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1 | Altdorf, Flüelen, Sisikon, Seedorf, Bauen, Isenthal, Attinghausen, Bürglen, Schattdorf, Spiringen, Unterschächen 13/2023

AbschlussdokumentausPragveröffentlicht Bei der der Europäischen Kontinentalversammlung in Prag forderten viele Delegierte «rasche und radikale Veränderungen». Gleichzeitig äusserten einige wenige die Befürchtung, dass Reformen die kirchliche Lehre verwässern könnten. Fast alle Delegierten widmeten sich in ihren Beiträgen dem Frauenthema. Von Jacqueline Straub / kath.ch / eko Anfang Februar traf sich die katholische Kirche Europas in Prag. 200 Personen, davon 140 Delegierte aus 39 Ländern, waren vor Ort und 269 haben sich online zugeschaltet. Nun ist das Abschlussdokument derEuropäischenKontinentalversammlung indeutscherSpracheveröffentlichtworden. Keine Lösungen im Prager Dokument «DasDokumentbietetkeineLösungenoder theologischen Interpretationen an» heisst eszuBeginndes26-seitigenAbschlussdokuments. Es will einzig die von den Ortskirchen vorgebrachten Spannungsfelder festhalten. Es dürfe daher auch nicht als endgültige Position oder als «Hinweis der operativenStrategiendereuropäischenKirchen»verstandenwerden. So wurde von vielen Delegierten der «dringendeWunsch»geäussert,etwasgegen dieAusgrenzungunterschiedlicherGruppen in der Kirche zu unternehmen, denn viele «fühlensichinderKircheabgelehnt,herabgewürdigtunddiskriminiert,oftleiderauch zu Recht», heisst es aus der Schweiz. Und weiter:«WirsehendieNotwendigkeiteiner echtenUmkehr!» Die Gläubigen in Slowenien wünschen sich in Bezug auf das Thema LGBTQ, dass «die Kirche deutlich macht, dass nicht alles hinnehmbarist»,sagtendieDelegiertendes Landes. Die Kirche solle allen zuhören, «aber gleichzeitig voller Liebe die ganze Wahrheitsagen». Würde und Berufung aller Getauften FastalleDelegiertenwidmetensichinihren Beiträgen der Teilhabe von Frauen und ihrer Rolle in der Kirche. Mehrmals wurde auf die Würde aller hingewiesen, die in der gemeinsamen Taufe wurzelt. Das führe dazu, über die Rolle der Frauen in der Kirchenachzudenken. «Die aktuelle synodale Erfahrung ist ein bedeutendes Zeichen der Hoffnung für viele und ermutigt sie bei der gemeinsamen Suche nach neuen glaubwürdigen Wegen. Dazu gehört auch die Anerkennung der Würde und der Berufung aller Getauften, besonders der Frauen», so die Schweizer Delegation, die sich zusammensetzte aus dem Basler Bischof Felix Gmür, Tatjana Disteli, Generalsekretärin der römisch-katholischen Kirche im Aargau, und Helena JeppesenvonderFastenaktion. Die Spannung zwischen Tradition (hier Weihrauch) und Erneuerung tritt im Abschlussdokument hervor. Bild: Eugen Koller Frauen in Ämtern «gründlich» untersuchen Die Delegation von Irland kritisierte, dass Frauen das Gefühl haben, ausgegrenzt und diskriminiert zu werden. Belarus betonte, «dass der Rolle der Frauen im Leben der Kirche grössere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss». Die Delegierten aus Luxemburg möchten, dass die Rolle der Frauen undderenBeteiligungaufallenEbenendes kirchlichen Lebens gestärkt werde. Der Zugang von Frauen zu geweihten Ämtern müsse«gründlich»untersuchtwerden.Portugal sprach davon, dass es beim Thema Frauenpriestertum«Spannungen»gebe. Tschechien wünscht sich verheiratete Priester Auch in Litauen ist die Beteiligung von FrauenanEntscheidungsprozesseneinThema. «Für mehrere Gruppen ist dies sogar eine Voraussetzung für eine fruchtbarere KircheinEuropa»,heisstesimAbschlussdokument. Spanien