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2021-4 REISE und PREISE

DOMINICA Der Strände

DOMINICA Der Strände wegen fliegt eigentlich niemand nach Dominika. Umso mehr wegen der spektakulären Landschaft! Unberührte Regenwälder, unzählige Wasserfälle und kochende Seen: Die Karibikinsel ist ein Paradies für Wanderer und Naturfreunde. Das Roseau Valley ist von Bergregenwald überzogen. Im Tal liegen der Emerald Pool, die Trafalgar Falls und der Boiling Lake UNGEZÄHMTE KARIBIKINSEL 6 REISE-PREISE.de 4-2021

Die Trafalgar Falls bestehen aus zwei Fällen: Mother Falls und Father Falls (links). Traumstrände sind rar auf Dominica: Die einsame Batibou Bay im Nordosten Dominicas ist in Privatbesitz (Mitte). Es gibt keine giftigen Schlangen auf der Insel, aber fünf ungiftige, u. a. die Boa constrictor (rechts) VON BÄRBEL SCHWERTFEGER Warst du schon in der Titou Gorge?«, fragt Naithan auf dem Rückweg von der Wanderung zum Boeri Lake. »Da musst du unbedingt hin.« Anderteinhalb Stunden sind wir durch Bergwald gelaufen, bergauf und bergab, über glitschige Steine balanciert bis zu dem kreisförmigen Kratersee auf rund tausend Meter Höhe. Um uns herum ein Rausch von sattem Grün. Überall dampft und tropft es. Wandern im Dampfbad. Dominica gilt als feuchteste Insel der Karibik, und vor allem in den Bergregionen im Inneren spürt man das auch. Vom Parkplatz ist es mit dem Auto nicht weit zur Titou Gorge. Über steinerne Stufen tauchen wir ins Wasserbecken. Farne und Kletterpflanzen baumeln über unseren Köpfen, während wir in die Schlucht aus dunklen, seltsam gezackten Lavawänden hineinschwimmen. Die Felsspalte wird immer enger und es wird immer dunkler. Das wenige Sonnenlicht, das in die teils weniger als einen Meter breite Klamm dringt, wird durch die Pflanzen verschluckt. »Hier kannst du stehen und dich am Felsen stützen«, zeigt mir Naithan. Je weiter wir uns nach vorn bewegen, umso stärker wird die Strömung. An einer Engstelle müssen wir uns regelrecht gegen die Wassermassen stemmen. Dann liegt der Wasserfall vor uns. Und als ein Sonnenstrahl das herabstürzende Wasser für einen kurzem Moment in ein silbern glitzerndes Licht taucht, erinnert die Szenerie an einen verwunschenen Ort. Kein Wunder, dass die Titou Gorge einer der Drehorte für den Blockbuster »Fluch der Karibik« war. Auf Dominica fanden die Filmemacher Orte, die fast schon zu unwirklich erscheinen, um echt zu sein – wie den Indian River in der Nähe von Portsmouth. Der Fluss fließt durch eine unberührte Sumpflandschaft mit imposanten Bwa-Mang-Bäumen, einer Mangroven-Art, deren meterlange dicke Wurzeln das Ufer wie Ungeheuer umschlingen. Eine windschiefe Holzhütte erinnert noch heute an die Dreharbeiten. Inmitten des Regenwaldes blubbert ein kochender See Dominica steht für unberührte Natur. Das gebirgige Eiland ist knapp 49 Kilometer lang und 22 Kilometer breit und entspricht damit in etwa der Fläche von Hamburg. Die Insel bietet vielfältige Wanderpfade, spektakuläre Wasserfälle mit idyllischen Pools und mit dem Boiling Lake den weltweit zweitgrößten kochenden Schwefelsee. Ihrer vulkanischen Vergangenheit verdankt sie auch zahlreiche warme Thermalquellen; selbst im Meer blubbert es aus dem Boden. Hier gibt es den ursprünglichsten tropischen Regenwald der Karibik, mit seiner überbordenden Artenvielfalt seit 1997 Weltnaturerbe. Noch heute ist das Inselinnere weitgehend nur zu Fuß erreichbar. Während an der Westküste die meist ruhige karibische See ans Ufer plätschert, donnert an der Ostküste der wilde Atlantik gegen Klippen und Strände. Die meisten der 74.000 Einwohner leben an der Karibikküste, wo auch die Hauptstadt Roseau und die zweitgrößte Stadt Portsmouth liegen. Dominica ist zweifellos eine Schönheit. Dass die Insel bisher von Touristenmassen verschont geblieben ist, liegt daran, dass die Strände nicht strahlend weiß, sondern hellbraun bis schwarz sind. Wer in Dominica investiert, bekommt die Staatsbürgerschaft »Dominica ist eine Insel für Naturfreaks und Wanderer, die eine raue und wilde Landschaft lieben«, sagt Lennox Honychurch. »Das ist kein Ziel für Gucci- und Louis-Vuitton-Touristen, die eine manikürte Natur suchen.« Der 68-Jährige ist eine der bekanntesten Persönlichkeiten der Insel. Er war in der Politik, schrieb als Historiker als erster die Geschichte von Dominica auf, sein Buch »The Dominica Story« gehört zum Lehrstoff in den Schulen. Die aktuelle Entwicklung der Insel sieht er skeptisch. Derzeit entstehen einige große Hotels internationaler Ketten. Ein großes Kempinski-Resort beim Cabrits National Park gibt es schon. »Ich bin mir nicht sicher, ob diese Art von Hotels in Dominica funktioniert«, zweifelt Lennox. 2025 soll zudem ein internationaler Flughafen eröffnen und mehr Urlauber mit Direktflügen aus den USA und Europa nach Dominica bringen. »Wie soll unsere kleine Insel so viele Touristen bewältigen?«, fragt sich Lennox. Möglich ist die Expansion durch CBI. Das steht für Citizenship by Investment. Die Kaiseramazone ist Dominicas Nationalvogel und ziert auch die Nationalflagge Fotos: Xxxxxxxxx wanderluster/ Alamy, DDA, Westend61/ imago-images, Derek D. Galon/ Shutterstock 4-2021 REISE-PREISE.de 7

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