36 PRAXIS Hightech unter besonderen Bedingungen Österreich setzt traditionell auf Wasserkraft als umweltfreundliche Alternative einer leistungsstarken Stromversorgung. Ein Beispiel ist das Kühtai-Projekt in den Stubaier Alpen, wo die Tiroler Wasserkraft AG (Tiwag) bereits seit vielen Jahren zwei Speicherbecken des Kraftwerks Sellrain-Silz betreibt. Nun wurde umfassend saniert und modernisiert, ein dritter Speicher musste her. So nachhaltig wie die Wasserkraft im Ergebnis für eine zuverlässige leistungsstarke Energieversorgung steht, so beschwerlich ist der Weg zum Ziel. Zwar gibt es Wasser im Überfluss und das Gefälle des Geländes macht daraus Strom wie von Zauberhand. Doch örtliche Abgeschiedenheit erschwert derart gigantische Bauprojekte. Da müssen menschliche und technische Kompetenz perfekt ineinandergreifen: erfahrene Ingenieure plus Ausführungspersonal sowie eine ausgereifte anlagentechnische Basis. Für diese Prozesskette vertraut die Bietergemeinschaft für das Hauptbaulos der Arge SKW Kühtai auf die Gesteinsaufbereitung von Sandvik. Der Hersteller stellt als Full-Liner eine komplette Aufbereitungskette aus einer Hand für härteste Anforderungen zur Verfügung. Prozess im Detail für ein gewaltiges Projekt Über einen vollautomatisierten Aufgeber wird das Material aus dem 30-m 3 -Bunker der Anlage zugeführt. Dort arbeitet ein Sandvik-Schubwagenaufgeber SH1361 Mining. Hublänge und Hubfrequenz sind individuell definierbar, um auch schwieriges Aufgabegut je nach spezifischer Beschaffenheit dem Vorsieb zuzuführen – mit 150 mm erstem Trennschnitt. Das Überkorn erreicht die Primärstufe des Ein-Schwingen-Backenbrechers CJ613, bei dem stufenlos 125 bis 300 mm Spaltbreite einstellbar sind. Die mögliche Aufgabegröße beträgt mehr als 1000 mm – eine wichtige Kenngröße, denn verarbeitet werden muss nahezu alles, was ansteht. Laut Vorgutachten handelt es sich dabei um das heterogene Lockergestein der vorhandenen Blocksteinhalden aus dem Bereich des zukünftigen Speichergrundes im Stauraum des neuen Beckens. Dort ist immer wieder auch mit Großblöcken zu rechnen, weshalb die Anlagentechnik entsprechend angepasst wurde: Das im Einlaufbereich installierte C450-Hydraulikhammer-Auslegersystem bewältigt auch überdimensionale Gesteinsbrocken. Ein Kreiselbrecher Sandvik CH840i übernimmt die Bedarfskonfektionierung des vorgebrochenen Gesteins wie auch des Unterkorns der Vorsiebung. Eine robust konstruierte einteilige DIE KERNAUFBEREITUNGSANLAGE in der Übersicht mit Blick in den Stauraum. Fotos: Alois Raffelsberger GESTEINS Perspektiven 7 | 2023
EXAKTE KÖRNUNGEN: Für alle gewünschten Fraktionen sorgt ein leistungsstarker Sandvik- Hydrocone-Kreiselbrecher der i-Serie. KEINE BLOCKADEN: Der Primärbrecher ist mit einem Rammer-Hydraulikhammer ausgestattet. ARBEIT IN GROSSER HÖHE: Kompetent und gut gelaunt zeigt sich das Sandvik-Team (v.o.) mit Antti Rautamie, Fabio Bürgler und Dominik Böhm. Hauptwelle plus die neuen modifizierten Hauptrahmenteile (Brecherober- und -unterrahmen) bietet die neue Hydrocone- I-Serie, deren einteiliges sphärisches Sternlager nochmals für mehr Verschleißzeit weiterentwickelt wurde. Mit vielen Brechwerkzeugen sowie Excenterbuchsen wird die Maschine auf spezifische Erfordernisse kalibriert. Wesentliches Alleinstellungsmerkmal ist die hydraulische Brechspalteinstellung über das automatische Hydrocone-System, das die Produktion optimiert und den Verschleiß der Brechkammer kontrolliert. Das Material klassiert ein SL2473-Linearsieb. Ein Trockner reguliert den Feuchtegehalt. Im Ergebnis entstehen Fraktionen von 0/16 bis 16/32 oder auch Gemische wie etwa 0/63 für die Dammschüttung. Der gut 100 m hohe Schüttdamm wird das Kernstück des Speicherbeckens: Er hält die gewaltigen Wassermassen zurück und gibt sie kontrolliert an die Turbinen im Tal ab. Der mangelnde Platzbedarf im Baubereich des hinteren Längentals und die Herstellung des Dammkern-Materials machen auch die Aufbereitung noch komplexer. Das Hauptprodukt wird mit Bentonit abgemischt und im Dammkern als innerste dichte Schicht eingebaut. Weil diese Produkte der plastischen Konsistenz wegen, mit der sie verarbeitet werden, bis zum Aushärten der Bentonitmatrix nur eine begrenzte Lagerfähigkeit aufweisen, muss die Gesteinsaufbereitung zuverlässig in der Lage sein, auf den Punkt ständig Material zur Verfügung zu stellen. Die Anforderungen an die Betriebszuverlässigkeit setzte deshalb einen besonderen Fokus. Auch unter widrigen Bedingungen wie den Witterungsverhältnissen in den großen Höhen der Tiroler Stubaier Alpen mit großen Temperaturschwankungen, Wind und Niederschlag ist eine erforderliche Anlagenkapazität um 550 t/h sicher zu gewährleisten. Das löste Sandvik mittels eines Kommunikationstools namens SAM by Sandvik. Es ist wesentlicher Bestandteil der kompetenten Service-Organisation für den Anlagenbetrieb und Garant für eine effiziente Ersatz- und Verschleißteil-Versorgung inklusive einer bedarfsgesteuerten Revision jeder einzelnen Maschine. Die Anlagentechnik trifft dabei auf großenteils aus Blockhalden kommendes Lockergestein sowie anfallenden Sprengschutt aus heterogenen Materialien mit einem Querschnitt aus verschiedensten metamorphen Gesteinen. Von weichen Glimmerschiefern reicht die Palette über harte Quarzite, unterschiedliche Gneise und weitere Gesteinsvarianten mit unterschiedlichsten technischen Eigenschaften. Für das neue Speicherbecken ist ein Nutzinhalt von 31 Mio. m 3 projektiert. Dafür müssen 6,9 Mio. m 3 Gestein bewegt und großteils aufbereitet werden. Das Gesamtinvestitionsvolumen liegt bei rund einer Milliarde Euro. Projektierter Abschluss der Bauarbeiten ist das Jahr 2026. www.rocktechnology.sandvik 7 | 2023 GESTEINS Perspektiven
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