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mav 06.2017

SPECIAL Luftfahrt Eine

SPECIAL Luftfahrt Eine entscheidende Eigenschaft ist die Spanabfuhr, die die Bearbeitungstemperatur im Prozess maßgeblich beeinflusst. Bild: Gühring Spannut und Schneidenform wichtigste Faktoren für Temperaturbelastung Hinsichtlich der Temperaturbelastung ist die Gestalt der Spannut einer der entscheidenden Faktoren. Hier kann durch die Form aber auch durch die Oberflächeneigenschaften der Spannut auf die Spanbildung und den Spantransport Einfluss genommen werden, um den Spänestaub zusammen mit den Fasersegmenten schnellstmöglich aus der Zerspanzone abzuführen, bevor diese die enthaltene Temperatur an das Bauteil oder Werkzeug abgeben können. Bei der Entwicklung des FR 100, eines auf die FVK-Zerspanung spezialisierten Fräswerkzeugs, wurde dies mit Aufnahmen der Highspeed- und Thermographie-Kamera deutlich. Nur durch das Zusammenspiel der angepassten Nut- und Schneidengeometrie mit entsprechenden Oberflächen wird der Spänestaub abgeführt, ein Aufkleben des zerspanten Materials und eine Mehrfachzerspanung verhindert. Die maximal erreichbare Vorschubgeschwindigkeit hängt neben der Spanabfuhr auch von der effektiven Schneidenlänge des Werkzeugs ab. Diese zeigt sich in erster Linie durch eine deutliche Reduzierung der Vibrationen, wirkt sich aber auch entscheidend auf den Standweg des Werkzeugs aus. Folglich kann ein Werkzeug, das eine optimale Spanabfuhr mit ruhigem Lauf und einer möglichst langen Schneide kombiniert, auch die höchsten Vorschubgeschwindigkeiten erreichen. So werden z. B. Fräser mit 8,0 mm Durchmesser bei geringen Materialstärken mit einer Schnittgeschwindigkeit v c zwischen 350 und 700 m/min und mit Vorschubgeschwindigkeiten von bis zu 5 m/min eingesetzt. Nanokristalline Diamantbeschichtung mit „sp3-Struktur“ Für eine wirtschaftliche Bearbeitung von Faserverbundbauteilen in der Serienfertigung mit derart hohen Schnittgeschwindigkeiten und Vorschüben haben sich nanokristalline Diamantschichten bewährt. Dieser Beschichtungstyp ist bestens geeignet, um der abrasiven Belastung an den Schneiden entgegenzuwirken. Maximale Leistung erreicht die Diamantbeschichtung nur durch eine genaue Abstimmung der Beschichtung auf das verwendete Hartmetallsubstrat und auf das zu bearbeitende Material. Dies wird bei Gühring durch eine enge Kooperation zwischen der Beschichtungstechnologie und der Gühring-eigenen Hartmetallfertigung gewährleistet. So können alle Parameter optimal aufeinander abgestimmt werden. Die Diamantbeschichtung Cristall verfügt über eine sehr hohe Härte von mehr als 8000 HV. Dank der durch die sp3-Hybridisierung bestimmten Struktur qualifiziert sich die Cristall-Beschichtung für hochabrasive Anwendungen wie die GFK- und CFK- Bearbeitung, ist aber auch sehr gut geeignet zur Bearbeitung von Aluminiumlegierungen, Keramik und Graphit. Durch das Aufbringen unterschiedlicher Schichtdicken wird sie auf den jeweiligen Anwendungsfall optimal angepasst. Mit dem FR 100 Fräser wurde ein Werkzeug speziell für die Serienfertigung von FVK-Bauteilen entwickelt. Eine angepasste Schneiden- und Spannutgestaltung senkt die Bearbeitungstemperatur und gewährleistet eine gute Spanabfuhr. Die Schneidenanordnung und die daraus resultierende effektive Schneidenlänge ermöglichen zudem hohe Standzeiten. Der Kompressionsschnitt ermöglicht die prozesssichere Faserabtrennung an der Schnittkante mittels des schälenden Schnittes. ■ Gühring KG www.guehring.de Zukunftsideen in Serie Wie die Zukunft der Zerspanung aussehen kann, präsentieren die Mitglieder des Vereins für Zukunfts orientierte Zers panung e.V. in einer exklusiven Serie in der mav. 76 Juni 2017

