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mav 03.2023

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SPECIAL Werkzeug- und

SPECIAL Werkzeug- und Formenbau Prof. Dr.-Ing. Thomas Seul, Präsident Verband Deutscher Werkzeug- und Formenbauer (VDWF) „Gemeinsam erlegt man das Mammut“ Mit der Moulding Expo erhalten die Werkzeug- und Formenbauer im Juni endlich wieder die Gelegenheit, ihre Kompetenz live zu präsentieren. Welche Erwartungen er an die Messe stellt und was die deutschen Unternehmen tun müssen, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern, erläutert Prof. Dr.-Ing. Thomas Seul, Präsident des Branchenverbands VDWF. Das Interview führte: Dr. Frank-Michael Kieß Dr.-Ing. Thomas Seul ist Professor für Fertigungstechnik und Werkzeugkonstruktion an der Hochschule Schmalkalden. Seit 2010 ist er zudem Präsident des VDWF (Verband Deutscher Werkzeug- und Formenbauer). Bild: wortundform, München ■■■■■■ mav: Im Juni findet die Moulding Expo nach vier Jahren wieder statt. Wie wichtig ist so ein Event für die Branche und welche Erwartungen haben Sie? Seul: Natürlich ist das ein extrem wichtiges Event. Insbesondere weil schon lange keine Veranstaltungen mehr stattgefunden haben, auf denen sich die Unternehmen in diesem Umfang präsentieren konnten. Die Mould - ing Expo ist ja unser Marktplatz, auf dem wir zeigen, was wir alles können und an - bieten. mav: Die Messe Stuttgart erwartet rund 400 Aussteller. Das sind deutlich weniger als 2019, da waren es über 700. Und jetzt alle in einer Halle. Ist das der übliche Nach-Corona-Schwund, oder steckt mehr dahinter? Seul: Im ersten Moment mag man denken: Es ist nur eine Halle, früher waren es mehrere. Aber die Halle 1 ist die größte Halle auf dem Stuttgarter Messegelände und doppelt so groß wie eine Standard-Halle. Und „alles unter einem Dach“ bietet auch viele Vorteile: Bei der vorangegangenen Moulding Expo hatten sich die Besucher auf mehrere Hallen verteilt. Ich finde den Ansatz gut, nun alles, was die Branche betrifft, an einem Ort zu konzentrieren. Jetzt präsentieren sich diejenigen, die die Werkzeuge bauen, und diejenigen, die die Werkzeugmacher mit Infrastruktur beliefern in unmittelbarer Nachbarschaft. Dadurch ist der Begegnungsraum geschlossener und auch vielfältiger geworden. Mir gefällt das neue Konzept und ich bin mir sicher: Wir werden eine höhere Besucherfrequenz sehen. mav: Ein wichtiges Ziel des Messekonzepts ist es, auch die Werkzeugmacher dazu zu bringen, dort präsent zu sein. Klappt das? Seul: Unser Gemeinschaftsstand war wieder schnell ausgebucht. Die Nachfrage, nicht nur bei VDWF-Mitgliedern, ist hier immer sehr hoch. Und wenn ich mich umschaue, wer sonst noch auf dem Messeplan steht: Das sind schon wirklich gute Namen, die man auf so einer Messe erwartet und auch sehen möchte. Das repräsentiert tatsächlich die Branche. Und natürlich erwarten wir die Kollegen, die nicht ausstellen – wie in den vergangenen Jahren auch – als Besucher auf der Messe. mav: Im Zuge der Lieferkettenproblematik stellt sich die Frage, ob man Schlüsseltechnologien, zu denen auch der Werkzeug- und Formenbau zählt, wieder stärker nach Europa holt. Befürworten Sie das? Seul: Regionale Lieferketten sind sehr vorteilhaft, und das nicht nur aufgrund der Lieferfähigkeit oder der kurzen Wege. Sondern auch aufgrund der Kommunikation. Das fängt damit an, dass man beispielsweise in derselben Zeitzone ist und so eine gewisse Flexibilität schafft, vielleicht auch Ressourcen teilt. 38 Juni 2023

