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OCEAN7 2016-01

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Die kapverdischen Inseln. Teil 1 der großen Reportage über einen Törn in diesem touristisch noch unverdorbenen und ursprünglichen Revier. Atemberaubende Landschaft, freundliche Menschen, unglaublicher Reichtum an Meeresbewohnern machen einen Törn zwischen den Inseln vor der Westküste Afrikas zu einem einzigartigen Erlebnis.

OCEAN7Revier 1 2 3 Wow, I have never seen a jellyfish like this! Das war der aufgeregte Ruf eines Amerikaners, der früh am Morgen an der Reling seiner Yacht stand und das rhythmische Pulsieren einer 40 Zentimeter großen Cotylorhiza tuberculata fasziniert beobachtete. Der Zuruf galt mir. Ich paddelte in meinem Kanadier in der Nähe seiner Yacht, auf der Suche nach den Quallen. Seit mehr als 30 Jahren besuche ich immer wieder diese Bucht, halte Ausschau nach den Medusen und freue mich, wenn ich sie wiederfinde, zuletzt im September 2015. Die beste Jahreszeit sie zu entdecken sind die Monate August und September. Die beste Tageszeit ist am Morgen und am frühen Vormittag. Die Sonne sollte bereits über das hügelige Ostufer gestiegen sein, und mit etwas Glück ist die Wasseroberfläche zu dieser Tageszeit spiegelglatt. Das sind die optimalen Voraussetzungen zum „jellyfish watching“. Cotylorhiza steigt bei diesen Bedingungen bis an die Oberfläche und produziert durch ihre Schirmkontraktionen konzentrische Wellen, die auch aus einiger Entfernung zu sehen sind. Die zweite Quallenart in der Bucht, Phyllorhiza punctata, ist schwieriger zu finden, da sie selten bis an die Oberfläche kommt. Die gesamte Population der Medusen ist wahrscheinlich mehrere tausend Individuen stark. Trotzdem entgehen sie den meisten Crews, die in der Bucht ankern. 4 28 OCEAN7 01/2016 | Jänner/Februar 2016

Ionisches Meer/Bucht von Vlycho Wie kommt eine Qualle zur Welt? Für Cotylorhiza ist diese Frage leicht zu beantworten, diese Art ist gut untersucht. Sie wird im späten Frühjahr geboren, ist nur wenige Millimeter groß und ihre sternförmige Gestalt erinnert an eine Schneeflocke. Diese Ephyra, so heißt dieses Entwicklungsstadium, pulsiert bereits kräftig und ist Teil des Planktons. Sie ernährt sich von noch kleinerem Plankton und von einzelligen Algen, die in ihrem Gewebe leben. Durch die exzellenten Be dingungen in der Bucht wächst die kleine Ephyra im Lauf des Sommers rasch zu einer großen Meduse heran. Ihr sternförmiger Umriss verwandelt sich in eine scheibenförmige Gestalt und im Zentrum des Schirms erhebt sich eine flache, braun-gelbe Kuppel. Aus dem Pazifik eingewandert: Die Sternhimmelqualle 5 Unter dem Mikroskop erinnern die nur wenige Millimeter großen Ephyren an Schnee - flocken oder Sterne. Innerhalb weniger Monate wachsen sie zu großen Medusen heran. Wovon lebt sie? An der Unterseite des Schirms befinden sich reich gefaltete und gekräuselte Mundarme. Sie erinnern an ein dichtes Wurzelwerk, daher der Name Wurzelmundqualle. Die beständigen Schirmkontraktionen dienen nicht nur als Schwimmbewegung, sondern sie drücken auch Meerwasser durch die dichten Mundarme, wo Kleinplankton hängenbleibt und konsumiert wird. Um Mikroplankton zu überwältigen, ist kein starkes Nesselgift nötig, daher sind diese Medusen für uns nicht gefährlich. Die Meduse hat ein sogenanntes Nervennetz mit acht Zentren am Schirmrand, welche das Pulsieren steuern und die Schwimmlage festlegen. Im Lauf des Sommers werden die Medusen geschlechtsreif. Die Männchen geben Spermien in das Meerwasser ab, die Weibchen nehmen sie auf und ihre Eier werden befruchtet. Daraus entstehen kleine bewimperte, birnenförmige Larven, die Planula heißen. Wie alt wird sie? Große Weibchen können bis zu zwei Millionen (!) dieser Larven in das Meer entlassen. Damit ist die Fortpflanzung erfolgreich erledigt und die Medusen sterben im Spätherbst. Sie werden etwa ein halbes Jahr alt. Die zuvor freigesetzten Larven, die Planulae, suchen am Meeresgrund geeignetes Substrat wie Steine oder Muschelschalen, um sich darauf festzusetzen. Jede festgesetzte Planula wächst im Lauf des Winters zu einem ca. 10 Millimeter großen Polypen heran. Der hat einen zarten Stiel, ein kleines Köpfchen, 16 dünne Tentakel und ernährt sich ebenfalls von Plankton. Im Frühjahr beginnt er sich umzuwandeln, schmilzt die Tentakel ein, und das Köpfchen schnürt eine sternförmige Scheibe ab, die davonschwimmt: Die nächste Generation von Ephyren ist geboren, die während des Sommers wieder zu Medusen heranwachsen werden. 1 Strömungsmuster. Im Flachwasser des Buchtendes zeichnen sich Strömungs - kanäle in der Seegraswiese ab. 2 Seegras-Dschungel. Das Seegras am Ende der Bucht ist ein hochstrukturierter Lebensraum für eine artenreiche Fauna, die von Evertebraten über Jungfische bis zu Meeresschildkröten reicht. 3 Urtümliche Werft. Am Westufer des Buchtkanals herrscht reges Treiben zwischen den aufgebockten Schiffen. 4 Rekordverdächtig. Unter den optimalen Bedingungen in der Bucht erreicht Cotylorhiza bis 40 Zentimeter Durchmesser. Das ist ungewöhnlich groß für diese Art. 5 Raumschiff. Phyllorhiza punctata, die Sternhimmelqualle, ist ein Neuankömmling im Mittelmeer. Sie stammt ursprünglich aus dem Pazifik und erreicht bis 60 Zentimeter Schirmdurchmesser. Sie ist entweder durch den Suezkanal eingewandert oder es wurden ihre Larven mit Ballastwasser von Schiffen mitgebracht. 6 Cotylorhiza tuberculata. Farbe und Form dieser Meduse erinnern an ein Spiegelei. Daher ihr deutscher Name Spiegeleiqualle. 6

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