sprach sich für die Förderung der Laienämter aus. Die Delegation aus Tschechien wünscht sich eine Debatte überdieWeihevonverheiratetenMännern. Unter den Delegierten sei eine grosse Konvergenz spürbar gewesen: Förderung von Mitverantwortung mit gleichzeitiger ÜberwindungdesKlerikalismus. «Es gibt gravierende individuelle Fehler; zu viele Geistliche haben ihre Macht missbrauchtunddieVerantwortlichen,nichtzuletzt die Bischöfe, haben die Gräueltaten vertuscht.AberesgibtauchsystemischeUrsachen für den Machtmissbrauch. Diese können wir nicht leugnen. Wir sind entschlossen,aufgeistlichemundstrukturellem GebietdieKonsequenzenzuziehen»,heisst es aus Deutschland. Die Delegation aus Irland fordert entschiedenere Schritte, um das Problem zu lösen und Transparenz zu schaffen. Angst vor einem Bruch mit der Tradition VieleDelegierteforderten«rascheundradikale Veränderungen», so das Dokument. Gleichzeitig haben manche die Befürchtung, dass Reformen die kirchliche Lehre verwässern könnten und sich etwa das traditionelleVerständnisvonEheundFamilie verändere. Die Angst vor einem Bruch mit der Tradition wurde in Prag vorgebracht. So hofft die rumänische Delegation, «dass die Kirche für den Dialog mit der Welt offenist,ohnesichderWeltanzupassen». Der Wandel der Kirche müsse sich in konkreten Entscheidungen seitens der Kircheniederschlagen.DabeiseiendieBischöfedieHauptakteureindiesemWandel. Das Abschlussdokument zeigt die Spannung zwischen Wahrheit und Barmherzigkeit, zwischen Treue zur Tradition und Erneuerungauf.EbensodieLiturgieimLeben und die «Fähigkeit, die Mitverantwortung aller angesichts der Vielfalt der Charismen undÄmterwahrzunehmen».AlsHerausforderungen werde auch der Pluralismus der Missionsverständnisse,dieAusübungsformen von Autorität in einer synodalen Kirche und die Artikulation und Entfaltung von Vielfalt und Einheit sowie die lokal-globale Dynamikgesehen. 6 · Pfarreiblatt Uri Nr.13 · 2023

«InderLiturgiemanifestiertsichdieklerikaleMacht» Martin Klöckener* lehrte drei Jahrzehnte Liturgiewissenschaft an der Universität Freiburg. Mit cath.ch sprach der emeritierte Professor über den päpstlichen Einfluss auf die liturgische Praxis. Und über die Verbindung zwischen Liturgie und Missbrauch. Von Gregory Roth, cath.ch / Adaption Annalena Müller / kath.ch / eko AnderzweisprachigenUniversitätvonFreiburg (Schweiz) fallen Martin Klöckener schnelldiegrossenkulturellenUnterschiede zwischenderDeutsch-undderWestschweiz auf. Deutschschweiz kritisch – Welschschweiz linientreu Die Mentalitätsunterschiede zwischen Deutsch- und Westschweizern zeigen sich auch ganz konkret am Liturgieverständnis. «Für frankophone Schweizer:innen gibt es Bücher und liturgische Regeln. Diese werdenakzeptiertundnichtgrosshinterfragt.» Anders sähe es bei Schweizer:innen aus dem deutschen Sprachraum aus. «Dort mussmanzuerstbegründen,warumesdiese liturgischen Regeln gibt und ihren Sinn erklären.» Dieser Unterschied sei sehr interessant,findetMartinKlöckener. Unterschiedliches Kirchenverständnis sorgt für Konflikte Diese Mentalitätsunterschiede bringen die Deutschschweizer eher in Konflikte mit Rom. Der Liturgiker verweist auf eine Veröffentlichung des Vatikans aus dem Jahr 1997, welche die Möglichkeiten von Laien begrenzte. Das Dokument richtete sich primär gegen deutsch-schweizerische Praktiken. «Denn dort gab es bereits Pastoralmitarbeiter, die eine grosse Verantwortung in den Pfarreien und auch in der Liturgie hatten»,soMartinKlöckener. EinJahrzuvorhattederdamaligeBischof vonBasel,KurtKoch,ineinemBriefanseine Diözese Möglichkeiten zur Einbindung von Laien in der Pastoral formuliert. «Das warenDiskussionen,dieichhörte,alsichin derSchweizankam.Aberdiesebetrafenvor allemdieDeutschschweizunddenJura;wenigerdieWestschweiz»,sagtderemeritierte Professor. 