Mit der richtigen Strategie zur erfolgreichen Titan-Zerspanung Titan – ein anspruchsvoller Werkstoff Fast so leicht wie Aluminium, aber fester als Stahl, das sind die Eigenschaften, die man mit dem Werkstoff Titan verbindet. Das Metall ist ein teurer Werkstoff, etwa 30-mal teurer als hochwertige Stahllegierungen – 200-mal teurer als Rohstahl. Das ursprünglich fast ausschließlich in der Hochtechnologie eingesetzte Titan besetzt heute einen immer breiteren Anwendungshorizont. Aber der Werkstoff hat Tücken bei der Bearbeitung. ■■■■■■ Titan ist kein seltenes Metall, es gehört zu den zehn häufigsten Elementen in der Erdkruste. Starke oxidische Bindungen mit Eisen, Calcium, Schwefel oder Barium erfordern allerdings aufwendige Herstellungsprozesse – das macht den Werkstoff so teuer. Der Schmelzpunkt des Metalls liegt bei 1677 °C. Titan ist nicht magnetisch und ein guter elektrischer Leiter, aber ein sehr schlechter Wärmeleiter mit geringer thermischer Ausdehnung. Seine Festigkeitseigenschaften liegen im Bereich von vergüteten Stählen. Je nach Legierung besitzen Titanwerkstoffe Zugfestigkeiten zwischen 300 bis 1150 N/mm 2 , diese können durch Schmiedeprozesse noch erhöht werden. Eine Oxidschicht passiviert das Metall und verleiht ihm eine hohe Korrosionsbeständigkeit gegenüber aggressiven Medien wie chlorhaltigen Gasen, Meerwasser, Alkalilaugen, Alkohol und kalten Säuren. Vor 20 Jahren wurden weltweit etwa 60 000 Tonnen metallisches Titan verarbeitet, vor 10 Jahren waren es schon 143 000 Tonnen und heute schätzt man die Verbrauchsmenge auf knapp 300 000 Tonnen. Wachstumstreiber mit einem Zuwachs von fünf beziehungsweise zehn Prozent jährlich sind dabei Westeuropa und vor allem China. Die Tücken der Titan-Zerspanung Verglichen mit Stahl ist bei der Verarbeitung von Titan manches anders. Bei der spanenden Fertigung, zum Beispiel beim Drehen Aerospacekomponenten aus Titan. Bild: Horn oder Fräsen von Titan, kann die Neigung zur Kaltverfestigung hinderlich wirken. Wenn nämlich die Reibung an der Schneide zu groß wird, kann die einsetzende Kaltverfestigung dazu führen, dass das Werkzeug schnell stumpf wird. Beim Drehen und Fräsen von Titan sind scharfe Werkzeuge, die richtigen Schnittparameter und die ideale Spanbildung wichtige Parameter. Auch die Härte der Werkzeuge sowie die Hitzebeständigkeit ihrer Beschichtungen muss der Härte des Werkstoffs angemessen sein. Erschwerend wirkt sich auf die Titan-Bearbeitung auch die Kombination seiner Eigenschaften wie Elastizität (Duktilität) und Zugfestigkeit aus. Zur Bearbeitung von Titanwerkstoffen wie dem in der Luftfahrt verbreiteten Ti6Al4V hat Horn eine überzeugende Palette von speziellen Werkzeugen entwickelt, die mit scharfen Schneiden, positivem Spanwinkel, großem Freiwinkel und polierten Schneiden den wichtigsten Problemen der Titanbearbeitung entgegenwirken. Speziell zur Titanbearbeitung in der Luft- und Raumfahrt und für die Medizintechnik entwickelte der Werkzeughersteller für seine VHM-Fräser die Schneidstoffsorte TSTK mit guten tribologischen Eigenschaften, hoher Temperaturbeständigkeit und geringer Wärmeeinleitung ins Substrat – ein Hitzeschild sozusagen. Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt, der bei der Entwicklung der VHM-Schaftfräser zu berücksichtigen war: Die Schaftfräser erhielten unterschiedliche Drallwinkel und unterschiedliche Teilung. Das führt zu weichem ruhigen Schnitt und vermeidet Vibrationen. Das Titan-Programm umfasst eine neue Fräserlinie von VHM-Fräsern mit Durchmessern von 2 bis 20 mm als Vierund Fünfschneider in den Ausführungen mit 2 x D und 3 x D. Für Titan eignen sich bei großen Strukturteilen die Hochvorschubfräser des Systems DAH 25, 37 und 62. Bei geschmiedeten Titanelementen bewähren sich die Aufsteckfräser des Systems DAH, die auch gut geeignet sind, andere Aerospace-Werkstoffe wie Hastelloy, Inconel oder Astroloy zu bearbeiten. Für die drehende Bearbeitung von Titan empfiehlt Horn Werkzeuglösungen, die für die Zerspanung von rostfreien Werkstoffen entwickelt wurden: hoch temperaturbeständig, scharf, in den Sorten EG3 oder HP6 mit sehr guten tribologischen Eigenschaften. Bei allen Bearbeitungsarten ist hohe und gezielte Kühlmittelzufuhr unabdingbar. ■ Paul Horn GmbH www.phorn.de Juni 2017 77

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