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2018-4 REISE und PREISE

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BOLIVIEN KULISSEN, DIE

BOLIVIEN KULISSEN, DIE DEN ATEM RAUBE Salzkrusten bis zum Horizont. Steinwüstenweiten. Flamingos und Lamaherden. Vulkane mit Eisbesatz. Der magische Titicacasee. Dazu Häusermassen, hinein gewürfelt ins Becken von La Paz. Boliviens Hochland ist ein grandioses Mosaik. VON ANDREAS DROUVE Der steinige Pfad steigt an, windet sich zwischen Felsenmassen und Riesenkakteen hindurch, die ins Blau des Himmels stechen. Eine Infotafel hat 62 Höhenmeter bis zum Gipfel mit dem Aussichtspunkt angekündigt. Ein Kinderspiel, das man, wie sonst, in ein paar Minuten bewältigt? Nicht hier. Die Höhe um 3.700 m geht an die Substanz. Die sauerstoffarme Luft zwingt zu Zeitlupentempo und Zwischenstopps. Doch nicht nur das raubt den Atem. Das sonnengleißende Weiß, das sich Schritt für Schritt um die Insel Incahuasi immer stärker herausschält und einem Eismeer gleicht, ist Salz. In flimmernder Ferne steigen Berge wie riesige Scherenschnitte auf und begrenzen die Weiten. Hier befindet man sich inmitten des Salar de Uyuni, des größten Salzsees der Welt, einem der spektakulärsten Naturziele von ganz Südamerika. Trotzdem hält sich der Ansturm in Grenzen. Nach Incahuasi kommen 300 bis 500 Besucher pro Tag, sagt der Ranger. Bolivien breitet sich über knapp 1,1 Millionen Quadratkilometer aus, was bedeutet, dass Deutschland dreimal hineinpassen würde. Im Hochland konzentriert sich Boliviens wahre Essenz, hier leben die meisten der elf Millionen Bewohner. Die wichtigsten, sehenswertesten Städte sind Sucre, Potosí, La Paz. Kirchen und Paläste künden von der Kolonialzeit der Spanier, Straßen und Plätze sind wimmelig voll. Das geografische Rückgrat formen die Anden, aus der sich die Cordillera Real erhebt, mit gewaltigen Gipfeln wie dem 6.438 Meter hohen Illimani. Der Bowler-Hut »Bombín« ist charakteristisch für die Kleidung der »Cholitas«, der indigenen Frauen Boliviens 78 REISE & PREISE 4-2018

Fotos: Shutterstock/SL-Photography/saiko3p, iStock.com/1001nights/StreetFlash N Hunderte Flamingos leben in der Cañapa-Lagune in der Hochebene Südboliviens. Die salzigen Bergseen sind für sie ein idealer Lebensraum Im Übergangsraum zu Peru ist der Titicacasee der Besuchermagnet. Die Höhenlagen bis zu 4.000 Meter und mehr sind überall nicht zu unterschätzen. In den ersten Tagen sollte man es daher ruhig angehen lassen. Viel Cocatee trinken, aber keinen Alkohol, den Körper langsam an die Höhe gewöhnen – so lauten die Faustregeln gegen die berüchtigte Höhenkrankheit Soroche, die selbst vor gut Trainierten nicht Halt macht. »Plurinationaler Staat« nennt sich Bolivien, diesen Begriff trägt bereits der Einreisestempel im Reisepass. Das ärmste Land Südamerikas ist stark indigen geprägt, angeführt von den Völkern der Quechua und Aymara. Wer als Besucher Spanisch kann, ist eindeutig im Vorteil; die Verständigung auf Englisch ist oftmals schwer oder sogar unmöglich. Viele Menschen in Bolivien leben in einfachsten Verhältnissen, was wiederum auf das Umherreisen abfärbt und automatisch erdet. Luxus? Kann man sich vielerorts abschminken. Hygiene? Na ja. Das Preisniveau? Sensationell günstig. Authentizität? Zu hundert Prozent. Die Hauptstadt Sucre mit ihrer kolonialen Altstadt (rechts) ist viel kleiner als die Metropole La Paz LA PAZ Metropole mit buntem Dauertrubel Welch ein Gigant! Über den Häusermeeren, die sich im weit ausgreifenden Becken von La Paz breitmachen, steigt in der Ferne der Illimani auf und zeigt seine Eisbuckel. In der Oberstadt El Alto, wo der internationale Flughafen liegt, geht es auf über 4.000 m hinauf. Wer dort aus dem Jet steigt, schnappt erst einmal nach Luft wie ein Fisch an Land. La Paz ist Verkehrsdrehkreuz, Sitz der Regierung, Herzstück der Republik. Der Stadtname bedeutet »der Friede«, doch die 1548 von Konquistador Alonso de Mendoza begründete Metropole schlummert keineswegs friedlich vor sich hin. Ständig neu setzen sich Bilder aus Karrenschiebern, Kleinbusarmadas, Essensständen und fliegenden Händlern zusammen. Auf ausgebreiteten Planen warten Wollpullis und Töpfe auf Abnehmer, Möhren, Trauben, Kämme, Spiegel, künstliche Haarzöpfe, Plüschtiere, Kräuter, Krawatten, Messersets. Indiofrauen sind traditionell verpackt in dicken, steifen Röcken und mit Kinderbündeln auf dem Rücken unterwegs. Überall gibt es Märkte; Volksfeststimmung herrscht sonntags auf der Feria de 16 de Julio in El Alto. Hinter dem Trubel, der bunten Exotik des Straßenhandels, steckt für die Menschen der tägliche Existenzkampf. Die moderne Seilbahn bietet Besuchern das beste und preisgünstigste Sightseeing. Die Ausblicke aus den Gondeln, vor allem zwischen der Unterstadt und El Alto, sind spektakulär! Wer lieber festen Boden unter den Füßen hat, lässt sich im Taxi zum citynahen Mirador Killi Killi bringen, der freie Sicht bis zu den obersten Kanten des Hochlandbeckens und auf den Illimani bietet. An die spanische Kolonialmacht erin- nert die schönste Gasse der Stadt, die Calle Jaén mit ihren weiß getünchten Fassaden, Laternchen, Balkongittern. Ebenso das reiche Sakralerbe mit Kirchen und Kathedrale. Haben Sie schon mal einen himmelblau bemalten Christus gesehen? Er ist Fotomotiv beim Rundgang durch die Klosteranlage San Francisco (€ 2,50). Einem blond gelockten Jesus begegnen Sie in einer Kapelle der Kirche Santo Domingo (Eintritt frei). Besondere Angebote hält der »Hexenmarkt« Mercado de las Brujasin der Straße Linares bereit: Potenzmittel. Pomaden. Und getrocknete Lamaföten, deren Anblick nichts für Zartbesaitete ist. Noch heute werden sie als Opfergaben für Pachamama, die Erdmutter, dargebracht. Lama- und Quinoagerichte um € 6–9 sind Spezialitäten im Restaurant »Angelo Colonial« (Calle Linares 922). Unterkunft Sehr zentral liegt das »Hostal Naira« (Calle Sagárnaga 161, 00591-22355645; www.hostal naira.com; EZ/DZ € 40/58 ÜF). Gute Unterkunft in der Innenstadt bietet auch das »Hotel Osira« (Av. 20 de Octubre 1494/ Plaza Mariscal Sucre, 00591-22492247, www.hotel osira.com; EZ/DZ € 50/63 ÜF). ➔ Sightseeing aus der Vogelperspektive, nur für Schwindelfreie empfehlenswert: Seilbahn über dem Häusermeer von La Paz REISE & PREISE 4-2018 79

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