mav: Auch unter den Betrieben? Seul: Natürlich. Mehrere Werkzeugmacher können sich gemeinsam zu regionalen Lieferketten formieren, um dann vernetzte Strukturen einer kollaborativen Wertschöpfung zu schaffen. Das heißt: Ich bekomme den großen Auftrag nicht allein, aber wenn wir das auf fünf verteilen, dann schon. Dann erlegt man sozusagen gemeinsam das Mammut. Das haben die Menschen ja schon in der Steinzeit vorgemacht. Die einen haben getrieben, andere haben das Loch gebuddelt ... Die Idee der Zusammenarbeit ist uralt und sie hat immer wieder ihre Erfolgsfähigkeit bewiesen. „Der Werkzeugund Formenbau hat als Schlüsseltechnologie eine Systemrelevanz in Deutschland.“ mav: Nicht umsonst beobachtet man oft diese Cluster, die sich gebildet haben ... Seul: Ja, und ich finde das auch gar nicht verwerflich, im Gegenteil. Was die Steinzeitmenschen gemacht haben, das war intelligent. Allein hätte man nicht überlebt. Und es kommt hinzu, dass man gemeinsam auch mehr Kraft hat. Und wenn ich mehr Kraft habe, kann ich mich auch um weiteres Geschäft kümmern. Vor allem aber bin ich auch nachhaltiger unterwegs, das heißt ich kann Ressourcen zusammenbringen. Warum müssen z. B. fünf Betriebe jeweils eine CAD/CAM-Lizenz besitzen, warum können sie sich die nicht teilen? Das ist auch eine Art von Nachhaltigkeit und Umgang mit Ressourcen. Und muss man denn beispielsweise alle Fertigungstechniken selbst im Haus haben? Es gibt wichtige Technologien, die man nicht 24/7 auslasten kann. Aber wenn ich einen Verbund schaffe, dann geht das durchaus. Immerhin wurde ja selbst der VDWF auch unter diesem Gesichtspunkt einer Einkaufsgemeinschaft gegründet. mav: Sind denn alle dazu bereit? Mancher kocht ja lieber sein eigenes Süppchen? Seul: Natürlich menschelt es auch da. Aber wenn wir wirtschaftlich fertigen wollen, brauchen wir 24/7 in der Produktion. Das ist auch wichtig, wenn ich an die Fachkräfteproblematik denke. Welcher Werkzeugmacher hat denn schon Lust, von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens eine Schicht zu fahren – geschweige denn ein Konstrukteur. Im Endeffekt müssen wir es schaffen, zu sparen und die Produktion am Span rund um die Uhr sicherzustellen. Aber so, dass die Fachkräfte acht Stunden am Tag arbeiten oder vielleicht sogar nur eine Viertagewoche haben, mit flexiblen Zeitkonten. Das ist ja durchaus auch möglich. Die Maschine kann 24/7 arbeiten, wenn Sie mit ausreichend Daten und Teilen gefüttert wird. mav: Nun sind die Betriebe oft recht klein. Zugleich repräsentiert der Werkzeug- und Formenbau das High-End der Zerspanung, die Anforderungen sind alles andere als trivial. Kommen die Unternehmen damit klar? Seul: Diese Frage stellt sich nicht. Welche Chance haben wir denn sonst, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken? Wenn ich es nicht schaffe, solche arbeitstechnischen Strukturen in der Fertigung umzusetzen, habe ich verloren, weil die Fachkräfte, irgendwann mit Gold aufgewogen werden und nicht mehr zu bezahlen sind. Und wenn ich sie bezahlen muss für acht Stunden, dann kosten sie mich einen Haufen Geld. Dann muss ich sie von Routinetätigkeiten entlasten, damit sie das machen, was wirklich die Wertschöpfung bringt. mav: Es ist kein neues Thema, aber auch in der jüngeren Generation gibt es wenige, die wirklich wissen, was im Werkzeug- und Formenbau überhaupt passiert. Kaum jemand macht sich Gedanken, wie ein Gegenstand eigentlich entstanden ist, den man in der Hand hält. Wie kann man da Bewusstsein schaffen? Seul: Das ist das ist in der Tat so. Wir müssen Modelle finden, um die Leute dazu zu bewegen, zu uns zu kommen. Dabei ist es nicht so, dass die jungen Menschen heute schlechter wären als früher. Ich sehe es ja auch bei meinen Studierenden. Die haben schlicht und einfach andere Kompetenzen, und wir müssen uns überlegen, wie wir diese Kompetenzen sinnvoll einsetzen können Intelligente Technologie spart teure Energie Mit Engineering die optimale Leistung bei weniger Verbrauch FUCHS Umwelttechnik Absaug- und Filtergeräte Besuchen Sie uns auf der LASER WORLD OF PHOTONICS 2 0 2 3 MÜNCHEN HALLE B3 STAND 326 Infos unter: FUCHS Umwelttechnik P+V GmbH 89195 Steinberg Tel.: +49 (0) 7346/9614-0 www.fuchs-umwelttechnik.com info@fuchs-umwelttechnik.com CLEAN AIR TECHNOLOGY Juni 2023 39

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