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2013-2 REISE und PREISE

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BOLIVIEN Zelten im

BOLIVIEN Zelten im Schnee und im Salz, Besuche beim indigenen Heiler und in den engen Minen von Potosí – eine Reise durch Bolivien bietet vielfältige Highlights. Die Anden, Salz - seen, Geysire und Lagunen überwältigen mit ihrer bestürzenden Schönheit. Und am 21. Juni wird das andine Neujahrsfest gefeiert. VON DR. JUTTA ULMER Vorsichtig öffnen wir unser Zelt. Dennoch rieselt Schnee auf unsere Hände und schlafzerzausten Haare. Verwundert blinzeln wir nach draußen, denn über Nacht hat sich die Berglandschaft in ein Wintermärchen verwandelt. Natürlich haben wir im Wanderführer gelesen, dass es in der Apolobamba-Region ganzjährig be - wölkt und neblig sein kann. Aber Schnee? Im Stehen frühstücken wir Müsli und Cocatee, packen alles zusammen und machen uns auf zur dritten Etappe des fünftägigen Apolobamba-Treks. Die Cordillera Apolobamba ist eine der unberührtesten Bergregionen Boliviens. Unterkünfte und verlässliche Karten gibt es nicht. Deshalb haben wir einen Führer engagiert und Lasttiere gemietet, die unsere Ausrüstung tragen. Außer Puste geraten wir trotzdem, denn wir bewegen uns in Höhen zwischen 4.000 und 5.000 Metern. Fünf Pässe müssen überwunden werden. Vorbei an spektakulären Gletscherriesen führt die Wanderung durch atemberaubende Andenlandschaft. Am letzten Abend schlagen wir unser Zelt auf dem Hof von Don Eugenio auf. Er gehört dem Volk der Kallawaya an und bewohnt mit seiner Familie ein stromloses Adobehaus. »Der Alltag in der Apolobamba- Region ist entbehrungsreich. Wir leben vom Kartoffelanbau und der Lamazucht«, erzählt Don Eugenio. Die UNESCO hat die Traditionen der Kallawaya in die Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Denn die Kallawaya sind außergewöhnliche Heiler. Zu Gast beim Kallawaya-Arzt Don Eugenio ist ein Kallawaya-Arzt. Er kennt die Wirkungen mehrerer Hundert Heilpflanzen. Kranken kann er die Lebenskraft zurückgeben, indem er bei Ritualen die Balance zwischen Körper und Seele wiederherstellt. Unser Gastgeber bietet an, für uns eine Zeremonie durchzuführen. Diese findet an einem abgelegenen Opferplatz mit Blick auf den Akhamani, Kallawaya-Frau mit Opferschale während einer Zeremonie den heiligen Berg der Kallawaya, statt. Auf den Opfertisch legt Don Eugenio Wattenester und setzt in diese Cocablätter, Nelkenblüten, Lamafett, Kopalharz und Figürchen aus Zucker. Dann besprenkelt er die Opfergaben mit Portwein und spricht Gebete in der Ritualsprache Machchaj-Juyai. Nun dürfen wir Alkohol verspritzend auf Deutsch unsere Wünsche an die Berggötter richten. Um positive Energien anzulocken und negative zu vertreiben, werden die Opfergaben verbrannt. Don Eugenio kontrolliert die Flammen. Dem aufsteigenden Rauch entnimmt er göttliche Botschaften. Leider verlieren die aufwändigen Rituale an Bedeutung, weil immer mehr Kallawaya nach La Paz abwandern. Die einen hoffen auf eine Anstellung. Andere bieten den Städtern ihre Dienste als Heiler an. Hexen und Heiler in La Paz Im kolonialen Zentrum von La Paz gibt es den Hexenmarkt. Alte Frauen mit zerfurchten Gesichtern verkaufen geheimnisvolle Pülverchen, Lamaföten, Schlangenhäute und Figür- 8 REISE & PREISE 2-2013

Hexen Coca und Heiler, und Quinoa Camping im Schnee: Rast in den Apolobamba-Bergen Fotos: Dr. Jutta Ulmer, Michael Wolfsteiner chen aus Zucker. Inmitten der Opfergaben- Stände findet man Männer, die aus Cocablättern die Zukunft lesen und Zaubersprüche gegen Geldsorgen murmeln. Die Heiler kommen aus unterschiedlichen Regionen Boliviens und sind als Landflüchtlinge in der höchstgelegenen Großstadt der Welt gestrandet. La Paz liegt in einem Talkessel zwischen 3.200 und 4.100 Metern Höhe. Während in anderen Städten die Wohlhabenden oben und die Armen unten leben, ist es in La Paz umgekehrt. Wir begeben uns vom Hexenmarkt hinunter ins Reichenviertel Zona Sur. Hier ist die Luft sauerstoffreicher und wärmer. Es gibt schicke Boutiquen, stilvolle Restaurants und Autovermietungen. Wir haben einen Geländewagen gebucht und fahren nun Richtung Süden nach Potosí. Im Labyrinth enger Minenschächte Schon von Weitem sehen wir den Cerro Rico, den Reichen Berg, mit dessen Silber die Spanier einst ihre Staatskasse füllten. Die Silberadern sind versiegt, jetzt wird in unterirdischen Gängen Zink, Blei und Kupfer abgebaut. Zum Teil beginnen auch Kinder schon in sehr jungen Jahren, in der Mine zu arbeiten. Wir sind mit Oscar verabredet. Der einstige Bergmann übt heute den Traumberuf vieler Jugendlicher aus: Er ist Touristenführer! Gemeinsam mit ihm besuchen wir die Mine Candelaria. Ausgestattet mit Stirnlampen und Gummistiefeln schlüpfen wir in gebückter Haltung in ein Labyrinth aus engen Tunneln. Wir machen kurz bei El Tio halt, dem Schutzpatron der Bergleute. Ihm opfern die Mineros Cocablätter, Zigaretten und Schnaps. Sie sind REISE & PREISE 2-2013 9

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