1980 verbietet der Vatikan Mädchen das Ministrieren Martin Klöckener erinnert daran, dass die Einbindung von Laien ein langer Prozess war.AufjedenSchrittnachvornefolgtedabei mindestens einer zurück. So wurden 1972 Laienlektor:innen eingeführt. 1973 folgtenKommunionhelfer:innen. Aber 1980 veröffentlichte dann die Kongregation für den Gottesdienst ein Dokument, das Mädchen als Messdienerinnen verbot. «Das war ein grosses Problem für viele Pfarreien, in denen es normal war, Mädchen unter den Messdiener:innen zu haben.» Als Johannes Paul II. 1980 Deutschland besuchte, waren daher Messdienerinnen an allen grossen Feiern beteiligt. Weder der PapstnochjemandausderrömischenDelegationreagiertedarauf.Offiziellwurdendie Mädchenjedocherst1994alsMessdienerinnenzugelassen. Benedikt XVI. hat Spaltungen zugelassen Unter Papst Benedikt XVI. kam die Frage der Wiederzulassung des römischen Ritus (Liturgie von 1962) auf. «Auch wenn die Möglichkeit, in bestimmten Fällen und unter der Autorität des Diözesanbischofs zu zelebrieren, bereits vorher bestand, hat Benedikt XVI. die Frage weiter geöffnet», sagtMartinKlöckener. Denn der Papst erlaubte es jedem Priester, die Form des Ritus selbst zu wählen. «Damit schuf er eine Individualisierung.» Benedikt wollte die Einheit fördern, hat aber regelrechte Spaltungen zugelassen. «Bei der Frage geht es nicht nur um den Ritus, sondern um eine Theologie, die dahintersteht.» Franziskus will liturgische Spaltung überwinden Während sich die Deutsche Bischofskonferenz darauf einigte, den römischen Ritus nicht wieder einzuführen, wählte die französischsprachige Welt einen anderen Weg. VoralleminFrankreichistdieSpaltungtief. Einige französische Bischöfe unterstützen diekonservativenPositionenundfeierndie MessennachdemrömischenRitus. Mit dieser Spaltung ist Papst Franziskus nun konfrontiert. Dieser möchte, laut Martin Klöckener, eindeutig zu einer einheitlichen Form der Liturgie zurückkehren: der Form nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil.DieSpaltungderliturgischenPraxis habe aber nicht zu einer Krise der Liturgiewissenschaftgeführt. Noch 1980 wollte der Vatikan den Ministrantinnendienst verbieten. Bild: Archiv Pfarreiblatt Krise des Missbrauchs betrifft auch Liturgie Die Krise des sexuellen Missbrauchs hingegen betrifft die Liturgie durchaus, erklärt MartinKlöckener.«InderLiturgiemanifestiertsichklerikaleMacht.»Dasfangeschon beiderKleidungan.«Ichhabenichtsgegen liturgische Gewänder. Ich bin davon überzeugt, dass sie notwendig sind, um die Funktionen ihrer Träger zum Ausdruck zu bringen.»AberliturgischeGewänderkönnten auch missbraucht werden: «Ich habe Situationen beobachtet, in denen sie eher dazu dienen, die Person, die sie trägt, zu heiligen oder zu vergöttlichen. Und das könnenwirnichtlängertolerieren.» *Martin Klöckener wurde 1955 in Westfalen geboren. 1994 siedelte er mit seiner Familie nach Freiburg (Schweiz) über. Als Professor leitete er bis zum Oktober 2022 das Institut für Liturgiewissenschaft. Kürzlich fand seine Abschiedsvorlesung an der Universität Freiburg statt. Pfarreiblatt Uri Nr.13 · 2023 · 7

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