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2008-3 REISE und PREISE

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AZOREN DIE REPORTAGE

AZOREN DIE REPORTAGE Kaffeepause im »Peter Café Sport« in Horta Schon im 16. Jahrhundert machten spanische Seeleute auf dem Weg nach Übersee in Horta Station Vulkanische Kräfte ließen die Inselgruppe der Azoren mitten aus dem Atlantik empor wachsen. Bis heute ist man den Naturgewalten hier ganz nah. Wer Ruhe und grandiose Naturer lebnisse sucht, ist im letzten Winkel Europas goldrichtig. Feuer,Win Einsamk VON ELKE HOMBURG Der Regen klatscht gegen die Windschutzscheibe. Ein Sauwetter. Isidro, meinem Taxifahrer, kann das nicht die Laune verderben. »Nach dem Regen kommt die Sonne«, verspricht er. »Du wirst sehen: Wir haben oft vier Jahreszeiten an einem Tag.« Wenn Kachelmann & Co. ein Azoren-Hoch verkünden, sind die Wetteraussichten in Mitteleuropa rosig. Wo sich das gute Wetter zusammenbraut, ist das Klima dagegen höchst unbeständig. An meinen ersten beiden Tagen auf São Miguel, der mit knapp 750 Quadratkilometern größten Azoreninsel, hatte die Sonne vom Himmel gelacht. Nun braust Isidro durch die nassen Kurven ins Bergland des Westens. Und schwärmt von der unvergleichlichen Schönheit der Kraterseen Sete Cidades. Oben angekommen blicke ich in eine dichte Nebelsuppe und schlottere vor Kälte. Gefühlte 8 Grad. Azorischer Winter. Mittags beim Essen kann ich bei frühlingshaften Temperaturen schon wieder draußen sitzen und nachmittags auf der herrlichen Wanderung zwischen Weinfeldern und Steilküste rinnt der Schweiß. Gefühlte 32 Grad. Wie war das mit den vier Jahreszeiten an einem Tag? Seine Entdeckung verdankte der Neun- 56 REISE & PREISE 3/2008

Warmes Bad in der Naturtherme auf São Miguel Insel-Archipel dem Wind. Er blies portugiesische Karavellen im 15. Jh. an den Strand der nördlichsten Insel, Santa Maria. Als »Berge aus Feuer, Wind und Einsamkeit« beschrieben die Neuankömmlinge die kargen Eilande. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Außerhalb von São Miguel trifft man kaum auf Touristen. Dabei haben auch die anderen acht Inseln ihre eigenen Reize: São Miguels kleine Nachbarin Santa Maria punktet mit den schönsten Stränden, Faial hat den attraktiven Seglerhafen Horta. Pico, einst Walfängerinsel, ist heute Zentrum des Whale-Watching-Tourismus. São Jorge gilt als Paradies für Wanderer, Graciosa beeindruckt d und eit Spektakulär:Whale Watching vor der kleinen Azoreninsel Pico Von Insel zu Insel eröffnen sich einzigartige Panoramen: Blick von Faial auf die Nachbarinsel Pico mit einer gewaltigen vulkanischen Höhle, Terceira ist stolz auf seine schmucke Hauptstadt Angra do Heroismuo. Weit abgelegen sind die Blumeninsel Flores und das Mini- Eiland Corvo. Die unruhige Inselnatur in einer der geologisch aktivsten Regionen weltweit lässt immer wieder die Erde beben und Vulkane röcheln. Und der harte Alltag trieb immer wieder Scharen von Insulanern in die Emigration. Auf allen neun Inseln – zusammen knapp so groß wie das Saarland – leben heute 250.000 Menschen, rund eine Million Azorer in Übersee. Vulkane, Krater seen und schwarze Strände São Miguel ist nicht nur die größte, sondern auch die abwechslungsreichste und touristisch erschlossenste Azoreninsel. Schwarzbunte Holsteiner Kühe grasen hoch über den Steilküsten des Atlantiks und Mini-Vulkane sprießen inmitten sattgrüner Weiden wie Eiterpickel. Hohe Wellen klatschen an breite schwarze Strände, knallblaue Hortensien säumen die Straßen und Teesträucher überziehen die Hügel der einzigen beiden Teeplantagen Europas. Dramatisch präsentiert sich das Landesinnere, wo man den Urkräften der Erde ganz nahe kommt. Der Kurort Furnas liegt mitten im Krater eines erloschenen Vulkans. Ich schwimme in einem riesigen Thermalbecken, gespeist von einer heißen Quelle, umwandere einen Kratersee und immer wieder haucht mir die Erde ihren fauligen Schwefelatem ins Gesicht. Hauptattraktion für viele Besucher ist jedoch der Cozido das Furnas: Hausfrauen und Restaurantköche gleichermaßen schichten am Morgen Fleisch und Gemüse in Töpfe, verschnüren diese fest und sacken sie ein, um sie dann in warmen Erdlöchern am Rande des Kratersees zu versenken. Rund sechs Stunden später wird mit Eisenhaken und Schaufeln das Heben der Töpfe zelebriert. Die Kameras der Besucher klicken, dann hasten alle zum Essen. Und das ist tatsächlich ein Genuss: Fleisch, Kartoffeln, Süßkartoffeln, Karotten und Kohl, gewürzt nur mit einer Prise Salz und einem Hauch Butter, zergehen auf der Zunge. Für das gewisse Etwas sorgt die leicht rauchige Note. So schmeckt die Glut der Erde, bilde ich mir ein. Aus Walfängern wurden Walbeobachter Daniel starrt aufs Meer. Stunde für Stunde. »Immer an der frischen Luft und mein eigener Herr – der schönste Beruf der Welt!«, strahlt der Mann mit dem wettergegerbten Gesicht und schiebt schon wieder das Fernglas vor die Augen. Daniel ist Walspäher von Beruf. Als junger Mann – Anfang der 80er Jahre – war er nebenbei Walfänger, wie viele Männer auf Pico. Die Wale wurden bis zuletzt von Hand mit der Harpune erlegt – ganz wie in »Moby Dick«. Jedes Zubrot war auf der kargen Insel willkommen.Der letzte Wal wurde 1987 in der Walfabrik von Lajes, heute Mu seum, zerlegt. REISE & PREISE 3/2008 57

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