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Bootswerft Mader Große

Bootswerft Mader Große Goldschmiede im kleinen Fisching Lang ist es her, mehr als ein halbes Jahrhundert, dass ich am Waginger See auf meinem neuen Jollenkreuzer war und mich ein 13-jähriger Lausbub, genannt „Bürschi“, der mit seiner Angelrute auf dem Steg stand, schüchtern fragte, ob er mitfahren dürfe. Text BOBBY SCHENK Heute sitze ich dem Bürschi von damals gegenüber und muss mir anhören: „Naa, eine Ahnung vom Segeln hast überhaupt net ghabt. Du warst a richtigs Green horn.“ Und er verrät mir ein Geheimnis: Sein Vater, der Mader Hartl, der sich in dem kleinen Dorf Fisching vom Schreiner zum Bootsbauer gemausert und mir und meinen Eltern diesen schönen 16er- Jollenkreuzer gebaut hatte, wies damals seinen Sohn Bürschi an, den völlig ahnungslosen Schenks das Segeln beizubringen. Was weit mehr als ein Kundenservice war, denn der Bürschi war Nichtschwimmer und an und für sich von seinem strengen Vater mit dem Verbot belegt worden, überhaupt auch nur runter zum See zu gehen. Und so kam es, dass ich vom Bürschi in die allerersten Geheimnisse des Segelns eingeweiht wurde. Sie wissen schon „Luv weicht Lee“ und so. Schon damals gab es unter Seglern die Besserwisser, die mir einflüsterten: Die Lebensdauer eines Sperrholzbootes, wie meines eines war, beträgt zehn Jahre. Jedoch der Gammler, so nannten wir den 16er, schwimmt immer noch auf dem Starnberger See – und zwar in Top-Kondition. Bobby Schenk mit Leonhard „Bürschi“ Mader li.) und Sohn Andreas (re.) in der Werft in Fisching. STARTSCHUSS 1954 Fährt man heute in das immer noch so kleine Fisching mit seinen 500 Einwohnern, um beim Mader ein Schiff zu bestellen, so erwartet man angesichts der guten Verkaufszahlen doch etwas monumentalere Gebäude als damals in den 1960ern. Nach einem Fabriksgelände sucht man allerdings vergeblich. Viel, scheint mir, hat sich seit 1965 hier nicht verändert. Für einen Außenstehenden ist die Werft ein Kleinbetrieb geblieben – mit Leonhard Mader, dem damaligen Bürschi, als Seniorchef, seiner Frau Herta, seinem Sohn Andreas (siebenfacher Weltmeister in der Tempest-Klasse) und dessen Frau, der Moni, sowie wenigen Angestellten. Monika Mader, die im Büro herrscht, hilft auch in der Werkstatt, insbesondere beim Laminieren. Ein mit Stolz familiengeführter, echter Handwerksbetrieb auf dem Land nahe der österreichischen Grenze also. Okay, solche Betriebe gibt es, was ist an diesem das Besondere? Muss man deswegen gleich einen Bericht im schreiben? Ja, man Die Bojsen-Møller- Brüder Jørgen und Jacob segeln auf der neuen Mader-FD zum Weltmeister titel 2023 in Polen. 42 1/2024

muss. Und am Ende werden Sie als begeisterte Segler mir zustimmen. Die ersten Holzboote entstanden 1954, der erste formverleimte Flying Dutchman (FD) 1956, die Korsare 1960. Daneben wurde der hölzerne Zugvogel in der Kielversion vor allem nach Österreich vertrieben und, obgleich kein Trapez oder Spinnaker, besonders im Salzkammergut schnell heimisch. Später, 1965, wurden diese beliebten (Wander-)Jollen sogar in Epoxidharz-Schaumsandwichbauweise gebaut. Damals, als man als Segler den Spruch „Dein ganzer Stolz – ein Boot aus Holz“ auf den Lippen hatte, eine kleine Sensation. Daneben wuchs die Anzahl an verkauften Korsaren, die vor der Haustüre der Maders im Waginger See gesegelt und dort auch als Gegenstück zum Piraten erfunden und gebaut wurden. den. Der Beginn einer Rekordserie, die im internationalen Sport wohl einzigartig ist. Für die Olympiade 1976 in Kingston lieferte die Mader-Werft wieder fast alle Boote, diesmal für die Tempest-Klasse – nur ein einziges nicht, und zwar ausgerechnet das des Fagelwettbewerbe zu veranstalten. Die sollten in Kiel stattfinden. Die Funktionäre des Segelweltverbandes hatten da eine geradezu revolutionäre Idee. Segelregatten leiden ja meist unter der Tatsache, dass kein Boot dem anderen bis auf den letzten Zentimeter gleicht und deshalb Wettbewerbsverzerrungen kaum zu vermeiden sind. So kam man auf die Idee, in der damaligen Königsklasse, dem Ein-Mann-Boot Finn-Dinghy, nur Boote einzusetzen, die alle in derselben Werft gebaut wurden. Sie ahnen es: Man wurde beim Mader Hartl fündig. Welche Aufgabe! Innerhalb einer kurzen Frist stellten die Maders die gesamte Finn-Dinghy-Flotte von unglaublichen 70 Booten rechtzeitig zu den ersten Regatten in Schilksee fertig. Überflüssig, darauf hinzuweisen, dass alle olympischen Medaillen, also Gold, Silber und Bronze, von den Mader-Booten gewonnen wur- 16er-Jollenkreuzer auf dem Waginger See. 1972: Mader baut 70 Finn-Dinghys für die Olympischen Spiele. Der schnellste Halbtonner aus dem Hause Mader. AUFSTIEG IN DEN OLYMP 1972 dann ein mächtiger Einschnitt in der Geschichte der kleinen Werft. Deutschland durfte die Olympischen Spiele ausrichten und hatte also auch die Verpflichtung, die Se- 1/2024 43