VIETNAM DIE REPORTAGE Auf dem Ho-Chi-Minh-Highway herrscht reger Verkehr. Meist haben die LKW Vorfahrt vor den Tieren der einheimischen Bauern (links). Kaffeepflanzer bei Dalat Unterwegs auf dem Ho Nette Begegnung mit zwei einheimischen Bikerinnen (unten links). Art-Déco-Perle: Bahnhof von Dalat (unten). Auf dem Markt von Dalat (ganz unten) 10 REISE & PREISE 1/2012
mit frisch gepflückten Bohnen (Mitte). Ein Mopedfahrer in der Provinzhauptstadt Kontum beim Überqueren des Dak-Bla-Flusses (rechts) -Chi-Minh-Highway Nur wenige Reisende haben bisher das zentrale Hochland auf einem Zweirad erkundet. Der abenteuerliche Motorbike-Trip führt über kurvenreiche Straßen zu abgelegenen Bergvölker-Dörfern, zu Kaffeebauern, Seen und Nationalparks. VON ANDREA BONDER Nach den Easy Ridersmuss man nicht lange suchen. Seit sich Anfang der 90er Jahre in Dalat ein südvietnamesischer Kriegsveteran mit Motorradtouren selbstständig gemacht hat, fand die Idee, wie alles Gute in Vietnam, schnell Nachahmer. Fahrer findet man problemlos in Biker-Lokalen wie dem »Peace Café« und dem »Easy Rider Café«. Manche von ihnen geben sich Fantasienamen wie »Buddha« oder »Eddie Murphy« – aber wer möchte mit einer Dauerquasselstrippe schon viele Tage auf einem Motorrad sitzen… Meine Wahl fällt auf einen ruhigen Fahrer namens Hung, der ein gut verständliches Englisch spricht. Er zeigt mir Fotos von seinen letzten Touren: seine Mitfahrer mit zahnlos lächelnden Omis aus abgelegenen Minderheitendörfern, beim Essen an einfachsten Straßenständen, in Regencapes vor dem Motorrad posierend, die Finger zum Victory-Zeichen ausgestreckt. Das verspricht ja eine abenteuerliche Tour zu werden! Dalat dagegen, der Ausgangspunkt des Motorrad-Trips, ist touristisch voll erschlossen. Hier auf fast 1.500 Höhenmetern hatten sich die Franzosen in den 1920er und 30er Jahren einen Luftkurort mit mondänen Ferienvillen gebaut. Heute ist die »Stadt des ewigen Frühlings« das romantische Wochenendziel für Liebespaare aus Saigon. Sie flanieren am Ufer des Xuan- Huong-Sees, machen Kutschfahrten und genießen die Zweisamkeit abends mit einer Flasche Rotwein aus Dalat beim Candlelight-Dinner. Blumen-, Reis- und Kaffeefelder rund um Dalat Es ist noch ziemlich frisch auf dem Motorrad, als wir am nächsten Morgen zu einem Test- Tagesausflug rund um Dalat aufbrechen – mal sehen, ob Hung wirklich so gut und besonnen fährt wie erhofft. In der hügeligen Umgebung von Dalat haben die Bauern Terrassenfelder angelegt, auf denen Gemüse und Erdbeeren wachsen. Erster Stopp ist im Dorf Vang Tan. Seine Bewohner lernten die Blumenzucht von Holländern und züchten nun in Gewächshäusern Rosen, Tulpen, Gerbera und in den Wintermonaten Orchideen. Großhändler aus Saigon kaufen hier Rosen für 600 Dong, um sie in Saigon für das 17-Fache wieder zu verkaufen. Gemütlich geht es weiter von Dorf zu Dorf. Jedes hat seine Geschichte. Hung erzählt sie mir. Beim Ta Nung Village war früher ein beliebtes Jagdrevier, in dem sogar Tiger lebten. Nachdem im Krieg ein Berg von Bomben weggesprengt worden und der Wald zu Kohle verfeuert worden war, blickt man heute weit ins Land auf Reis- und Kaffeefelder. Seit die Franzosen im Hochland Kaffee eingeführt haben, betreiben viele Bauern eine kleine Plantage hinter dem Haus, die man sich gern ansehen kann. Die Leute sind unheimlich gastfreundlich. Schon stehen wir bei der nächsten Familie in einem ärmlichen Wohn-Schlaf-Zimmer, in dem Regale voller Körbe mit Seidenwürmern aufgestapelt stehen. Viele Familien sammeln die Larven, füttern sie einen Monat und verkaufen die Kokons dann an die örtliche Seidenfabrik. Dort wickeln Maschinen aus einem Kokon bis zu einem Kilometer Seidenfaden auf. Nebenan sitzen Weber, Färber und Schneider, die aus dem Garn Schals und Stoffe für Bademäntel und Tücher herstellen. Der Wurm endet im Schnaps. Auch die folgenden Aktivitäten haben es in sich: Der haarsträubenden, rutschigen Kletterpartie hinab zum Elefanten-Wasserfall folgt ein Besuch in einer stickigen Halle, in der Tausende von Pilzen für den Verzehr und traditionelle Medizin gezüchtet werden. ‘ REISE & PREISE 1/2012 11
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