Energieeffizienz, den verfehlten Beitrag Österreich zur CO2-Reduktion und die Chancen umweltfreundlicher Technik. Den Hebel richtig ansetzen In einem Aufsatz für das Buch „Macht Um Welt“ – kürzlich bei Ueberreuter in der BAWAG PSK Edition Literatur veröffentlicht – wählt Franz Fischler drastische Worte für die Klimapolitik Österreichs: „Wir erfüllen nicht nur unser 0,7%-Versprechen nicht, sondern wir erfüllen auch unsere im Rahmen des Kyoto-Vertrags eingegangenen CO2-Reduktionsverpflichtungen bei Weitem nicht. Wir liegen derzeit so weit von unseren Verpflichtungen entfernt, dass wir entweder den gesamten Verkehr oder die gesamte Industrie lahm legen müssten, um die versprochenen minus dreizehn Prozent zu erreichen.“ Und er fragt am Schluss des Aufsatzes, weshalb in Österreich wieder einmal nur „faule Kompromisse“ herausschauten, statt eine Politik zu machen, die sich für eine „ökologische Evolution“ einsetzt, „die auch unserer Nachwelt eine nachhaltige Zukunft sichert“. Dass es auch anders geht, zeigen Dänemark, wo eine CO2-Steuer eingeführt wurde, und Deutschland mit seinem Energie-Einspeisgesetz für Ökostrom. Im folgenden Interview gibt Franz Fischler Auskunft über den Stand der Klimapolitik aus seiner Sicht: Herr Fischler, wie schätzen Sie die Maßnahmen der europäischen Klimapolitik – Stichwort Emissionsrechtehandel – ein? Werden sie zum gewünschten Ziel der Reduktion von Emissionen führen? Das von der Kommission vorgelegte Klimapaket ist auf die Zielsetzung des Europäischen Rates und die Kyotoverpflichtungen der EU abgestellt. Bekanntlich haben die EU-Regierungschefs festgelegt, die CO2- 8 LOGISTIK express 1|2008 www.logistik-express.at

PERSÖNLICHKEITEN „In Österreich sind die CO2- Belastungen in den letzten Jahren nicht gesunken, sondern ständig weiter gestiegen.“ FRANZ FISCHLER Hier wird ein ganzes Bündel von Maßnahmen notwendig werden, um eine Trendumkehr zu schaffen. Diese Maßnahmen betreffen die Fahrzeugtechnologie genauso wie die Abgaben auf Treibstoffe, die Umstellung auf Biotreibstoffe oder den forcierten Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel. International stellt sich die Frage, welchen Sinn es macht, dass die Treibstoffe für den Luft- und Seeverkehr zur Gänze steuerbefreit sind. Zur Person FOTOS: WALTER GRAF, ÖKOSOZIALES FORUM EUROPA Emissionen um zwanzig Prozent zu senken und den Anteil der erneuerbaren Energieträger auf zwanzig Prozent anzuheben. Die einzelnen Mitgliedsstaaten müssen ja nach ihrem Wohlstand und nach ihren von der Natur vorgegebenen Möglichkeiten dazu beitragen. Österreichs Beitrag ist geringer als das. Was unser Land zu Kyoto beitragen muss, ist ebenfalls weit geringer als die ambitionierten Ziele in der österreichischen Regierungsvereinbarung. Kürzlich haben Sie bei der Filmpremiere von „Unsere Erde“ – der Film setzt sich mit dem Klimawandel und seinen Auswirkungen auseinander – von der Notwendigkeit eines radikalen Systemwandels gesprochen. Energiesparen müsse rentabel gemacht werden. Welche Maßnahmen müssen für dieses Ziel gesetzt werden? Diese Aussage war auf Österreich bezogen, denn in unserem Land sind die CO2-Belastungen in den letzten Jahren nicht gesunken, sondern ständig weiter gestiegen. Ich plädiere dafür, neue politische Rahmenbedingungen zu schaffen, die Energieeffizienz rentabler zu machen. Als bester Hebel bietet sich die nächste Steuerreform an, wo es darum gehen sollte, natürliche Ressourcen stärker zu belasten, dafür aber umso mehr die Steuern und Abgaben auf Arbeit zu senken, damit per Saldo eine Entlastung für die Bürger entsteht. Zusätzlich müssen auch Anreize geschaffen werden, etwa in der Wohnbauförderung oder für die wärmetechnische Sanierung des Altbestandes an Gebäuden. Welche Änderungen