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mav 10.2020

02Werkzeuge Lothar Horn,

02Werkzeuge Lothar Horn, Geschäftsführer, Paul Horn GmbH „Die Fortschritte in der Medizintechnik sind gewaltig“ Der Werkzeughersteller Paul Horn hat sich vom absoluten Spezialisten für die Bearbeitung zwischen zwei Flanken zu einem Zerspanungs-Allrounder über alle Branchen hinweg entwickelt. Für die Medizintechnik bieten die Tübinger Werkzeugexperten ein ziemlich umfassendes Portfolio an. Die mav sprach mit Lothar Horn, dem Geschäftsführer der Paul Horn GmbH, über die Besonderheiten dieser innovativen Branche. Das Interview führte: Frederick Rindle ■■■■■■ mav: Was ist das Besondere an der Medizintechnik im Vergleich zu anderen Branchen? Horn: Die Vielzahl an anspruchsvollen und schwer zu zerspanenden Materialien ist sicherlich das herausragendste Unterscheidungsmerkmal im Vergleich zu anderen Branchen. In der Medizintechnik werden zwar auch einfach zu bearbeitende Bauteile aus Aluminium oder Edelstahl eingesetzt, aber genauso wird man mit Bauteilen aus den schwerzerspanbaren Materialien Titan und Kobalt-Basis-Legierungen konfrontiert. Auch Kunststoffe spielen in der Medizintechnik eine wichtige Rolle. Zudem haben wir in der Medizintechnik unglaubliche Fortschritte erlebt. So war es vor 10 bis 15 Jahren noch nahezu unmöglich, einem Patienten mehrmals hintereinander mit einem künstlichen Hüftgelenk zu helfen. Heute ist das schon zwei- bis dreimal möglich. Das liegt zum einen an der verbesserten medizinischen Versorgung und zum anderen an den leistungsfähigeren Materialien. mav: Welche Materialien kamen zuletzt in der Medizintechnik hinzu? Horn: Als eine der letzten Entwicklungen werden nun vermehrt Kobalt-Chrom-Legierungen eingesetzt. Diese bieten neben einer hohen Härte und Zähigkeit auch eine hohe Biokompatibilität. Kobalt-Chrom gehört zu den leistungsfähigsten Werkstoffen für die Endoprothetik. Der Werkstoff eignet sich besonders für künstliche Kniegelenke und Hüftprothesen, wo Metall auf Metall- Gleitpaarungen zum Einsatz kommen. Darüber hinaus ist Kobalt-Chrom auch in der Zahnprothetik weit verbreitet. mav: Was ist bei den Werkzeugen zur Bearbeitung von Kobalt-Chrom-Legierungen zu beachten? Horn: In der Medizintechnik hat die Oberflächenstruktur der Bauteile eine besondere Bedeutung. Damit es bei der Zerspanung nicht zu Strukturumbildungen kommt, muss der Wärmeeintrag in das Bauteil, trotz der großen Härte und Zähigkeit der Materialien, so gering wie möglich gehalten werden. Neben der richtigen Kühlstrategie müssen daher die Schnittkräfte bei der Zerspanung der Bauteile möglichst gering gehalten werden. Hierfür gilt es ganz klassisch, ein optimales Zusammenspiel aus Hartmetallsubstrat, Geometrie, Beschichtung und Schneidkantenverrundung für die Werkzeuge zu finden – negative Spanwinkel stabilisieren die Werkzeuge zusätzlich. Die Schneide spielt dabei eine ganz besondere Rolle. Denn nur mit einer perfekt geschliffenen Schneide kann ich auch eine perfekte Oberfläche erzeugen. Hier punkten wir durch unser jahrzehntelanges Knowhow beim Werkzeugschleifen im Besonderen Maße. Damit diese harten Materialien auch möglichst wirtschaftlich bearbeitet werden können, müssen die Werkzeuge zudem eine möglichst hohe Standzeit aufweisen. mav: Welches Beschichtungsverfahren ist Ihrer Meinung nach dafür am besten geeignet? Horn: Um möglichst geringe Schnittkräfte zu ermöglichen, sind die Werkzeuge extra scharfkantig und müssen dies auch bleiben. Die Beschichtung muss von daher besonders widerstandsfähig und vor allem dünn sein. Wir setzen hierfür eine IG-Beschichtung ein – eine dünne Beschichtung mit den entsprechenden Oberflächeneigenschaften. Die Beschichtung haben wir speziell für unsere Medizintechnikwerkzeuge entwickelt. Aufgrund ihrer hervorragenden Eigenschaften kommt die Schicht jetzt aber bei vielen unserer Werkzeuge zum Einsatz. Die Voraussetzung für eine derart leistungsfähige Schicht ist eine sehr hohe Homogenität innerhalb der Schicht, gepaart mit einer sehr hohen Verdichtung. Das ist nur mit dem HiPMS-Verfahren möglich. Lothar Horn, Geschäftsführer, Paul Horn GmbH. Bild: Horn 48 Oktober 2020

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