kommen voraussichtlich auf die Transportwirtschaft zu? Die verkehrsbedingte CO2-Belastung weist in Österreich leider die größten Wachstumsraten auf. Sie hat sich seit 1990, dem Basisjahr für die Berechnung der Kyotoverpflichtungen, verdoppelt. Es ist daher notwendig, sowohl beim PKW-Verkehr als auch beim Transport neue Maßnahmen zu setzen. Wie soll der Klimaschutz finanziert werden? Klimaschutz sollte sich am besten selber finanzieren. Am wichtigsten ist, dass Europa danach strebt, die Technologieführerschaft in Sachen Energieeffizienz und Energieproduktion aus alternativen Energieträgern weiter auszubauen. Das sichert bestehende und schafft neue Arbeitsplätze. Es hilft auch den Wirtschaftsstandort Europa abzusichern. In den wachsenden Wirtschaftsräumen Asiens entsteht erstmals Wohlstand. Andererseits steigt der Verbrauch an Rohstoffen und die Umweltverschmutzung nimmt drastisch zu. Das Problem ist, dass wir diesen Ländern wohl kaum das Wachstum verbieten können. Wie kann ein globaler Ausgleich dieser Gegensätze aussehen? Es ist richtig, dass in den Schwellenländern der Energieverbrauch rasant steigt und auf Grund der schlechten Energieeffizienz die Treibhausgasbelastung überproportional wächst. Gerade deswegen haben wir die Chance, unsere umweltfreundliche Technologie dorthin zu verkaufen. Es darf aber keine Frage sein, dass für die Jahre nach 2012 für diese Länder ebenfalls verbindliche Reduktionsziele vereinbart werden müssen. Im Übrigen ist in den meisten Großstädten Chinas die Luftqualität bereits so schlecht, dass die Chinesen selber ein Interesse haben müssen, von ihrer riskanten und die Umwelt zerstörenden Energiepolitik wegzukommen. Das Interview mit Franz Fischler wurde gemeinsam für die Magazine LOGISTIK EX- PRESS und SOCIETY geführt, wo es in unveränderter Form in der Ausgabe 345 Anfang April erscheinen wird. SOCIETY berichtet vierteljährlich aktuell über Diplomatie, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft, und ist im Netz unter www.society.at erreichbar. Der Abdruck des Interviews erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Herausgeberin Mag. Gertrud Tauchhammer. Franz Fischler wurde am 23. September 1946 im tirolerischen Absam in Österreich geboren. Im Alter von 14 Jahren musste er den kleinen Bauernhof seiner Großeltern bearbeiten. Nach der Matura studierte er Landwirtschaft an der Universität für Bodenkultur in Wien. Danach war er bis 1979 wissenschaftlich tätig. Im Jahr 1979 begann seine politische Karriere. Er war Direktionsassistent in der Tiroler Landwirtschaftskammer und von 1985 bis 1989 deren Direktor. 1989 wurde er zum Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft ernannt. Von 1995 bis 2004 war er EU-Kommissar für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, und als solcher später zusätzlich für die europäische Fischereipolitik verantwortlich. Seit Ende 2004 beschäftigt sich Franz Fischler vorwiegend mit beratenden Tätigkeiten, Lehrveranstaltungen und ist Vorsitzender des Ökosozialen Forums Europa. Ökosoziales Forum Tagung „Besteuerung von Finanztransaktionen“ in der Diplomatischen Akademie mit Alfred Gusenbauer, Wilhelm Molterer und Franz Fischler Das Ökosoziale Forum Österreich ist eine überparteiliche Plattform, deren Ziel es ist, die Idee der Ökosozialen Marktwirtschaft bekannt zu machen und in konkretes Handeln umzusetzen. Darüber hinaus geht es ihm um die Vernetzung von Personen und Organisationen, deren Maxime ein auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Agieren ist, denn die Bündelung von Kräften bewirkt zweifelsohne eine Stärkung der Effektivität. Netzauftritt: www.oesfo.at www.logistik-express.at LOGISTIK express 1|2008 9

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